Ende 2019 hatte das schwedische Start-up Uniti den Konfigurator für sein Stadt-Elektroauto One freigeschaltet. Die Auslieferung sollte Mitte 2020 auf dem Heimatmarkt sowie in Großbritannien starten, das gelang aber nicht. Wie Uniti nun mitteilte, steht es nicht gut um das Unternehmen. Es seien kurzfristig mindestens 500.000 Euro erforderlich, um die Insolvenz abzuwenden, teilte CEO Lewis Horne mit.
Der Übergang von einem kleinen Start-up mit ehrgeizigen Prototypen zu einem echten Autounternehmen habe sich als große Herausforderung erwiesen, erklärte Horne. Vor allem der Ausbruch der Corona-Pandemie habe für Probleme gesorgt, so habe der chinesische Entwicklungspartner die Karosserieteile für den One nicht liefern können. Eine Produktion in Europa wäre deutlich kostspieliger und mit dem Budget des Start-ups nicht möglich.
Die Probleme führten laut Horne dazu, dass Uniti 2020 zu einer Restrukturierung gezwungen war. Das umfasste den Abbau von Stellen, den Umzug in andere Büroflächen und eine auf das Minimum reduzierte „Burn Rate“ – also deutlich weniger Investitionen und Ausgaben. Potenzielle Investoren habe in dieser Zeit abgeschreckt, dass der Bau einer eigenen Autofabrik sehr viel Kapital erfordert. Daher habe man Partner in China gesucht, die bereits über Erfahrung und Kapazitäten im Bereich E-Mobilität verfügen.
Seit diesem Jahr gebe es eine für die Produktion geeignete Version des One, so Horne weiter. Man habe bereits einen neuen strategischen Investor in China gefunden, der neben dem erforderlichen Kapital auch die Produktion realisieren könnte. Die Verhandlungen seien weit fortgeschritten, wenn auch noch nicht final. Für Ende November sei eine Brückenfinanzierung vereinbart worden, die sich aber aufgrund von Vorgaben für Kapitalabwanderung der chinesischen Regierung verzögere.
Mit dem neuen Investor sei Exklusivität vereinbart worden, auf die dieser nun aber aufgrund der Verzögerung verzichte. Uniti könne daher wieder andere Geldgeber suchen, bis der Deal finalisiert ist. „Ich hatte gehofft, der Öffentlichkeit heute mitteilen zu können, dass wir endlich eine gute Nachricht haben. Stattdessen kämpfen wir damit, ohne diese Mittel weiterzumachen“, gestand Horne ein. „Wir haben jetzt weniger als eine Woche Zeit, um 500.000 Euro aufzutreiben, sonst müssen wir Konkurs anmelden.
(Unser Team hat seit Monaten kein Gehalt mehr erhalten.)“
„Hochriskante Investition“
Die bestehenden Gesellschafter wurden schon vor einigen Tagen über die prekäre Situation bei Uniti informiert. Über 100 von ihnen hätten weitere Mittel in Höhe von 200.000 Euro zugesagt, berichtete Horne. Mögliche neue Investoren warnte er, dass er nicht wisse, wann die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Investor finalisiert sein wird. Es sei auch möglich, dass die Verhandlungen scheitern. „Aus diesem Grund und wegen unserer ausstehenden Verbindlichkeiten können wir nur dann Kapital von irgendjemandem aufnehmen, wenn wir ein Minimum von 500.000 Euro an Zusagen erreichen. Dies würde unsere Verbindlichkeiten abdecken und uns mindestens bis Juni nächsten Jahres am Laufen halten – genug Zeit, um den Deal abzuschließen oder mit einer Alternative fortzufahren.“ Der Uniti-Chef betonte, dass es sich „um eine hochriskante Investition“ handele.
Der neue Großinvestor will laut Horne zunächst 675.000 Euro als Brückenfinanzierung überweisen. Vier Millionen Euro seien für die ersten Demonstrationsfahrzeuge geplant, 60 Millionen Euro für eine Fabrik in China. Letztere soll im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens entstehen, an dem Uniti mindestens 30 Prozent der Anteile hält. Weitere Investitionen für den Geschäftsbetrieb und das Marketing würden aus dem internen Budget des Investors kommen. Dessen Ziel sei, innerhalb von 12 Monaten an die Börse zu gehen.
