Forscher der TH Köln und der Ingenieurdienstleister Alten haben den von Ferdinand Porsche erfundenen Radnabenmotor für Pkw weiterentwickelt. Sie ersetzten dazu den zentralen Motor eines Serienfahrzeugs durch E-Motoren, die mit ihrer Leistungselektronik in allen vier Rädern eingebaut sind. Dieses Antriebskonzept soll bei gleicher Leistung günstiger, umweltfreundlicher und agiler sein.
„Die Bundesregierung will in absehbarer Zeit eine Million Elektroautos auf die Straßen bringen. Dafür muss diese Fahrzeugart deutlich günstiger werden. Zudem sind ökologische Probleme durch den Einsatz Seltener Erden zu bewältigen. Beide Probleme adressiert der von uns entwickelte Antrieb“, sagt Andreas Lohner vom Institut für Automatisierungstechnik der TH Köln.
Kernstück der Technik sind vier sogenannte Felgenmotoren, die inklusive Leistungselektronik in den bestehenden Raum zwischen Bremsanlage und Felge der Standardräder integriert sind. Jeder der Motoren besteht aus einem statischen Teil mit 20 Spulen und einem rotierenden Teil mit 24 Zähnen.

Die Entwickler erklären: „Wird eine Spule unter Strom gesetzt, zieht sie den nächstgelegenen Zahn des Rotors an. Indem die Spulen der Reihe nach aktiviert werden, gerät der äußere Teil des Motors in Rotation und erzeugt so den Vortrieb der Räder. Das zugrundeliegende physikalische Prinzip ist die Reluktanzkraft, die den magnetischen Widerstand zwischen Spule und Rotor minimiert.“
Das System ist laut der TH Köln sehr flexibel: In einer bei immer mehr neuen Elektroautos verwendeten „Skateboard“-Konfiguration mit vier motorisierten Rädern und der Batterie im Unterboden könne das Antriebskonzept mit nahezu jeder Karosserieform kombiniert werden. Die Felgenmotoren ließen sich zudem einfach in konventionelle Pkw integrieren.
Gleiche Leistung, geringere Kosten
Mit der neuen Technologie beschleunigt das rund zwei Tonnen schwere Testfahrzeug in acht Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h. Die Reichweite ist von dem eingesetzten Energiespeicher abhängig. „Bereits die prototypische Maschine verbraucht bei diesen Leistungsdaten nur unwesentlich mehr Energie als der originale E-Motor, ist dabei aber deutlich günstiger in der Herstellung“, so die TU-Köln-Forscher.
In Elektromotoren werden oftmals Permanentmagnete mit Seltenen Erden als Rohstoff verbaut, die etwa in China unter schwierigen ökologischen Bedingungen gewonnen werden und in den letzten Jahren deutlich im Preis gestiegen sind. „Unsere Felgenmotoren hingegen werden komplett aus ‚Blech‘, Aluminium und Kupfer hergestellt“, unterstreichen die Entwickler. „Die Herstellung ist damit ausgesprochen preisstabil und in großer Stückzahl rund 30 bis 40 Prozent günstiger als vergleichbare konventionelle E-Motoren.“
Mit der an der TH Köln entwickelten Steuerungselektronik für Allradwagen ist jedes Rad individuell ansteuerbar und wird alle zwei Millisekunden geregelt. Das soll die Agilität und den Fahrspaß erhöhen sowie für ein stabiles Fahrverhalten sorgen. Da kein zentraler Motor und kein Getriebe erforderlich ist, wird zudem ein wartungsarmer und robuster Antrieb in Aussicht gestellt. Der Felgenmotor wird durch eine Karbonschüssel vor Umwelteinflüssen geschützt. „Da zwischen Schüssel und Felge ein Sicherheitsabstand von fünf Millimetern besteht, tangieren Schläge gegen die Felge, etwa beim Überfahren eines Bordsteins, die Motoren nicht“, heißt es.
Der Prototyp ist insbesondere beim Anfahren noch recht laut, räumt das Team hinter der Weiterentwicklung ein. Die Maschine soll nun auf eine für den Massenmarkt geeignete Geräuschkulisse gebracht werden. Die TH Köln und Alten suchen derzeit weitere Industriepartner, um ihr Antriebskonzept zur Serienreife zu bringen.
