Mit einem 10-Punkte-Papier zur Stärkung des Automobilstandorts Deutschland und Europa (PDF) bringt sich Baden-Württemberg in den Strategiedialog über die Zukunft der Automobilindustrie der Europäischen Kommission ein, der unter der Leitung von EU-ommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende Januar gestartet ist.
Die Landesregierung fordert unter anderem eine sofortige Überprüfung der CO2-Flottenziele für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge und für Lkw sowie eine Aussetzung möglicher Strafzahlungen während der Überprüfung, den zügigen Ausbau der EU-weiten Lade- und Wasserstoff-Tankinfrastruktur und eine Senkung der Strompreise an den Ladesäulen.
„Wir müssen in Europa den Binnenmarkt stärken und auf Innovationen setzen. Das vernetzte Auto der Zukunft muss in Europa und Baden-Württemberg vom Band rollen. Automobilwirtschaft und Politik tragen beide eine große Verantwortung dafür, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Elektromobilität zu stärken“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
„An der Automobilwirtschaft wird sich exemplarisch zeigen, wie es mit der europäischen Wirtschaft in den kommenden Jahren weitergeht“, betonte Kretschmann. „An dieser Leitindustrie hängen große Hersteller genauso wie viele kleine und mittlere Zulieferer, verstreut in ganz Europa. Die Automobilwirtschaft investiert Milliarden in die Transformation, der Umstieg auf klimaneutrale Fahrzeuge geht jedoch nicht so schnell voran wie gehofft. Dazu kommen drohende Handelskonflikte und Strafzahlungen. Wir müssen deshalb alles daransetzen, den Hochlauf der Elektromobilität zu beschleunigen und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür auf europäischer Ebene bereitstellen. Dazu gehört ein verlässliches Netz an Ladesäulen mit attraktiven Preisen. Das ist ganz entscheidend dafür, dass die Leute sich für den Kauf eines E-Autos entscheiden. Europa muss insgesamt einfacher, schneller, dynamischer werden.“
Der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl ergänzte: „Wir sind die Wiege des Automobils. Autos made in Germany waren seit jeher mit die besten, sichersten und innovativsten der Welt. Das darf nicht nur Bilanz vergangener Zeiten, sondern muss auch der Anspruch für die Zukunft sein. Wir stehen vor einer Zeitenwende, nicht zuletzt, weil die Digitalisierung und neue Antriebstechnologien den Automobilmarkt komplett umkrempeln. Umso mehr müssen wir die Weichen für eine wettbewerbsfähige baden-württembergische Automobilwirtschaft stellen und damit auch die Voraussetzung für Technologieoffenheit schaffen.“
EU-Politik soll nationale Maßnahmen flankieren
Kretschmann unterstrich, dass Europa in den zentralen Wirtschaftsbereichen eine gut durchdachte, langfristig ausgerichtete Strategie und Industriepolitik brauche, um die Herausforderungen anzugehen. „Wir haben vor mehr als sieben Jahren in Baden-Württemberg mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft BW ein Bündnis geschaffen, in dem wir strukturiert zusammenarbeiten. Gewerkschaften, Hersteller, Zulieferer, Wissenschaft, Organisationen, Verbände und Politik haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht. Herausgekommen ist eine wichtige Allianz zwischen Politik und Wirtschaft, die gemeinsam die zentralen Transformationsthemen vorangetrieben hat.“
„Aber klar ist auch: Um die großen Schalthebel bewegen zu können, braucht es Europa. Und deshalb freut es mich sehr, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nun ein ähnliches Format auf europäischer Ebene eingerichtet hat“, so der Ministerpräsident. Gleichzeitig forderte Kretschmann, neben dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten die europäischen Automobilregionen in den europäischen Strategiedialog eng einzubinden. „Schließlich setzen wir vor Ort um, was europäisch entschieden wird.“
„Die Lage ist in Teilen dramatisch“
Die deutsche und europäische Automobilwirtschaft stehe unter enormem wirtschaftlichen Druck. „Die Lage ist in Teilen dramatisch“, warnt das Land Baden-Württemberg. Der Wettbewerb sei in allen internationalen Märkten sehr herausfordernd und aktuell von Überkapazitäten geprägt. Das betreffe auch den europäischen Markt und die deutschen und europäischen Produktionsstandorte.
Eine veränderte geopolitische Lage, eine schwächelnde Konjunktur und Handelszölle setzten der Automobilwirtschaft zu, die global mit Zielmärkten auf der ganzen Welt stark verflochten sei. Dazu kämen hohe Standortkosten, die sie zusätzlich belasten. Der Verkauf von Pkw und Lkw befinde sich in Europa unter dem Niveau vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Zudem habe sich das Kaufverhalten nicht wie prognostiziert entwickelt. Die Folge sei, dass nicht nur im deutschen Markt, sondern auch in großen Teilen der EU der Vertrieb batterieelektrischer Fahrzeuge nur schleppend verläuft. In China hingegen dominiere die Elektromobilität den Markt.
