Oldenburg will seine Busflotte elektrifizieren, noch erfüllen die Stromer aber nicht die Anforderungen der Verkehrsbetriebe. „Die Bilanz ist ernüchternd“, sagte Behördenchef Michael Emschermann laut der Berliner Zeitung während einer Diskussion in der Böll-Stiftung in Berlin. Busse mit Strom-Antrieb seien noch zu kostspielig und technisch unausgereift, er bemängelte zudem den Nutzen für die Umwelt.
Die Oldenburger Verkehr und Wasser GmbH setzt seit 2016 nur noch auf Busse, die mit Bio-Erdgas betrieben werden. Die Kosten würden zwar um einige Zehntausend Euro über denen eines Dieselbusses liegen, die Laufleistung sei dafür hoch und der Kraftstoff preiswerter. „Wir haben keine höheren Kosten“, sagte Emschermann. Umweltpolitisch seien Erdgasbusse „ganz weit vorn“, die Ökobilanz bei Elektrobussen „nicht besser“.
Emschermann führte an, dass für die Fertigung der Batterien von Elektrobussen viel Energie erforderlich sei. Für viele neue E-Busse gebe es nicht genügend Strom, der aus Wind, Sonne oder erneuerbaren Quellen stammt. Wirtschaftlich stehe es um die großen Stromer noch schlechter: Elektrobusse würden zwei- bis dreimal so viel wie Dieselbusse kosten. Hinzu käme die niedrige Reichweite von maximal 200 Kilometern, die bei der Nutzung von Klimaanlage oder Heizung noch geringer ausfalle. Emschermann sprach sich daher für die Nachrüstung von Erdgas– oder Dieselbussen mit Filter aus.
Der Bosch-Manager Jürgen Gerhardt bestätigte die Kritik von Emschermann an der aktuellen E-Bus-Generation. Die eingesetzten Batterien würden mehr als fünf Tonnen wiegen, die Hälfte dafür sei für den Betrieb der Klimaanlage erforderlich. Die Ökobilanz bezeichnete er als „schwach“ – dies würden Berechnungen, wie viel Stickstoffdioxid und Feinstaub pro Kilowattstunde entstehen, belegen. Die Erprobung von Batterie-Bussen sei zwar richtig, der Praxiseinsatz aber erst sinnvoll, wenn die Kosten niedriger liegen.
Auch Matthias Dittmer von der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität der Berliner Grünen priorisiert Ergasbusse – er forderte: „Wir brauchen eine Technologie, die jetzt funktioniert und jetzt zuverlässig ist.“ Der Verkehrs-Staatssekretär von Berlin Jens-Holger Kirchner (Grüne) will in seiner Stadt dennoch auf Elektrobusse zu setzen – in den nächsten zwei Jahren plant er die Anschaffung von 75 Fahrzeugen. „Wir wollen keine Brückentechnologie, die mit fossilen Brennstoffen funktioniert“, betonte Kirchner.
Peter W meint
Die Anschaffungskosten sind derzeit sicher ein gutes Argument, trotzdem scheinen einige Städte ausgerechnet zu haben, dass sich E-Busse nach einigen Jahren doch irgendwie rechnen. Engstirnige Stadtbedienstete bremsen die Zukunft aus, und sollten für die steigende Abgasbelastung in den Städten mitverantwortlich gemacht werden.
Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich versichern, dass die derzeitigen euro 6 Diesel sehr hohe Wartungskosten verursachen. Im Gegensatz zum PKW muss ein Bus oder LKW seine Abgaswerte immer einhalten, ansonsten bleibt er nach einer festgelegten Zeit stehen. Im Kurzstreckenverkehr kommt es oft zu Problemen und die Motoren müssen dann eine halbe Stunde im Leerlauf mit erhöhter Drehzahl laufen um die Filter frei zu brennen. In unserer Werkstatt muss ein Mechaniker mit Feuerlöschen daneben stehen und das Fahrzeug überwachen. Das sind alles Dinge, die der unwissende Laie nicht weiß. Ihr solltet Euch mal mit dieser bescheuerten Technik beschäftigen. Eine Woche in einer LKW oder Bus-Werkstatt zuschauen,und Euch würde mal klar werden, was auch ein euro 6 Diesel an Umweltdreck verursacht. Ein E-Motor ist dagegen der heilige Gral!
