Die Unternehmensberatung Arthur D. Little hat die 2024er-Ausgabe ihrer Studie „Future of Automotive Mobility“ veröffentlicht, in der die wichtigsten Trends und Herausforderungen für den globalen Automobilmarkt beleuchtet werden. Demnach sind die Vorhersagen des letzten Jahrzehnts über eine Welt der vernetzten, autonomen, gemeinsam genutzten und elektrischen Mobilität noch lange nicht Realität.
Zwar seien die Fahrzeuge zunehmend vernetzt, doch wollen die Verbraucher aus Sicherheitsgründen bisher lieber „assistiert“ als völlig autonom fahren, so die Studienautoren. Statt auf geteilte Fahrten oder Fahrzeuge umzusteigen, bevorzugten sie weiter individuelle Mobilität, wobei der Pkw-Besitz und dessen Bedeutung zunehme.
Die Fortschritte bei der Elektromobilität beschleunigten sich, wobei der Schwerpunkt in vielen Märkten und Käufersegmenten noch eher auf Hybridoptionen als auf einem direkten Umstieg auf batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) liege. Nur noch 44 Prozent der derzeitigen Fahrer von Verbrennern (ICE) weltweit planten, ihr nächstes Fahrzeug erneut mit einem nicht elektrifizierten Verbrennungsmotor auszurüsten.
Kluft zwischen reifen & wachsenden Automärkten
Die Studie zeigt eine wachsende Kluft zwischen den reifen Automobilmärkten (Nordostasien, Nordamerika und Europa), die kurz vor dem Höhepunkt der Motorisierung stehen, deren Verbraucher aber weniger offen für neue Innovationen im Bereich der Digitalisierung und Autonomie sind, und den wachsenden Märkten in China, Indien, Südostasien und dem Nahen Osten. Hier gewinnt der Autobesitz an Bedeutung, und die Verbraucher sind sehr offen für Produktinnovationen und neue Wege und Kanäle im Handel.
Die Elektrifizierung betrifft bereits beide Gruppen. In reifen Märkten, mit Ausnahme der USA, sind die Marktanteile von E-Fahrzeugen früher und schneller gestiegen, während wachsende Märkte, mit Ausnahme von China (dem weltweiten Leitmarkt für E-Mobilität), den Trend mit Verzögerung übernehmen.
„Unsere Studie zeigt, dass der Wandel zu einer vernetzten, autonomen, gemeinsam genutzten und elektrischen Mobilität die unterschiedlichen Marktanforderungen stärker als früher hervortreten lässt“, so Richard Parkin von Arthur D. Little. „Käufer und Nutzer in den Regionen agieren zunehmend heterogen. Wir sehen, dass sowohl Hersteller als auch Verbraucher Kosten und Nutzen neu bewerten. Außerdem beobachten wir eine erhebliche und zunehmende Divergenz zwischen den reifen Märkten in den USA, Europa und Nordasien, die sich auf dem Höhepunkt der Motorisierung befinden, und den dynamischeren, aber preissensiblen Märkten im übrigen Asien und im Nahen Osten.“
Autobauer müssen sich anpassen
Die Hersteller müssten auf diese unterschiedlichen Anforderungen und Geschwindigkeiten der Veränderung richtig reagieren und Autofahrer davon überzeugen, auf E-Fahrzeuge und zunehmende vernetzte Automobile umzusteigen, regulatorische und geopolitische Herausforderungen zu meistern und sich mit den Auswirkungen neuer Faktoren wie chinesischen E-Fahrzeugherstellern auseinanderzusetzen – „und das alles bei zunehmender Digitalisierung“, so Parkin.
Die Studie konzentriert sich auf fünf Themen: Profile des Autobesitzes, die Einführung neuer Mobilitätsdienste, autonomes Fahren, alternative Antriebe (einschließlich Elektrofahrzeuge) und die Auswirkungen digitaler Tools und Kanäle auf den Handel und Aftersales. Die Ergebnisse umfassen:
- Die „Demotorisierung“ ist ein begrenztes, städtisches Phänomen. In europäischen Städten mit mehr als 5 Millionen Einwohnern (die alle über ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz verfügen) sind beispielsweise 76 Prozent der Menschen bereit, auf ihr Auto zu verzichten. Aber generell nimmt der Autobesitz und seine Bedeutung für Kunden weltweit zu.
