Unter Leitung des Fraunhofer ISI begleitete das BOLD-Projekt Feldversuche und Forschungsprojekte zu elektrischen Oberleitungs-Lkw. Darin analysierten das Ifeu-Institut, das Öko-Institut und das Fraunhofer ISI gemeinsam die Technologieakzeptanz, Chancen und Hindernisse für die Industrie sowie das politische Umfeld. Auch wurden im vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierten Projekt klima- und umweltbezogene Auswirkungen der Oberleitungstechnologie untersucht.
Ein Abschlussbericht fasst nun die wichtigsten Erkenntnisse der Projekte zusammen und bewertet das Potenzial zur Einführung der Technologie.
Wahrnehmung der Technologie
Ein erstes Ergebnis ist, dass einige Stakeholder im Energie- und Verkehrssektor offen für Oberleitungs-Lkw und mit der Technologie zufrieden sind. Dies gilt auch für einige Lkw-Hersteller wie Scania, die eine „sehr positive“ Einstellung gegenüber der Technologie haben und die Fahrzeuge für Feldversuche in Schweden und Deutschland zur Verfügung stellten. Andere wie Daimler Truck sind kritischer, während die Mehrheit der Lkw-Anbieter unentschlossen ist.
Das Projekt hat einen allgemeinen Wissensmangel und irreführende Informationen hinsichtlich Kosten und der technologischen Einsatzbereitschaft der verschiedenen alternativen Antriebsmöglichkeiten offengelegt. Anwohner und lokale politische Akteure waren hier am kritischsten. Es wurde auch deutlich, dass sich viele Hersteller derzeit auf batterieelektrische Lkw und stationäres Laden fokussieren. Die potenzielle Implementierung und Resilienz des Oberleitungssystems für Lkw hängt dagegen von einigen wenigen Herstellern ab, während auch Brennstoffzellen-Lkw weiter eine Option für einige Hersteller bleiben.
Mit Blick auf die politische Landschaft hat eine Akteurs-Netzwerkanalyse im Projekt ergeben, dass viele internationale Akteure auf die Entscheidung der deutschen Regierung warten und Deutschland als Schlüsselland wahrgenommen wird, nach dem sich andere Länder richten. Schweden und Frankreich sind ebenfalls wichtig, spielen jedoch aufgrund ihrer geografischen Lage (Schweden) oder wegen ihrem Fokus auf Lkw mit Stromschienen anstelle von Oberleitungen (Frankreich) eine untergeordnete Rolle. Länder wie Österreich, Dänemark, Großbritannien, Italien und die Niederlande sehen klare Barrieren für die Technologie, wenn Schlüsselländer wie Deutschland sich politisch nicht klar dazu bekennen.
Auf EU-Ebene zeigt eine Befragung, dass elektrifizierte Straßensysteme bisher keine große Rolle in politischen Diskussionen spielten. Viele EU-Politiker sind uninformiert oder neutral gegenüber dieser Technologie eingestellt, und Politiker aus den EU-Mitgliedsländern haben sich nicht ausdrücklich dafür eingesetzt.
Klima- & Umweltauswirkungen
Weitere Erkenntnisse betreffen die Klimabilanz von Oberleitungs-Lkw im Vergleich zu Alternativen wie batterieelektrischen Lkw (BETs), Brennstoffzellen-Elektro-Lkw (FCETs), die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) beziehungsweise Power-to-Liquid-Kraftstoffen (PtL) sowie deren Umweltauswirkungen – beide Aspekte wurden im BOLD-Projekt untersucht. Eine vergleichende Lebenszyklus-Bewertung der Technologien ergab, dass die direkte Verwendung von Elektrizität, sei es zum stationären Aufladen von Batterien oder über Oberleitungen, eine technisch machbare Alternative für einen großen Teil des Straßengüterverkehrs darstellt und selbst kurzfristig eine positive Klimabilanz aufweist.
„Hier haben Oberleitungs-Lkw mit kleineren Batterien einen Vorteil gegenüber Batterie-Lkw: Die Ergebnisse zeigen nicht nur leicht höhere Treibhausgaseinsparungen, sondern auch eine signifikante Reduktion anderer Umweltauswirkungen wie Versauerung und Eutrophierung im Vergleich zu batterieelektrischen Lkw“, so die Studienautoren.
Weitere Schritte zur möglichen Einführung
Till Gnann, der die Forschungsaktivitäten im BOLD-Projekt am Fraunhofer ISI koordinierte, fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen: „Im BOLD-Projekt wurde deutlich, dass der Bau einer Oberleitungsinfrastruktur für das deutsche Autobahnnetz im Langstrecken-Straßengüterverkehr technisch möglich, aber sehr herausfordernd ist. Die Frage ist vielmehr, welche Technologie sich letztendlich durchsetzen wird, wie lange der Bau der Infrastruktur dauern wird und wie lange sie aufgrund einer geringen Auslastung subventioniert werden kann. Damit das Oberleitungssystem und seine Markteinführung erfolgreich sind, müssen die Fahrzeuge und die Infrastruktur technologisch weiterentwickelt und ein Markt für Oberleitungs-Lkw geschaffen werden. Um dies zu erreichen, bedarf es eines klaren Signals und einer Entscheidung in naher Zukunft für die Verwendung von elektrischen Oberleitungs-Lkw durch die deutsche Bundesregierung. Dies würde Klarheit für Industrie, Forschung und Nachbarländer schaffen.“
McGybrush meint
Und was sagen Eichamt und Verbraucherschützer?
