Aktuell hängen mehr als 600.000 Arbeitsplätze und 13 Prozent der industriellen Wertschöpfung in Deutschland an der automobilen Verbrennertechnik, zeigt eine aktuelle Studie des ifo Instituts. Ein Zulassungsverbot für Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030 könnte deutliche Einbußen für Beschäftigung und Wertschöpfung am Standort Deutschland zur Folge haben, warnen die Autoren der Studie. Allein in der Automobilindustrie wären demnach 426.000 Jobs gefährdet, bei kleineren und mittleren Unternehmen stünden bis zu 130.000 Arbeitsplätze zur Disposition.
Die Studie untersucht „Auswirkungen eines Zulassungsverbotes für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor“. Im ersten Schritt werden potenzielle negative Folgen und Risiken eines solchen Verbots für die Leistungsfähigkeit und die Beschäftigung in der deutschen Industrie untersucht. Daran schließt sich eine Analyse der Innovationsanstrengungen der Industrie bei Verbrennungsmotoren und alternativen Techniken an. Dem folgt eine Untersuchung der Umweltauswirkungen eines Zulassungsverbots.
Es sei „wichtig, dass Klimapolitik technikneutral vorgeht, also Klimaschutzziele vorgibt, ohne vorzuschreiben, mit welchen Techniken das zu geschehen hat. Wer den Wettbewerb der Umweltschutztechniken mit Verboten ausschaltet, verschwendet Ressourcen und leistet dem Klimaschutz einen Bärendienst“, sagt ifo-Präsident Clemens Fuest.
Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), erklärte: „Moderne Verbrennungsmotoren werden auch 2030 noch ein unverzichtbarer Mobilitätsbaustein sein. Deswegen verfolgt die deutsche Automobilindustrie das Ziel, die ganze Bandbreite der Antriebstechnologien noch effizienter zu machen. Der hocheffiziente Verbrenner, künftig vielleicht auch auf Basis regenerativ hergestellter Kraftstoffe, und das Elektrofahrzeug sind keine Gegner, sondern komplementäre Pfade. Beide sind notwendig, wenn man die ambitionierten Klimaziele erreichen will.“
Deutschland sei die Heimat der Automobilindustrie und sollte daher keine Antriebsart gegen die andere in Stellung bringen, so Wissmann. Das ergebe „wirtschaftlich, ökologisch und sozial keinen Sinn“. Aufgabe der Politik sei es dem VDA-Chef zufolge, Ziele zu definieren, „aber nicht den Weg vorzuschreiben, auf dem sie zu erreichen sind. Stattdessen sollte ein politischer Rahmen gesetzt werden, der Technologieoffenheit und marktwirtschaftliche Wahlfreiheit sichert.“
151kW meint
„Aufgabe der Politik sei es dem VDA-Chef zufolge, Ziele zu definieren, „aber nicht den Weg vorzuschreiben, auf dem sie zu erreichen sind. Stattdessen sollte ein politischer Rahmen gesetzt werden, der Technologieoffenheit und marktwirtschaftliche Wahlfreiheit sichert.““
Unter marktwirtschaftlicher Wahlfreiheit versteht Wissmann & Consorten ja z.B. eine Technik, die auf wundersame Weise die Abgaswerte im Labor auf phantastisch niedrige Werte drückt.
Die Chance auf eine solche Wahlfreiheit habt ihr euch für die nächsten 20 Jahre aber komplett verspielt, Jungs! Und die Verantworlichen dürfen dafür gerne die Hälfte der Zeit im Knast absitzen!
Nightrunner meint
Man muss Herrn Wissmann nur etwas umformulieren, dann passt es: Die Abgas-Grenzwerte müssen (ohne Rücksicht auf irgendwelche Technologien) stufenweise und im Voraus für mindestens die nächsten 10 Jahre festgelegt werden, wobei sich die Abstufungen nach den Klima- und Ressourcen-Einsparungszielen sowie den steigenden Anforderungen an die Gesundheitsförderung der Bevölkerung (und damit an die Luftreinhaltung, insbesondere in den Ballungsräumen) richten müssen. Dann hat die Automobilindustrie den Rahmen, den sie braucht und die marktwirtschaftliche Freiheit, die es ihr erlaubt, die zur Einhaltung der Vorgaben erforderliche Technologie zu wählen. Da es den Null-Energie-Motor noch nicht gibt, wird das Mittel der Wahl die elektrische Akku-Technologie sein. Vielleicht werden dann – als Nebeneffekt – die Forschungen nach alternativen Batteriespeichermöglichkeiten weiter intensiviert (dann aber nicht auf Staatskosten, sondern mit dem Geld der Automobilkonzerne).
Peter W. meint
Ich sehe nur eine sinnvolle Möglichkeit die Luft in den Städten zu verbessern und die Autoindustrie vor dem Selbstmord zu bewahren.
Stufe 1: Die Abgasgrenzwerte durchzusetzen
Stufe 2: Die Abgasgrenzwerte nach einem festgelegten Plan weiter zu reduzieren
Stufe 3: In Städten das Radfahren attraktiv zu gestalten. Radwege ohne Kreuzungen und ohne Berührungspunkte mit dem Autoverkehr, Nahverkehr zum Nulltarif und genug Platz für Passagiere mit Fahrrad … Usw.