„Wir haben nicht geglaubt, dass diese Reise einfach sein würde“, so Horne abschließend. „Natürlich hatte ich gehofft, dass unsere Geschichte eine Geschichte des Triumphs sein würde, die von Erfolg zu Erfolg führt. Stattdessen waren die letzten Jahre eine Geschichte des Überlebens und der Beharrlichkeit im Angesicht ständiger Rückschläge. Unabhängig vom Ergebnis bin ich stolz darauf, dass mein außergewöhnliches Team jeden Tag dafür gekämpft hat, diesen Traum zu verwirklichen.“
Der Uniti One
Uniti bewirbt den 3222 Millimeter kurzen One als effizientes, ideales modernes Stadtauto für nachhaltige Mobilität zum erschwinglichen Preis. Im Inneren des Kleinstfahrzeugs finden bis zu drei Erwachsene Platz. Der Fahrer sitzt vor den Passagieren, im Heck stehen für Gepäck 155 Liter Kofferaumvolumen zur Verfügung. Wird die hintere Sitzbank umgeklappt, erhöht sich der Stauraum auf 760 Liter.
Angetrieben wird der One von einem 50 kW (68 PS) starken Elektromotor über die Hinterräder. Damit soll es von 0 bis 50 km/h in 4,1 Sekunden und von 0 bis 100 km/h in 9,9 Sekunden gehen. Maximal sind 120 km/h möglich. Die Energie dafür kommt von einer im Fahrzeugboden untergebrachten 12-kWh-Lithium-Ionen-Batterie, mit einer Ladung sollen 150 Kilometer möglich sein. Ein optionaler 24-kWh-Energiespeicher erlaubt 300 E-Kilometer am Stück.
Als Grundpreis außerhalb des Heimatmarktes plant Uniti weiter 17.767 Euro vor Steuern. Ob es sich dabei um einen europaweiten Preis handelt, und ab wann Kunden bei Weiterführung des Start-ups außerhalb Schwedens und Großbritanniens bedient werden könnten, ist unklar.
C-Zero meint
Sehr schade, dass es Startups mit vernünftigen Konzepten (dazu zähle ich auch e.Go, Sono Motors etc.) so schwer haben. Oft würde schon EIN finanzkräftiger Investor reichen, die Sache ins Rollen zu bringen. Manchmal frage ich mich aber auch, ob es nur am Geld liegt oder ob auch das jeweilige Management den Aufgaben nicht gewachsen ist. Vieles dauert einfach zu lange, auch der wohlmeinendste Interessent ist nicht bereit, 5 Jahre oder länger auf einen „fahrbaren Untersatz“ zu warten. Die Startups haben ihre Chance verpasst! Jetzt sind die großen Player mit im Spiel. Gerade habe ich im Radio gehört, dass BMW sein einmillionstes eAuto verkauft HAT, bis Ende 2023 soll eine weitere Million dazu kommen …
Stefan meint
Ewig schad, das Uniti Konzept halte ich für ideal, zumindest für den Zweck der meisten, die ich kenne.Gefällt mir extrem gut, schaut besser aus, als all die anderen Kleinkonzepte, die irgendwie optisch völlig verdreht daherkommen (Isetta oder wie das heisst, jössas!) oder nix halbes und nix ganzes sind (Ami). War aber fast zu erwarten, nachdem ja eigentlich jeder schon einen Leopard-Panzer durch die Strassen steuern müsste, weils ja sooooooooooooo gefährlich ist mit den ganzen grossen Autos … Zum speiben …
Shullbit meint
Der Uniti One ist im Vergleich zu vielen anderen Kleinst-Elektrofahrzeugen wenigstens gut gezeichnet, aber irgendwas machen die alle falsch: Die Preise sind jedes Mal absurd hoch.
