Ein schnellerer Umstieg auf Elektroautos liegt laut dem Umweltverband Transport & Environment (T&E) nicht nur im Interesse des Klimas und der Verbraucher, er sei auch entscheidend für das finanzielle Überleben der europäischen Automobilhersteller. Wenn sie früher auf E-Fahrzeuge setzten, könnten die Unternehmen ihren Marktwert und ihre Gewinnmargen gegenüber aktuellen Ankündigungen deutlich steigern. Das habe eine Finanzanalyse von sechs Autoproduzenten gezeigt.
Laut der Untersuchung könnte der Aktienwert der Hersteller um 800 Milliarden Euro anwachsen, wenn sie in diesem Jahrzehnt die Produktion von E-Autos schneller hochfahren würden, statt am Verkauf von Verbrennern festzuhalten. Die Ergebnisse der Analyse widerlegten Behauptungen der Automobilbranche, wonach Europas Ziel, ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos zu verkaufen, die Rentabilität schmälern und Arbeitsplätze kosten würde, so T&E.
Automobilhersteller müssen der Analyse nach in den späten 2020er-Jahren mit rückläufigen Gewinnen aus dem Verkauf von Verbrennern rechnen, da billiger zu produzierende batteriebetriebene Autos sowie strengere Emissionsvorgaben den Verkauf von Verbrennern bremsen und Skaleneffekte verringern werden. Um den künftigen Cashflow zu modellieren, hat das Marktforschungsunternehmen Profundo für T&E die finanziellen Kennzahlen von sechs Automobilherstellern untersucht und dabei E-Fahrzeuge sowie Verbrenner in zwei verschiedene Geschäftsbereiche aufgeteilt.
Die operativen Gewinnmargen der Unternehmen, die Elektrofahrzeuge verkaufen, werden die der Hersteller von Verbrennern in drei bis fünf Jahren voraussichtlich übertreffen, so das Ergebnis der Studie. Gegen Ende der 2020er-Jahre werden die Gewinnmargen der Hersteller von Verbrennern laut den Autoren sinken und ihre Bilanzen sogar negativ sein.
Langsamer Verbrenner-Ausstieg „finanzieller Selbstmord“
„Die Entscheidung, nur langsam aus dem Verkauf von Verbrennern auszusteigen, ist für Autohersteller finanzieller Selbstmord. Der langsame Übergang vernichtet die Aktienkurse und kann zum finanziellen Ruin ganzer Unternehmen führen. Die einzig wirtschaftlich sinnvolle Lösung ist ein direkter und schneller Umstieg auf Elektromobilität“, sagt Stef Cornelis, Direktor für Deutschland bei T&E.
Wegen sinkender Gewinne aus dem Verkauf von Verbrennern würden sich Investoren von denjenigen Unternehmen abwenden, die nur langsam auf Elektromobilität umsteigen. Profundo hat den Marktwert ermittelt, den die einzelnen Automobilhersteller in Szenarien mit einer schnellen sowie mit einer langsamen Elektrifizierung erreichen könnten. Das Ergebnis: Im Vergleich zu heute könnte der Aktienwert der sechs Automobilhersteller im Durchschnitt um 316 Prozent steigen, wenn die Umstellung auf Elektrofahrzeuge zwischen 2025 und 2030 schneller erfolgt als derzeit geplant. Eine langsamere Umstellung auf E-Mobilität als aktuell für diese Jahre vorgesehen würde den Marktwert der jeweiligen Hersteller deutlich senken.
Auf dem Premiummarkt sind die Potenziale der Analyse zufolge noch größer: Mercedes-Benz könnte seinen Wert innerhalb von zehn Jahren um 471 Prozent steigern, BMW sogar um 472 Prozent. Selbst Volvo Cars, das aufgrund seines Vorsprungs in puncto Elektrifizierung vom Markt derzeit doppelt so hoch bewertet wird wie die anderen, könnte um 245 Prozent zulegen, wenn es schneller umsteigen würde. Der Volumenhersteller Volkswagen könnte seinen Marktwert im Vergleich zu heute um mehr als das Dreifache (+253 %) und der 14-Marken-Konzern Stellantis um fast das Fünffache (+388 %) steigern, wenn beide schneller als geplant auf Elektrofahrzeuge umsteigen, so die Analyse.
In Europa seien die CO2-Flottengrenzwerte für neue Autos der primäre Treiber für den Markthochlauf der Elektromobilität, erklärt T&E. Bei Umsetzung derzeitiger Vorschläge müssten die Hersteller die Produktion von E-Autos bis 2030 jedoch nur leicht hochfahren. Die Studie zeige, dass die Umstellung vor 2030 geschehen muss, wenn die europäischen Automobilhersteller finanzielle Einbußen vermeiden wollen – „mit potenziell schwerwiegenden Folgen für die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie“.
