Nach seiner Pensionierung kehrte Hakan Samuelsson auf Bitten des Aufsichtsrats zurück an die Spitze von Volvo Cars. Nach dem Börsengang 2021 soll er das Unternehmen nun durch eine schwierige Phase führen und die damals formulierte Vision wiederbeleben. „Die Botschaft war im Grunde, dass Elektrifizierung eine große Chance ist“, sagt Samuelsson im Gespräch mit Automotive News. „Mein Ziel ist es, diese Geschichte wiederzubeleben. Mit einigen Änderungen ist sie immer noch der richtige Weg in die Zukunft.“
Samuelsson räumt ein, dass er die Schwere der aktuellen Herausforderungen zunächst unterschätzt habe. Handelskonflikte wie die neuen US-Zölle und andere externe Faktoren hätten die Lage weiter verschärft. Dennoch zeigt er sich entschlossen: In einem immer härteren Wettbewerb, besonders für europäische Hersteller, sei es jetzt an der Zeit, „die Ärmel hochzukrempeln und hart zu arbeiten“.
Die kurzfristige Priorität liegt auf Kostensenkung, um Zeit zu gewinnen. Darauf sollen Verbesserungen im Vertrieb und Marketing folgen, begleitet von einer leistungsorientierten Führungskultur. Anschließend will Samuelsson die langfristige Strategie neu ausrichten – mit Fokus auf Elektrifizierung, autonomes Fahren und technologische Führungsprojekte.
Samuelsson hat einen Zweijahresvertrag, einen längeren Verbleib plant er nicht. Vielmehr will er in dieser Zeit einen geeigneten Nachfolger aufbauen. Interne Kandidaten bevorzugt er gegenüber externen, da Letztere seiner Ansicht nach ein Risiko darstellen könnten.
Die jüngsten Rückgänge bei den Elektroauto-Verkäufen sieht der Volvo-Chef mit Sorge, aber auch mit Klarheit. Grund sei vor allem das beliebte kompakte SUV EX30, das zunächst in China produziert und dann von EU-Zöllen getroffen wurde. Die Verlagerung nach Belgien sei ein entscheidender Schritt: „Wir haben einen soliden Plan, dieses Auto wieder in viel höheren Stückzahlen zurückzubringen.“
Langfristig verfolgt Volvo das Ziel, eine globale Fahrzeugarchitektur für Elektroautos und E-Autos mit zusätzlichem Verbrennungsmotor zu entwickeln. Diese soll flexibel für regionale Modelle einsetzbar sein und gleichzeitig Kostenvorteile bieten. Ein solches System habe bislang kaum ein Wettbewerber geschafft, so Samuelsson. Volvo soll das mit seinem chinesischen Mutterkonzern Geely realisieren.
„Volvo wird stärker sein, wenn wir schnell elektrifizieren“
Obwohl manche Regierungen ihre Elektrifizierungsziele zurücknehmen, bleibt Volvo beim eingeschlagenen Kurs. „Volvo wird stärker sein, wenn wir schnell elektrifizieren“, meint der CEO. Es brauche jedoch neue Plug-in-Hybride als Übergangslösung, bis die Ladeinfrastruktur ausreichend ausgebaut ist. Die strategische Richtung sei unverändert, auch wenn sich der Zeitplan bis über 2030 hinaus dehnen könnte.
Der wachsende globale Einfluss chinesischer Marken wie BYD, Xiaomi und Zeekr stellt laut Samuelsson eine direkte Bedrohung dar. In China dominieren diese Anbieter bereits den Markt, und sie dringen zunehmend nach Europa vor. Die enge Verbindung mit Geely, Volvos chinesischer Muttergesellschaft, sieht er daher als wertvollen Vorteil.
Auf politische Unsicherheiten wie Zölle oder Datenschutzvorgaben in den USA reagiert Samuelsson pragmatisch. Man dürfe sich nicht in Spekulationen verlieren, sondern müsse sich auf die Kernthemen konzentrieren – etwa die Datensicherheit und interne Governance-Strukturen.
Für die Automobilindustrie sieht Samuelsson keine Alternative zur Elektrifizierung. Der Wandel sei unumkehrbar, auch wenn er in einigen Regionen länger dauere. In zehn Jahren würden alle Fahrzeuge elektrisch und günstiger sein. Zu den dominanten Marken der „neuen Welt“ der Autoindustrie werden laut dem Branchenveteran auch zwei oder drei „sehr starke“ chinesische gehören. Dadurch werde der Wettbewerb für die traditionellen Autobauer stärker, was zu einer Marktbereinigung führen werde. „Einige Unternehmen werden sich anpassen und überleben. Andere nicht.“
Elvenpath meint
„Es brauche jedoch neue Plug-in-Hybride als Übergangslösung, bis die Ladeinfrastruktur ausreichend ausgebaut ist.“
Zumindest in Deutschland ist das falsch. Die Ladeinfrastruktur passt sich der Nachfrage an. Momentan sind E-Fahrer mit Ladesäulen eigentlich sogar überversorgt und die Auslastung der Ladesäulen teilweise nicht kostendeckend. Für die Geschwindigkeit, mit der der E-Autoanteil wächst, ist das benötigte Wachstum der Ladeinfrastruktur kein Problem.
stueberw meint
Im März war ich mit meinem Kona Elektro von Süddeutschland, mittig zwischen Donau und Alpen, nach Oslo zum Biathlon Weltcup. Als wir am Nachmittag Schleswig Holstein erreichten sagte mein Beifahrer, „Es soll mir keiner mehr erzählen mit dem E-Auto geht keine Langstrecke und wir haben zuwenig Ladesäulen“
Das schöne war, in Dänemark, Schweden und Norwegen ist es noch viel besser.
David meint
Da meinte er vermutlich Polestar mit. Die sollten dringend wieder mit Volvo zusammengehen.
M. meint
Volvo hat einen Teil seiner Polestar-Aktien doch an Geely verkauft.
Die wollen vermutlich nicht.
Wambo meint
Ist Volvo nicht quasi gerly?
Jörg2 meint
Ja.
Meine Vermutung dazu war, und das hat dann halt recht wenig mit der europäischen/deutschen Nabelschau zu tun, Geely strafft seine Strukturen, um im nationalen Wettbewerb um die Gunst der KP China mehr und größer Federn zu tragen.
M. meint
Jain.
Volvo* ist eine AG und wird an der Börse gehandelt, die Aktienmehrheit hält Geely.
Rechtlich ist Volvo „erstmal“ eigenständig und hat einen eigenen Aufsichtsrat, dem aber der Geely-CEO vorsteht. Durch die Aktienmehrheit von Geely wird Volvo de facto natürlich durch Geely gesteuert.
*Volvo Cars – nicht Volvo. Das vergisst man leicht.