Das Center of Automotive Management (CAM) hat die Innovationsstärke der globalen Automobilhersteller einem Fünf-Jahres-Vergleich unterzogen. Die Analyse der Jahre 2014 bis 2018 zeige, dass die etablierten Marken „in atemberaubender Geschwindigkeit“ von neuen Wettbewerbern überholt werden könnten.
Deutsche Autobauer haben dem CAM zufolge bei fahrzeugtechnischen Innovationen insgesamt weiter die höchste Innovationsstärke. In zentralen Technologiefeldern wie der reinen Elektromobilität lägen aber bereits andere Wettbewerber vorne. Durch den Wandel von Technologien und Geschäftsmodellen werde die Innovationskraft von Unternehmen der Automobilindustrie „zur Überlebensfrage“.
Zentrale Ergebnisse der CAM-Studie
Status quo
Volkswagen, Daimler und BMW sowie Newcomer Tesla führen die Rangliste der innovationsstärksten Autohersteller der Jahre 2014 bis 2018 an, so das CAM. Sie erreichen in der erstellten Studie zwischen 902 (Volkswagen) und 325 Innovations-Indexpunkten. Die Innovationsstärke der Volkswagen-Gruppe – unter anderem Audi, VW und Porsche – speise sich aus etwa 1031 Einzelinnovationen, wovon 206 Neuerungen „weltneu“ seien. Die Wolfsburger würden damit die mit Abstand meisten Weltneuheiten vor Daimler (120) aufweisen.
Volkswagen hat laut dem CAM in den letzten Jahren viele richtige technologische Entscheidungen getroffen. Diese führten unter Verwendung der Baukastenstrategie zu einer Vielzahl von Neuerungen in unterschiedlichen Fahrzeugsegmenten und hohen Absatzzahlen und Gewinnen. Ähnliches gelte auch für Daimler und BMW. Unter Druck würden die großen deutschen Autounternehmen zunehmend durch den Aufsteiger Tesla geraten, der mit 120 Innovationen und 53 Weltneuheiten im Betrachtungszeitraum zu den Top-Performern zählt und bereits auf einem „sehr beachtlichen Rang vier“ landet.

Im vorderen Mittelfeld des Fünf-Jahres-Innovations-Rankings befinden sich auf den Plätzen 5 bis 8 die Konzerne Hyundai-Kia, Ford und General Motors und Tata, die zwischen 275 bzw. 263 Indexpunkten erreichen. Bei diesen Herstellern sinke die Zahl der Weltneuheiten „bereits deutlich“, so die Studienautoren. In den Top-10 der innovationsstärksten Hersteller befinden sich noch Geely (229 Indexpunkte) und Honda (215 Punkte), während Toyota (206 Punkte) – als zweitgrößter Hersteller nach Absatzzahlen – bei der Innovationsstärke nur auf Rang 11 kommt. Im Mittelfeld mit über 159 Indexpunkten landet noch der französische PSA-Konzern.
Das Schlussfeld mit einer Innovationsstärke von weniger als 100 Indexpunkten wird angeführt von kleineren Unternehmen wie Suzuki und Subaru sowie von chinesischen Automobilherstellern wie BAIC, Great Wall und Chery.
Auf- & Absteiger
Die Aufsteiger und Absteiger der letzten fünf Jahre hat das CAM durch den Vergleich der Innovationsrangfolge der Vorjahre ermittelt. Größter Aufsteiger ist demnach Elektroautobauer Tesla, der sich als Neueinsteiger von 0 auf Rang 4 der innovationsstärksten Automobilhersteller hocharbeiten konnte. Hyundai und Tata haben ihre Innovationskraft in den letzten Jahren ebenfalls deutlich verbessert und machen einige Plätze gut.
Auch die Innovationskraft von anderen, weniger bekannten Firmen, etwa aus China, steigt der CAM-Analyse zufolge zunehmend. Das Startup NextEV konnte demzufolge mit der Marke NIO im Jahr 2018 bereits bis auf Rang 9 aufsteigen. Auch chinesische Konzerne wie SAIC, BAIC, Changan, Great Wall und Chery konnten ihre Innovationskraft in den letzten Jahren deutlich verbessern.
Zu den größten Absteigern in der Untersuchungsperiode zählen die großen japanischen Hersteller Toyota und Nissan, die nicht mehr in den CAM-Top-Ten der innovationstärksten Automobilkonzerne auftauchen. Toyota rutscht um sechs Plätze auf Rang 11 ab, während Nissan von Rang 8 auf Rang 15 fällt. Mitsubishi ist innovationstechnisch um zehn Plätze auf Rang 25 eingebrochen. Auch Renault ist ebenso wie Fiat-Chrysler weiter zurückgefallen, sie belegen jetzt nur noch Rang 13 bzw. 14. In den Top-Ten haben sich auch Ford und General Motors um einen bzw. zwei Plätze im Periodenvergleich verschlechtert.
