Elektroautos sind in der Anschaffung kostspielig, das trifft vor allem auf Neufahrzeuge zu. Doch aktuell sinken die Neupreise und mit ihnen auch der Restwert junger Gebrauchter. Dadurch kann man auf dem Gebrauchtwagenmarkt schon für deutlich unter 20.000 Euro einen guten Gebrauchten finden. Was zu beachten ist, erläutert der Auto Club Europa (ACE).
Eigene Ansprüche realistisch hinterfragen
Ebenso wie für Verbrenner gelte für E-Autos: Auch für 15.000 Euro und weniger können Käufer ein gepflegtes Fahrzeug ohne Lücken in der Wartungshistorie oder knarzendem Fahrwerk erwarten. Gerade wer auf der Suche nach einem Klein- oder Kompaktwagen mit Elektroantrieb ist, finde in der Regel schnell für unter 20.000 Euro ein passendes Fahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Aktuell würden nahezu neuwertige, drei bis vier Jahre alte Kleinwagen ebenso wie vier- bis fünfjährige, gut gepflegte Kompakte oft sogar für unter 15.000 Euro angeboten.
Bei vielen Gebrauchten handele es sich um Leasing-Rückläufer mit transparenter Vorgeschichte und niedrigen Laufleistungen. Bei entsprechenden Fahrzeugen seien realistische Reichweiten zwischen 180 und 250 Kilometern zu erwarten. Insbesondere für Pendler, die zu Hause oder auf der Arbeit laden können, oder für Menschen, die nicht so häufig Langstrecke fahren, sei so ein Fahrzeug gut geeignet.
Unter den besonders günstigen Angeboten seien auch gebrauchte Modelle mit Mietbatterien, wie sie bis 2021 noch neu verkauft wurden. Wer sich für ein solches Sonderangebot entscheidet, müsse den Mietvertrag in der Regel übernehmen. Im Fall des Renault Zoe könne dies beispielsweise bis zu 124 Euro im Monat kosten. Teils bestehe alternativ auch die Möglichkeit, das Akkupack zum Restwert zu kaufen.
Auch reparierte Unfallfahrzeuge hätten oftmals besonders niedrige Preise. Ist geplant, das Fahrzeug möglichst lange zu fahren, rät der ACE zu einem unfallfreien Modell. Selbst nach einer professionellen Reparatur seien Folgeschäden, die sich erst Jahre nach dem Unfall zeigen, nicht ausgeschlossen.
Auch E-Gebrauchtwagen mit einer Reichweite deutlich über 300 Kilometern seien in der Preisklasse bis 20.000 Euro zu finden – Mittel- und sogar Oberklasse-Modelle seien darunter. Hier gelte es allerdings besonders genau hinzuschauen und abzuwägen: Der vergleichsweise niedrige Preis gehe in der Regel auf Kosten hoher Laufleistung. Die Batteriegarantie sei zudem häufig schon ausgelaufen oder besteht nur noch kurze Zeit.
Das passende Modell finden
Der ACE empfiehlt den Gebrauchtwagenkauf über einen seriösen Autohändler. Anders als bei Privatverkaufenden profitiere man dort nicht nur von der gesetzlichen Gewährleistung, sondern oft auch von einer zusätzlichen Gebrauchtwagen-Garantie. Bei der Händlerwahl könne es sich lohnen, Online-Bewertungen zurate zu ziehen. Transparenz sollte darin nicht bemängelt werden. Eine Probefahrt und ein Blick in die Fahrzeugpapiere sollten beim Händler der Wahl vor dem Kauf möglich sein. Der Erstkontakt gelinge am schnellsten über Internet-Plattformen wie autoscout24, mobile.de, carwow oder die Gebrauchtwagen-Portale der Hersteller.
