Das Auto von morgen wird – unter anderem durch Trends wie Autonomes Fahren, Vernetzung und Elektromobilität – zunehmend zu einem Computer auf Rädern. Die Bedeutung elektronischer Komponenten und Software in Fahrzeugen nimmt dadurch stetig zu – laut der Studie „Computer on Wheels / Disruption in Automotive Electronics and Semiconductors“ von Roland Berger mit einschneidenden Veränderungen für die gesamte Branche.
„Die Einführung des softwaregesteuerten Autos führt zu deutlichen Veränderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, sagt Falk Meissner, Partner bei Roland Berger und Mit-Autor der Studie. Alle Akteure in der Industrie seien davon betroffen. Während die Fahrzeughersteller beispielsweise künftig erhebliche Ressourcen für die Modulintegration aufwenden müssten, würden Halbleiterhersteller zunehmend auch zum Softwareanbieter.
Roland Berger geht davon aus, dass der Kostenanteil elektronischer Komponenten im Verhältnis zu allen Bauteilen von aktuell circa 16 Prozent auf voraussichtlich rund 35 Prozent bis 2025 wachsen wird. Dabei schlage der finanzielle Aufwand für elektronische Module bei einem Premiumfahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor derzeit mit rund 3000 Dollar zu Buche. Beim „Computer auf Rädern“ – einem halbautonom fahrenden, elektrifizierten Auto – würden es bis Mitte des Jahrzehnts mehr als 7000 Dollar je Fahrzeug sein. Etwa ein Viertel der Kosten lasse sich auf die Digitalisierung zurückführen. Mehr als die Hälfte des Anstiegs resultiere aus der Elektrifizierung des Antriebs. Dadurch werde die E-Mobilität zum zentralen Kostentreiber.
Beim autonomen Fahren entfallen die zusätzlich benötigen Mittel für Automobilelektronik (925 Dollar) laut der Analyse größtenteils auf Rechenleistung und Sensorik. „Autonomes Fahren erfordert nicht nur einen Wechsel von der menschlichen Entscheidungsfindung zur künstlichen Intelligenz, vom Gedächtnis zur Karte und von den Sinnen zu den Sensoren, sondern auch Investitionen in dafür benötigte Technologien“, sagt Meissner. Etwa die Hälfte der Kostensteigerung müsse für Kameras, LIDAR-, Radar- und Ultraschallsensoren aufgewendet werden. Der Rest fließe in die durch künstliche Intelligenz gesteuerte zentrale Recheneinheit, die die Sensordaten empfängt, analysiert und die Aktionen des Fahrzeugs bestimmt.
Die Branche habe in Teilen schon auf die Entwicklung reagiert, stellt Roland Berger fest. So würden Autobauer Partnerschaften mit Konkurrenten eingehen und sich mit Halbleiterspezialisten in Konsortien zusammenschließen. „Nur ganz wenige Unternehmen werden es schaffen, alleine die komplette Elektronik- und Software-Lieferkette abzubilden und die entsprechenden Investitionen zu tragen“, so Meissner. Bevor Firmen solche Schritte unternehmen, sollten sie zunächst ihre Position in der Wertschöpfungskette neu definieren. Erst dann könnten Hersteller wie Zulieferer entscheiden, welches Know-how in den Bereichen Elektronik, Halbleiter und Software sie aufbauen müssen und welche Kooperationen Vorteile bringen.
Peter Wulf meint
Bei Tesla Modell S, X und Model 3 sind ja schon die notwendigen Kameras Computer eingebaut. Bei meinem Model S von 2016 ist das unterstützende System mit Radar und Kamera sowie Abstandssensoren, Tempomat , Abstandregler für Fahrten im Stau mit Notbremsung und auf Autobahnen schon sehr entspannend. Leider gibt es noch keine Verkehrszeichenerkennung die angezeigten Schilder basieren auf Infos Google-map mit GPS. Voraussetzung sind auch gut erkennbare Straßenmarkierungen mit Rand und Mittelstreifen.