Zukunftsfeld E-Mobilität
Mit Blick auf die Zukunft hat das CAM die Felder Batterie-Elektroautos (BEV) und Plug-in-Hybrid-Autos (PHEV) sowie Konnektivität und Fahrerassistenzsysteme untersucht. Unter den 35 beleuchteten Herstellergruppen weisen BAIC (89 %) und Tesla (88 %) sowie Future Mobility Corporation (81 %) und NextEV (71 %) die höchste Fokussierung ihrer Innovationen auf die vier Zukunftsfelder auf. Im Mittelfeld finden sich Ford (66 %), Daimler, BMW (je 61 %) und Toyota (57 %). Geringere Anteile der Innovationen an den vier Zukunftsfeldern haben General Motors, Hyundai, PSA und Volkswagen (jeweils knapp 50 %).
Bei rein batteriebetriebenen Elektroautos (BEV) ist Tesla laut dem CAM mit weitem Abstand der Innovationsführer (47 Indexpunkte). Darauf folgen die chinesischen Hersteller BYD und BAIC mit 15 bzw. 12 Indexpunkten, Dongfeng kommt auf Rang 5 (10 Punkte). Als einziger europäischer Hersteller gelangt Renault mit knapp 12 Punkten noch auf Rang 4.

Im Mittelfeld befinden sich Konzerne wie Tata, General Motors, Nissan, Hyundai, BMW, Volkswagen oder Daimler mit Innovationsstärken von 3 bis 9 Indexpunkten. Tata hat aufgrund des Serienstarts des Elektroautos I-Pace der Tochter Jaguar einen Sprung nach vorne gemacht. Die deutschen Premiumhersteller Audi und Daimler haben neue BEV-Modelle vorgestellt, die aber erst demnächst bestellbar sind. Vergleichsweise schwach im BEV-Bereich sind Ford, Toyota, Fiat-Chrysler oder Honda. Einige Konzerne haben in den letzten Jahren überhaupt keine Batterie-Elektroautos in Serie gebracht.
Bei Plug-In-Hybriden (PHEV) zählen der Auswertung des CAM nach die deutschen Hersteller zu den Innovationsführern. Der Volkswagen-Konzern (24 Indexpunkte) liegt hier vor Daimler (20) und BMW (18) an der Spitze. Konzerne wie General Motors, Geely, BYD, Hyundai und Toyota sind hier im Mittelfeld, während unter anderem Fiat-Chrysler, Honda oder Ford nur eine niedrige Innovationsstärke aufweisen.
Für eine Zukunftsabschätzung der Innovationsstärke geht das CAM für die nächsten Jahre im Bereich E-Mobilität von einer starken Aufholjagd der deutschen Konzerne aus. Insbesondere der Volkswagen-Konzern könnte demnach aufgrund zahlreicher innovativer Modelle in den Segmenten seine Innovationskraft im Bereich BEV stark erhöhen. Auch Daimler habe viele Modelle mit hoher Reichweite angekündigt.
H2O3 meint
Bitte nicht nur aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen.
M.E. hat Tesla, welches hier als innovativstes Unternehmen angeführt wird, in der Vergangenheit vieles richtig gemacht. Aktuell sehe ich diese Position allerdings dramatisch sinken. Wo sind die Innovationen? M3 war schon seit 2015 angekündigt – und ist bis heute nur in USA verfügbar.
Dazwischen? Nicht viel! Wo ist technische Modellpflege für Bestandsmodelle? Wo bleiben die Nachfolgemodelle von Model S und eine überarbeitete Version von Model X?
Technologisch scheint Tesla gerade festzustecken. Bin gespannt wann denn wirklich Neuerungen kommen – oder zumindest mal State of the Art Technologie (Fahrwerk, Matrix-LED, WLAN-Hotspots, Konnektivität Apple/Andriod, ect.). Die Produktionsprobleme bei M3 scheinen alles zu überstrahlen.
Und wahrlich: Die Konkurrenz schläft nicht – allen voran der VW-Konzern.
nilsbär meint
Obwohl ich Tesla-Fan bin, muss ich dir teilweise zustimmen. Bei der zentralen Komponente eines E-Autos, der Batterie, hat Tesla zusammen mit Panasonic schon Fortschritte erzielt: weniger Kobalt, höhere Energiedichte, geringere Kosten. Aber sonst? Ich fürchte, Tesla hat zuwenig Kapital, um die bestehenden Modelle pflegen zu können und gleichzeitig die angekündigten Modelle voranzutreiben sowie neue Fabriken zu bauen. Das Model 3 SR mit 50 kWh Akku wäre vor 1 Jahr eine Sensation gewesen, nächstes Jahr wird diese Akkugröße nicht mehr begeistern.
Eine Finanzspritze von 10, besser 20 Milliarden € wäre nötig.
Dieter meint
Tesla wird bereits für das nächste Jahr Kapazitäten, für 1 Million BEV haben und wird deshalb in 2019/2020 den Abstand zur Konkurrenz weiter vergrößern können.
Die Ansage von z.B. VW hört sich gut an, aber werden die erst ab 2020 liefern und da nur bis zu 150.000. Erst ab 2021 sind da größer Stückzahlen möglich.