„Die Europäische Union muss die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Automobilwirtschaft stärken und für optimale Standortbedingungen angesichts sich drastisch verändernden geopolitischen Rahmenbedingungen sorgen und gleichzeitig die Transformation und Wettbewerbsfähigkeit des Automobilsektors ambitioniert voran-treiben“, fordert die Regierung Baden-Württembergs. „Die Automobilwirtschaft ist Europas Innovations-, Forschungs- und Wohlstandsmotor. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Europäische Kommission nach dem Beispiel des Strategiedialogs in Baden-Württemberg einen Strategischen Dialog für die Automobilwirtschaft eingerichtet hat.“
„Wir müssen mit vereinten Kräften die Rahmenbedingungen insbesondere für einen beschleunigten Rollout der Elektromobilität in Deutschland und Europa verbessern und wenn notwendig durch ein flexibleres Vorgehen Strukturbrüche vermeiden“, heißt es weiter. „Dafür benötigt es auch auf EU- und Bundesebene ein regelmäßiges Monitoring, um die Rahmenbedingungen und Fortschritte für den Hochlauf der Elektromobilität entsprechend engmaschig und fortlaufend zu analysieren und bewerten sowie Maßnahmen zu entwickeln. Aber auch erneuerbare Kraftstoffe dürfen nicht aus dem Blick verloren werden.“
Stefan S meint
Ist das nicht der Ministerpräsident der Grünen der es auch in der zweiten Legislaturperiode nicht schafft ein paar mehr Windräder in seinem Bundesland zu bauen. Der sollte mal besser keine Vorschläge machen. Was soll da rum kommen.
LarsDK meint
Das Problem sind die Preise der E-Autos. Wenn die E-Autos billiger als Verbrenner werden, werden mehr E-Autos verkauft. Wenn man die E-Autos nicht billiger machen kann muss man die Verbrenner teurer machen. In Dänemark wurden die Zulassungssteuern für E-Autos gesenkt, dadurch wurden E-Autos billiger als Verbrenner und darum waren 51,5% aller Neuzulassungen 2024 vollelektisch, Im Januar 2025 waren es 64%.
Stefan S meint
Das traut sich in Deutschland leider keiner, wäre aber die logische und kostengünstige Lösung. Mehr Steuer auf Verbrenner Neuwagen und weniger auf BEV und von mir auch Plugin Hybride.
Oder noch zwei drei Jahre teuer fördern bis die Preise angeglichen sind.
Kfz Steuer z.B. 50-80 ct/g CO2 und Monat und schon wäre BEV nicht mehr teurer und der Staat hätte zusätzliche Einnahmen.
Das bleibt so lange bis BEV weniger kosten.
Leider zu einfach so eine Lösung.
Marius meint
Mehr Steuern auf Verbrenner Neuwagen kann auch dazu führen, dass einfach weniger PKWs gekauft werden. Unabhängig von der Antriebsart verschiebt man wenn möglich die Neuinvestition um 1 oder mehr Jahre.
Die Hersteller würden dann auch nicht alles versuchen die BEVs günstiger zu produzieren, aber genau das ist wichtig. Günstigere BEVs mit höherer Reichweite.
Besser wäre aus meiner Sicht Benzin und Diesel höher zu besteuern.
NmM sollte der Kauf eines BEV nur jene gefördert bekommen, die auch frühen Strom produzieren, z.B. mittels Photovoltaikanlage.
BEV meint
gibt es langfristig überhaupt noch einen großen markt für Mercedes?
China wird wegbrechen, außer man verkauft chinesische Autos mit Stern, das kommt dann aber auch nicht aus BaWü, bestenfalls geht ein (kleiner) Teil des Geldes dort hin
>2,5 Mio Luxusautos pro Jahr aus Schwaben braucht man halt nicht
banquo meint
Die Aussage von Strobl lässt sich komplett auf Wahlwerbung reduzieren: „die Voraussetzung für Technologieoffenheit schaffen.“
Lanzu meint
Der entsprechende Punkt 8 ist echt wurstig geschrieben und drückt ganz gut die politische Situation gerade aus:
– Erneuerbare Kraftstoffe sind knapp
– Elektromobilität ist effizienter
– Änderung der Regulierung keine Abkehr von der Elektromobilität
– Gute Regulierung setzt auf Technologieoffenheit
– Förderprogramme für synthetische Kraftstoffe
– Elektromobilität braucht verbraucherfreundliche Preise