„Die EU-Gesetzgeber sind diesen Unternehmen und ihren Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet, den Weg für einen raschen Umstieg auf Elektromobilität zu ebnen. Um den Markthochlauf von E-Autos zu beschleunigen, müssen sie schärfere CO2-Standards für Pkw in 2025 und 2030 als bisher gefordert festlegen“, so Cornelis.
Michael meint
Hatte so etwas bereits vermutet. Das passiert bei einer Disruption und ist logisch.
Tesla ist bereits profitabler als andere Autohersteller. Was die Aktien angeht so spiegelt es immer die Erwartung an die Zukunft. Der Aktienkurs hat großen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Warum: Es gibt einen Kapital an die Hand um z.b. Innovation zu kaufen, Übernahmen zu machen, neue Technologien zu erforschen usw.
Mich würde nicht wundern, wenn mehr Hersteller die einzelnen Geschäftsbereiche aufteilen um nicht rentable Bereiche (Verbrenner) mittelfristig zu schließen oder abzustoßen. Das aktuell viele hochpreisige Autos und keine Kleinwagen als EV zur Verfügung stehen ist auch nicht verwunderlich. Das nennt man early Adopter, wenn dieser Markt gedeckt ist verbreitert sich das Angebot. Was man jetzt schon in vielen Bereichen sieht.
Es bleibt spannend und wir können nur hoffen das unsere deutschen Hersteller jetzt schnell sind. Ich habe aber den Eindruck das es gar nicht so schlecht läuft (VW Software vs Tesla, BMW ein neues Model nach dem anderen). Die Frage wird nun sein, wer kann schnell liefern. An den Aufträgen fehlts aktuell glaube ich keinem der EV anbietet.
Jakob Sperling meint
Seltsamer Artikel mit z.T. fundamentalen Missverständnissen.
Der (temporäre) Aktienwert hat kaum einen Einfluss auf das Weiterbestehen eines Unternehmens.
Peter meint
Ist der Wert zu gering, wird man ein Übernahmekandidat, von dem am Ende vielleicht nur noch Patentvermarktung übrig bleibt.
Markus meint
viele Kunden haben aber für die Hochpreisigen eSUVs (gibt ja fast nur sowas) kein Geld, halbwegs günstige eAutos gibt es nicht und das nichtmal Gebraucht.
Da bleibt nur ein Verbrenner ….
Cadrick Bauer meint
Spring, Twingo, Smart, Zoe, Corsa, 208, Mokka, 2008, e-C4, DS3, ID.3, Kona, Soul, Niro, Honda-e….
Stimmt, gibt echt nur hochpreisige SUV.
Celsi meint
Oh, alles Schnäppchen, da kann doch jeder, der bisher immer gebrauchte, 7 jährige Golfs mit 100.000km gekauft hat, gleich 3 von nehmen.
Muss er ja sogar, um auf die Reichweite des vorherigen Golf zu kommen.
Oder er könnte ja nach gebrauten E-Exemplaren schauen… ups, doch nicht, die kosten ja praktisch das gleiche.
Die Wallbox, die nochmal mit einem Tausender einschlägt, kann man sich ja immerhin selber mit Teilen aus dem Elektroschrott zusammenzimmern – zum Glück keine weiteren Kosten aus dieser Ecke.
So, und jetzt wieder zur Situation auf UNSEREM Planeten…
South meint
Ok. 471% ist schon eine Scheingenauigkeit. Aber, dass man den Wert seiner Firma enorm steigert, wenn man bei einen wichtigen Technikumbruch der letzten Jahrzehnte vorne dabei ist, ist schon logisch…
MichaelEV meint
Logisch, für viele aber trotzdem nicht zu verstehen. Autohersteller wären mit aktuellen Gewinnen automatisch deutlich mehr wert, wenn sie ein zukunftsfähiges Produkt anbieten würden. Aktuelle Bewertungen sind keine Referenz.
Die Frage für die aktuelle Bewertung ist maßgeblich, ob, wann und in welcher Ausprägung man potentiell den Umbruch schafft. Und wie sehr das alte Verbrennergeschäft einen in den Abgrund ziehen wird.
Andi EE meint
Find ich nicht logisch. Es wird zur Lösung der Klimaproblematik dringend benötigt, aber wenn es alle können, hat das per se keine höhere Wertung verdient. Nur in den Übergangsjahren erzeugt das jetzt diesen erheblichen Mehrwert.
Später zählt wieder vermehrt die Masse und wie Mercedes da noch mehr Luxus machen könnte, ohne dabei Masse zu verlieren, erschliesst sich mir auch nicht.
