„Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit hat die deutsche Autoindustrie nicht unbedingt Interesse“ am Thema Elektromobilität, sagte Kurt Sigl, Chef des Bundesverbandes für E-Mobilität (BEM), in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Das sei „leicht belegbar, wenn man sich die Anstrengungen der internationalen Hersteller anschaut“, die „im Gegensatz zu heimischen Autoproduzenten unheimlich viel Strom“ geben.
Die deutschen Hersteller hätten „zuerst einen Trend über mehrere Jahre verschlafen. Als sie dann gemerkt haben, wie sehr die Sache verschlafen wurde, hat man zusätzlich auf die Bremse gedrückt, um die Entwicklung zu verzögern und Zeit zu gewinnen“, so Sigl in dem Interview. Deutsche Hersteller seien, etwa bei der Akkutechnologie, lange „nicht auf der Höhe der Zeit“ gewesen. Doch könne „keiner sagen, dass man nichts wusste. Selbst Unternehmenschefs lesen Zeitung und informieren sich“.
Die Kaufprämie für Elektroautos in Höhe von 4000 Euro sei „ein wichtiger Anreiz, um das Thema zum Rollen zu bringen“. Sie sei aber „in einer ungünstigen Zeit beschlossen“ worden: „direkt in der Urlaubszeit. Da passiert in der Autobranche nicht viel, was die Verkäufe betrifft“. Im Frühjahr werde man „sehen, dass es nach vorne geht“, ist sich Sigl sicher.
„Deutsche Elektroautos sind trotz Prämie nicht besonders günstig“
Ausländische Hersteller hätten mittlerweile „bei den Elektroautos Preise erreicht, die vergleichbar sind mit Verbrennern – oder teilweise sogar darunter liegen“, so der BEM-Chef. Bei den deutschen Herstellern sehe es aber leider noch „anders aus: Dort wurde Elektromobilität hoch eingepreist“. Damit seien „deutsche Elektroautos trotz Prämie nicht besonders günstig“.
Die deutschen Hersteller müssten auch mehr „Willen zeigen, Elektroautos zu bewerben“, so Sigl: „Wenn Sie heute den Fernseher einschalten, sehen Sie Werbung für E-Autos von Nissan oder anderen Importeuren. Von Audi, BMW oder Mercedes werden Sie dagegen in allererster Linie Werbespots sehen, die sich mit großen SUVs und Verbrennungsmotoren beschäftigen. Das zeigt, dass man nicht wirklich hinter der E-Mobilität steht und sie nicht wirklich will.“
Dabei hätten Elektroautos enormes Potenzial, wie Sigl vorrechnet: „Von 45 Millionen in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen“ seien „über elf Millionen Zweit- und Drittfahrzeuge, die am Tag im Durchschnitt rund 30 Kilometer bewegt werden“. Hinzu kämen „Fahrzeuge der Pendler, die selbst mit heutigen Reichweiten meist problemlos den Weg zur Arbeit und zurück antreten können. Da wird spätestens jedem klar, dass er nicht einen Verbrenner braucht, sondern mit einem Elektroauto wesentlich besser unterwegs ist“.
Sebastian meint
Dt. Autohersteller haben sich zu lange an Dingen wie Haptik und Spaltmaße aufgehalten. Nichts gegen schöne Armauflagen oder Türverkleidungen, nur juckt das irgendwann niemanden mehr. Gäbe es eine E-Klasse mit Akku, wäre sofort dabei. Ein Reichweite real gefahren von 290 KM oder 320 KM als unteres Limit wäre perfekt. Dazu CCS mit 50 oder 75 kw Ladung und das perfekte Langstrecken Auto mit Akku aus Deutschland wäre geboren…
Aber so reitet man lieber wie geisteskrank am Diesel weiter rum. Kapier das einfach nicht.