Ein vollwertiges Elektroauto mit größerem Akku, 4 Sitzplätzen usw. wie der Dacia Spring kostet hierzulande 17.000 EUR. Ein einfaches Kleinst-Elektroauto wie der Wuling MiniEV (BEV-Bestseller in China) kostet in China ab 4.000 EUR. Citroen Ami/Opel eRocks kostet in Europa 6.900 EUR. Und da müssten sich Uniti One, e.Go, Microlino, Hopper, Twike und wie die alle heißen einordnen. Solche Kleinstfahrzeuge mit begrenzter Reichweite für die Stadt dürfen hierzulande nur 6.000-10.000 EUR kosten. Stattdessen werden jedes mal 13.000-30.000 EUR für solche Kleinstfahrzeuge aufgerufen. Dann ist es kein Wunder, dass man keine Finanzierung bekommt. Investoren sehen doch auch, was am Markt ist und fragen sich dann natürlich, wer sowas zu den Preisen eigentlich kaufen soll? Die Marktnische „Gutes Design zum völlig überzogenen Preis für Hipster“ ist nicht groß.
ID.alist meint
Beim Auto ging es nie um Vernunft. All diese kleine Autos sind aber genau das, vernünftig. Das andre Problem, je kleiner das Fahrzeug, desto kleiner die Marge, desto mehr Autos muss man verkaufen um den Entwicklungsinvest auszugleichen.
Am Ende haben Start-Ups wie Lucid, Tesla oder Rivian mit Autos „die die Welt nicht braucht“ mehr Chancen zu überleben als SONO oder Uniti. ZU welche der beiden Gruppen Lightyear gehört, bin ich mir noch nicht sicher.
Franz Mueller meint
In 1,5 Jahren lesen wir wahrscheinlich die gleiche Nachricht mit Sono Motors im Titel.
Solang kein Milliardär dahintersteht haben Start-Ups einfach keine Chance.
Hier liegt auch an dem Produkt, Leichtfahrzeuge sind einfach zu gefährlich im Straßenverkehr. Das kauft keiner.
Andi EE meint
Dann darfst du auch kein Fahrrad mehr auf die Strasse lassen. Das ist leider dieser isolierte Blick des Autofahrers, dass sich alle anderen dem 2t Teil anzupassen haben. 100kg Nutzlast, 2000kg Leergewicht … sorry, mit etwas Verstand kann man doch dieses Missverhältnis nicht als das Mass der Dinge sehen. Zum Pendeln wäre 1:10 oder 1:5 doch auch nicht übel (diese Microcars versuchen sinnvollere Mobilität zu bieten). Beim Fahrrad ist es z.B. 5:1 (Nutzlast / Leergewicht).
Franz Mueller meint
Mein Verstand sagt mir, dass ich meine Familie nicht mit 500 kg rumfahren lassen wenn 2500kg Fahrzeuge auf der gleichen Fahrspur unterwegs sind.
Der Vergleich mit Fahrrad hinkt gewaltig, erstens ist man viel schmaler und passt zur Not auch neben 2 Autos, zweitens viel langsamer und drittens gibt es oft Radwege.
Es gibt nichts Dümmeres als Leichtfahrzeuge zu entwickeln. Dafür gibt es keinen Markt.
Andi EE meint
„Mein Verstand sagt mir, dass ich meine Familie nicht mit 500 kg rumfahren …“
Welcher Verstand? Die 500km sind ein Pendlermobil, ein Cityauto wo du primär 50km/h fährst. Deine Familie interessiert doch nicht, im Schnitt werden 1.2 Personen pro Auto transportiert, um das geht es.
Sorry, ich will dich nicht beleidigen, aber was du hier absonderst, ist dämliche Realitätsverweigerung. Der Status Quo stützt deine Meinung, ja. Aber der kann ja durchaus so falsch sein wie der bei BEV und Verbrennern damals.
David meint
Du hast als Start up gar keine Chance in diesem Marktsegment.
Man schaue sich nur den Renault K-ZE an, der hierzulande als Dacia Spring vermarktet wird. Der kostet ab 17.000€ in Frankreich und hat einen größeren Akku als die größte Option dieses Gefährts bietet. Die dann vermutlich deutlich mehr kosten wird. Und bei Dacia hast du ein Werkstättennetz und die Sicherheit, dass es die Firma auch morgen noch gibt.
In Deutschland kostet der Dacia Spring zwar ab 20.500 €, aber nur deshalb, weil Dacia den Kunden den Herstelleranteil zur BAFA-Prämie zahlen läßt. Diese Frechheit gelingt nur deshalb, weil es eben keine tatsächliche Alternative für Leute mit kleinem Budget gibt.
DerMond meint
Bei allen Herstellern zahlt der Kunde den Herstelleranteil, da sollte man sich wenig Illusionen machen.