DHL Group und der Nutzfahrzeughersteller Scania haben gemeinsam einen E-Lkw mit einem kraftstoffbetriebenen Generator für höhere Reichweiten entwickelt. Dadurch werde es möglich, auf batteriebetriebene schwere Straßenfahrzeuge umzusteigen, ohne auf eine vollständige Ladeinfrastruktur warten zu müssen, erklärt das Logistikunternehmen.
Vollelektrische Fahrzeuge seien zwar „die ultimative Lösung“ für ein nachhaltiges Verkehrssystem, und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge müsse noch schneller vorangetrieben werden, so DHL. Aktuell scheitere die zügige Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs aber an mehreren Faktoren, darunter fehlende Ladepunkte, hohe Kosten für das Vorhalten ausreichender Ladekapazitäten in den Depots zu saisonalen Spitzenzeiten, die Netzbelastung und hohe Strompreise zum Beispiel an windstillen Wintertagen.
Eine Lösung biete das „Extended Range Electric Vehicle“ (EREV) von DHL und Scania. Der E-Lkw mit Reichweitenverlängerer helfe, diese Hindernisse zu überwinden, und könne zu 80 bis 90 Prozent mit erneuerbarer Energie fahren. Der neue E-Lkw wird ab Februar im Unternehmensbereich Post & Paket Deutschland für den Pakettransport zwischen Berlin und Hamburg eingesetzt und dort mehrere Monate getestet, bevor „gegebenenfalls“ weitere Fahrzeuge für die DHL-eigene Flotte angeschafft werden.
Bis zu 800 Kilometer
DHL: „Der kraftstoffbetriebene Generator ersetzt einen der Akkus in einem vollelektrischen Lkw, der für die meisten Routen nicht benötigt wird. Das reduziert die Reichweite im Akkubetrieb, sorgt aber für eine Energiereserve für die genannten Szenarien. Das Fahrzeug hat so eine Reichweite von 650 bis 800 Kilometern (abhängig von den Ergebnissen des Testbetriebs in Berlin) und kann bei Bedarf an jeder herkömmlichen Tankstelle betankt werden. Zum Vergleich: Die modernsten und branchenführenden vollelektrischen E-Lkw von Scania haben eine Reichweite von 550 Kilometern bei gleichem Maximalgewicht.“
„Es wird noch etwas dauern, bis die nötigen Voraussetzungen für eine vollständige Umstellung auf batterieelektrische Lkw, vor allem in einem so großen System wie dem deutschen DHL-Paketnetz, geschaffen sind – durch ein ausreichend robustes Stromnetz, eine verlässliche Ökostromversorgung und eine flächendeckende Ladeinfrastruktur“, sagt Tobias Meyer, Vorstandsvorsitzender der DHL Group. „Anstatt darauf zu warten, arbeiten DHL und Scania gemeinsam an einer pragmatischen Lösung, die eine nachhaltigere Logistik ermöglicht und die CO2e-Emissionen um mehr als 80 Prozent reduziert.“
Als sinnvolle, praxistaugliche Technologie könne dieses Fahrzeugkonzept einen direkten Beitrag zur kurzfristigen Verringerung der Treibhausgasemissionen im Güterverkehr leisten. „Derartige Emissionsreduktionen sollten sich in den Straßennutzungsgebühren und den CO2-Flottengrenzwerten der EU entsprechend widerspiegeln. Wir sehen diese Kooperation als Beispiel eines erfolgreichen Innovationsprojektes von zwei Unternehmen, die sich dem aktiven Beitrag zum Klimaschutz verschrieben haben“, so Meyer.
„Ein Beispiel für mögliche Übergangslösungen“
Der EREV wurde von Scania Pilot Partner entwickelt, das neue Technologien und Lösungen erforscht, in diesem Fall zusammen mit dem strategischen Partner DHL. Scania-CEO Christian Levin: „Die Zukunft ist elektrisch, aber auf dem Weg in diese Zukunft darf das Perfekte nicht der Feind des Guten sein. Das von uns gemeinsam mit DHL entwickelte Fahrzeug ist ein Beispiel für mögliche Übergangslösungen, die die Dekarbonisierung des Lkw-Verkehrs bis zur vollständigen Elektrifizierung des Verkehrswesens weiter vorantreiben können. Eine effektive Klimawende setzt voraus, dass derartige Lösungen auf politische Akzeptanz stoßen und durch höhere Investitionen in den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und die Schaffung der erforderlichen Rahmenbedingungen unterstützt werden.“
Der EREV ist ein 10,5 Meter langer Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen, der von einem 230-kW-Elektromotor (295 kW Peak) angetrieben wird. Die Energie kommt von einer 416-kWh-Batterie und einem kraftstoffbetriebenen 120-KW-Generator. Durch diesen – der bei DHL zunächst mit Benzin und später mit erneuerbarem Diesel/HVO betrieben wird – erhöht sich die Reichweite des Lkw auf bis zu 800 Kilometer.
EREVs können mit einer Software ausgestattet werden, die die Nutzung des kraftstoffbetriebenen Generators einschränkt. Dadurch können die Treibhausgasemissionen reduziert und auf ein bestimmtes Niveau begrenzt werden. Die Höchstgeschwindigkeit des Lkw beträgt 89 km/h, das Fassungsvermögen liegt bei rund 1.000 Paketen (Volumen einer Wechselbrücke). Außerdem kann der Lkw einen Anhänger mit einer weiteren Wechselbrücke ziehen. Das Fahrzeug soll im sogenannten „Hauptlauf“ für den Pakettransport zwischen Berlin und Hamburg eingesetzt werden.
Die Deutsche Post AG und Scania CV AB haben 2024 ein Patent auf diese Technologie beim Deutschen Patent- und Markenamt in München angemeldet.
Kona64 meint
Fragt sich was dass dann für die Maut bedeutet. E-LKW sind von der Maut befreit. Dem Range Extender sieht man es nicht an, ob er elektrisch fährt. Unabhängig davon spart dies sicher Kraftstoff, da der Motor am optimalen Arbeitspunkt betrieben werden kann.
ID.alist meint
Ich glaube ich habe jetzt mehr Fragen als Antworten.
Ein patent auf was? Auf den Einsatz eines Motors als EREV? Wir alle kennen Diesel-Elktro Loks, oder? Das ist der Uhrgroßvater der EREVs.
Der Motor wird zunächst mit Benzin, aber später mit Diesel Betrieben werden, wirklich?
Und wieso wird ein LKW mit 800 km Reichweite auf eine 300 km Strecke eingesetzt?
Ich muss nicht alles verstehen.
eBikerin meint
„Und wieso wird ein LKW mit 800 km Reichweite auf eine 300 km Strecke eingesetzt?“
Weil der gleich wieder zurückfährt. Das ist der Trick bei den Wechselbrücken: hinfahren, Wechselbrücke abstellen, volle Wechselbrücke aufnehmen – zurück fahren.
Und da nun die Frage mit der Lenkzeitpause kommt: in manchen DHL Depots dürfen die LKW nicht auf dem Gelände Parken weil die sonst im Weg rum stehen würden.
Beispiel ist zB Verteilzentrum Augsburg.