Die Personalchefin von Continental, Ariane Reinhart, und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann haben der Bundesregierung in einem Doppelinterview mit dem Handelsblatt vorgeworfen, den Wandel zur E-Mobilität nicht umfassend genug anzugehen.
„Die Industrie hat vorgelegt – mit den Produkten und Fabrikplanungen für die Elektrifizierung“, sagte Hofmann. Aus seiner und aus Reinharts Sicht fehle es vor allem an einer abgestimmten Politik für Verkehr, Energie und Bildung. „Da werden einerseits Ziele für die Automobilindustrie vorgegeben, aber der Energiesektor kann nicht ausreichend grünen Strom produzieren und bereitstellen“, bemängelte Hofmann. Die Klimaziele könnten so nicht erfüllt werden.
Der Wechsel zu leichter zu bauenden Elektroautos und die fortschreitende Digitalisierung könnten laut Experten langfristig rund ein Drittel der branchenweit 1,8 Millionen Arbeitsplätze kosten. Hofmann warnte: In Deutschland drohe ein beschäftigungspolitisches Debakel, wenn nicht schnell genug gegengesteuert wird.
Die Conti-Personalchefin vermisse eine „Langfristplanung für Deutschland, was das Thema Industrie und den Bereich Umwelt betrifft“. Die Bundesregierung muss aus ihrer Sicht eine einheitliche Verkehrs- und Energiestrategie entwerfen und auch in der Bildungspolitik nachsteuern. „Da ist durchaus eine gewisse Radikalität nötig, um tradierte Bildungskanäle aufzubrechen“, sagte Reinhart.
Mit Blick auf den radikalen Wandel der Autoindustrie überwiegen nach Meinung von Reinhart die Chancen. „Alle Beteiligten müssen sich jetzt nur schnell zusammensetzen und Lösungsansätze für die erwartbaren Herausforderungen aufzeigen“, sagte sie. „Die Entwicklung werden wir nicht aufhalten können“, unterstrich Hofmann. „Deshalb müssen wir die Chancen, die darin liegen, nutzen und versuchen, die Risiken zu begrenzen.“
Während teilelektrische Plug-in-Hybrid-Modelle angesichts des höheren Preises vor allem für Premiumhersteller eine Alternative seien, hält Hofmann für den Volumenmarkt vollelektrische Fahrzeuge für „die heute erkennbare Lösung“. Weitere Technologien wie etwa die Brennstoffzelle oder synthetische Kraftstoffe stünden derzeit nicht zu wirtschaftlichen Bedingungen zur Verfügung. „Wir müssen aber heute beginnen“, mahnte der IG-Metaller.
Reinhart sieht elektrische Autos kritischer: „Unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit und Ökoeffizienz ist der alleinige Fokus auf Elektromobilität nicht die Lösung“, meinte sie. Die Conti-Managerin argumentierte, dass es in Deutschland noch zu wenig Strom aus regenerativen Energien gebe. Wer mit einem Elektroauto fährt, sei daher nicht unbedingt umweltfreundlich unterwegs. „Es wäre ein Trugschluss zu glauben, die Elektroautos seien heute schon Kohlendioxid-neutral. Letztlich entscheidet der Anwendungszweck über die ökoeffizienteste Antriebsart“, so Reinhart.
alupo meint
Ich erwarte bei diesen Gehältern (auch der Betriebsratsvorsitzende wird sicher ein deutlich 6-stelliges Jahresgehalt vereinnahmen) nicht einen wehleidigen Ruf nach staatlichen Hilfen (wie von gerade geschlüpften Kücken nach Futter von ihrer Mutter), sondern ein echtes Unternehmertum und kein traurig langweiliges Verwaltertum.
Klar, die Legislative sollte den nachträglichen Einbau von AC Steckdosen erleichtern, nicht nur für Eigentümer im Mehrfamilienhaus sondern auch für Mieter.
