Das Center of Automotive Management (CAM) hat seine neueste Studie zur Elektromobilität im internationalen Vergleich veröffentlicht. Nach drei Quartalen ist demnach weiter China der weltweite Leitmarkt für Batteriefahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) mit hohen Wachstumsraten. Auch in den USA steigen die Neuzulassungen deutlich.
Die E-Mobilität nimmt laut dem CAM 2018 in den wichtigen globalen Märkten weiter an Fahrt auf. Neue Automobilhersteller gewinnen dabei zunehmend Marktanteile. China und Norwegen festigen ihre Position „als Leitmärkte und Ausnahmeerscheinungen“. Deutschland liegt hinsichtlich der Zahl der neu zugelassenen Elektroautos zwar im Mittelfeld, belegt mit Blick auf den erreichten Marktanteil aber einen der hinteren Ränge.
China
China festigt seine Position als internationaler und rasch wachsender Leitmarkt insbesondere hinsichtlich der Anzahl neu zugelassener Elektrofahrzeuge. Während im Zeitraum Januar bis September 2017 insgesamt 398.000 Elektroautos verkauft bzw. zugelassen wurden, stieg diese Zahl von Januar bis September 2018 auf 718.000, so das CAM. Der Zuwachs an Fahrzeugen belief sich demnach auf 80 Prozent.
Die Neuzulassungen von BEV stiegen in der Volksrepublik auf 540.000, PHEV legten auf 178.000 zu. Der Marktanteil von Stromern an den Gesamtzulassungen für alle Fahrzeugtypen steigt damit auf einen Höchstwert von 3,5 Prozent (Vorjahreszeitraum: 2,0 %). Der chinesische E-Fahrzeugmarkt wird der Analyse des CAM zufolge zu über 90 Prozent weiter von einheimischen Herstellern wie BYD, BAIC und Roewe dominiert, wobei als ausländische OEM Tesla (3 %) und BMW (2 %) noch am stärksten sind. Im Luxusbereich macht das Start-up NIO Tesla zunehmend ernste Konkurrenz und konnte seit Verkaufsbeginn im Juni 2018 bereits 3368 Fahrzeuge ausliefern.
„Es wird höchste Zeit, dass deutsche Hersteller in China mit attraktiven Elektromodellen auftreten und auch in diesem Zukunftsfeld Marktanteile gewinnen“, so Studienleiter Stefan Bratzel. „Es ist ein ernstes Warnsignal, dass im wichtigsten Automobilmarkt neue Anbieter wie Tesla und NIO Luxusmarkt für E-Fahrzeuge dominieren.“
USA
Nach Absatzzahlen zweitgrößter Markt für Elektrofahrzeuge bleiben die USA. Waren im Vorjahreszeitraum noch 139.824 Elektroautos neu zugelassen worden, stiegen die Zulassungen im ersten bis dritten Quartal 2018 auf 228.226 Fahrzeuge. Mit 62 Prozent blieb der Zuwachs nicht allzu weit hinter China zurück, berichtet das CAM. Der Marktanteil der E-Autos an den Gesamtzulassungen nahm zwischen den Betrachtungszeiträumen von 1,1 auf 1,8 Prozent zu. Hohe Zuwächse erzielten reine Elektrofahrzeuge, die jetzt auf einen Anteil von 64 Prozent (Vorjahreszeitraum: 53 %) kommen. Die Zuwächse sind vor allem Tesla geschuldet, das mit dem Model 3 im Jahr 2018 bereits auf fast 80.000 Neuzulassungen kommt. Zusammen mit dem Model S und X stellt Tesla fast die Hälfte des Elektroauto-Marktes in den USA.
Deutsche Hersteller verlieren in den Vereinigten Staaten durch das mangelnde Modellportfolio im Elektrobereich zunehmend Marktanteile: Im letzten Quartal konnte Tesla insgesamt über alle Antriebe bereits mehr Fahrzeuge verkaufen als Mercedes. Im Laufe des Jahres könnten die Kalifornier auch BMW übertrumpfen.
