Die Elektroauto-Taxis, die im Rahmen des Forschungsprojekts „GuEST – Gemeinschaftsprojekt Nutzungsuntersuchungen von Elektrotaxis in Stuttgart“ unterwegs waren, haben zwischen September 2014 und Dezember 2015 mehr 14.000 Kundenfahrten absolviert und mehr als 65.000 Kilometer abgespult. Inklusive Betriebsfahrten haben die Fahrzeuge fast 140.000 Kilometer zurückgelegt. Jetzt haben die am Projekt beteiligten Partner ihre Abschlussbilanz gezogen.
Der Schwerpunkt der Fahrten lag eindeutig auf dem Stuttgarter Stadtgebiet, so die Auswertung des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS). Bei mehr als 97 Prozent aller Kundenfahrten blieben die Taxis in einem Zehn-Kilometer-Umkreis um das Rathaus. Immer wieder war es den beteiligten Unternehmern auch möglich, längere Fahrten mit dem Elektrotaxi, wie vom Kunden gewünscht, umzusetzen – beispielsweise in die benachbarten Landkreise, aber auch nach Reutlingen, Göppingen oder Nagold. Eine Kundenfahrt führte sogar bis nach Karlsruhe.
Im Durchschnitt hatten die vier eingesetzten Vorserien-Elektroautos vom Typ Mercedes-Benz B-Klasse einen Energieverbrauch von 32 Kilowattstunden pro 100 Kilometer ab der Ladesäule. „Das lässt sich zwar nicht eins zu eins vergleichen, aber als grobe Einordnung entspricht ein Liter Diesel etwa 10 Kilowattstunden. Damit käme man im Vergleich auf einen Verbrauch in der Größenordnung von gut drei Litern Diesel“, so Raphael Pfeil vom FKFS. „Allerdings gab es beim Energiebedarf spürbare saisonale Unterschiede: Im Winter lag der Verbrauch um etwa 40 Prozent über den Werten im Sommer.“
Keine größeren Auffälligkeiten bei der Untersuchung der Fahrzeuge
Im Rahmen der regelmäßigen Untersuchungen der Fahrzeuge durch Sachverständige der Dekra konnten keine besonderen Mängel an den Hochvolt-Komponenten der Fahrzeuge festgestellt werden. „Die Untersuchung der verschleißrelevanten Baugruppen hat keine besonderen Auffälligkeiten gezeigt“, so Andreas Richter aus dem Dekra Competence Center Elektromobilität.
Parallel zum Taxibetrieb wurden alle Fahrzeuge über die gesamte Einsatzzeit alle drei Monate vertieft untersucht, spätestens nach 15.000 Kilometern. Ziel war es, besondere Belastungen der Fahrzeuge zu erkennen. „Im Taxibetrieb haben die Fahrzeuge, verglichen mit Elektrofahrzeugen in anderer Nutzung, in sehr kurzer Zeit recht hohe Laufleistungen, deshalb waren die Untersuchungen für uns besonders interessant“, so Richter. Schwerpunkt der Untersuchungen waren sicherheitsrelevante Bauteile wie Bremsen, Reifen und Fahrwerk sowie die Hochvolt-Elektrik.
Fahrgäste äußern sich positiv
Das Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (ZIRIUS) der Universität Stuttgart hat die Elektrotaxi-Kunden mit einem Tablet im Fahrzeug zu ihren Fahrt-Erlebnissen befragt. Die positiven Rückmeldungen, von der die Experten in ihrer Zwischenbilanz vor knapp einem Jahr berichtet hatten, haben auch am Ende des Projekts weiter Bestand: „Etwa 90 Prozent der Fahrgäste äußern sich ausgeprägt zufrieden mit ihrer Fahrt. Zwei Drittel sind bereit, anderen von ihren Erlebnissen im Elektrotaxi zu berichten“, so ZIRIUS-Projektleiter Dr. Rüdiger Goldschmidt.
45 Prozent der Befragten wollen sich bei ihrer nächsten Taxifahrt gezielt wieder ein Elektrotaxi rufen oder suchen. Und immerhin jeder fünfte Fahrgast signalisiert, motiviert worden zu sein, über den Kauf eines Elektrofahrzeugs nachzudenken.
