BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch hat in einem Interview mit der Automobilwoche den Vorstand für seine Leistung während der Coronavirus-Krise und den dadurch entstandenen Verwerfungen in den Lieferketten gelobt. Weniger zufrieden ist der seit 1987 den Gesamtbetriebsrat führende Branchenveteran mit dem rein externen Bezug von Elektroauto-Batteriezellen.
Der bayerische Autohersteller fährt mit einer wachsenden Produktpalette seine Elektroauto-Produktion hoch. Die Batteriezellen bezieht der Konzern von den hier führenden Zulieferern aus Asien. Anders als Wettbewerber wie Mercedes-Benz oder Audi über die Konzernmutter Volkswagen will BMW auch in Zukunft keine eigenen Akkus fertigen. Schoch hält das für einen Fehler, er fordert schon seit Langem eine BMW-Großserienfertigung von Akkus.
„Mit dem, was jetzt in Deutschland passiert, sehe ich mich längst bestätigt“, sagte der Betriebsratschef. „Die Batteriefabriken schießen in Europa wie Pilze aus dem Waldboden. Damit entstehen auch Arbeitsplätze, was mir als Betriebsrat und Gewerkschafter natürlich sehr gut gefällt.“ Schoch erzählte von einem Gespräch mit einem früheren Logistikvorstand der meinte, dass in Deutschland nie Batterien produziert würden. Er habe ihm entgegnet, dass es so kommen werde. „Heute sage ich: Die Batteriefertigung ist in Deutschland angekommen. Bei BMW sind wir hierbei auf einem guten Weg.“
Bislang fertigt BMW nur Akkus in Kleinserie, um die Technik zu erforschen und zu beherrschen und bei anderen Unternehmen in Auftrag zu geben. Der Konzern habe bei der Firma Manz eine erste Transferanlage für die Batteriezellen-Fertigung bestellt, die bis zum Jahresende in Parsdorf aufgebaut werde, berichtete Schoch. Dann könnte BMW mit der Fertigung beginnen – bis man die Produktion industriell wirklich beherrscht, werde es aber noch einige Jahre dauern. Zudem müsse man noch an den Materialien für die Batterien der Zukunft forschen. „Und wenn wir es dann alles beherrschen, bestellen wir bei der Firma Manz weitere Anlagen:“
Wann BMW in eine eigene große Batterieproduktion investiert, hängt laut dem Arbeitnehmervertreter davon ab, wann der richtige Zeitpunkt ist, in die Investition hineinzugehen. Man müsse die Batteriezellen dezentral produzieren, in Anlagen in China, in den USA, Mexiko oder Deutschland. Den selbst für Deutschland gelte: „Batterien dauerhaft von München nach Leipzig zu transportieren, ist auch nicht klug. Die Frage ist also, wann wir auf die Startrampe gehen.“ Schochs Vision: Zwei Transferanlagen an einem Produktionswerk, aus dem die Batteriezellen kommen, die dann direkt vor Ort zu Batterien montiert werden und anschließend in die Fahrzeugmontage gehen.
Tesla-Chef Musk „ein großes Genie“
Schoch äußerte sich auch zu Tesla-Chef Elon Musk. Dieser sei „sicher ein großes Genie“. Was er technologisch bewegt habe, sei „schon phänomenal“, dem gelte seine große Anerkennung. Musk baue ja nicht nur Autos, sondern auch Raketen, oder große Bohrmaschinen für Tunnel. „Elon Musk hat uns als Branche wachgerüttelt, dass es andere Lösungsansätze für Automobile gibt. Elektrisches Fahren wird durch ihn etwas ganz Normales sein, das ist die Zukunft“, sagte BMWs Betriebsratschef.
Schoch ist sich sicher: „Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge werden wir schaffen.“ Wenn die Fabriken umgestellt seien, baue das Unternehmen eben statt eines Verbrenners einen Elektromotor ein. Er sehe hier keine „große Revolution mit Tausenden von Entlassungen“. Früher habe es Propeller-Flugzeuge gegeben und heute moderne Turbinen an den Flugzeugen. „Und wir fliegen trotzdem…“
Peter W meint
Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass sich eine Zellfabrik an jedem Fahrzeug-Produktionsstandort rechnet. Kommt natürlich auch drauf an ob er mit dem Bergriff Batteriefabrik überhaupt eine Zellen-Fabrik gemeint hat. Batterien sind keine Zellen, sondern bestehen aus vielen Zellen. Also die Batterie am Standort der Fahrzeugproduktion anzusiedeln ist sicher sinnvoll, aber die Zellen dort herzustellen ist bestimmt keine gute Idee, das wird zu teuer.