Wir haben 5 Autos, 4 sind elektrisch. Den einen Verbrenner haben wir auch nur nur, um Anhänger zu ziehen. Schlafen die alle wirklich so tief in den schicken towers???
Prius_57 meint
Er hat leider uneingeschränkt recht. Die deutsche Autoindustrie hat die Entwicklung weitgehend verschlafen. Es ging ausschließlich um die Leistung der Industrie.
Da haben auch andere Beteiligte Mist gemacht. Das war aber nicht der Sinn des Artikels, auch noch dieses Thema zu behandeln.
Damit ist nicht gesagt, dass sich schon jeder von einem Elektroauto angesprochen fühlen muss. Ich fühle mich angesprochen.
Tim Dorsemagen meint
Hightech Deutschland , wie lange noch? Handy Produktion : weg , Solarzellen ? Nix mehr , E Auto : verschlafen , Herr Gabriel und andere Ratten verlassen schon das sinkende Schiff. Kriegt Deutschland noch die Kurve?
Thomas Wagner meint
Die Lobby der alten Industrien hat unsere Politik derart im Griff,
dass man sich Sorgen um unsere Zukunft machen muß !
Albert Götz meint
Herr Wagner, sie haben recht. Vor mehr als 10 Jahren antwortete Herr Matthias Wissmann (VDA-Präs.) und natürlich Lobbyist auf die Frage eines Journalisten: Hat die deutsche Autoindustrie die e-Mobilität verschlafen? Antwort:Nein wir haben die besten Autos. Doch das war nicht die Frage. Mich ärgert bis heute, dass der Journalist nicht nachgefragt bzw. nachgehakt hat.
Will heißen, dass sich nichts ändert in Deutschland, so lange solche Leute etwas zu sagen haben. (Aufgeräumte Politiker eben)
Der Statistiker meint
„Ausländische Hersteller hätten mittlerweile „bei den Elektroautos Preise erreicht, die vergleichbar sind mit Verbrennern – oder teilweise sogar darunter liegen“
Also bei aller Hoffnung bitte zurück zur Realität. Die Verkaufspreise von Elektroautos sind im Durchschnitt schon noch ca. 30% über den Verbrennern. Lt. einer Studie von Horvath&Partners soll der Mehrpreis bis 2020 unter 20% sein. Bis dahin sollte sich auch herum gesprochen haben, dass man den TCO, also die Gesamtkosten auf 5 oder 10 Jahre bei einer gewissen Fahrtleistung vergleichen muss.
Es geht eben durch die immer noch geringen Verkaufszahlen leider nicht so schnell bergab mit den Neupreisen. Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass die durchschnittliche Reichweite dabei weiter ansteigt!
150kW meint
Herr Sigl vergleicht eben allen ernstes den Preis eines ZOE ohne Akku mit dem eines i3 mit Akku.
So kann man sich alles schönrechnen :)
Peter meint
Richtig, und die Akkumiete des Zoe koste so viel wie das Benzin eines vergleichbaren Verbrenners.
Und wenn es BMW Ernst meinen würde mit der Elektromobilität, hätten sie auf die teure Karbonkarosse verzichtet und einen preiswerteren Asyncronmotor eingebaut. Dann läge der Preis unter 30.000 Euro und das Autole wäre ein echter Verkaufsschlager.
UliK meint
Die weltweiten, immer strenger werdenden Grenzwerte für den Schadstoffausstoß der Verbrenner wird sie in naher Zukunft unwirtschaftlich machen. Die Abgasreinigung und der damit verbundene technische Aufwand werden zu teuer werden – besonders für Autos im preissensiblen Bereich. Gebrauchtwagen sind dann auch keine Lösung.
Der Bestandschutz wird konsequenterweise nicht allzu lange sein.
Wenn dem wirklich so ist wie im Artikel beschrieben, dann werden wir rechts und links überholt werden. Elektroautos zu bauen ist nicht so komplex wie unsere HIghtech-Verbrenner.
der Wartende meint
Der Zweitwagen in unserer Familie wird maximal 30 km am Tag gefahren, wurde gebraucht für 8000 € gekauft und ist ein Polo … ich schätze der wird ca. 10 Jahre halten so wie meine Frau fährt.