Bei klassischen Ladesäulen muss ja auf Nachkomma geeicht sein und und möge einem der Blitz beim kacken treffen wenn der ohne Kartenleser ausgestattet ist.
Die Oberleitung geht dagegen in die komplett andere Richtung. Das System wird automatisch aus dem Fahrzeug heraus ohne EC Kartenleser den Anbieter erkennen und Stromverbrauch messen müssen. Also die noch teuflischere Variante als Tesla es bisher problemlos geschafft hatte?
Wie sind Eichrecht und Verbraucherschutz mit Oberleitungen vereinbar? Das doch das Böse Level Endgegner wenn man die Bürokratischen Auflagen für Ladesäulen im Hinterkopf hat.
Thomas Walter meint
Warum sind die Kommentare hier so negativ, wenn die Auswertung ergeben hat, das Oberleitungen für LKW sinnvoll sind? Wird das hier so wie bei der Windkraft?
McGybrush meint
Weil es hier auch interessenskonflikte gibt.
Wenn ich morgen ein 100m Güllehaufen in der Innenstadt stapel dann hab ich mit Sicherheit ein Grund dafür.
Mein Fazit zu der Aktion wird dann sicher ein Argumentativ positves sein. Währen alle anderen „DIE KEINE AHNUNG“ haben mit Sicherheit eine andere Meinung haben.
Also beide Seiten haben jeweils eine andere Sichtweise. Optisch, Effizienz, Sinnhaftigkeit usw.
Michael meint
Die Oberleitungen gehören auf den Standstreifen. Das wäre eine Möglichkeit die benötigte Ladeinfrastuktur bereit zu stellen. Mit den Raststätten wird das ja offensichtlich nix.
THeRacer meint
… eine vergleichende Untersuchung fehlt mir dazu, und zwar inwieweit eine Verlagerung/Verladung LKW/Trailer, bzw. Container auf elektrische Langstrecke der Schiene Vorteile hat, bzw. woran dort eine Umsetzung bisher scheitert. … wozu mit großem Aufwand ein zweites Netz bauen, wenn das bestehende nur mangelhaft genutzt wird?? …
Stefan meint
Die Hauptstrecken der Bahn sind überlastet. Auf den Nebenstrecken fehlen Oberleitungen, Ausweichstellen oder Weichen dafür oder sind von der Achslast ungeeignet für Güterzuge. Lokwechsel auf Diesel unterwegs sorgt für Zeitverzögerung. Ankuppeln und Abkuppeln von Wagen derzeit oft nur per Hand möglich. Das Kombinieren verschiedener kleinerer Transporte ist somit zeitaufwändig.
Viele Güterbahnhöfe und Anschlussgleise wurden stillgelegt.
Es gibt bereits Forschungsprojekte für automatisches Kuppeln. Für Erzzüge gibt es automatische Kupplungen, aber ohne Stromverbindung.
Im Ergebnis sind Güterzüge oft länger unterwegs als LKW und gerade bei kleineren Ladungen eher teurer.
nie wieder Opel meint
Noch ein wichtiger Aspekt: grenzüberschreitender Bahnverkehr ist eine Katastrophe. Ein LKW- Fahrer kann von Koper bis Rotterdam fahren. Die Bahn braucht dafür unterschiedliche Lokführer. Größtes Hindernis ist die bislang vorgeschriebene Streckenkenntnis. Man stelle sich vor, vom polnischen Lkw-Fahrer wird verlangt, dass er die ganze Strecke zertifiziert kennt. Dann würde es in München kein Flensburger Bier geben, was für eine Katastrophe.
Thomas Wagner meint
Es ist nett wenn in Deutschland immer wieder an solch sinnlosen Dingen wie dem Oberleitungs-LKW geforscht wird.
Letztendlich ist es aber nur rausgeworfenes Geld, das man gescheiter in die Ladeinfrastruktur investiert hätte 🤷
volsor meint
Tja , oder in den Ausbau der Schiene.
Den da gehören solche Transporte eigentlich hin.
David meint
Wie man aus Kreisen eines gehypten Fahrzeugherstellers erfuhr, hatte man dort eine ähnlich gute Idee: das Ladekabel einstecken und dann während der Fahrt einfach von einer riesigen Kabeltrommel abspulen.
alupo meint
Dass der VW Konzern technologisch schon so weit ist habe selbst ich nicht gedacht.
Das war sicher eine Idee von den Besten der Besten aus dem Porsche Lager ;-).
Kasch meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
eCar meint
Wird sich nicht durchsetzen und war bislang eine pure Steuerverschwendung! Hoffentlich wird der Mist bald begraben.