Kia hat neue Details zu seinen „Zehn nachhaltigen Must-have-Elementen“ bekannt gegeben, mit denen das südkoreanische Unternehmen „eine Grundlinie“ für die Verwendung nachhaltiger Materialien in seinen künftigen Modellreihen definiert.
Schon 2014 seien im Kia Soul EV Biokunststoff und aus Zuckerrohr gewonnene Biofasern zum Einsatz gekommen. Seither habe man die Bemühungen um die Nachhaltigkeit der Produkte weiter verstärkt, so Kia. Aktuell reiche das Spektrum der nachhaltigen Materialien von pflanzlichen Komponenten bis zu recycelten PET-Flaschen und ausrangierten Fischernetzen, die bei der Herstellung von Stoffen und Teppichen verwendet werden.
Das Unternehmen wolle nun Nachhaltigkeit im großen Maßstab erreichen und zugleich die besten Materiallösungen für alle neuen Modellreihen ermöglichen. „Als erste Maßnahme hat sich Kia dazu verpflichtet, bei allen neuen Produkten vollständig auf die Verwendung von tierischem Leder zu verzichten. Die zweite, im Folgenden detailliert beschriebene Maßnahme sieht vor, dass Kia seine zehn nachhaltigen Must-have-Elemente in seine neuen Modellreihen integriert, beginnend mit dem EV9“, so das Unternehmen. Und schließlich werde Kia im Rahmen seiner Bestrebungen weiterhin in Test- und Entwicklungsprogramme investieren, um die Einführung von Bio-Fertigungsprozessen zu beschleunigen.
Kia erklärt die „zehn nachhaltigen Must-have-Elemente“ des kommenden großen Elektro-SUV EV9:
1. Biokunststoff
Biokunststoffe sind eine Art von Kunststoffen, die aus verschiedenen erneuerbaren Biomassequellen wie Pflanzenölen, Maisextrakt, Sägemehl oder Zuckerrohr hergestellt werden können. Die Verwendung von Biokunststoffen trägt laut Kia nicht nur dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, sondern biete darüber hinaus die Vorteile einer breiter gefächerten Beschaffung und einer geringeren Belastung durch unerwünschte Chemikalien.
Abgesehen von seiner Nachhaltigkeit sei Biokunststoff auch vielseitig und haltbar genug, um für verschiedene Innenraumkomponenten verwendet zu werden. Vom Armaturenbrett und der Konsole bis hin zu Säulenverkleidungen und Zierelementen sei Biokunststoff in vielen Bereichen des EV9 zu finden.
2. PCM-Kunststoff
Kunststoff aus Post-Consumer-Material (PCM) ist genau das, wonach es klingt: Kunststoff, der aus recyceltem Material existierender Produkte hergestellt wird, anstatt aus neuen, „jungfräulichen“ Granulaten.
„Dieses zukunftsweisende Verfahren hat verschiedene Vorteile, die sich auf die gesamte Produktionskette erstrecken“, erklärt Kia. „Zum einen wird dadurch die Menge an Kunststoffabfällen, die auf Mülldeponien landen oder die Umwelt verschmutzen, erheblich reduziert. Zum anderen trägt das Recycling von Kunststoff dazu bei, nicht erneuerbare Ressourcen zu schonen, da weniger neues Material für die Herstellung von Produkten verwendet werden muss. Beim EV9 kommt PCM-Kunststoff hauptsächlich in den Türverkleidungen zum Einsatz.“
3. Bio-Polyurethan (PU)
In seinem Bestreben, künftig auf Leder zu verzichten, setzt Kia auf Bio-Polyurethan. Da Bio-PU pflanzlich basierte Komponenten enthalte, könne es die Gesamtemission an CO2 reduzieren und damit zu einer nachhaltigeren Bilanz beitragen.
Bio-PU sei nicht nur eine nachhaltige Alternative, sondern sorge auch für ein komfortables Sitzgefühl. Das Material sei mit dem Ziel entwickelt worden, optimale Unterstützung, Polsterung und Haltbarkeit zu bieten und sich zugleich weich und atmungsaktiv anzufühlen. Im EV9 finde sich Bio-PU in den Sitzen und Innenverkleidungen.