„Mit einer einzigen Taxifahrt können schon vergleichsweise hohe Wirkungspotenziale erreicht werden“, so Dr. Goldschmidt. „Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse deutlich, dass der Einsatz der GuEST-Elektrotaxis einen wirksamen, positiven Eindruck von Elektromobilität vermittelt hat.“ Dabei hatten etwa zwei Drittel der Befragten das elektrisch angetriebene Taxi am Taxistand gesehen oder waren zufällig darauf gestoßen, etwa durch eine Bestellung im Hotel oder ähnliches. Weitere 9 Prozent der Befragten hatten die Taxis zuvor schon in Stuttgart fahren sehen und 5 Prozent wurde von anderen Personen über die Taxis berichtet. „Die Präsenz der Fahrzeuge auf der Straße und in den Bereitstellungszonen ist für die Außenwirkung also ein zentraler Faktor. Und das funktioniert schon ab dem ersten Elektrotaxi, das in Betrieb geht“, fasst Goldschmidt zusammen.
Taxiunternehmer machen gemischte Erfahrungen
Auch die in GuEST involvierten Taxiunternehmer, die ZIRIUS wiederholt befragt hat, bestätigen das positive Kundenfeedback aus der Tablet-Befragung: „In punkto Kundenzufriedenheit sehen die Fahrer und Unternehmer im Vergleich zu Verbrenner-Taxis einen klaren Vorteil beim Elektrotaxi. Man kann bei den Fahrgästen mit einem Elektrofahrzeug punkten“, so Goldschmidt. Die Unternehmer gehen davon aus, dass die Kundschaft die Elektrotaxis auch künftig gut annehmen wird.
Mit einigen Aspekten des konkreten Taxibetriebs im Rahmen des Projekts „GuEST“ waren die Unternehmer dagegen spürbar weniger zufrieden. Die Herausforderungen liegen hier vor allem im Zusammenspiel von Reichweiten und Ladezeiten oder der insgesamt noch zu wenig verfügbaren taxispezifischen Ladeinfrastruktur. Darüber gibt auch die Analyse des Ladeverhaltens Aufschluss: „Von insgesamt mehr als 7700 Ladevorgängen während der gesamten Projektlaufzeit waren nur etwa vier Prozent Zwischenladungen an öffentlichen Ladesäulen im Stadtgebiet“, so Raphael Pfeil vom FKFS.
Die Unternehmer nutzten diese Möglichkeit kaum, da das Verhältnis zwischen Ladezeit und Energiegewinn für ihre Zwecke nicht praktikabel erschien. Auch die Verfügbarkeiten der Ladestellen und die Tarifsituation sprachen nicht für regelmäßiges Zwischenladen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass sich die Taxis während des Ladens häufig nicht am Taxistand bereitstellen konnten. Auch ein echter Mehrschicht-Betrieb, wie er mit Diesel-Fahrzeugen durchaus üblich ist, wäre mit den im Projekt eingesetzten Elektrofahrzeugen unter den gegebenen Rahmenbedingungen noch nicht möglich. Das wirkt sich insgesamt auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Je nach Temperatursituation lag die nutzbare Reichweite für die im Rahmen des Projekts eingesetzten Elektrotaxis zwischen 80 und 120 Kilometern. „Das ist insgesamt für einen Regel-Taxibetrieb noch zu wenig“, so Heiko Jung von der Robert Bosch GmbH.
Die Unternehmer wünschten sich eine reale Mindestreichweite von rund 300 Kilometern. Wobei dieser Wert nicht für sich allein betrachtet werden könne, so Jung: „Er hängt natürlich ganz eng mit dem Thema Ladezeit zusammen. Kurze Ladezeiten, die effektives Zwischenladen ermöglichen, lassen die Gesamtreichweite des Fahrzeugs als kritischen Faktor eher in den Hintergrund treten. Wenn man beispielsweise mit 30 Minuten Ladezeit genug Energie für zusätzliche 100 Kilometer aufnehmen könnte, wäre das für den Taxibetrieb äußerst hilfreich.“
Konkrete Empfehlungen aus den Erfahrungen des Projekts
Dass Elektrotaxis Zukunft haben, davon sind die Projektbeteiligten insgesamt überzeugt. „Für die Kurzstreckenfahrten im Taxibetrieb sind Elektrofahrzeuge prädestiniert“, sagt Heiko Jung. „Und auch die Kundenzufriedenheit spricht für sich.“ Die Erfahrungen des Projekts haben aber auch gezeigt, wo konkrete Handlungsempfehlungen für einen wirtschaftlichen Taxibetrieb mit Elektroautos ansetzen sollten. Es gibt hier eine Reihe von Lösungsansätzen und Stellschrauben für Anpassungen des Betriebs.