Evolution meint
Je mehr Features die Autos bekommen, desto mehr Probleme werden sie nach nur wenigen Jahren machen. Das sieht man schon heute, wo Software und Elektronik manche PKWs für Monate (oder bei schon älteren Exemplaren) für die Ewigkeit still legen, Werkstätten und Hersteller sind oft mit der Nachsorge überfordert. Wenn diese Features mit den sicherheitsrelevanten Systemen vernetzt sind wird der Weiterbetrieb gefährdet. Daher werden diese Autos für eine lange Haltezeit und als mittelalte Gebrauchte uninteressant, dann ist es vorbei mit neu kaufen und 15 bis 25 Jahre fahren. Nur noch leasen, leihen oder irgendwie kurz nutzen. Eigentlich schade, denn das Elektroauto könnte mit den notwendigsten Komponenten ausgestattet – und gute Verarbeitung vorausgesetzt – einiges länger halten als die Verbrenner von heute. Ich wünschte , es gäbe irgendwann Sparversionen, die mit dem notwendigsten vollkommen alltagstauglich sind (mit ABS, Airbags, ESP, Motorsteuerung, Batteriemanagment etc.) und zugleich nachhaltig, momentan erscheint mir der Markts sich leider nicht so zu entwickeln.
Jörg2 meint
Wenn man die softwareseitige Nachsorge per OTA realisieren kann, kann dabei sogar die Evolution in dem Bereich den bereits ausgelieferten Fahrzeugen zu Gute kommen.
Wenn die relevante Hardware zentral in einer Einheit zusammengeführt ist, kann hier sogar per einfachen Austausch ein Hardwarefehler bereinigt werden und, bei entsprechender Auslegung der Schnittstellen, auch hier die Evolution für Bestandsfahrzeuge zuschlagen.
Evolution meint
Theoretisch ja, aber wenn die OTA an möglichst aktuelle Betriebssysteme welche wiederum an möglichst aktuelle Hardware gekoppelt sind und es sich so entwickelt wie wir es aus allen Bereichen kennen, wird die Nutzungsdauer ziemlich endlich werden. Siehe Windows, siehe Smarthomes, usw. Natürlich würde das klappen können, aber von sich aus wird das kein Hersteller gerne machen. Es erscheint mir eine poltische Aufgabe zu sein, dass der Betrieb aller Komponenten und Systeme zu überschaubaren Kosten auf z.B. mind. 30 Jahre für das Konsumgut Automobil (oder sagt man heute nur noch SUV dazu;-)) gewährleistet werden muss.
Jörg2 meint
Ein Auto hat halt auch kein ewiges Leben….
Wenn jemand an einem vererbbaren Altagsauto arbeitet, dann muss das jemand sein, der keine Nachfolgegeschäft mit Wartung und Ersatzteilverkauf anstrebt, der einfachen Zugang für den Softwareservice hat und (im Extremfall) die „Hauptplatine“ einfach gewechselt bekommt.
Wenn dann noch die Außenhaut des Autos unverwüstlich ist, dann gehts in die richtige Richtung.
Peter Wulf meint
Es gibt leider keine Hersteller außer TESLA die über Internet/WLan ihre Elektronik
Steuerung bzw. Boardcomputer updaten, wie es bei Jedem PC Smartphone heute schon passiert.
Bei Verbrennern bleibt die Technik auf dem Stand des Kauftermins.
Bei neuen Teslamodellen seit 2019 sind Kameras und Computertechnik schon eingebaut und können gegen Zusatzkosten gleich oder nachträglich freigeschaltet werden. Da sind Tesla und Asiaten weiter, es gibt mehr Ausstattung und weniger Variationen mit den deutsche Hersteller am meisten verdienen ( Statussymbol Auto)
Unsere Hersteller arbeiten nur mit kostentreibenden Zubehörlisten , nachträgliche Freischaltung wird m.E. bei deutschen und europäischen Herstellern nicht angeboten.
Jörg2 meint
Da werden jetzt nur die erhöhten Kosten betrachtet.
Spannend wäre doch aber das Gesamtergebnis
für den Käufer: übersteigen die Zusatzkosten die Ersparnisse durch den Wegfall der Verbrennerkomponenten und der vereinfachten Produktion?
und für den Verkäufer: welche Zusatzumsätze werden dadurch möglich?
