Der Übergang zu Elektroautos wird laut Stellantis-Chef Carlos Tavares für die Zulieferer eine „erhebliche Belastung“ darstellen, da die westlichen Automobilhersteller angesichts der Konkurrenz aus China versuchten, ihre Kosten zu senken. Der europäische Autoriese könnte sich von einzelnen seiner bisherigen Partner trennen und deren Aufträge selbst umsetzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
„Wenn die Zulieferer nicht mit der gleichen Geschwindigkeit wie unsere Teams arbeiten, sehen unsere Teams einen großen Vorteil im In-Sourcing“, sagte Tavares laut Automotive News während einer Telefonkonferenz. „Man kommt zu dem Schluss, dass man das, was man ausgelagert hat, auch selbst machen kann.“
Die Automobilhersteller üben laut Brancheninsidern Druck auf ihre Zulieferer aus, um weitere Kostensenkungen zu erreichen. Hintergrund sei, dass sich die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in Europa verlangsamt hat und die hohen Finanzierungskosten, das gedämpfte Wirtschaftswachstum und die sinkenden Subventionen den Absatz beeinträchtigen.
Die Herausforderung für die Autohersteller bestehe darin, E-Fahrzeuge, deren Produktionskosten 40 bis 50 Prozent höher seien als die von Modellen mit Verbrennungsmotoren, zum gleichen Preis zu verkaufen wie entsprechende Verbrenner, so Tavares kürzlich. Dies zwinge sie dazu, breitflächig Kosten zu senken, auch in den Lieferketten und der Logistik.
„Man wird eine enorme Verlagerung der Lieferantenbasis erleben. Die Beschaffung wird sich von der westlichen Welt in die kostengünstigsten Länder verlagern“, sagte der Manager. „Das Rennen um die Elektroautos ist zu einem Rennen um die Kostenreduzierung geworden.“
Die Umstellung auf Elektroautos wird laut dem Stellantis-Chef durch die Erschwinglichkeit gebremst, da die Kunden zögerten, teure Stromer zu kaufen, wenn sie nicht von den Regierungen durch Anreize unterstützt werden. „Der Verbraucher in der westlichen Welt sagt der Regierung in der westlichen Welt: Ok, es gibt das Problem der globalen Erwärmung, schön und gut, aber wenn du mir nicht hilfst, werde ich dir nicht helfen“, so Tavares.
Demian meint
Selten so herzlich gelacht…
Was können die Hersteller denn überhaupt noch selbst? Soll er doch In-House machen, ich hole eine Tüte Popcorn.
Nur die Batterie und vielleicht der Elektromotor mit der Leistungselektronik sehe ich zielführend. Weil eine Lenkung, Airbag oder Sonstiges kennt sich doch beim Hersteller keiner aus und dann gibt es Patente und Sonstiges
Dagobert meint
Aktuell befinden wir uns als Zulieferer tatsächlich in intensiven Verhandlungen mit den meisten OEMs (bzw. Tier 1) aufgrund des nachfragebedingten schleppenden Hochlaufs der Elektroauto-Produktion. Dabei scheint es, als hätte Herr Tavares einige grundlegende Prinzipien der Skaleneffekte nicht ausreichend berücksichtigt.
In den letzten beiden Jahren haben unsere europäischen Kunden aufgrund der schwachen Nachfrage nach Elektroautos weniger als 50% der vertraglich vereinbarten Mengen abgenommen. Dies stellt uns vor erhebliche Herausforderungen, da wir unsere Produktionslinien und Werkzeuge amortisieren, sowie Personal bezahlen müssen. Vom nicht gewähren von eingeplanten Rabatten (späteres Erreichen des Bottom-Preises) bis hin zu Einmalzahlungen steht da im Moment einiges im Raum. Nur eins ist klar: billiger wird es erst mal nicht…
Futureman meint
Glaube BYD kauft nur noch Reifen von extern. Können die etwa deswegen so günstig anbieten? Wie kommt es, dass so etwas ein Newcomer schafft?
Future meint
BYD ist eben auch einer der größten Zellproduzenten.
Schon ganz schön schlau.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Es war nicht nur schlau von den Chinesen; es war noch nicht einmal geheim. In Deutschland hieß es dagegen lieber sterben als ein Leben ohne Verbrenner.
Dennis meint
Nun ja, ein Newcomer ist BYD ja nun auch nicht mehr, immerhin bauen sie seit 2003 Autos, nur waren sie in Deutschland halt bisher nicht vertreten.
Future meint
Solange das wertvollste Bauteil des Elektroautos teuer bei den chinesischen Zulieferen eingekauft werden muss, bleibt es bei hohen Produktionskosten. Das ist ja klar. Aber es war eben ein Entscheidung der Autobauer, nicht in Zellproduktion zu investieren.
Steffen meint
Warum hat man dann überhaupt etwas an die Zulieferer ausgelagert, wenn es angeblich inhouse günstiger zu entwickeln und zu produzieren ist? Ich glaube da wird nur eine Drohkulisse aufgebaut. Man hat doch früher nicht etwa absichtlich unwirtschaftlich gearbeitet?
Egon Meier meint
Kostensenkund bei Zulieferern war immer angesagt. Da kommt mit BEV nichts neues.
Da aber die Umstellung etwas langsamer geht als erwartet haben die meisten Zulieferer noch Zeit, sich umzustellen.
Die Strukturen ändern sich – einige Teile holen die OEM ins eigene Haus (Batterie, Zellen, ..) andere fallen weitgehend weg (Getriebe, Abgasanlage,Filter,Kraftstofftanks) und bei anderen bleibt es wie es ist und aus Kosten- und Patentgründen bleibt es bei Zulieferern.
Fraglich ist dann immer, wo die Rechte liegen und ob man einen Zulieferer wechseln kann.
Es bleibt immer Druck auf die Lieferkette und sie ändert sich dauernd.
Letztlich sind die Zulieferer auch eine Möglichkeit, sich teuren Haustarifverträgen zu entziehen bzw auf die eigene Belegschaft ein bisschen Druck auszuüben.