Dazu gehören nach Überzeugung der Projektpartner unter anderem einige Schnell-Ladesäulen speziell für den Taxibetrieb, idealerweise in Taxistandplätze integriert, um effektives Zwischenladen zu ermöglichen und so die Tagesreichweiten zu steigern. Auch die Stromtarife sollten so gestaltet werden, dass das Laden für die Unternehmer wirtschaftlicher wird. Neben technischen Fragen dürfen die organisatorischen Aufgaben nicht vernachlässigt werden.
Die grundlegende Empfehlung der Projektpartner fasst Heiko Jung so zusammen: „Möchte man auf Basis der gewonnen Erkenntnisse ein tragfähiges Elektrotaxi-Konzept entwickeln, sollten sich die Stadtverwaltung, die Taxi-Zentrale, Stromversorger und gegebenenfalls andere Beteiligte zusammensetzen und unvoreingenommen neue Ansätze und Ideen diskutieren“. Die Ergebnisse des Projekts GuEST hätten gezeigt, dass dieser integrative Ansatz notwendig ist.
„Dazu braucht es nach unserer Erfahrung einen zentralen Koordinator, der die vielen kleinen und großen Aspekte des Themas im Blick hat“, meint Jung. „Und außerdem braucht es die feste Absicht aller Beteiligten, das Konzept Elektrotaxis vorantreiben und das Stuttgarter Modell als Vorbild für andere Regionen ausbauen zu wollen.“
Starkstrompilot meint
32 kWh / 100km! Was haben die denn gemacht? Ein Elektroauto der Größe der B-Klasse sollte nicht mehr als 16 kWh brauchen. Die B-Klasse hat einen Antrieb von Tesla. Da stimmt doch was nicht.
In einer halben Stunde 100km laden? Mit der B geht das nicht. Mit dem Zoe schon. Aber in Stuttgart muss man ja mit Daimler-Taxis fahren. Schon klar. Auch wenn’s was Besseres gibt.
Was für eine ziemliche überflüssige Testreihe war das eigentlich? Was da raus kam, ist doch alles schon längst bekannt.
Könntet ihr mal endlich aufhören, Geld für irgendwelche Tests zu verbrennen, sondern es endlich richtig machen? Alles was man dazu braucht, gibt es bereits.
Marcellanger.com meint
Man kennt doch die Taxifahrer. Dauernd auf dem Gas und nur scharf bremsen. wenn man so fährt ist es klar das auch das E Mobil mehr Strom will. daher denke ich schon das ein solcher Verbrauch hinkommt.
Im Vergleich ist der ZOE ja schon deutlich kleiner, und viele finden wenn mit der Taxe dann auch mit dem BENZ. soweit ich das grad noch im kopf habe, sah ich vor kurzem erst ein Tesla S in München als Taxi. aber den würde ich der S Klasse auch eher vorziehen (bin halt kein benz fan).
Aber kurz zum Thema.
Anschaffung ist etwas teuer.
Kundenzufriedenheit besser.
Laufende Kosten günstiger.
Allein der letzte Aspekt muss doch den Leuten schon zeigen das es vernünftiger ist (auch jetzt schon).
Tesla-Fan meint
32 kWh/100km im Taxi kommt vermutlich vom Stehen am Taxistand mit Heizung an.
Wenn die einen Kunden drin haben fahren die immer ganz vorbildlich und langsam, weil dann ja die Uhr tickt. Davon kann so ein hoher Verbrauch nicht kommen. ;)