Diese OEMs werden alle jede Menge Marktanteile verlieren. Diese sind gegenüber Tesla bezüglich Produktion und somit der Rentabilität, so schlecht aufgestellt. Wie soll das bitte in 5 jahren aufgeholt werden können. Und BYD wird auch viel grösser werden, da kommt Konkurrenz aus China, die der VW-Gruppe locker 50% Markanteil in China abnehmen kann.
Ich bin erstaunt über diese Prognosen in diesem Artikel. Die Preise / Margen für Elektromobile werden garantiert nicht in dieser Wohlfühlblase bleiben.
David meint
Ich glaube, dass die Autokonzerne diese Nachhilfe von halbgescheiten Verbandswurschtlern gar nicht brauchen.
Mercedes nutzt den Umstieg dazu, um alle kleinen Fahrzeugklassen einzustellen und konzentriert sich auf höher positionierte Fahrzeuge. Damit werden sie den errechneten marginalen negativen Abstand zu BMW vermutlich deutlich ins Gegenteil verkehren. Bei BMW wird eher der Zeitablauf des Wechsels zu reinen Elektroplattformen gewinnentscheidend sein. Da hat man ja erst in vier Jahren mit der neuen Klasse ein erstes Angebot.
Unberücksichtigt bleibt bisher die Marktlage in einem Mangelmarkt, der dazu führt, dass die klassischen Automobilkonzerne ihre Rabatte herunterfahren, ihre preiswerten Grundmodelle kappen und damit ihre Marge steigern konnten. Das dürfte noch einige Jahre so weitergehen und einzig nicht profitieren von dieser Entwicklung tun Hersteller, die schon vorher keine Rabatte gegeben haben.
MichaelEV meint
Was für ein sinnloser letzter Satz. Ein Unternehmensberater, der nicht versteht, dass man Preise verändern kann. Ohne Worte.
Aber wenn diese(r) Hersteller, die angeblich nicht profitieren können, die Preise verändert und doch profitieren, ist es auch wieder schlecht. Irrenhaus!
Den Mangelmarkt wird es bei Verbrennern schnell nicht mehr geben. Höchstens wenn Zulieferer wegfallen, dann wird die Lage von Heute im Vergleich aber nur Kindergarten sein.
Mit den Rabatten ist zum Teil auch nur ein Märchen. Und auch ohne Rabatte reicht es bei der Marke VW nur für Mini-Gewinne.
Ökoman meint
Bestätigt das, was ich seit Jahren sehe und sage:
Wenn die Automobilhersteller (und damit sind insbesondere die Deutschen gemeint) nicht schleunigst auf BEV-Produktion umstellen (Nein, damit sind nicht PHEV oder Mild-Hybride gemeint, die in der Fernsehwerbung als „Zukunft der Elektromobilität“ angepriesen werden!!), sind sie schneller weg vom Fenster als sie sich es in ihren schlimmsten Albträumen hätten ausmalen können.
Statt dessen werden die Verbrenner weiter auf Halde produziert und für die BEV Quoten vergeben, damit diese ja nicht mehr als 3-5% der verkauften Fahrzeuge ausmachen – weil sie die Nachfrage nicht bedienen können und horrende Lieferzeiten haben.
elbflorenz meint
Ahhh … bloß Mal so zu Info:
Die deutschen Hersteller – zumindest 2 von 3 – stehen ganz vorn bei der Umstellung auf BEV. (ohne China)
Einigermaßen mithalten kann von den OEMs Hyundai.
Alle anderen (Ford, GM, Stellantis, Renault und alle! Japaner) sind schlechter und langsamer als die Deutschen.
Also – wer wird wohl am meisten verlieren?
nilsbär meint
„Mercedes-Benz könnte seinen Wert innerhalb von zehn Jahren um 471 Prozent steigern, BMW sogar um 472 Prozent.“ Endlich mal jemand, der Aktienkurse langfristig und präzise vorhersagen kann:-) Im Ernst: Schwachsinnige Kaffeesudleserei.
Shullbit meint
Und auch noch sprachlich auf dem Niveau einer Schülerzeitung. Das „sogar“ impliziert, dass es noch mal signifikant mehr wäre. Tatsächlich sind es 2 Promille Unterschied.
elbflorenz meint
Bei Mercedes werden es bestimmt 471,56% … :-))
Denn bei Mercedes kostet ein Auto ja ned 49.900 € – sondern 49.927, 84 € …
MAik Müller meint
Den Herstellern wird sowieso nix anderes übrig bleiben.
Viele Kunden geben keine Geld mehr für einen neuen Verbrenner aus.