4. Gewebe aus recyceltem PET
„Polyethylenterephthalat (PET) ist ein Kunststoff, der besonders leicht zu recyceln ist und sich daher ideal für verschiedene nachhaltige Anwendungen von Wasserflaschen bis hin zu Kleidung eignet“, so Kia. „Er ist in hohem Maße stoßfest sowie feuchtigkeits- und lösungsmittelbeständig und bietet sich damit besonders für exponierte Oberflächen im Auto an. Kia ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat Recyclinggarn in einen Teil des PET-Gewebes eingearbeitet, um neben der Nachhaltigkeit auch eine hohe Strapazierfähigkeit zu gewährleisten.“
Dieses Material finde sich in vielen Bereichen des EV9-Innenraums. Dazu gehörten Sitze, Dachhimmel, Sonnenblenden, Zierelemente und Kopfstützen. Kia verwende in jedem EV9 das Rezyklat von mindestens 70 Kunststoffflaschen.
5. Teppich aus recyceltem PET
Die standardmäßigen Teppiche im EV9 werden laut Kia ebenfalls zu 100 Prozent aus recyceltem PET hergestellt. Dabei werde künftig auch PET-Rezyklat aus alten Fischernetzen zum Einsatz kommen.
„Das ist nicht nur eine innovative Verwertung von Abfällen, sondern auch eine Reaktion auf das ernste Problem der weggeworfenen oder verlorenen Fischernetze, die weltweit verheerende Auswirkungen auf das Meeresleben haben. Jedes Jahr bleiben rund 640.000 Tonnen Fanggeschirr in den Ozeanen zurück, was zum Tod zahlloser Tiere führt, darunter Wale, Robben und Seevögel. Das Einfangen und Recyceln dieser sogenannten Geisternetze trägt auch dazu bei, den Eintrag von Plastikpartikeln in das Wasser zu verringern, die entstehen, wenn die Netze zerfallen.“
6. Bio-PU-Schaumstoff
Polyurethan-Schaumstoff sei ein vielseitiges Material, das für Sportartikel und auch bei der Isolierung von Raumfähren genutzt wird. „Seine Langlebigkeit und seine hervorragende Kompressionscharakteristik machen PU-Schaumstoff auch zum idealen Material für verschiedenste Polsterungen zum Beispiel bei Möbeln, Betten oder Schuhen.“
Der auf Basis natürlicher Öle hergestellte Bio-PU-Schaumstoff von Kia biete die Elastizität und Geschmeidigkeit von Standard-Polyurethan bei geringerer Belastung der Umwelt. Im EV9 komme der Bio-PU-Schaumstoff in den Kopfstützen zum Einsatz.
7. Bio-Lack
Bio-Lacke seien nachhaltiger als Lacke auf Erdölbasis und reduzierten den chemischen Abfall, der normalerweise aus dem Herstellungsprozess resultiert. „Der Bio-Lack von Kia wird aus Rapsöl hergestellt, einem Pflanzenöl, das häufig in der Lebensmittel-, Biokraftstoff-, Farben-, Kosmetik- und Pharmaindustrie verwendet wird. Der Lack minimiert ohne Qualitätseinbußen die Umweltbelastung und kommt im EV9 an den Türverkleidungen zum Einsatz.“
8. BTX-freier Lack
Der Einsatz von Lacken mit der Aromaten-Kombination Benzol, Toluol und Xylol (BTX) sei mit schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. Deshalb habe Kia eine nachhaltige Alternative eingeführt: BTX-freie Lacke.
„Die BTX-freien Lacke, die die Marke in ihren Modellen verwendet, bieten den hochwertigen Schutz und die Oberflächenqualität, die die Kunden erwarten, minimieren aber zugleich die Verwendung von umweltschädlichen Chemikalien. Im Innenraum des EV9 kommen fast ausschließlich BTX-freie Lacke zum Einsatz. Ausnahmen bilden lediglich die Schalttafeln der Fensterheber, die mit Bio-Lack beschichtet sind.“
9. Garn aus recyceltem PET
Das in bestimmten Innenraumbereichen der Kia-Modelle verwendete Garn besteht laut dem Unternehmen zu 100 Prozent aus PET von recycelten Kunststoffflaschen. Im EV9-Interieur werde es an verschiedenen Stellen eingesetzt, vor allem aber bei den Nähten der Sitze.
