Autoprofessor Willi Diez, seit 1995 Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft IFA an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, spricht in einem Interview mit der WirtschaftsWoche über den VW-Skandal, warum es ausländische Investoren auf deutsche Autohäuser abgesehen haben und warum der Verkauf ihrer Niederlassungen die Autobauer in eine gefährliche Situation bringen könnte.
Diez registriert zwar, dass bei VW-Kunden und Autokunden im Allgemeinen wegen des Abgas-Skandals „jetzt natürlich zunächst mal eine gewisse Verunsicherung da“ sei. Es werde „sicher Kunden geben, die ihren Kauf erst nochmals zurückstellen. Wenn die Kunden sicher sein können, dass die neue Modelle in Ordnung sind, wird sich dieser Kaufstau dann aber spätestens im Frühjahr nächsten Jahres wieder auflösen.“
Auf die Händler angesprochen verdeutlicht Diez, was er damit meint, dass dem „deutschen Autohandel zunehmend amerikanische Verhältnisse“ drohen: Händler werden „immer größer“ und haben „mehr Marken. Die Amerikaner sprechen vom Multi-Franchising. Den klassischen Händler mit nur einer Marke und Werkstatt wird es nur noch in einigen ländlichen Gegenden geben. In Großstädten und Ballungszentren gehören sie immer mehr der Vergangenheit an. Stattdessen bekommen immer mehr Megadealer.“
„Der Wettbewerbsdruck auf die Händler“ werde deutlich zunehmen. Während kleine Betriebe wenige Hundert Autos pro Jahr verkaufen, haben große, internationale Investoren „klare Zielvorstellungen im fünfstelligen Bereich – also 10.000 bis 50.000 Autos jährlich.“
Auch die Hersteller selbst sehen demnach kleinere Händler nicht mehr als zwingend notwendig. Zudem verursachen sie Diez zufolge unnötig Kosten. Geld, das woanders besser aufgehoben sei: „In den nächsten Jahren brauchen die Hersteller unglaublich viel Geld für die Themen Elektromobilität, autonomes Fahren, Vernetzung. Dieses Geld in Verkaufsbetriebe zu stecken, die nicht viel verdienen, ist nicht vernünftig.“
Die Zukunft sieht Diez so: „Im Grunde benötigt man nur einige Flagshipstores in Großstädten wie München, Berlin, Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg wo die Menschen die Marke erleben.“