Tesla baut aber bereits in China an neuen Fabriken.
slefas meint
Tesla hat gerade mal eine Fabrik in China im Aufbau, in der realistisch betrachtet auch frühestens erst 2021 die erwarteten Stückzahlen erreicht werden. Da sprechen wir von max. 500 000 Einheiten, was sicher eine gute Zahl wäre. Zusammen mit den amerikanischen M3 kommt man kumuliert auf 1 Million Modelle.
Bis dahin sollte VW und ander Massenhersteller auch schon längst in der Spur sein.
Wo da Tesla mit ähnlich hoher Quote, bei weniger Erfahrung und Expertise in der Massenproduktion “ den Abstand zur Konkurrenz“ vergrößern kann, ist nicht ersichtlich. Eher passiert das Gegenteil.
Die Amis müssem erst mal lernen, ordentlich verarbeitete Auto in Serie zu produzieren, dann kann man in wenigen Jahren vielleicht beurteilen, ob sie auf Augenhöhe mit den deutschen oder japanischen Herstellern kommen.
Pamela meint
@slefas
Also das Model S was in Serie gebaut wird, bin ich schon gefahren, im Model 3, das in Serie gebaut wird, hab ich mir angesehen. Beide sehr „ordentlich“ ;-)
Aber ich bin auch gespannt auf die weltweiten BEV-Verkaufszahlen aller Marken in 2021. Das ist jetzt noch schlecht abzuschätzen – vor allem, da das stark von der Verfügbarkeit der Batterien abhängt.
Pamela meint
PS. Hab gerade mein Model 3 bestellt. Das Design Studio in Deutschland ist eröffnet. Auslieferung Februar/März. ????
slefas meint
Schön Pamela.
Freut mich für dich.
Hoffentlich wirst du mit dem Auto glücklich.
Fü mich ist Tesla immer noch zu weit weg, wobei ich mir eh nur Gebrauchtwagen anschaffe.
Da muss ich noch paar Jahre warten. Bislang präferiere ich immer noch deutsche Wagen, aber mal schauen.
alupo meint
Z.B. der Einsatz von der SiC Technologie in einem eAuto ist ganz sicher ein Quantensprung in vielerlei Sicht.
Da gibt sicher noch einiges mehr. Aber wenn man etwas als „Outsider“ nicht weiß, bedeutet das eben logischerweise nicht auch gleichermaßen, dass es etwas nicht gibt ;-).
150kW meint
SiC hat Tesla aber auch nicht exklusiv. Das ist ja ein Standard Zukaufteil.
alupo meint
Leider ist das Verbauen von SiC-Leistungstransistoren eben noch kein Standard bei den Autoherstellern. Das ist doch gerade das Problem. Dass diese Transistoren auf dem Markt frei zu kaufen sind macht das Faktum doch noch viel schlimmer.
Aber es wird ganz sicher in Zukunft Standard werden, denn seine Vorteile sind einfach nicht ignorierbar.
Mir ging es darum zu zeigen, wer solche echten Innovationen eben heute, oder eigentlich schon seit Anlauf der Serienproduktion in 2017, in seiner Serienproduktion einsetzt.
Das war eben schon wieder einmal Tesla und m.W. leider wieder einmal nicht die Marke, die von sich selbst immer noch behauptet: „Vorsprung durch Technik“.
Ich wäre froh, wenn alle anderen nachzögen. Mal schauen ob das wenigstens bis 2020 klappt.
Miro meint
Ich glaube, dass vieles im Hintergrund entwickelt wurde, aber es derzeit andere Prioritäten gibt, als damit an den Start zu gehen. Außerdem wurde seit dem Model 3 der Semi und der Roadster vorgestellt. Die neuen Supercharger kommen auch noch. Und im März kommt das Model Y (und evtl. ja noch die ein oder andere Überraschung).
Frank meint
Aufgrund der hohen Preise für Elektroautos wird deren Haltedauer im Vergleich zu Verbrennern steigen. Eine schnelle Erneuerung der Produktpalette kann deshalb sogar kontraproduktiv sein. Die bessere Strategie ist, die vorhandene Flotte durch Softwareinnovationen up to date zu halten und das Produktportfolio zu erweitern.
Tesla sehe ich da auf einem erfolgreichen Weg. In dem halben Jahr seit Kauf sind schon zahlreiche Updates eingegangen. Die Bedienoberfläche ist modernisiert worden, neue Funktionen wie Dashcam oder erweiterter Diebstahlschutz sind hinzugekommen. Die Qualität des Autopiloten und der Navigation sind verbessert worden. Bei der unmittelbaren Konkurrenz gibt es nichts vergleichbares, also gibt es auch keinen Grund für eine schnelle Modellerneuerung.
BeatthePete meint
EAutos müssen nicht erneuert werden!
OTA !
Software ist die neue Hardware!
Hardwareänderungen nur bei signifikanten Technologieänderungen.
Wenn noch Komponenten recht einfach upgegraded werden können dann ist ein EAuto wirklich ein Long-Term-Invest!