Dann werden Städte ein lebenswerter Lebensraum, und Autos werden sauberer und weniger.
Mike meint
Um Gottes Willen…..600000 Jobs in Gefahr ?
Ja…nee….dann doch lieber fossil…..weiter so….
Gut das wir solche klugen Aufklärer a la Wissmann haben….vom Verkehrsminister zum Präsi der Autoindustrie….also fast neutral.
Respekt dem glaube ich jedes Wort!
Und außerdem…..Wo zum Teufel ist die Erderwärmung?
Wir brauchen dringend etwas davon….um mal den mächtigsten Mann der Welt zu zitieren…..der Trump Donald …?
Moco meint
Was der VDA u.a. anscheinend nicht verstehen ist, dass wohl nur eine ambitionierte Elektro-Quote mit Staffelung bis 100 % in 2030 die resistenten Autobauern animieren kann massiv ihre Produktion umzustellen um nicht der Disruption der gesamten Branche einher zu fallen.
Das einzige vorstellbare Szenario das die gegenwärtige Politik des VDA rechtfertigen könnte ist, wenn die Bundesregierung (aufgrund weltweiter Verteilungskämpfe) hohe Strafzölle auf ausländische Fahrzeuge erheben würde und die Bundesbürger aus Mangel an Alternativen weiter ihre heimischen Diesel und Benziner fahren. So könnten wir ein „Verbrennerland“ bleiben, Vorbild wäre uns die DDR, die das mit ihren Trabis und Wartburgs auch geschafft hat. *Ironie off*
EcoCraft meint
Drei weitere Faktoren hätte diese Studie ruhig auch mit aufgreifen können.
1. Wie viele der 600.000 Arbeitsplätze könnten in der Zeit bsi 2030 umgeschult und andersweitig in der Produktion von E-Fahrzeugen und Antrieben eingesetzt werden?
2. Wie viele der 600.000 Arbeitsplätze würde bis 2030 eh wegfallen aufgrund von automatisierung des Produktionsprozesses, Auslagerung der Fertigung, Stellenabbau bei Festbeschäftigten welche durch Zeitarbeiter ersetzt werden?
3. welche Industrielle Wertschöpfung bietet sich für Deutschland bei einer EV Produktion Made in Germany?
Das wären durchaus auch Infos die sehr interessant wären. Aber leider verbreiten sie nicht so viel Angst.
JoSa meint
Ob sich jemand Gedanken gemacht hat, wieviel der 600.000 Arbeitskräfte in den
12 Jahren in den Ruhestand gehen, oder gar an den Abgasen der Verbrenner sterben.
…Den Beruf wechseln, weil sie mit ihrer Ausbildung in dieser Sparte für sich keine Zukunft sehen.
Neueinsteiger in die Verbrennertechnik wird es wohl kaum noch geben.
Es sei denn, sie werden durch Jobcenter fehlgeleitet.
JoSa meint
Was mich noch interessiert…
Wieviel Leiharbeiter gibt es eigentlich in der Branche ?
151kW meint
Inzwischen teilweise bis zur Hälfte der Belegschaft bestimmter Werke.
Auch ein sehr trauriges Kapitel von Wissmann, Merkel & Co…
JuergenII meint
Hier wird mal wieder mit der Jobkäule gedroht.
Nur mal ehrlich, was ist besser, mit der Zeit zu gehen, die Antriebe umzustellen, wegen mir auch eine Zeitlang auf serielle Hybride zu setzen, und so den (unvermeidbaren) Arbeitsplatzabbau verträglicher zu gestalten, oder wie heute vom VDA gefordert so weiter machen wie bisher und dann endgültig abzustürzen. Schon der jetzige Einbruch bei Dieselfahrzeugen (Juni -18%) führt wenn das so weiter geht zu massiven Arbeitsplatzabbau, da die Selbstzünder deutlich komplexer sind was Produktion und Fertigungslinie angeht wie Benziner.
Ist klar, dass sich die Automobilbranche mit Händen und Füßen gegen ein fossiles Fahrverbot ab 2030 wert, sind doch damit all ihre Neuerscheinungen in den nächsten 5 Jahren reine Makulatur.
Wir sollten auch nicht vergessen, die E-Musik spielt in China. Dort werden – und vor allem müssen – die Fahrzeuge produziert werden. Nur wer braucht dann noch eine dt. Automobilindustrie, wenn selbst selbige die Masse der Fahrzeuge zukünftig in China produzieren lässt?
Wenn die dt. Politik nicht bald ernst macht, werden wir wohl in Zukunft die dt. Fahrzeuge mit dem Lable „produced in CHN assembled in GER“ erleben.
Gunarr meint
Eigentlich bin ich für den Wettbewerb der Technologien und gegen so diktatorische Maßnahmen wie Herstellungs- oder Fahrverbote. Aber wenn man der Autoindustrie die Illusion lässt, sie könnte mit dem Verbrenner eine akzeptable Umweltbilanz erzeugen, wird sie mit immer aufwändigerer Abgasnachbehandlung in eine Sackgasse fahren, aus der sie nicht mehr herauskommt.