Pkw werden in Deutschland noch immer weniger genutzt als vor der Corona-Pandemie, während die Zahl der Fahrzeuge weiter zunimmt. Das zeigt die erste Ausgabe des Verkehrswende-Radars, eine in Zukunft vierteljährlich erscheinende Datenanalyse der Denkfabrik Agora Verkehrswende.
Im Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem Vergleichszeitraum vor der Corona-Pandemie, lag demnach das Pkw-Aufkommen im vierten Quartal 2024 auf Autobahnen bei 96 Prozent, auf Bundesstraßen sogar nur bei 93 Prozent. Der Pkw-Bestand wuchs hingegen auf 104 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau. Dass Pkw eher stehen gelassen werden, liege unter anderem am Arbeiten im Homeoffice und am Deutschlandticket, so Agora. Ein enger Zusammenhang mit den Kraftstoffpreisen lasse sich hingegen nicht beobachten.
Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende: „Die Zeit des Verkehrswachstums auf deutschen Straßen scheint zu Ende zu gehen. Das zeichnete sich bereits vor einem Jahr in unseren Datenanalysen ab und zeigt sich jetzt wieder in unserem Verkehrswende-Radar. Gleichzeitig ist die Bundesregierung noch weit davon entfernt, die Rahmenbedingungen auf emissionsfreie Mobilität und Logistik auszurichten. Ein Kurs auf Klimaneutralität in der Verkehrspolitik ist nicht nur für das Wohl der Gesellschaft unerlässlich, sondern auch für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Mobilitätsstandorts Deutschland.“
Auch das Lkw-Aufkommen liegt seit mehreren Quartalen unter dem Vor-Corona-Niveau (Lkw auf Autobahnen im vierten Quartal 2024: 96 %; auf Bundesstraßen: 88 %). Dies hänge vor allem mit der gesamtwirtschaftlichen Lage zusammen. Anders als bei Pkw hat bei Lkw ab 3,5 Tonnen aber auch der Bestand leicht abgenommen (98 %).
Neben dem Pkw- und Lkw-Aufkommen liefert der Verkehrswende-Radar Kennzahlen und Infografiken zu weiteren Aspekten: Nachfrage im öffentlichen Verkehr, Entwicklung von Fahrzeugbestand und Ladeinfrastruktur, Verfügbarkeit von batterieelektrischen Pkw. Die Analyse basiert hauptsächlich auf öffentlich zugänglichen Daten, zum Beispiel von der Bundesanstalt für Straßenwesen, vom Statistischen Bundesamt, vom Kraftfahrt-Bundesamt und vom ADAC.
Philine Gaffron, Projektleiterin bei Agora Verkehrswende: „Wer den Verkehr in Deutschland zukunftsfähig machen möchte, sollte die dafür relevanten Kennzahlen im Blick haben. Mit unserem Verkehrswende-Radar wollen wir dies allen Interessierten erleichtern – sei es in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft.“
Längere Strecken im öffentlichen Verkehr
Für den öffentlichen Verkehr verzeichnet der Verkehrswende-Radar einen leicht positiven Trend. Das Fahrgastaufkommen im öffentlichen Nahverkehr übertraf 2024 zeitweise das Vor-Corona-Niveau, während die Verkehrsleistung in Personenkilometern konstant darüber lag (Nahverkehr Schiene im vierten Quartal 2024: 110 %; Nahverkehr Straße: 103 %). Wenn Menschen mit Bus und Bahn fahren, legen sie also mittlerweile etwas längere Wege zurück als vor der Pandemie. Der perspektivisch notwendige Zuwachs im öffentlichen Verkehr sei aber aus Sicht von Agora nur mit einem massiven und langfristig gesicherten Ausbau des Angebots möglich.
E-Auto-Kaufanreize vor allem in kleinen Fahrzeugsegmenten sinnvoll
Um die Verfügbarkeit von batterieelektrischen Pkw einzuschätzen, werden für den Verkehrswende-Radar die Listenpreise der Fahrzeuge auf Basis von Marktdaten des ADAC ausgewertet. Für das erste Quartal 2025 zeigt der Radar, dass in allen Fahrzeugsegmenten zahlreiche E-Modelle angeboten werden. In den oberen Segmenten sind es zwar deutlich mehr (obere Mittelklasse: 467 Modelle, Oberklasse: 323), aber auch in den unteren Segmenten wird die Auswahl größer (Kleinstwagen: 23 Modelle, Kleinwagen: 76).
Die Durchschnittspreise für batterieelektrische Fahrzeuge reichten im ersten Quartal 2025 von knapp 33.000 Euro für einen Kleinstwagen bis rund 87.000 Euro für einen Wagen aus der Oberklasse. In den oberen Segmenten waren die Durchschnittspreise von E-Autos nicht weit entfernt von den Preisen für vergleichbare Verbrennerfahrzeuge. In der mittleren Oberklasse betrug die Preisdifferenz nur noch 8 Prozent, bei den Kleinstwagen hingegen 38 Prozent. Politische Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität sollten deshalb aus Sicht von Agora Verkehrswende auch darauf abzielen, E-Modelle in den kleinen Segmenten durch einkommensabhängige Kaufanreize für Haushalte mit kleinem Budget erschwinglicher zu machen.
Der Verkehrswende-Radar lässt sich online hier aufrufen.
brainDotExe meint
Ich denke durch Corona ist die ganze Homeoffice Geschichte erst ins Rollen gekommen und die Auswirkungen sehen wir jetzt in der Statistik.
Ich habe das auch selbst gemerkt. Vor Corona war es für mich selbstverständlich jeden Tag ins Büro zu fahren. Ich hätte Homeoffice nicht in Betracht gezogen. Aber wenn man dann mal die 2 Jahre komplett im Homeoffice gearbeitet hat, gewöhnt man sich dran.
Ich fahre jetzt nur noch 2 Tage die Woche ins Büro, das macht schon enorm was aus.
Donald meint
Sehr interessant. Wirklich spannend!
eBikerin meint
„Ich denke durch Corona ist die ganze Homeoffice Geschichte erst ins Rollen gekommen und die Auswirkungen sehen wir jetzt in der Statistik.“
Ja sehe ich auch so. Vor Corona durften wir 1 Tag pro Monat HO machen, wenn es sein musste (Arzt Termin etc) auch mal 2 oder 3 Tage. Jetzt bin ich nur noch ganz selten im Büro – Auto hab ich deswegen auch keines mehr.
Donald meint
Weiß dein Chef, dass du den ganzen Tag hier im Blog tippst?
South meint
Kann dich nur bestätigen. Bei mir das gleiche, nur noch zwei Tage die Woche pendeln…. und einige sind auch auf das günstige Bahn Ticket umgestiegen. Mal ein wirklich positive langfristige Auswirkung von Corona… :-)
eBikerin meint
Pendeln konnte ich zum Glück schon 2019 beenden. Aber auch die tägliche innerstädtische Fahrt war auch nicht so toll. Da ist HO schon viel angenehmer.