Eigentlich steckt Volkswagen ja noch mitten im Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren, vor allem in den USA drohen dem Konzern dabei empfindliche Strafen. In Europa scheinen die Wolfsburger dennoch bereits wieder selbstbewusst in die Zukunft zu blicken und mahnen, dass man die automobile Zukunft „nicht dem Silicon Valley überlassen“ dürfe. VW setzt sich demnach bei der Mobilität der Zukunft EU-weit für eine engere Zusammenarbeit von Politik und Industrie ein.
Europa müsse in automobilen Zukunftsbereichen die technologische Führung übernehmen und gemeinsam mit der Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, forderte Volkswagen Vorstandsvorsitzender Matthias Müller beim Neujahrsempfang des Konzerns in Brüssel. Ob Digitalisierung, autonomes Fahren oder Elektromobilität – Europa solle hier den Kurs „auch in Bezug auf Infrastruktur und rechtliche Rahmenbedingungen“ vorgeben, so Müller.
„Die Anstrengungen unserer Industrie allein werden nicht ausreichen. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass der Industriestandort Europa in einer sich stark wandelnden Welt innovativ und wettbewerbsfähig bleibt“, betonte Müller. „Ein echter Durchbruch der Elektromobilität wird nur möglich sein, wenn Politik, Gesellschaft und Behörden enger zusammenarbeiten.“ Als Beispiel nannte er die noch nicht vorhandene Infrastruktur: Europa brauche dringend ein flächendeckendes Netz an 150-kW-Schnellladestationen. Das Vertrauen der Kunden in die E-Mobilität werde nur wachsen, zeigte sich Müller überzeugt, „wenn es eine sichtbare und funktionierende Infrastruktur dafür gibt.“
Der Konzernchef versprach, dass Volkswagen „mehr als je zuvor“ auf Nachhaltigkeit setzen werde, dies gelte für Produkte, Strategie und Management. Im Sommer werde er zu diesem Zweck die neue „Strategie 2025″ für den VW-Konzern vorstellen. Unter anderem werden die Konzernmarken bis 2020 rund 20 weitere Modelle mit Elektroantrieb bzw. als Plug-In-Hybride auf den Markt bringen, kündigte Müller an.
Abgaswerte werden künftig von externen Prüfern kontrolliert
Mit Blick auf die Emissionsthematik der vergangenen Wochen erklärte Müller in Brüssel vor den EU-Parlamentariern: „Wir nutzen die aktuelle Krise für eine grundlegende Neuausrichtung des Konzerns. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir jetzt die Chance haben, ein neues und besseres Volkswagen zu schaffen.“
Der Vorstandsvorsitzende bekräftigte, dass Europas größter Automobilhersteller die Abgaswerte seiner Fahrzeuge künftig von externen und unabhängigen Prüfern überprüfen und bestätigen lassen wird. Die Fahrzeuge des Konzerns sollen zudem in Stichproben unter realen Straßenbedingungen getestet werden, erklärte Müller weiter: „Wir hoffen, das hilft, verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.“
Er gab sich überzeugt: „Die branchenweit bestehenden Diskrepanzen zwischen offiziellen Prüfwerten und Realverbrauch sind nicht mehr vermittelbar und nicht mehr hinnehmbar. Hier müssen wir als Industrie neue Wege gehen.“
Europaweit stehen nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden umfassende technische Lösungen für die betroffenen rund 8,5 Millionen Fahrzeuge fest. Die Umrüstung werde in dieser Woche beginnen. Die Kunden könnten sich auf Volkswagen verlassen, betonte Müller in Brüssel: „Wir werden den Rückruf in der kundenfreundlichsten und bestmöglichen Art und Weise vollziehen.“
newchie meint
Wer wie Kreisel Elektrik in 15 Min auf 80% laden kann wird wohl nicht mit 150kW Ladung zurecht kommen!
Bei einer 90kWh Batterie würden mehr als 360kW Ladeleistung notwendig werden.
Nach dem Batterien am Anfang der Ladung schneller laden als am Ende gehe ich von bis zu 500kW Ladeleistung aus!
Genau an dieser Stelle beginnen die Grenzen der e-mobility!
CZ meint
Da Supercharger ein proprietäres System ist, ist es weder sinnvoll noch vernüftig, dass europäische Hersteller dies einsetzen. Nicht alle Autos werden Supercharger nutzen können und auch nicht alle Kunden wären bereit den Aufpreis für die Stromflatrate von Tesla zahlen zu wollen. Außerdem wären die Kunden abhängig vom Preisdiktat Teslas, wenn es keine parallele CCS-Ladeinfrastruktur gäbe. Die europäischen Hersteller sollten sich das Geld für die Supercharger-Kompatibilität sparen und gleich in eine CCS-Ladeinfrastruktur investieren. Gebraucht wird diese sowieso.
Tom meint
„Europa brauche dringend ein flächendeckendes Netz an 150-kW-Schnellladestationen“
Jetzt könnte man natürlich ätzen: Gibt’s doch in weiten Teilen schon, von einem kleinen Elektroauto-Startup aus Kalifornien ohne Subventionen aufgebaut und kontinuierlich verdichtet.
Vernünftig und sinnvoll wäre es, wenn die europäischen Hersteller ihre künftigen Autos Supercharger-kompatibel machen würden (die Stecker sind hierzulande ja Typ2 und somit prinzipiell kompatibel) und somit zum weiteren SuC-Ausbau beitrügen. Dann wären die Kunden flexibel und könnten sowohl an SuC als auch CCS laden.
Nun habe ich allerdings generell nicht den Eindruck, dass die Vernunft derzeit eine Renaissance feiert, weder gesellschaftlich noch politisch…
Opelfahrer meint
Wenn man auf Autobahnen schnell fahren will, dann braucht man eine niedrige „Boxenstopzeit“. Wenn man dazu von der Autobahn herunterfahren und wieder herauffahren muß, mit Kreuzungen oder Ampeln. Dann kann man schnell noch mal 5 Minuten extra brauchen. Weiterhin benutzt der Supercharger nur 400 V. Mit 240kW bei 800V könnte man eine 120kW Batterie in unter einer halben Stunde zu 80% aufladen.