Norwegen
Norwegen behält seine Ausnahmeposition in puncto Markanteil, der 2018 nach drei Quartalen auf 46,7 Prozent steigt (Vorjahrszeitraum: 37,0 %). Die Zulassungen neuer Elektroautos legten von 43.096 auf jetzt 52.022 zu. Rund 60 Prozent der E-Fahrzeuge sind BEV, 40 Prozent werden als PHEV zugelassen. Der Verbrennungsmotor rutscht laut dem CAM in Norwegen zunehmend in eine Nischenrolle: Im September wurden nur noch 16 Prozent der Pkw mit Benzinmotoren und 12 Prozent mit Dieselmotoren zugelassen.
Deutschland
Deutschland kann seine Neuzulassungen bis Ende September 2018 nur um 36 Prozent auf 50.141 Zugänge steigern (Vorjahreszeitraum: 36.849). Damit ist das Wachstum im Vergleich der Kernländer unterdurchschnittlich, so das CAM – selbst im Hinblick auf das Absatzvolumen liegt Norwegen vorne. Der Marktanteil steigt hierzulande moderat von 1,4 auf 1,9 Prozent, die Anteile von BEV und PHEV betragen dabei rund 50 Prozent.
Stefan Bratzel abschließend: „Die Automobilhersteller in Deutschland bereiten zwar eine große Produktoffensive im Bereich der E-Mobilität vor. Allerdings wird eine breite Modellpalette erst in den nächsten zwei Jahren verfügbar sein. Dann besteht die Chance einer hohen Dynamik bei E-Fahrzeugzulassungen von deutschen Herstellern. Deutsche OEM müssen jedoch vor dem Hintergrund der CO2-Ziele und der Wettbewerbsstruktur ihre Aktivitäten im Bereich der E-Mobilität verstärken, um nicht international Marktanteile und Image einzubüßen.“
Mv meint
Das dauert keine zehn Jahre mehr, bis der verbrenner verschwindet. Da muss man nur Norwegen anschauen. Die sind der Entwicklung durch die Subventionen nur um wenige Jahre voraus und haben jetzt nur noch 28 Prozent Verbrenner bei den Neuzulassungen. Durch die hohen Stückzahlen werden die Elektroautos schnell billig werden. Dann hat man die Situation aus Norwegen überall.
nilsbär meint
Ich denke auch, dass Norwegen kurz vor dem Verbot des Verbrenners steht, aber wohl mit Ausnahmen und Übergangsfristen. Das wird die etablierte Autoindustrie vielleicht noch ignorieren. Aber dann wird China folgen, und dann ist Feuer nicht nur am Dach.
nilsbär meint
Spannend wird es auch, wenn einmal E-Autos einen großen Anteil an den Neuzulassungen ausmachen. Wird es zu Spannungen kommen ähnlich wie heute zwischen Rauchern und Nichtrauchern? Mein Tipp: Der Verbrennungsmotor wird nicht verboten werden, es wird einfach ein Null-Emissions-Antrieb vorgeschrieben werden:-)
C. Hansen meint
Interessante Marktauswertung. Finde ich spannender als für den deutschen Markt (zumindest solange da noch nichts passiert).
Sehr schwach von der Studie finde ich aber die Aussage, dass 90% in China von heimischen Herstellern kommen. Oh Wunder, wenn ausländische Hersteller bis jetzt nur über Joint Venture in den Markt kamen.
Spannend wäre zu erfahren, ob von den 90% vielleicht auch ein großer Teil durch deutsch-chinesische Joont Venture gedeckt wurde.
Hat da jemand Zahlen?
Hamp meint
Alleine VW (mit Chinapartner) hat seine Fabrik für E-Autos in China auf 600.000 Einheiten pro Jahr aufgebohrt. Schon lustig, wenn man dann den Sprechern des Konzernes so in Deutschland zuhört…
Starkstrompilot meint
Ich sag nur ‚Leitmarkt‘, hahaha…
Fritz! meint
Und die deutschen Verbrenner-Hersteller sehen sich immer noch führend in der E-Mobilität. Das finde ich wirklich lustig…
Nein, eigentlich nicht.
agdejager meint
Ja wenn die Deutsche ICEcar hersteller mit hohem Priorität nur in China arbeiten, weil Sie da ja so ungefähr zu gezwungen werden, bleibt Europa mal wieder auf der Strecke. Eine große Schande.
