Der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen Aktiengesellschaft, Matthias Müller, hat die fünf wichtigsten Schritte zur Neuaufstellung des Konzerns angekündigt. „Wir müssen den Blick über die aktuelle Lage hinaus richten und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich Volkswagen erfolgreich weiterentwickeln kann“, sagte er.
Müller stellte einen Fünf-Punkte-Plan vor. Mit dessen Hilfe wolle er dafür sorgen, dass Volkswagen auch in Zukunft zu den besten Automobilherstellern der Welt gehöre. Müller zeigte sich zuversichtlich: „Volkswagen wird aus der aktuellen Situation stärker als zuvor hervorgehen.“ Er kündigte an, im kommenden Jahr Eckpfeiler einer „Strategie 2025“ vorzustellen.
Der Vorstandsvorsitzende erklärte die Hilfe für Kunden, die von der Dieselthematik betroffen sind, zu seiner wichtigsten Priorität. „Unsere Kunden sind das Herz von allem, was unsere 600.000 Mitarbeiter in der ganzen Welt leisten“, sagte er. Volkswagen arbeite intensiv an effektiven technischen Lösungen. Die Umsetzung beginne in Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt im Januar 2016.
„Wir müssen die Wahrheit herausfinden“
Die zweite Priorität seien Fortführung und Abschluss der Aufklärung der Ereignisse in aller Konsequenz. „Wir müssen die Wahrheit herausfinden und daraus lernen“, erklärte Müller. Volkswagen sei dabei sehr sorgfältig in der Analyse. Darum sei zusätzlich zu den schon bekannten Schritten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte zur Unterstützung engagiert worden. Die Verantwortlichen für die Vorgänge müssen laut Müller mit harten Folgen rechnen.
Die dritte Priorität sei die Einführung neuer Strukturen im Volkswagen Konzern. „Der Kernpunkt ist: Unser Konzern wird künftig dezentraler geführt“, sagte Müller. Marken und Regionen bekämen mehr Eigenständigkeit. Der Vorstand werde sich unter anderem um markenübergreifende Strategien kümmern, um das Heben von Synergien und um den effektiven Einsatz der Ressourcen der Gruppe. „Wir werden uns das aktuelle Portfolio von mehr als 300 Modellen genau ansehen. Und wir werden den Ergebnisbeitrag jedes einzelnen Modells genau untersuchen.“
„Wir brauchen eine Kultur der Offenheit und der Kooperation“
Matthias Müller treibt als vierte Priorität die Neuausrichtung der Kultur und des Führungsverhaltens voran. Das Streben nach Perfektion, die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter und die soziale Verantwortung im Volkswagen Konzern müssten erhalten bleiben. Aber es seien Veränderungen notwendig bei der Art der Kommunikation und des Umgangs mit Fehlern: „Wir brauchen eine Kultur der Offenheit und der Kooperation.“ Müller forderte im kollegialen Umgang miteinander zudem mehr Mut, mehr Kreativität und mehr Unternehmertum.
Als fünfte Priorität kündigte Müller eine Weiterentwicklung der Strategie 2018 hin zu einer Strategie 2025 an. „Viele außerhalb von Volkswagen, aber zum Teil auch bei uns, haben nicht richtig verstanden, dass es bei der Strategie 2018 um viel mehr geht als um Stückzahlen. Dem ‚Höher, Schneller, Weiter‘ wurde vieles untergeordnet, vor allem die Umsatzrendite.“ Es gehe aber nicht darum, 100.000 Fahrzeuge mehr oder weniger als ein großer Wettbewerber zu verkaufen. Es gehe vielmehr um qualitatives Wachstum, so Müller. In den kommenden Monaten werde an den Eckpfeilern einer „Strategie 2025“ gearbeitet, die der Konzern dann Mitte kommenden Jahres vorstellen werde.
VW entschuldigt sich auf Tokyo Motor Show
An der Umsetzung von Punkt Eins hat VW unter anderem auf der Tokyo Motor Show bereits gearbeitet: Obwohl Volkswagen offiziell keine Dieselmodelle in Japan verkauft, entschuldigte sich der Autohersteller nochmals in aller Form für die Diesel-Affäre. „Vertrauen ist für uns das Wichtigste“, sagte Markenvorstand Herbert Diess, „wir werden alles dafür tun, um es zurückzugewinnen.“
Ursprünglich wollte Volkswagen auf der Messe seine Dieselstrategie für Japan bekannt geben. „Das verschieben wir auf das zweite Halbjahr 2016“, sagte Sven Stein, Direktor Volkswagen Group Japan. Laut Stein fahren auf japanischen Straßen 230 grau importierte Diesel von VW. 36 davon seien mit der manipulierten Software unterwegs. VW stehe in engem Kontakt zu den Fahrzeughaltern, um das Problem schnell und unbürokratisch zu lösen.
Mehr Elektromobilität
Nicht explizit enthalten in dem Fünf-Punkte-Plan ist die vor wenigen Wochen angekündigte Elektromobilitäts-Initiative des Konzerns. Volkswagen plant, zahlreiche Baureihen zu elektrifizieren und neue Modelle mit reinem oder teilektrischem Antrieb auf den Markt zu bringen. Der Konzern will zu diesem Zweck einen modularen Baukasten für elektrische Antriebe (MEB) entwickeln, auf dem kommende Pkw und leichte Nutzfahrzeuge diverser Konzernmarken aufbauen sollen. Das standardisierte Elektrifizierungs-System soll für alle Aufbauformen und Fahrzeugtypen ausgelegt werden und rein elektrische Reichweiten von 250 bis 500 Kilometern ermöglichen.
Darüber hinaus wird die nächste Generation der Oberklasse-Limousine Phaeton neu aufgesetzt und erhält einen voll elektrischen Antrieb. Das neue E-Flaggschiff könnte laut VW-Markenchef Diess bereits Ende 2017 serienreif sein.