Im Gespräch mit Elektroauto-News.Net hat Lawrence Hamilton, Präsident von Lucid Motors Europe, die strategische Ausrichtung des US-Elektroautobauers für die kommenden Jahre dargelegt. Mit dem neuen SUV Gravity sieht er das Unternehmen an einem Wendepunkt: „Mit dem Gravity sind wir bereit für den nächsten großen Schritt.“ SUVs seien in Europa grundsätzlich beliebter als Limousinen, was Lucid zusätzliche Marktchancen eröffne.
Hamilton beschreibt die Strategie des Unternehmens in Europa anhand von drei Säulen: das richtige Produkt im passenden Segment, eine Vertriebsstruktur mit Reichweite sowie eine Markenbekanntheit, die Begehrlichkeit schafft. Mit der Limousine Air sei Lucid zunächst vorsichtig gestartet, nun sei der Zeitpunkt gekommen, die nächste Stufe mit einem weiteren Modell und größeren Stückzahlen zu zünden.
Besonderes Augenmerk liegt auf dem deutschen Markt. Dort betreibt Lucid aktuell vier „Studios“ in München, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg. Hamilton sieht Potenzial für bis zu 15 Verkaufsräume, mittel- bis langfristig könnten es sogar 50 bis 60 sein. Vor allem mit einem geplanten Mittelklasse-SUV, das 2026 auf den Markt kommen soll, rechnet das Unternehmen mit einem deutlichen Absatzanstieg.
Bereits jetzt verweist Hamilton darauf, dass die Verkaufsleistung pro Standort über dem Durchschnitt etablierter Wettbewerber liege, es aber noch an Reichweite fehle. Mit einem erweiterten Netz und dem Einstieg in ein volumenstarkes SUV-Segment will Lucid diesen Nachteil überwinden. Interne Analysen zeigen, dass sich in diesem Segment drei- bis viermal so viele Fahrzeuge verkaufen lassen wie bei Limousinen.
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Service-Strategie. „After-Sales ist ebenso wichtig wie Vertrieb. Wir wollen keine Marke sein, die Autos verkauft und sich dann vom Kunden entfernt“, so der Europa-Chef. Lucid sehe die langfristige Bindung der Kunden als entscheidenden Erfolgsfaktor. Das Unternehmen setzt dabei auf mobile Service-Einheiten, die Reparaturen oder Software-Updates direkt beim Kunden vornehmen. Ergänzend soll ein Netz autorisierter Partnerbetriebe aufgebaut werden.
Zudem spielen Over-the-Air-Updates eine wichtige Rolle. Damit können viele Probleme aus der Ferne behoben werden, was die Kundenzufriedenheit erhöhen soll. Ziel ist es, das klassische Modell mit Werkstattbesuchen zu reduzieren und ein komfortables sowie effizientes Service-Erlebnis zu bieten.
Die dritte Säule betrifft den Markenaufbau. Hamilton räumt ein, dass bislang zu wenig in die Bekanntheit investiert wurde. Mit dem Gravity ändere sich das: „Air und Gravity sind Ikonen. Sie schaffen Aura und Anziehungskraft. Damit erreichen wir Meinungsführer – CEOs, Multiplikatoren, Influencer.“ Durch Kampagnen wie jene mit Schauspieler Timothée Chalamet will Lucid stärker in die Öffentlichkeit treten. Für 2024 wurden die Marketingbudgets bereits verdoppelt.
„Effizienz, Technologie und Design auf höchstem Niveau“
„Wir wollen Lucid als Marke verankern, die Elektromobilität ohne Kompromisse denkt. Unser Ziel ist es, dass Lucid in Europa nicht nur für Kenner ein Begriff ist, sondern auch für den breiten Markt wahrgenommen wird – als Synonym für Effizienz, Technologie und Design auf höchstem Niveau“, so Hamilton. Nach den Oberklasse-Modellen Air und Gravity soll das für 2026 angekündigte Mittelklasse-SUV breitere Kundengruppen ansprechen.
Auch zur Preisstrategie äußerte sich Hamilton. Der Gravity Grand Touring startet in Deutschland bei 116.900 Euro. Eine günstigere Touring-Version soll folgen. Das geplante Midsize-SUV soll bei rund 50.000 US-Dollar vor Steuern starten. Damit zielt Lucid auf höhere Stückzahlen, bleibt aber im Premiumsegment verortet.
Beim Thema Antrieb positioniert sich Lucid klar, Interim-CEO Winterhoff erklärte laut Elektroauto-News.Net: „Wir sind 100 Prozent überzeugt, dass Elektromobilität der Weg ist. Ein Range Extender oder andere Zwischenlösungen sind für uns keine Option.“ Technikchef Eric Bach betonte, Hybridlösungen würden die Transformation verlangsamen. Nur eine konsequente Ausrichtung schaffe Vertrauen bei Kunden und Partnern, sagte Winterhoff. Ein „Hin und Her“ schade der Marke.
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