„Die Batteriekapazität zählt nicht überall zu den Pflichtangaben, was irreführend sein kann, weil es einige Modelle in unterschiedlichen Ausführungen gibt“, unterstreicht der ACE. Hier gelte es, genau hinzuschauen beziehungsweise bei Kontaktaufnahme direkt nachzufragen. Zu beachten sei außerdem, dass die angegebenen Reichweiten in der Regel den Werksangaben nach WLTP-Messverfahren entsprechen, die, wie auch beim Verbrenner, stark vom Realbetrieb abweichen können. Es sei also damit zu rechnen, dass der Stromverbrauch in der Praxis höher ausfällt und häufiger geladen werden muss, als die Anzeige vielleicht suggeriert.
Batterie-Check ist ein Muss
Bei einer deutlich verringerten Restkapazität und somit entsprechend reduzierter Reichweite sei nicht immer direkt eine neue Batterie notwendig, häufig sei eine erheblich günstigere Reparatur möglich. Um Kosten und Aufwand zu vermeiden, empfehle es sich beim Kauf eines gebrauchten E-Autos trotzdem, auf ein Batteriezertifikat über die Restkapazität der Batterie zu achten. Alternativ sei zumindest die Bereitschaft seitens des Händlers ein Muss, einen Batterie-Check durchführen zu lassen.
Die Prüfung der Batteriegesundheit („State of Health“) sei nicht teuer, weshalb Skepsis angebracht ist, wenn die Batterieprüfung abgelehnt wird: Je nach Anbieter und Prüfumfang variierten die Preise zwischen 50 und 150 Euro. Ein einheitliches Messverfahren gebe es zwar nicht, Praxistests zeigten jedoch, dass aktuelle Tests mit einer geringen Messtoleranz von plus/minus drei Prozent zuverlässig funktionieren.
Viele Hersteller gäben acht oder mehr Jahre Garantie auf die Antriebsbatterie, wenn Anweisungen aus der Betriebsanleitung – zum Beispiel zum Aufladen oder zu Standzeiten – eingehalten wurden. Idealerweise gehe die verbleibende Garantiedauer bei Verkauf auf den Neubesitzer über. Ein bestandener Batterie-Check heiße jedoch nicht zwingend, dass die Garantiebedingungen bisher alle erfüllt wurden. Etwa bei unsachgemäßer Nutzung oder fehlender Wartung durch eine Vertragswerkstatt könne die Garantie bereits erloschen sein. Bestenfalls lasse man sich vom Autoverkäufer schriftlich bestätigen, dass die Herstellergarantie übertragen wird und alle Garantiebedingungen des Herstellers bis zum Zeitpunkt des Verkaufs eingehalten wurden.
ACE empfiehlt Checkliste
Feilschen könne sich bei gebrauchten Elektroautos besonders lohnen, rät der ACE. Laut der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) lägen die Standzeit gebrauchter E-Autos im Durchschnitt bei über 100 Tagen. Verkäufern seien somit sehr daran gelegen, die Stromer schnellstmöglich zu verkaufen – auch wenn das bedeute, gegebenenfalls sogar mehr als tausend Euro Nachlass zu gewähren. Ist der Verkaufspreis geklärt, sei der Ablauf des eigentlichen Kaufprozesses ähnlich wie beim Verbrenner. Trotzdem empfiehlt der ACE, eine Checkliste für den E-Auto-Kauf zu Hilfe zu nehmen, um trotz möglicher Aufregung und Vorfreude bedacht vorzugehen und keine elektrospezifischen Mängel zu übersehen.
Ebikethoemmel meint
Ja, heiss ist es. Da freuen wir uns nattüber gut gebraute E-Autos 😉
Teilweise entfernt. Danke für den Hinweis, die Redaktion.
Jensen meint
Abgesehen davon, dass der Automobilclub hier wichtige Tipps gibt, wie man an eine so große und teure Anschaffung herangehen sollte, schaut man als normaler Kunde dem Produkt und auch dem Verkäufer immer nur vor den Kopf. Wenn möglich sollte man immer einen Fachmann dabeihaben -wenn man denn mal etwas gefunden hat- und auch nicht das erstbeste Angebot unterschreiben. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass E-Auto-Käufer gut vorbereitet an so einen Kauf herangehen und ausführliche Checklisten abarbeiten. Die Darbietung von Fahrzeugen, egal welcher Antrieb, bei Händlern zielt in erster Linie immer auf die Optik ab. Wenn man allgemein diese recht strengen (was gut ist) Maßstäbe auch immer an den Kauf eines Verbrenners gelegt hätte, wären vermutlich extrem viele Geschäft nicht zu Stande gekommen.