Der Erstwagen ist ein gebrauchter Passat – 2 Jahre alt – 60000 km ca. 14000 €. Er hält ca. 4 bis 5 Jahre bei einer Fahrleistung von 50000 km im Jahr.
So sehr ich davon träume stattdessen Elektroautos zu nutzen, gerade nach der ersten Testfahrt mit einem Tesla, für „normale“ Familien ist das alles noch viel zu weit weg davon Sinn zu machen.
Derartige Stimmungsmache hilft auch nicht. Für den Preis unserer zwei Autos inklusive aller Nebenkosten bekomme ich noch nicht mal den Akku des kleinsten Teslas – ohne Räder usw. versteht sich. Klar haben E-Autos das Potential aber mehr eben noch nicht.
Stephan Köhler meint
Sehr schöner Kommentar, dies ist derzeit der Normalzustand und wird noch einige Zeit so bleiben.
E-Mobilität für normale Verbraucher (Massenmarkt) kann nur klappen
wenn die E-Mobile deutlich günstiger als Verbrenner sind (incl. Akku und dessen Verschleiß).
Eingriffe der Politik in den Automarkt (Verbot für Diesel in der Stadt u.ä….) verbilligen zunächst die gebrauchten Dieselfahrzeuge weiter, dass viele Menschen mit kleinem Einkommen auf dem Lande so günstige Fahrzeuge bekommen. Und in der Stadt ist das bei den Laternenparkern so eine Sache mit dem Nachladen der E-Fahrzeuge über Nacht – ein günstiger Benziner wird dort noch lange erste Wahl sein.
Was macht eigentlich E-Mobile so teuer, dort ist ausser E-Motor und Akku mit etwas Elektronik nichts teures drin (kein Auspuff mit Abgasreinigungsanlage, keine Kupplung, kein Getriebe, Anlasser, Lichtmaschine, Ansaug-Turbo-Abgasrückführungsgedöns, Wasserkühlung Ladeluftkühlung usw…).
Und dann noch die großteils horrenden Strompreise an den öffentlichen Ladesäulen.
Die Politik wird die E-Mobilität auch nicht wirklich wollen. Wenn viele mit Ihrem selbst erzeugten Solarstrom die Autos tanken und keine Mineralölsteuer mehr abführen, was wird dann mit der Staatskasse?
Noch ist die E-Mobilität 98% Idealismus der
„Möchte-gern-Umweltschützer“ und Hype im Internet ohne Bezug zur Realität mit maginalen Zulassungszahlen der E-Mobile.
bübchen meint
Jede neue Technologie ist am Anfang teuer, da die Entwicklung astronomische Summen verschlingt. Ein CD-Player kostete am Anfang über 1000 DM. Und heute?
Die Akkupreise sind seit 2010 um 80 % gefallen, die Leistung derselben steigt pro Jahr um etwa 5 %. Der Preisverfall geht u.a. durch Skaleneffekte und Massenproduktion in der Gigafactory, weiter.
Ja, es dauert noch. Aber das E-Mobilität im Massenmarkt ankommen wird, ist sicher wie das Amen in der Kirche. Und ganz wichtig: nicht die Anschaffung, aber die laufenden Kosten werden geringer sein, als bei Verbrennern. Das kann ich beim Model S bestätigen.
Sie werden die Geräusche der Verbrenner sowas von NICHT vermissen. Es beruhigt echt die Nerven. Es ist eine Wohltat in unserem stressigen Leben, daß es nur nocht ssst,ssst macht und nicht mehr brumm, brumm und nagel,nagel. Freut Euch drauf.