Und sie sollten AC Ladesäulen so fördern, dass zumindest 10 % aller Parkplätze bis mindestens 2025 in Städten damit ausgestattet sind.
hu.ms meint
Auch wohnungseigentümer können ohne zustimmung der gemeinschaft keine wallboxen installieren, da für die zuleitung vom zähler zum TG-Stellplatz gemeinschaftseigentum betroffen ist (bohrung).
Bei den versammlungen kommt man meist zu dem ergebnis:
alle oder keiner. Und für alle reicht oft die hausanschlusskapazität nicht aus. Habe ich schon bei der EWO meiner tochter miterlebt.
alupo meint
Mit Hilfe eines Lademanagementsystems wäre das Problem, dass der Anschlußwert des Mehrfamilienhauses evt. zu gering ist erst einmal vom Tisch. Zumal die wenigsten Bewohner nachts alle gleichzeitig Kochen, Backen und die Waschmaschine sowie den Trockner laufen lassen. Solche StromManagementSysteme entwickelte vor 40 Jahren schon ein Elektronik-Bastelfreund für ein mittelständiges Unternehmen. Heute scheint sein Wissen in Vergessenheit geraten zu sein, naja, die Chinesen werden es nach-erfinden ;-), ;-), ;-).
Aber das ist für Deutschland wohl alles zu kompliziert. Traurig!!!
hu.ms meint
Interessanterweise kommt eine gesetzesänderung, dass BEV in Ortschaften ein geräusch abstrahlen müssen schnell zustande. Das wohnungseigentumsgesetzt zu gunsten von wallboxen zu ändern dauert offensichtlich ewig.
Jörg2 meint
@hu.ms
Ich vermute, Du beziehst Dich auf die EU-Verordnung 540/2014, welche für neue Fahrzeugtypen ab dem 01.07.2019 das AVAS vorsieht.
Wie unschwer zu erkennen: die Verordnung ist aus 2014 (16.04.). Ihr ging ein sehr langer Prozess der Findung voraus.
Nun, nach 5 Jahren, hat es Auswirkungen auf „neue Fahrzeugtypen“.
Von „schnell zustande“ kann da keine Rede sein.
Wenn es denn so wäre („schnell zustande“), würde ich das nicht im Kontext einer Kritik sehen. Es wäre eher wünschenswert, wenn solche Prozesse schnell wären.
Michael meint
dass unsere aktuelle politische Führung der Zeit hinterherläuft wissen wir schon lange. Im Sommer 2013 war für Merkel das Internet noch Neuland.
eMobilität hat Deutschland erstaunlicherweise überrascht und überlaufen. weder die Automobilkonzerne noch die Politik (die ja 1.000.000 eAutos habn wollten) waren darauf vorbereitet. Den Stromkonzernen ist es nur Recht.
Die EU-Wahl belegt, dass die Natur Beachtung bekommen wird, Deutschland damit ein Problem hat, jetzt und morgen und übermorgen. Altmeier behindert jegliche Reform der Energiepolitik und sichert Braunkohle und Steinkohle sowie Gaskraftwerke ab und versucht alles um lokale erneuerbare Energien zu verhindern.
Trauriges Spiel.
Bitte sofort die gesamte Regierung abtreten und Neuwahlen. Dann Schwar-Grün oder Grün-Schwarz?
Peter W meint
Grün schwarz haben wir in BaWü, nein danke. Ich sehe hier weder Windräder noch Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und der grüne Ministerpräsident hat Lehrerstellen gestrichen, weil er nicht ausrechnen konnte wieviel Schüler es 5 Jahre später gibt. Nein, das wird auch nichts. Der ganze alte Filz muss weg.
Peter W meint
Da ist jeder Kommentar zwecklos. Vor einem Jahr war die IG-Metall noch gegen E-Autos, und sie sind es im Herzen immer noch. Dafür sind sie nur, wenn jeder Motorenbauer in Zukuft seinen Job behalten kann, und der Staat das finanziert.
Alles nur hohles Geschwätz. Schuld sind immer die Anderen.