- Weniger als 50 Prozent der Verbraucher haben bisher neue Mobilitätsdienste wie Ride- und Carsharing ausprobiert. Ride Hailing, also ein Taxi mit einer digitalen Benutzeroberfläche, ist in allen Regionen beliebt.
- Fast zwei Drittel (65 %) der Verbraucher nannten Sicherheitsrisiken aufgrund von Technologiefehlern als ihre größte Sorge im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren, wobei das Vertrauen in den letzten fünf Jahren nicht wesentlich gestiegen ist.
- Hybrid- und Plug-in-Hybridantriebe werden in der zukünftigen Mobilität eine wichtige Rolle spielen: 34 Prozent der Verbraucher weltweit erwarten, dass ihr nächstes Fahrzeug eine Art Hybrid sein wird, genauso viele wie Verbrennungsmotoren und noch mehr als reine BEV (26 %).
- Der physische Kanal ist beim Kauf nach wie vor wichtig: Mehr als drei Viertel (77 %) der Verbraucher weltweit geben in der Studie an, dass die persönliche Beratung während des Autokaufs der wichtigste Faktor für die Zufriedenheit ist, was die Möglichkeiten der vollständigen Digitalisierung einschränkt oder entsprechende Herausforderungen schafft.
Gerd Heinrich meint
Wieso sollte es Jahrzehnte dauern?
Die Kosten und Konsequenzen der Aufrechterhaltung von zwei Sytemwelten sind doch schon heute das Problem der alten Autobauer. Die Chinesen konzentrieren sich und brillieren dagegen im BEV Segment.
Für VW und Co wird es mutige Entscheider brauchen, die sagen „wir stellen die Verbrenner-Entwicklung ein, sonst haben wir nicht die Kraft die Chinesen einzuholen“
Das wird keine 10 Jahre dauern. Solange würden sie gar nicht durchhalten.
Zugegeben, das sind für die deutsche Kultur sehr sehr schwierige Entscheidungen. Ich hoffe sehr dass es kommt. Für alles gibt es ein Window of Opportunity. Danach würden VW die finanziellen Mittel fehlen die notwendigen Investitionen zu stemmen.
Yoshi meint
Die Chinesen konzentrieren sich? BYD baut genauso viele Autos mit Auspuff wie ohne und Xpeng baut gerade seinen ersten Hybrid.
Die konzentrieren sich aufs Autos verkaufen, welcher Antrieb dafür notwendig wird ist denen völlig egal.
David meint
Gerd heißen statistisch eher Leute, wo der Sensenmann zwar noch nicht vor der Tür steht, aber schon langsam einen Parkplatz sucht. Insofern wirst du es nicht mehr auflösen können, was in zehn Jahren wirklich passiert. Aber du würdest dich wundern. Die deutschen Hersteller sind wesentlich fitter, als die deutschen Schlechtschreiber das einstufen. Denn die bewerten zumeist ihre eigene Leistung und übertragen das auf die gesamte Industrie…
Future meint
Wer schnell unterwegs ist, hat den Sensenmann allerdings auch immer dabei, unabhängig von der Jugendlichkeit. Das sagt schon die Statistik.
Bei den Unternehmen werden wir alle genau beobachten, wer ohne die beliebten Verbrenner genauso profitabel produzieren wird. Das ist ja die große Herausforderung, die nicht nur die deutschen Hersteller betrifft.
Powerwall Thorsten meint
Bei dir ist außer Fremdschämen nichts mehr dazu zu sagen.
Jeff Healey meint
Die Hybridisierung wird ein Zwischenschritt in der Mobilität bleiben, auch wenn diese Technik in manchen Weltgegenden zunächst dominant sein wird.
Der Nachteil zweier komplexer Systeme an Bord wird nach und nach in das Bewusstsein des Verbrauchers rücken.
Mit dem fortlaufenden Ausbau von Strom-Infrastruktur wird der BEV die absolut dominierende Antriebsform. Das ist ohne Zweifel ein Prozess von Jahrzehnten.
Deine Mudder meint
Das gilt für PHEVs aber nicht den traditionellen Vollhybrid, der ist weniger komplex als ein Diesel.
Torsten meint
Können Sie das bitte kurz erläutern?
eBikerin meint
Weniger komplex als ein Diesel? Du weisst aber schon, dass man einen Diesel theoretisch komplett ohne elektrische Bauteile bauen kann?