M. meint
Generell empfehle ich, wie beim Verbrenner zum Autokauf jemanden mit Sachkenntnis mitzunehmen. Viele Händler werden selbst keine Ahnung haben, aber wenn sie es haben und die Käufer nicht, dann erzählen sie erst recht bunte Geschichten. Daran hat die Antriebsart sicher nichts geändert.
Was sich auch lohnt: Foren lesen. So ist zum Titelbild z.B. zu sagen, dass dieses Modell bei fast genau 100.000 km mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Motorschaden erleidet – wenn es ein „R“-Modell ist. Wenn es ein „Q“-Modell ist, nicht.
Freak_dd meint
Den Phase2-Zoe gibt es nur als R110 und R135.
LG
M. meint
Interessiert nicht, da es auch ein Gen1 Modell gibt, das auch als Q210 oder Q90 zu haben ist.
Von R-Modellen sollte man wie gesagt Abstand halten, oder eine richtig gute Garantie abschließen, sobald man sich auch nur ansatzweise der o.g. Laufleistung nähert.
goingelectric. de/ forum/ viewforum. php ? f = 58
E.Korsar meint
„Batterie-Check ist ein Muss“
Nö, mir reicht der SoH, den jeder über OBD2 auslesen kann.
M. meint
Mir nicht, weil das eben nicht mehr als die Fähigkeit ist, eine bestimmte Menge Strom zu speichern, und nicht die Fähigkeit, diesen Strom mit einer bestimmten Leistung abzugeben.
Also wichtig, aber alleine uninteressant. Bestenfalls als Indiz zu gebrauchen, wenn der SoH noch nahe am Neuwert ist (>90%).
Einig sind wir uns, dass man dafür den „Flash Test“ nicht braucht, wenn man die OBD2 Dose im Auto alleine findet.
(und die richtige App + Adapter hat – klar)
F. K. Fast meint
Das ist sehr mutig.
Das, was man über OBD2 auslesen kann, taugt rein gar nichts. Bei meinem Fahrzeug zeigte es bspw. nach einem halben Jahr schonender Behandlung (zwischen 30% und 70% SoC gehalten) und keinen Zellspannungsabweichungen einen Wert von 92% an. Nach einem BMS-Software-Update wird dauerhaft, wie bei anderen, 100% angezeigt. Offenbar zeigt also mein auslesbarer Wert keine Alterung an, bestenfalls, wie gut die Zellen balanciert sind.
M. meint
Ist halt nur eine Schätzung des BMW, wobei noch unklar ist, worauf diese überhaupt basiert. Wenn der Hersteller der Meinung ist, dass es teuer werden könnte, den realen Wert anzuzeigen, könnte er sich überlegen, einen anderen Wert anzuzeigen und den Reichweitenverlust auf andere Faktoren zu schieben.
Ein Schelm, der böses dabei denkt.
Als Gesundheitszeugnis taugt der SoH sowieso nicht, auch wenn der Name das suggeriert. Die Batterie ist ja kein Tank.
M. meint
Sollte BMS heißen – klar, oder?
Thorsten 0711 meint
Ich habe beim gebrauchten ID.3 vom VW Vertragshändler auf einen Akkutest bestanden:
„Ich kaufe nicht die Katze im Sack. Wenn der Test gut ausfällt unterschreibe ich sofort den Kaufvertrag“
Und diesen dann auch prompt einen Tag später per Email bekommen. Aviloo Flashtest Score war 95 bei einem SOH von 93,5% (4 Jahre bei 35500 km Laufleistung).