Mein Eindruck:
Das Gesamtbild ist positiv. Die Betrachtungseinschränkung auf die von BERGER betrachteten Kosten eher negativ.
Ebi meint
Die entscheidende Frage wird sowieso sein, wer das Software Know-how und die Datenhoheit für autonomes Fahren haben wird und da sehe ich momentan gar keinen deutschen Hersteller. Wenn die sich noch ein bisschen länger in Nebenkriegsschauplätzen a la Brennstoffzelle und eFuels verzetteln, dürfen sie in Zukunft max. noch die Bleche für Waymo & Co. biegen.
Leser meint
Interessant wäre vor allem auch mal, wer „autonomes Fahren“ eigentlich wirklich haben möchte und wer nicht. Ob man das wirklich braucht. Und was die ganzen Fahrer dann machen sollen..
Ebi meint
Autonomes Fahren wird völlig neue Geschäftsfelder eröffnen und die Mobilität revolutionieren. Der Hersteller, der autonomes Fahren zuerst anbieten kann, hat einen signifikanten Wettbewerbsvorteil.
alupo meint
Ich will es haben.
Spätestens in 5 Jahren will ich anfangen können es zu nutzen, damit ich weiter auch in Zukunft unfallfrei mobil sein kann.
Abgesehen davon wird die KFZ-Versicherung in Zukunft bei autonomem Fahren sicher günstiger sein als wenn ein unberechenbarer Fahrer (wer hat nicht schon einmal einen Strafzettel wegen Übersehens einer Geschwindigkeitsbegrenzung bekommen? Von den ganzen Chaosfahrern die in ihrem Leben schon einmal einen Unfall verschuldet haben rede ich erst gar nicht. Ein Jahr Führerschein weg ist m.M.n. das Mindeste) seine Tagesform am ausprobieren ist.
Daher her mit dem FSD, und zwar möglichst bald. Leider sieht es hierbei schon wieder danach aus, dass ein kleiner US-Hersteller die Nase dabei vorne haben könnte.
Jörg2 meint
@Leser
Im Warentransport geht die aktuelle Fahrergeneration in die Rente. Eine neue Generation wächst nicht nach. Die Ausbildung ist teuer, die Armee bildet nicht mehr aus, die Arbeit ist ungeliebt.
Die Frachtführer füllen das mit Fahrern aus dem Osten auf. Auch diese Lösungsvariante ist endlich.
In dem Bereich würde teil-automatisiertes Fahren schon heute viel helfen. Der Fahrer wäre auf der BAB noch „Begleitpersonal“ und müsste „nur“ noch städtischen Verkehr und Be- und Entladerei hinbekommen.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
Hinter Waymo steckt der Softwareriese Alphabet, dagegen stinkt jeder Autohersteller ab. Mit der Armee an Softwareentwicklern kann man kaum Schritt halten und mit den Gehältern vermutlich auch nicht.
Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass irgend ein traditioneller Autohersteller, egal ob Deutscher, Japaner, Franzose, Koreaner oder Ami da auf lange Sicht mitziehen kann. Verstehe auch nicht das ständige Gejammer über deutscher Hersteller. Als ob die die einzigen auf der Welt wären. Und wenn man mit Blechbiegen gutes Geld verdienen kann, empfinde ich das nicht als Schande. Bleche muss man auch erst mal biegen können, ich kann es nicht.
Vielleicht wird aber auch alles anders und die Einheit zum autonomen Fahren wird ein kleiner Rechenwürfel mit etwas Software drauf, was man beim Zulieferer für 2k € einfach zukauft. Ich mein Tesla rüstet ja auch die Hardware für FSD mal einfach nach.
Jörg2 meint
Ich glaube auch, irgendwann wird das ein 2k€-Lösung sein.
Ich finde spannend, wer dann Zulieferer und wer Finalproduzent sein wird.
Lassen sich die Softwarehäuser passende Autos bei Auftragsfertigern bauen und bleiben damit Herren des Geschehens, oder können Autohersteller mit dem zugekauften Würfel erfolgreich Geschäft machen?
Ebi meint
Blechbieger gibt es viele, Firmen die KI können wohl nicht so viele. Solange das so ist, sind die Softwareläden im Vorteil und die Blechbieger werden in der Schlange stehen.