Der Elektroauto-Branche könnte ein Imageverlust wegen unrealistischen Reichweiten-Angaben drohen, meint Willi Diez, der Chef des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA), der Deutschen Presse-Agentur (DPA) zufolge. Das Problem liege in der Messtechnik: Verbrauch und Reichweite von Elektroautos werden mit dem gleichen NEFZ-Prüfzyklus wie Benziner und Diesel gemessen, sagte er.
Dabei werde nicht nur der Stromverbrauch für das reine Vorankommen unterschätzt, sondern auch jener für Heizung und Klimaanlage. Die Reichweite in der Alltagsnutzung könne „daher 20 bis 40 Prozent niedriger sein als vom Hersteller beworben“, so Diez. Manch ein Elektroauto schaffe statt den vom Hersteller versprochenen 180 nur knapp 110 Kilometer.
„Wenn jetzt deutlich mehr E-Autos verkauft werden wegen der Elektroprämie der Bundesregierung, wird die Frustration unter den Verbrauchern über die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis bei der Reichweite wachsen“, so Diez im Gespräch mit der DPA. Es könnte sich hieraus „eine Negativdebatte entwickeln“, die am Image von Elektroautos kratzen und deren bisher ohnehin nur schleppenden Verkauf abbremsen könnte.
„Es wäre ehrlicher gegenüber dem Kunden“
Die Umstellung auf den neuen, gesetzlich vorgeschriebenen WLTP-Prüfzyklus im Jahr 2018 komme Diez zufolge zu spät: „Es wäre ehrlicher gegenüber dem Kunden, wenn die Hersteller schon jetzt freiwillig auf eine gemeinsame realitätsnähere Reichweitenmessung umstellen“, sagte er und führte als anschauliches Beispiel die Debatte um den Diesel-Skandal vor Augen. Auch hier sei der Kern des Problems der Unterschied zwischen theoretischem und realen Spritverbrauch. „Dadurch ging Vertrauen der Kunden verloren. Daraus sollten die Hersteller gelernt haben und jetzt proaktiv handeln“, empfahl Diez.
Horst meint
30 Prozent runter von der Norm ist der Realwert bei angepasster Geschwindigkeit.
50 Prozent runter von der Norm ist der Realwert bei sportlicher Geschwindigkeit.
ganz einfach.
Horst meint
Im Übrigen wäre es wirklich intelligent, wenn wir wieder wie früher „Stadt“ „70 Kmh“ und „120 Kmh“ im Verkaufsprospekt finden täten. Es kann doch nicht sooo schwer sein, den Azubi im Werk einen halben Tag lang diese drei Werte ermitteln zu lassen. Dann kannste selber ausrechnen, wo der persönliche Verbrauch liegt. Das asoziale Käuferverarschen sollte man wirklich aufhören!
thrawn meint
Richtig Herr Diez: Verbrauch und Reichweite von Elektroautos werden mit dem gleichen NEFZ-Prüfzyklus wie Benziner und Diesel gemessen. Deswegen sind die Angaben ja auch gleich unrealistisch. Ich merke schon: Sie sind Experte!!
Würde man Verbrenner mit Km/Tankfüllung angeben, würde einem auch schnell klar werden, daß zwischen Realität und Herstellerangaben auch Welten liegen. Da aber anders gemessen wird, kommt es einem subjektiv nicht so schlimm vor. 2-3 Liter mehr auf 100 Km hört sich besser an als 40% weniger Kilometer pro Tankfüllung. Man hat den Verbraucher sehr gut konditioniert und an den Betrug gewöhnt.
Noch lustiger:
Bei Elektrofahrzeugen wird der Strom als Verbrauch gerechnet (was ja auch richtig ist), bei Plug-In Hybriden wird der einfach mal „vergessen“, obwohl der Akku vor dem Test vollgeladen wurde und der halbe Testzyklus elektrisch absolviert wird. So kommt ein 2,5t Hybrid SUV auf 1,7l /100Km Herstellerangabe (siehe z.B. Audi Q7 e-Tron Quattro). In diesem Fall würde ich wohl eher von 400-500+% Abweichung reden.
PlugIn-Hybrid = Betrug 2.0
Stefan Krüger meint
Da spricht der gute Willi Diez gelassen etwas aus, was an das Kern-Heiligtum der OEM rührt. Wenn sie mit den E-Autos anfangen würden, sich „ehrlich zu machen“, dann würde gleich übermorgen der nächste Schlaumeier daher kommen und mit Fug und Recht fordern, dass für „Dino-Technik“ und „Black Motion“ auch die realen Verbräuche anstelle der unreproduzierbaren Phantasiezahlen verwendet werden.
Beim E-Auto kommt erschwerend hinzu, dass die Reichweite eben von einer Vielzahl an Faktoren abhängt, deren wichtigste die Außentemperatur, der Heizwärmebedarf und das Steigungs-Szenario sind. Das dürfte die meisten Politiker, Hausmänner, Journalisten und eben auch die Autokäufer völlig überfordern.
Eine simple Lüge ist eben leichter zu ertragen, als die komplizierte Wahrheit.
Leider!
MichaelW meint
Ich fordere realistische Verbrauchswerte von Fahrzeugen, die alte verflüssigte Dinosaurier verbrennen :-)
HSauber meint
Kommen, WLTP wird von Herstellern wie Opel bereits verwendet und soll ab 2017 bei allen Herstellern in der EU eingeführt werden.
Blackampdriver meint
Das Thema realistische Reichweite wird sich mit der nächsten Generation E-Fahrzeuge wie Opel Ampera e, Tesla Model 3, Nissan Leaf und Co weitestgehend erledigen. Diese 2. Generation wird über 300 Kilometer Range haben und somit die meisten Fahrzyklen abdecken. Die Innenstädte und stadtnahen Gebiete werden dadurch signifikant entlastet werden, was eigentlich erst mal die Lösung des Hauptproblems Stickoxide beseitigen wird.
Horst meint
Bei Preisen ab 40.000 Euro für 300 KM Reichweite wird es noch seehr lange dauern, bis wir eine Entlastung der Luft in Innenstädte erhalten. Nur um mal Ihr Beispiel weiterzudenken. Wobei ich mich eh schon lange die Frage stelle, warum in einer Innenstadt die Luft besser sein sollte, als draussen am Land. Das lässt die Gesetzmässigkeit einfach nicht zu.
Dr.M meint
Da kann ich ihm nur zustimmen – und dann bitte bei der Gelegenheit auch gleich die unsägliche NEFZ Messung für Plug-ins auch an die Wirklichkeit anpassen! Kein Mensch fährt alle 25 km an die Ladesäule!
McGybrush meint
Nicht? Aber die Lobby sagt das ist so?! ?