10. Filz aus recyceltem PET
Aus PET-Rezyklat hergestellter Filz sei sowohl weich als auch strapazierfähig – „wichtige Eigenschaften, wenn er in einer Umgebung verwendet wird, in der von Gepäck bis zu Haustieren alles transportiert werden kann“. Ein weiterer PET-Vorteil sei, dass das Material schalldämpfend wirkt und dadurch die Übertragung von Geräuschen aus dem Heck des Fahrzeugs auf den Rest des Innenraums reduziert wird. Im EV9 finde sich der PET-Filz auf der Gepäckablage.
E-Tom meint
Bestimmt hat sich mittlerweile die Verarbeitung von PET-Kunststoffen verbessert. Meine Rückenlehne verursacht seit drei Jahren im heißen Hochsommer trotz Klimaanlage einen verschwitzten Rücken.
OpaTesla meint
Alles ganz löblich, aber was spricht gegen natürliches Leder anstelle Plastikleder?
Was spricht gegen Baumwolle, Holz oder andere seit Jahrzehnten bewährte Stoffe anstelle von Plastik über Plastik über Plastik? Egal woher?
Stoffbespannte Flächen anstelle 10 verschiedene verbundene Kunststoffe, die dann später wieder nicht recyclebar sind.
Mike meint
Gegen natürliches Leder spricht der dazu erforderliche Tiermord.
Gegen Holz könnte im Auto sprechen (bin kein Experte), dass es faserig splittern und damit böse Verletzungen im Falle eines Crashs erzeugen kann.
Tesla-Fan meint
Die Rinder werden aber nicht wegen ihrer Haut gekillt.
Es wäre nicht sonderlich nachhaltig, die Haut wegzuschmeissen nachdem man das darin wohnende Tier in zum Verzehr bestimmte 250g Stücken zerteilt hat.
Stefan meint
Der Bedarf an Leder wäre dann aber bald größer als die verfügbare Menge.
Vor allem, wenn man auch andere Kunstlederprodukte durch Echtleder ersetzt werden sollten. Nicht alle Häute eignen sich für großflächige Nutzung als Sitz, manchmal reicht es nur für Schuhe u.ä.
Und mancher Baumwollstoff wird erst durch reichlich Kunststoffbeschichtung so langlebig und haptisch, wie es der Hersteller möchte.
Tesla-Fan meint
Das ist genau das Problem, man fällt immer von einem Extrem ins Andere.
Ich bin auch dafür Fleisch deutlich zu verteuern um es stärker wertzuschätzen und den irrsinnigen Verbrauch zu reduzieren. Aber das, was da eh ist sollte vollständig genutzt werden. – Ohne einen Fleischesser oder Ledersitze zu verteufeln.
alupo meint
Ich hatte am Anfang meines beruflichen Werdegangs unter anderem „anwendungstechnische Kurse für Kaufleute“ in der Abteilung Lederchemikalien angeboten bekommen und wargenommen.
Also ich fand es damals und finde es aus diesem Wissen heraus bis heute nicht gut, dass im Innenraum meines Model S soviel Fläche mit Leder (nicht nur die Sitze) ausgestattet ist.
Alles andere, ziemlich egal was, ist mir lieber.
PS: man muss sich einfach die Frage beantworten, warum „chemisch behandeltes“ Leder die gewünschten Eigenschaften bekommt. Klar, es wurde deutlich umweltfreundlicher, verglichen zu vor hundert Jahren.
M. meint
„Egal was“ würde ich nun nicht unterschreiben, wenn die Antwort „veganes Leder“ aka Plastik lautet, was noch immer fast ausschließlich ein Erdölprodukt ist.
Gegen entsprechend hergestellte Baumwolle (Pestizide!) ohne chemische Färbeverfahren, und andere natürliche Ausgangsstoffe wäre nichts einzuwenden.
Und natürlich auch gegen Recycling-Kunststoffe – da gibt es leider auch noch viel ungenutztes Potenzial.