Stocki meint
Immer diese Studien… gähn :)
Der Untergang des Verbrennerzeitalters ist eingeläutet (zumindest im PKW Bereich ganz sicher), das pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern. Die Hersteller, die das noch nicht begriffen haben, dürften sich in einigen Jahren auf der Müllhalde der Geschichte wiederfinden.
Andreas_Nün meint
„“Deutschland kann seine Neuzulassungen bis Ende September 2018 nur um 36 Prozent auf 50.141 Zugänge steigern (Vorjahreszeitraum: 36.849). „“
Auch wenn man die Steigerung als „unterdurchschnittlich“ bezeichnet. Es ist eine sehr solide Steigerung. Es nimmt gut an Geschwindigkeit auf.
Daniel S meint
Die Revolution ist in vollem Gange. Wer jetzt noch in den Verbrenner investiert beweist vorsichtig formuliert ziemlichen Mut. Die Zuwachsraten beim E-Auto liegen bald nahe an Faktor 2 pro Jahr: 2018 2%, 2019 4%, 2020 8% – dann werden die Angebote der alten OEM erst in Masse verfügbar…
BrainBug meint
Wie sagt man so schön? So schnell schießen die Preussen ja nicht. :-)
Ich glaube auch dass die E Mobilität (in welcher Form auch immer) einen großen Teil der Individualmobilität übernehmen wird.
Aber der Markt für Verbrenner wird noch länger nicht zusammenbrechen.
Auch wenn die Zuwachsraten bei BEVs jetzt stark steigen sollten, es gibt eben noch Marktbereiche in denen es noch länger dauern wird.
Im unteren Preissegment, bei Vielfahrern, Laternenparkern, bei Anhänger/Wohnwagenbetrieb muss schon noch so einiges passieren um die Masse zu überzeugen.
und weiters:
– Ladenetzausbau: Verteilung ist schon gut, aber die Masse müsste bedient werden; also noch viel mehr Ladeanschlüsse
– dezentrale Buffer um Stromspitzen aufzunehmen/abzugeben; oder natürlich noch besser:
– V2G (Standard+Verfügbarkeit auf allen grösseren Parkplätzen und integriert in allen Fahrzeugen)
Da bleibt noch einiges zu tun. (ändert aber nichts dran, dass es für viele jetzt schon passt)
Ob die Verbrenner dann in 5, 10 oder 20 Jahren zu Ladenhütern werden (oder vielleicht in manchen Segmenten auch nie) wird natürlich interessant zu beobachten.
Obraxis meint
Alles was über 10 Jahre hinausgeht ist schon zu optimistisch. Wenn wir JETZT schon Probleme mit den Akku’s haben (E-Tron), dass wird es auch nicht besser. Tesla planiert bereits die Gigafactory in China bereits seit über 1 Woche…
El Commandante meint
+1
Schön, dass auch mal differenzierter und ohne E-Scheuklappen erörtert wird…
flip meint
Eine nüchterne, strukturierte und aktuelle Zusammenfassung der Lage der E-Mobilität auf dem Weltmarkt. Ganz ohne Dramatik wird klar, dass alle „etablierten“ Hersteller gewaltig unter Zugzwang geraten. Steigende Verkaufsvolumina bedeuten auch eine entsprechend steigende Nachfrage nach Batteriezellen – nur wer diese in dem gewünschten Umfang hat, kann auch liefern. Das wird die Marktanteile ganz schön durcheinander wirbeln.
Andreas_Nün meint
für die nächsten 5-10 Jahre haben die Zellproduzenten eine sehr gute Position.
Erst ab 2030 rechne ich damit, dass es sowohl im Bergbau- als auch im Zellproduktionsbereich zu Überproduktionen kommen könnte. Wird eine mehr als nur spannendes Jahrzehnt.
alupo meint
+1
das sehe ich auch so.