Die IG-Metall geht davon aus, dass zahlreiche der derzeit etwa 800.000 Beschäftigten der deutschen Automobil- und Zuliefererindustrie durch den Umstieg auf Elektromobilität ihren Job verlieren könnten. Allein im Bereich Motor und Getriebe käme die „reine Elektro-Welt mit einem Siebtel der aktuell Beschäftigten“ aus, schätzt die Gewerkschaft. Nicht alle sehen die Zukunft von Auto-Fachkräften so pessimistisch.
„Das Auto wird mehr sein als sein Antrieb“, sagte Willi Diez, Leiter des Nürtinger Instituts für Automobilwirtschaft (Ifa), im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Die Mobilität der Zukunft sei als „Gesamtsystem“ mit neuer Wertschöpfung rund um das Fahrzeug zu sehen – unter anderem in den Bereichen Elektrifizierung, Digitalisierung, Automatisierung, Vernetzung und Sharing. Diez halte daher „die Horrorszenarien nicht für realistisch, die gesamte Wertschöpfung wird nicht erodieren“.
Einer Studie von Diez aus dem letzten Jahr nach können bis 2030 allein durch die Digitalisierung 40.000 neue Arbeitsplätze bei deutschen Autoherstellern und Zulieferern entstehen. Der Automobil-Experte räumte ein, dass der Umstieg auf E-Mobilität im gleichen Zeitraum zum Wegfall von 70.000 oder mehr Arbeitsplätzen führen könnte. Dies sei aber nur der Fall, wenn Komponenten für Autos der nächsten Generation wie Radar- und Ultraschallsensoren, Kameras, Laserscanner oder Assistenzsysteme nicht in Deutschland hergestellt würden.
„Tempo machen und investieren“
Diez habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Deutschland eine führende Rolle bei der Mobilität der Zukunft spielen kann – auch bei bisher vernachlässigten Komponenten wie Batterien. Die Industrie müsse nun aber „Tempo machen und investieren“, betonte er.
Auch eine Studie der European Climate Foundation (ECF), an der Umweltverbände, die Autoindustrie, Gewerkschaften und Wissenschaftler beteiligt waren, geht davon aus, dass Elektromobilität zahlreiche Arbeitsplätze schaffen wird: Den Hochrechnungen zufolge könnten bis 2030 insgesamt 145.000 neue Jobs entstehen. In der klassischen Autobranche verloren gehende Arbeitsplätze würden in anderen Branchen neu geschaffen – etwa bei Dienstleistern, Zulieferern oder in der Energiewirtschaft.
„Die Zahl der Nettoarbeitsplätze in der Autobranche steigt bis 2030“, zitiert der Tagesspiegel aus der ECF-Studie. Eine Prognose, die auch Willi Diez vom Ifa und Studien des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums unterstützen. Die Berater der Porsche-Tochter MHP kamen 2017 in einer Analyse zu dem Schluss, dass die Mobilitätswende „eine deutliche Verschiebung“ bei den Berufen bringen werde – „nicht aber weniger Arbeit“.
Filzstifte meint
Die Elektromobilität hat bereits eine Eigendynamik angenommen, die sich täglich weiter aufbaut. Das lässt sich nicht mehr aufhalten. Die Arbeitswelt wird sich verschieben, durch das Schlafen der deutschen Automanager leider auch geografisch. Es geht halt nur um Profite.
Sepp meint
Wenn die Energie erneuerbar wird, dann werden hier meiner Schätzung! nach wesentlich mehr Arbeitskräfte geschaffen, als in der Autoindustrie verloren gehen. Abgesehen davon finde ich es pervers, auf Kosten der zukünftigen Generationen mit Arbeitsplätzen zu argumentieren. Mit gleichen Recht könnte man verlangen, den Müll nicht mehr zu trennen oder keine Bagger mehr zu bauen, um die Arbeitskräfte der Schaufler zu erhalten – wo war denn hier die Gewerkschaft???
In Summe alles vorgeschobene Scheinargumente um gewisse Entwicklungen aufzuhalten, die die momentanen Gewinne gefährden
Nik meint
Ich denke Deutschland hat die Führungsrolle der Mobilität bereits verloren. Den Autobossen und Managern fehlte in den letzten Jahren einfach nur der Blick nach vorne. Sie müssen erst wieder lernen den Blick weiter voraus zu werfen und nicht wie bisher, nur das als wichtigstes zu betrachten was gerade am besten läuft. Denn das war ein grosser Fehler. Gerade China und die Asiaten überhaupt sind uns Europäern nun einige Schritte vorraus und es kann wirklich so sein, dass uns Europäern der Wohlstand blind gemacht hat.
Leotronic meint
Es könnte aber auch so kommen dass DE Automobil-Importland wird. Wer zu spät kommt …
Jensen meint
Ich sehe die Entwicklung der Arbeitsplatzzahlen zwar auch eher ein wenig pessimistischer, freue mich aber dass diese Studien und auch Experten zu dem Schluss kommen, dass unterm Strich alles gut ist. Somit ist das Jokerargument „Arbeitsplätze“ wohl nicht nutzbar, wenn es darum geht die Aktivitäten in Richtung Elektromobilität nicht kräftiger und engagierter zu forcieren.
Fritz! meint
Ich befürchte, das solche Studien eher für die Gewerkschaften gemacht werden, damit die ihre Mitglieder, bzw. die Firma die Gewerkschaften beruhigen kann. Für realistisch halte ich deren Szenario nicht.
Thomas R. meint
Das Elektroauto an sich bringt bis 2030 sicher Verschiebungen.
Der eigentliche Hammer wird aber das automatische Fahren wenn das Auto nur noch als Mittel zum Zweck und damit NICHT mehr im Privatbesitz ist. Das Potenzial Premium Hersteller zu belasten ist hier deutlich höher.
Insofern ist die Annahme im Artikel für den Teil Elektroauto vielleicht richtig.
Ganzheitlich aber unvollständig.