Die Gewekschaft IG Bergbau (BCE) ist für den Erhalt der Kohlekraftwerke und gegen EE-Strom, obwohl EE-Strom nachweislich mehr Arbeitsplätze erfordert.
Also genau so altbacken und NICHT Zukunftsorientiert wie die Kollegen bei den Metallern.
Soll der Planet doch untergehen, Hauptsache Arbeitsplätze sind kurzfristig gerettet.
hu.ms meint
Der planet wird nicht untergehen – den gibt’s noch mrd. von jahren.
„Nur“ die spezies mensch entzieht sich langsam selbst ihre extistenzgrundlage.
Jörg2 meint
@hu.ms
+1
Düsentrieb meint
Klar hätte die Politik mehr machen müssen, aber Continental hat selbst nie an Elektroautos geglaubt. Das ist leicht in Dutzenden Artikeln nachlesbar.
Z.B.:
https://ecomento.de/2017/11/16/zulieferer-continental-elektro-reicht-nicht/
Daniel S meint
Die Conti Personalchefin ist hoffentlich Ingenieurin für Fahrzeugbau. Oder äussert sie sich als Laie zu Themen ausserhalb ihres Fachgebietes?
Uwe meint
Nee, hier habe ich sie noch nicht angetroffen.
;-)
Jörg2 meint
Der Unternehmer unternimmt.
Der Bürger, als Souverän, versucht über die Politik dem einen gesetzlichen Rahmen zu geben.
Welchen Rahmen braucht nun ein Unternehmer um eAutos zu bauen?
Die Produktion darf nicht verboten sein. Das ist schon immer gegeben.
Das in den Verkehr bringen darf nicht verboten sein. Das ist schon immer gegeben.
Der Erwerb und die Nutzung darf nicht verboten sein. Auch das ist schon immer gegeben.
Aus meiner Sicht hat das Unternehmertun alles, was es braucht.
Jede weitere Forderung ist dann (mehr oder weniger) ein Einfordern von Geld vom Souverän (Steuergelder, Fördergelder…).
Wilf meint
1+++
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
1 +++
hu.ms meint
Ein wesentlicher punkt wurde vergessen:
Die nachfrage nach den Produkten.
Lt. einer aktuellen Umfrage (googeln) unter über 20.000 deutschen würden nur 4 % ein BEV kaufen. Und auch nur wenn sie ein neues auto brauchen, der preis bezahlbar ist und wenn die passende karosserieform angeboten wird.
Wer wechselt denn von SUV oder kombi auf limousine oder kompakter?
Die nachfrage nach BEV wird in diesem forum hier massiv überschätzt !
Das zeigt sich doch ganz klar daran, das tesla mit M3 lieferfähig ist und nur so wenige aus D bestellt werden: Grundsätzlich wenig BEV-interessenten + hoher preis + wenig gefragte karosserieform.
Jörg2 meint
@hu.ms
Mein Posting beschränkte sich auf das Thema des Artikels.
Bitte frag doch mal bei @ecomento nach, ob Du einen Artikel, ausschließlich mit Deinen Themen bekommen könntest (Nachfrage, Aktienkurs etc.). Dann könnte sich unter diesem, „Deinem“ Artikel jedweder (also auch Du) dazu äußern und Du müsstest nicht jeden Artikel mit Deinen Befindlichkeiten fluten.
Danke!
hu.ms meint
Ich hätte eine antwort auf meinen ganzen beitrag erwartet und nicht nur auf den letzten satz.
Jörg2 meint
@hu.ms
Ich habe auf Deine ersten beiden Sätze reagiert.
(Auch) Dein letzter Satz hat mit dem Thema, welches hier diskutiert wird, nichts zu tun. Ich habe mir angewöhnt, weitesgehend themenbezogen zu diskutieren.
E.Netsch meint
Nicht der Anwendungszweck entscheidet über die ökoeffizienteste Antriebsart sondern die Grenze der Belastbarkeit von Mensch und Umwelt.