McGybrush meint
Mann müsste eher einen gebrauchten Leaf und später einen gebrauchtes Model ≡ gegen einen gebrauchten Polo und Passat vergleichen. Und kein Nagelneuen Tesla.
Und ja. Der Vergleich mag unter umständen immer noch für die Verbrenner ausfallen. Aber auch nur wenn nix von den zig tausen beweglichen Teilen im Verbrenner kaputt gehen. Und das werden sie.
Toralf meint
Dann freu dich auf Fahrverbote, denn sie kommen
lenzano meint
Nunja, man muss schon bei der Fahrzeugsuche auch die Augen auf machen.
Bei etwa 25000 zugelassenen EVs ist ein Gebrauchtmarkt extrem klein.
Es gibt bereits billig angebotene Franzosen – 3 Jahre alt für um die 10000€.
Aber es ist natürlich schon sehr einfach, einen gebrauchten Verbrenner (auch wenn es ein riesiger Passat ist) mit 60.000km preisl. gegen ein neues EV zu stellen. Bis es einen wirklich vergleichbaren Gebrauchtmarkt gibt wird es noch einige zeit lang dauern.
Meine Französin kostet mich inkl. allem 29ct/km (bei bereits 2,5 Jahren Nutzung), unser Erstfahrzeug ein Skoda Octavia, 15 Jahre alt, 205tkm dagegen 31ct/km.
Ja der Anschaffungspreis ist beim EV höher, kaum einer macht sich aber die Mühe alle Kosten zu vergleichen. Wartung, Verschleiß, Versicherung, Steuern und Sprit nehmen auf Jahre aber etwa 3/4 der Gesamtkosten ein…
Mein Skoda kostete NEU 16T€ – nun rechnet selbst, was dann die anderen 3/4 in 15 Jahren sind.
Mir kann keiner mehr erzählen EVs seien so teuer! Bei meinem Nutzungsprofil als Pendler mit Steckdose in der Garage geht die Rechnung jetzt schon auf.
Zum Glück, bin ich nicht auf die wucherbepreisten Gleichsstromschnellladesäulen angewiesen. Das ist in der Tat ein riesiges Problem!
"ELMO" meint
Hallo „Wartender“, klingt alles erstmal nachvollziehbar, was Du schreibst – fast alles, denn Du erwähnst vor allem Deine Einkaufspreise, und nach
„inklusive aller Nebenkosten bekomme ich noch nicht mal den Akku des kleinsten Teslas“
ist man sich nicht sicher, was Du mit Nebenkosten meinst. Bei Steuern, Vers., Wartung und Energie ist das jeweils vergleichbare E-Auto sehr, sehr viel günstiger.
„Derartige Stimmungsmache hilft auch nicht.“ Verzeih bitte meinen Einspruch. Der BEM-Chef spricht von einer ganz anderen Zielgruppe. Auch Deine Autos sind irgendwann neu gekauft worden. In Deutschland jährlich über 3 Mio.! Unzählige davon könnten (sollten!) elektrisch sein! Bei ganz vielen von diesen Neuzulassungen ergibt ein Verbrenner weder praktisch noch ökonomisch oder ökologisch Sinn! Dahin richtet sich die (dringend nötige) Stimmungsmache.
Gruß, „ELMO“
Thomas Wagner meint
Kaufen Sie doch für ihre Frau einen gebrauchten ZOE, den gibts um 10.000 €.
Mit dem schafft Sie ihre täglichen 30 km und Sie werden sehen, auch sie werden
damit für so manche Fahrt dann lieber den kleinen ZOE nehmen als ihren großen Stinker !
Den ZOE lassen Sie jeden Abend an der Steckdose seinen Strom nuckeln, billiger geht Fortbewegung nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad ;-) !
So einfach ist der erste Schritt zum Elektroauto.
Und wenn Sie dann in zwei, drei Jahren von ihrem großen Stinker die Nase voll haben,
gibt es auch eine große Auswahl an Elektroautos die Vertretertauglich sind !