Ein Gas-Motor macht zwar weniger giftige Abgase,aber der ganze restliche Müll bleibt.
Während man einen Verbrenner nach einer Million km entsorgen muss, könnte man einen E-Bus wieder aufbereiten. Akkus kann man tauschen, den E-Motor kann man problemlos überarbeiten oder ersetzen, die Inneneinrichtung lässt sich erneuern. In einen alten euro 4 Bus scheint es nicht möglich zu sein einen euro 6 Antrieb einzubauen, da ist ein komplett neuer Bus billiger.
kritGeist meint
Wenn man das aus der Perspektive von Bosch sieht, der auch Schummel-software oder rostige Schrauben generiert hat f.welche Fahrzeuge auch immer ;-) Und aus Sicht von Daimler, der kaum altern. Busse hat & seit J. in Stuttgart nur Steuergelder kassiert ohne was anzubieten, stimmt wohl.
Es gibt aber auch mehr auf dem Markt, z.B. Solaris (u.a. in Berlin & weltweit), der seit Jahren schon alle! altern. Busantriebe anbietet & anscheinend wirtschaftlich baut & sehr erfolgreich ist, sonst würden sie nicht so viele Aufträge umsetzen. Jetzt kommt auch Hyundai dazu…
onesecond meint
In China fahren schon über 100000 Elektrobusse rum, aber in Deutschland geht das natürlich nicht, wir sind halt technologisch anscheinend noch nicht so weit.
alupo meint
„Die eingesetzten Batterien würden mehr als fünf Tonnen wiegen, die Hälfte dafür sei für den Betrieb der Klimaanlage erforderlich. Die Ökobilanz bezeichnete er als „schwach“ – …“
Das verstehe ich nicht. Sind die Zellen von Tesla soviel besser als die die man aus Asien zukaufen kann?
Immerhin baut Tesla den Semi, einen 40-Tonner, der 800 km ohne Zwischenladung schaffen soll (oder sogar noch mehr laut E. Musk).
Vielleicht ist es aber auch die Klimaanlage von Bosch die viel zuviel Energie benötigt?
Egal, ein Armutszeugnis der Ingenieurskunst wenn andere 40 Tonnen über 800 km bewegen können und ein doch deutlich leichterer Bus keine 200 km schafft.
Ohhhhjeeee….
Jeru meint
Der Vergleich ist ziemlich daneben, da Bushersteller wahrscheinlich Geld mit ihren Produkten verdienen müssen.
Man kann vielleicht auch 1000 kWh in einen Bus einbauen aber wer soll das bezahlen?
Der Nebenverbraucher Klimaanlage sorgt übrigens in einem Bus für mehr zusätzlichen Verbrauch, als er das in einem herkömmlichen LKW tut. Die temperierung des Innenraums verschlingt ziemlich viel Energie.
TeslaTom meint
manchmal glaub ich’s einfach nicht, 5t Batterien? Für einen Stadtbus? 100kWh wiegen maximal 800kg, was will man mit 600 kWh? 1500 km fahren?
Und die Superingenieure bei Daimler bauen diese auf‘s Dach????
vlt sollte man den Herren mal sagen, dass die Batterien Akkus sind, die können geladen werden . Man kauft den Busakku nicht mit der Lebensdauer-Laufleistung des Busses, man kann richtig nachladen????
Und wofür braucht man soviel Energie?
Der Bus fährt max 60km/h, fast kein Windwiderstand, wenig Reibung, Bremsen per Rekuperation. Sollen die Herren mal mit Zahlen aufwarten, Klima. Busverluste, ist doch sicher alles genau bekannt.
