Die Automobilbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Softwarebasierte Fahrzeugfunktionen sowie Mobilitätsdienstleistungen werden laut den Beratern von Capgemini im Jahr 2035 mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes von OEMs (Original Equipment Manufacturer) ausmachen – damit verdoppele sich der Anteil im Vergleich zu heute.
Während die Hersteller heute demnach noch knapp die Hälfte ihres Umsatzes mit dem Verkauf von Fahrzeugen erwirtschaften, wird dieser Anteil bis 2035 auf ein Drittel sinken. Das zeigt die aktuelle Studie des Capgemini Research Institute „The software-driven mobility era: Beyond vehicles“. Über 80 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass softwarebasierte Funktionen und Dienstleistungen künftig den Großteil der Wertschöpfung ausmachen, nicht mehr das Fahrzeug selbst.
Nahezu die gesamte Branche (92 %) erwartet, dass sich jeder Automobilhersteller und Zulieferer zum Softwareunternehmen entwickelt und künftig softwaredefinierte Fahrzeuge beziehungsweise softwaredefinierte Mobilitätsdienstleistungen anbieten wird. Allerdings ist der Weg dahin für Hersteller wie Zulieferer noch weit. Im internationalen Durchschnitt beschränkt derzeit noch ein Drittel dieser Unternehmen (34 %) sein Angebot an softwarebasierten Funktionen oder Dienstleistungen auf einen Teil seines Produktportfolios. Das bedeutet im Fall eines OEMs beispielsweise, dass dieser autonome Fahrassistenzsysteme in einigen, aber nicht in allen Fahrzeugmodellen anbietet.
Die deutschen Branchenvertreter liegen über dem weltweiten Durchschnitt: Mehr als die Hälfte (52 %) von ihnen hat softwarebasierte Funktionen oder Dienstleistungen derzeit teilweise ausgerollt.
„Jahrzehntelang hat Hardware über den Erfolg von Automobilherstellern entschieden – in Zukunft wird es Software sein. Kunden erwarten heute vernetzte, digitale Erlebnisse. Das erfordert einen konsequenten Software-First-Ansatz entlang der gesamten Wertschöpfungskette“, erklärt Michael Tenschert von Capgemini. „Vorne mitspielen werden künftig die Hersteller, für die Software bereits heute ihr Kernprodukt ist. Durch strategische Partnerschaften kann das eigene Ökosystem weiterentwickelt werden. Für eine erfolgreiche Software-Transformation müssen sich Autohersteller aber grundlegend wandeln. Es gilt, Talente, Plattformen und Partnerschaften klug auszurichten, Vertrauen zu schaffen und ein herausragendes Kundenerlebnis zu bieten.“
Die Entkopplung von Hardware und Software gilt als Schlüssel für schnellere Innovationen, bessere Skalierbarkeit und neue Erlösquellen. Dennoch zeigt die Studie, dass nur etwa jeder zehnte OEM hier bereits Fortschritte erzielt hat – etwas mehr als ein Viertel testet derzeit neue Ansätze.
Partnerschaften mit Tech-Konzernen immer wichtiger
Laut der Studie setzt die gesamte Automobilbranche verstärkt auf Kooperationen: Im internationalen Schnitt arbeitet bereits mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 %) mit Tech-Konzernen und „Hyperscalern“ zusammen, um auf die nötigen Software-, Cloud- und Datenkompetenzen zurückgreifen zu können. In Deutschland geht sogar mehr als die Hälfte der Branchenvertreter (52 %) solche Partnerschaften ein. Zwar sind Joint Ventures bislang selten, doch im weltweiten Schnitt plant ein Drittel deren Gründung innerhalb der nächsten drei Jahre.
In Zeiten geopolitischer Spannungen rückt außerdem eine Diversifizierung der Beschaffungsstruktur in den Fokus von Automobilkonzernen. Für eine höhere Resilienz erschließen weltweit bis zu 84 Prozent der befragten Unternehmen neue Zulieferermärkte. Mehr als zwei Drittel (69 %) entwickeln zentrale Komponenten verstärkt selbst, um die Kontrolle über markenprägende Technologien zu behalten. Zudem strukturieren Unternehmen ihre Lieferketten mit Blick auf geopolitische Stabilität um und setzen auf neue Beschaffungsmärkte wie Indien, Südostasien und Osteuropa.
KI läutet neue Ära ein
Künstliche Intelligenz wird zunehmend zum integralen Bestandteil von Automobil-Software. 85 Prozent der Befragten erwarten, dass KI künftig direkt in Softwarefunktionen eingebettet wird. Das sorgt für ein besseres Infotainment-Erlebnis, ermöglicht ausgefeilte Sicherheitsfeatures und gewährleistet höhere Cybersecurity-Standards.
Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen (internationaler Schnitt: 77 %; Deutschland: 84 %) sehen in der Integration von KI in Softwareentwicklung, Fahrzeugfunktionen und Mobilitätsdienstleistungen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, durch den sich gesamte Wertschöpfungskette verändern wird. „KI senkt Kosten, steigert die Effizienz und verbessert die Produktqualität. Damit läutet die Technologie eine neue Ära an Innovationen in der gesamten Mobilitätsbranche ein“, so die Berater. Die meisten befragten Unternehmen messen der KI-Integration in Fahrassistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen eine besonders hohe Bedeutung in ihrer Software-Strategie bei.
Grundlegender Wandel nötig
Der Großteil der Befragten (86 %) ist überzeugt, dass sich Unternehmen für die Transformation zu softwarebasierten Geschäftsmodellen grundlegend neu aufstellen müssen. Dazu gehören erhebliche Veränderungen der Arbeitsprozesse und der Kompetenzprofile von Mitarbeitern. Neben strukturellen Veränderungen stehen die Firmen in den Bereichen Softwareentwicklung, Compliance, Sicherheit, Cybersecurity, Unternehmensführung und Talentgewinnung vor Herausforderungen.
Für 83 Prozent der Befragten ist die Entwicklung einheitlicher Softwareplattformen ein Kernelement ihrer Softwarestrategie.
Merlin meint
„KI…gewährleistet höhere Cybersecurity-Standards.“
Halte ich für ein Gerücht wenn noch nicht mal die Programmierer der KI erklären können, wie die KI funktioniert…
F. K. Fast meint
Ich wäre mir da nicht so sicher. Viele Kunden erwarten einfach nur ein Auto, das zuverlässig fährt und geben nichts auf irgendwelchen Software-Schnickschnack. Allein die Erfahrung mit diversen „Assistenten“ ist nicht selten vor allem durch Frust geprägt.
Fliegender Holländer meint
Die Studie wurde aber international durchgeführt.
Da kann durchaus ein anderes Ergebniss rauskommen.