In Schweden ging der weltweit erste eHighway in Betrieb: Die schwedische Infrastrukturministerin Anna Johansson und Energieminister Ibrahim Baylan gaben den Startschuss für das erste derartige System auf einer öffentlichen Straße. Auf einem zwei Kilometer langen Autobahnabschnitt der E16 nördlich von Stockholm wird für die nächsten zwei Jahre ein Siemens-Oberleitungssystem für Lkw getestet.
Dabei kommen zwei Diesel-Hybrid-Fahrzeuge des Fahrzeugherstellers Scania zum Einsatz, die für den Einsatz unter der Oberleitung angepasst wurden. Der eHighway soll im Vergleich zu Verbrennungsmotoren doppelt so effizient sein, so Siemens laut Mitteilung. Bei der Technologie wird der Lkw über eine Oberleitung mit Strom versorgt. Das bedeute „nicht nur eine Halbierung des Energieverbrauchs, sondern auch eine Verringerung der lokalen Luftverschmutzung“, sagt Roland Edel, Chefentwickler bei der Siemens-Division Mobility.
Schweden hat ehrgeizige Umweltziele
Der Verkehr verursacht insgesamt mehr als ein Drittel des schwedischen CO2-Ausstoßes, fast die Hälfte davon stammt aus dem Güterverkehr. Das Land hat ehrgeizige Umweltziele ausgerufen: Schwedens Transportsektor soll bis 2030 unabhängig von fossilen Brennstoffen sein. Aufgrund des erwarteten Wachstums des Güterverkehrs reicht es nicht, die Kapazitäten auf der Schiene auszubauen. Deshalb muss eine Lösung zur Entkarbonisierung des Straßengüterverkehrs gefunden werden.
Mit dem zweijährigen Testbetrieb möchten die schwedische Transportbehörde Trafikverket und der Regierungsbezirk Gävleborg nun Erkenntnisse darüber sammeln, ob sich das eHighway-System für eine zukünftige dauerhafte kommerzielle Nutzung und einen weiteren Ausbau eignet. „In Schweden wird der mit Abstand größte Teil der Güter auf der Straße transportiert. Nur ein begrenzter Teil kann auf andere Verkehrsmittel verlagert werden. Um Lkw auch weiterhin für den Güterverkehr einsetzen zu können, müssen wir die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aufheben. Elektrifizierte Straßen sind deshalb eine perfekte Ergänzung zum Transportwesen“, sagt Anders Berndtsson, Chefstratege der schwedischen Transportbehörde Trafikverket.
Bis zu 90 km/h elektrisch unterwegs
Kernelement des Systems ist ein intelligenter Stromabnehmer in Kombination mit einem Hybridantriebssystem. Ein Sensorsystem ermöglicht dem Stromabnehmer bei einer Geschwindigkeit bis 90 km/h den Kontakt zur Oberleitung herzustellen und zu unterbrechen. Entsprechend ausgerüstete Lastwagen versorgen sich während der Fahrt aus Oberleitungen mit elektrischer Energie und fahren dann effizient und lokal emissionsfrei.
Dank des Hybridsystems ist auch ein Betrieb ohne Oberleitung möglich und die Flexibilität herkömmlicher Lkw bleibt erhalten. Die eHighway-Technologie verfügt über eine offene Konfiguration. So können neben dem in Schweden zum Einsatz kommenden Diesel-Hybrid-Antrieb alternativ beispielsweise Batterie- oder Erdgaslösungen realisiert werden. Das erlaubt eine flexible Anpassung des Systems an den spezifischen Anwendungsfall.
Siemens baut derzeit auch in Kalifornien ein eHighway-Demonstrationsprojekt auf. Dies erfolgt im Auftrag der der regionalen Behörde zur Überwachung der Luftqualität, des South Coast Air Quality Management District (SCAQMD) und in Zusammenarbeit mit dem Fahrzeughersteller Volvo. Im Laufe des Jahres 2017 werden im Umfeld der Häfen von Los Angeles und Long Beach verschiedene Lastwagen-Konfigurationen im Zusammenwirken mit der eHighway-Infrastruktur getestet.