Aber geht nicht, gibt’s nicht.
Hugo Iblitz meint
Ich finde es zeugt schon von einer gewissen Doppelmoral, damit zu argumentieren, dass eBusse nicht so wirtschaftlich sind wie Diesel-Busse in einem Sektor (ÖPNV) der ebenfalls zu keiner Zeit selbst wirtschaftlich ist – egal mit welchem Verkehrsmittel und Antriebsart.
Der komplette öffentliche Nahverkehr ist ein reines Zuschussgeschäft. Meist werden zwischen 1/3 und 2/3 der Kosten von der Kommune oder dem Kreis übernommen um den Betrieb am laufen zu halten. Einfach weil es zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählt!
Warum nicht auch noch das Kosten-Delta zwischen eBus und Diesel-Bus mit übernehmen weil der Auftrag zur Luftverbesserung und damit Schutz der Bürger ebenfalls mit zur Daseinsvorsorge gezählt werden kann!?
Wie hoch würden die prozentualen Mehrkosten pro km oder Kunde im Bundesschnitt im Vergleich zum aktiellen Zuschuss ausfallen?
sebastian meint
Fassen wir zusammen, dass quer durch die Politik und durch die Experten die Anschaffung von Elektrobussen derzeit noch als unsinnig und unwirtschaftlich betrachtet wird.
Denoch muss sich der Grüne Staatssektretär dagegen stellen mit dem glorreichen Argument:
„Wir wollen keine Brückentechnologie, die mit fossilen Brennstoffen funktioniert“
Dabei sollen doch die Erdgasbusse scheinbar mit Biogas betrieben werden und grade Elektrobusse „funktionieren“ doch mit fossilen Brennstoffen…oder woher kommt der Strom seiner Meinung nach? Aus der Steckdose?
Der Netzstrom den man derzeit „tankt“, stammt zu Zweidritteln aus fossilen Brennstoffen und ist lediglich zu einem Dritten „erneuerbar“.
TeslaTom meint
und was hat das (Strommix) mit den Abgasen eines Busses zu tun (nicht Elektrobus)?
Was ist mit NOx, krebserregenden Kohlenwasserstoffen, Ruß etc?
Und dem unsäglichen Lärm?
Egal?
M3 meint
Man merkt, dass der Mann offen für Neues ist… :-)
Es wird nur nach möglichen Ausreden gesucht, dass sich ernsthaft mit der neuen Technik auseinander zu setzen.
Also müssen ja alle anderen Städte und Verkehrsbetriebe, die gerade massiv Umdenken, völlig fasch liegen. Die wissen wohl noch nicht, dass es nicht funktionieren wird und alles noch nicht ausgereift ist…
Jemand meint
man könnte ja mal über den Tellerrand schauen, und dann sieht man, was z.B. in der Schweiz (siehe link) oder auch wohl bald in Norwegen stattfindet: kleiner Akku, alle paar Haltestellen ne 15-20sec Blitzladung (Strom wird in Supercaps an Haltestelle gesammelt um Netz zu entlasten, Strom wird über Abnehmer am Bus mit hunderten kW in Bus geladen, Bus kommt locker weiter, kann ggf. auch mal eine Lade-Haltestelle überspringen bei technischen Störungen o.ä. …
https://insideevs.com/in-geneva-abb-testing-electric-bus-tosa-with-15-second-flash-charge-wvideo/
Bus meint
Das ganze sollte sich jedoch auch irgendwie finanziell rentieren. Diese Ladestationen sind bekanntlich richtig teuer und machen das Projekt sicherlich unwirtschaftlich.