Hier zeigt sich auch wieder mal, dass der Begriff „Batterie“ falsch interpretiert werden kann. Eine Sekundärzelle ist keine Batterie!
CaptainPicard meint
Musk baue ja nicht nur Autos, sondern auch Raketen, oder große Bohrmaschinen für Tunnel
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Ähm, nein. Er hat eine kommerzielle Bohrmaschine gekauft.
EsGeht meint
@CaptainPicard: Ähm, nein… Tesla hat das BEV auch nicht erfunden, aber daraus das fortschrittlichste und begehrteste Auto der Welt gemacht.
So ist es auch mit TBC – die Bohrschmaschine haben sie nicht erfunden, aber was sie daraus machen, hebt sich wieder von allem anderen auf der Welt ab.
So ist es mit den Batterien, Stromspeicher, Autobidder, Sateliten-Internet, Raketen, Tesla-Bot, und und und…
150kW meint
„So ist es auch mit TBC – die Bohrschmaschine haben sie nicht erfunden, aber was sie daraus machen, hebt sich wieder von allem anderen auf der Welt ab.“
Was genau wäre das?
CaptainPicard meint
Es geht nicht darum dass sie es erfunden haben, sondern dass sie sie nicht gebaut haben. Tesla but eigene Elektroautos, die Bohrmaschine wurde aber nicht gekauft sondern einfach ein Modell eines anderen Anbieters gekauft und genutzt, so wie das alle anderen Tunnelunternehmen auch machen.
M. meint
„Tesla hat das BEV auch nicht erfunden, aber daraus das fortschrittlichste und begehrteste Auto der Welt gemacht.“
Eine ordentliche Fangemeinde hat das Auto tatsächlich, aber der Fortschritt bezieht sich auf einige wenige Punkte. In anderen gibt es Defizite, die von der Fangemeinde allerdings wohlwollend ignoriert werden.
Von anderen nicht. ;-)
„So ist es auch mit TBC – die Bohrschmaschine haben sie nicht erfunden, aber was sie daraus machen, hebt sich wieder von allem anderen auf der Welt ab.“
Einen Tunnel gebohrt haben sie.
Die Schweizer sind blass vor Neid. ;-)
David meint
Das klingt ja für mich so, als ob der Betriebsrat bei BMW fortschrittlicher denkt als die Unternehmensleitung. Das ist bei VW exakt anders herum.
andi_nün meint
Bin jetzt kein sonderlicher BMW Fan, aber ein fortschrittliches Denken ist dort durchwegs vorhanden.
Zudem ist auch Zipse mittlerweile meilenweit von seinen Aussagen von 2020 abgerückt und sehr deutlich Richtung BEV unterwegs (auch mit gemischten Plattformen). Um BMW mach ich mir wenig Sorgen.
CaptainPicard meint
Bei VW fordern die Betriebsräte schon lange Batteriefabriken, Osterloh wollte die bereits 2016 haben! Damals hat das u.a. Diess abgelehnt weil er lieber von LG Chem und SKI kaufen wollte (da er dachte dass das langfristig billiger sei) als selbst zu produzieren.
Bitte keine Geschichtsverfälschung betreiben.
Andreas meint
Muss man erstmal Batteriefabriken und Batteriezellfabriken unterscheiden.
Und hat CATL ab 2022 nicht eine Batteriezellfabrik in Deutschland zur Belieferung von BMW?
David meint
Ich glaube, du wurschtelst alles durcheinander. Bei VW ist die Batterie im Sinne des Akkus schon immer selber hergestellt worden. Es geht nur um die Zellfertigung und dort hatte Osterloh gefordert, das sofort auszuweiten. Denn VW hatte eine kleine Pilot Anlage zusammen mit Northvolt in Betrieb gebracht.
Und das hatte Diess abgelehnt, völlig nachvollziehbar, weil in den nächsten Jahren noch gar nicht die Möglichkeit besteht, finanziell sinnvoll in eine eigene Zellproduktion einzusteigen. Das ist das, was der BMW Betriebsrat gut verstanden hat, nämlich, dass es eine richtige Zeit zum Einstieg in die eigene Produktion von Zellen gibt.
Zumal hier ein Technologiewechsel mit dem Skaleneffekt zusammenfällt. Denn die klassische NCM Zelle wird es mittelfristig nicht mehr geben. Wenn signifikante Stückzahlen an Elektroautos vom Band rollen, werden die mit neuen Zell-Technologien laufen.