Der Elektrobus ist kein Selbstzweck sondern er sollte auch klare Vorteile gegenüber dem Verbrenner bieten. Das ist nur deutlich einfacher gesagt als getan. Aktuell ist die Zuverlässigkeit bei weitem noch nicht auf dem Niveau der Verbrenner (man benötigt also mehr Personal und zusätzliche Ersatzfahrzeuge) und die hohen Kosten für Fahrzeuge und Infrastruktur müssen auch irgendwie finanziert werden. Dabei darf das Verkehrsangebot natürlich nicht unter diesen Kosten leiden, sonst hat man schnell wieder mehr Pkw Verkehr der ja das eigentliche Problem ist.
Ich will damit nicht sagen, dass man es nicht probieren soll. Forschungsprojekte in dem Bereich sind sinnvoll und nötig um Verbesserungen zu erreichen, denn mittelfristig sehe ich durchaus, dass der E-Bus besser werden kann als die Verbrenner. Aktuell ist er das aber noch nicht und größere Umstellung von Flotten erscheinen wenig sinnvoll.
TeslaTom meint
Weshalb sollte die Zuverlässigkeit des E-Busses schlechter als beim Diesel Bus sein? Das ist ja völliger Unsinn, keine Kats, Auspuff, Kupplung, Getriebe, Einspritzanlagen, Sensoren für Abgas etc.
Puh, ansonsten bitte Argumente????
Leonardo meint
Wenn ich lese daß ein Elektrobus 2-3 mal so viel kostet wie ein Dieselbus (mit anscheinend viel zu kleinen Akkus) dann drängt sich mir der Verdacht auf daß die Hersteller einfach nicht wollen daß man Elektrobusse kauft.
Ich weiß nicht was ein Dieselbus kostet, aber mit 200.000,-€ aufwärts wird man wohl rechnen können. Das wären dann 200.000 – 400.000,-€ die ein Elektrobus mehr kostet. Sind das goldene Akkus?
Diese Differenz läßt sich logischerweise nie einsparen.
Bus meint
Bei Bussen werden Batterien aus Lithiumtitanat (LTO) verwendet. Schließlich sind die Anforderungen bei Bussen sowohl bei den Stromspitzen sowie auch bei der Lebensdauer deutlich anspruchsvoller als beim Pkw. Für solche Batterien bezahlt man dann schnell 1.000€/kWh. Wenn man dann noch dazu zählt, dass die Entwicklungskosten auch irgendwie refinanziert werden müssen, ist es durchaus nachvollziehbar wie diese Preise entstehen.
jomei meint
„…dass für die Fertigung von Batterien viel Energie erforderlich sei.“ Das ist Emscherbuchhaltung. Wer klärt Herrn Emschermann mal auf, vieviel Energie für die Herstellung des Verbrenner-Antriebsstrangs (angefangen bei der Eisenerzförderung und -verhüttung) und für die Herstellung von Benzin und Diesel (angefangen bei der Bohrung, über den Tankertransport, über den Raffinerieprozess…) erforderlich ist?
Kennt jemand entsprechende genaue Untersuchungen, mit denen obiges Zitat in die richtige Relation setzen kann?
Daniel meint
„Für viele neue E-Busse gebe es nicht genügend Strom, der aus Wind, Sonne oder erneuerbaren Quellen stammt.“
Herr Emschermann, Erdgas und Diesel gibt es also genug aus erneuerbaren Quellen?
Michael S. meint
Ja, das ist die gute alte Doppelmoral. „Bei Verbrennern wissen wir ja, dass sie nicht nachhaltig sind. Da ist das kein Problem.“
Jemand meint
+1
alupo meint
Verbrenner müssen nicht nachhaltig sein, eAutos aber sehr wohl.
Gespaltene Zunge….
sebastian meint
Natürlich, das wäre zB alleine doch den Bau einer Biogasanlage zu schaffen.
Die Berliner Entsorgungsbetriebe haben zB eine gebaut, die ausschliesslich den Berliner Biomüll vergärt und über die Hälfte von deren Müllfahrzeugen antreibt.
Sichere und zuverlässige Ökostromerzeugung kann man dagegen kaum zubauen. Weder Wind noch Solar werden zuverlässig Strom für die Busse liefern können.