Steven B. meint
Ich bin wirklich geehrt… Nein wirklich! Hier auf Ecomento sind wirklich nur Wissenschaftler aus der ersten Reihe am Meinungen verfassen, ja man kann schon von einem wissenschaftlichen Blog reden, der sich hier immer wieder zusammenfindet und Entwicklungen aus D, aus China und sonst woher beurteilt. Nur Schade, dass die eigentlichen Wissenschaftler diese Schlauheiten hier nicht verfolgen, weil sie viel zu stupide sind und auf Wissen nach Zuruf projiziert werden… Ich finde es wirklich ehrenwert, dieses Portal als Informationsquelle rund um die E-Mobilität mit solchen Leuten gemeinsam zu nutzen. Wow
Franz mueller meint
Schon Mal dran gedacht das hier auch viele Entwickler von OEMs und Zulieferer kommentieren? Da werden dann halt auch oft die negative Seite der positiven Presseerklärung angesprochen, wie in diesem Fall hier. Eine FH erfindet das Rad halt auch nicht einfach so neu
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
@Steven B.: So wirklich sachliche technische Argumente kannst du aber auch nicht gegen die Nörgler hier anbringen, sondern nur allgemeines Geschwätz.
Der Radnabenmotor ist ja nicht wirklich neues, dazu gibt es ja schon einige Artikel von anderen „Anbietern“ hier auf der Plattform. Und für die OEM ist das nun auch ein alter Hut und wenn es die Mega-Vorteile hätte, dann hätte es eine auf Innovationen getrimmte Firma wie Tesla wohl schon in Serie.
Kasse finde ich, dass zumindest eine realer Prototyp herumfährt. Ansonsten muss ich aus der Zusammenarbeit mit Hochschulen aus eigener Erfahrung sagen, dass viele Projekte oft eher mehr zum Selbstzweck und Selbstbeschäftigung abgearbeitet werden. Der Werdegang solcher Projekte sieht oft nicht so aus: Man hat eine Problem und entwickelt dafür eine Lösung, sondern am Anfang steht ein themenbezogener Fördertopf voller „Kohle“. Für diesen Fördertopf werden dann Ideen (Anträge) zusammengestrickt für deren Lösungen/Ergebnisse man danach das „Problem“ sucht und oft ernüchternd feststellen muss, dass es in der Industrie zwar die Leute interessiert, aber es keinen wirklichen Bedarf gibt.
Geha meint
Selbst im Artikel steht nichts von „neu“ sonder von „weiterentwickelt“. Und zwar den von Ferdinand Porsche erfundenen und 1896 patentieren Radnabenmotor. Daher eine +1 für die absolut richtige Bemerkung „Der Radnabenmotor ist ja nicht wirklich neues,“
Franz mueller meint
Reluktanzmotore werden eigentlich nur für Pumpen verwendet. In eFahrzeugen ungeeignet, bei der benötigten Leistungsdichte ist der Wirkungsgrad nicht annähernd so gut wie bei der PSM mit Magneten. Und was man dann beim Motor spart legt man bei der Batterie wieder drauf.
Radnabenmotoren machen eh wenig Sinn. Die Lenkung und Aufhängung muss ja eh da sein, den Platz zwischen den Rädern kann man eh kaum anderweitig nutzen.
Grundgütiger meint
Tesla baut in sein Model 3 solche Motoren ein und das Model 3 ist mit das effizienteste Elektroauto überhaupt. Wahrscheinlich kennen sich deren Ingenieure aber nicht damit aus. Also bitte, bitte einen Twitterbeitrag an Elon Musk schreiben, damit die dort umdenken.
Franz mueller meint
Tesla baut im Model 3 keine Reluktanzmaschinen ein. Ein paar YouTuber verbreiten das, es ist aber falsch.
Das M3 hat innenliegende Permanentmagnete, dadurch wird ein sog. Reluktanz-Drehmoment möglich. Der Feldbildende oder -schwächende Strom erzeugt somit zusätzlich Drehmoment. Das ist der Grund für den guten Wirkungsgrad.
Reluktanzmotore haben nur in ganz bestimmten Arbeitspunkten ein ähnlich guten Wirkungsgrad. Meist sind schlechter als Asynchronmaschinen.
Peter W meint
Ich bin kein Experte und habe lange recherchieren müssen, wie der Tesla-Reluktanzmotor funktioniert. Dabei habe ich auch erkannt, dass Tesla eben KEINEN Reluktanzmotor verwendet. Im Prinzip ist es der selbe Motor wie im BMW i3. Die Magnete sind unterschiedlich positioniert (Rotor/Stator). Eine Synchronmaschine mit Reluktanzanteil hat den Vorteil, dass kleinere Permanentmagnete verwendet werden können wie im normalen Synchronmotor gleicher Leistung. Mit der „Mischung“ aus Synchon- und Reluktanzmotor kann man derzeit den besten Wirkungsgrad erzielen.
Am ratternden Geräusch kann man übrigens erkennen, dass die Reluktanzmaschine Nachteile hat, die diese Studenten wohl nicht eliminieren können.
Im Übrigen wurde der Radnabenmotor gefühlt schon 25 mal neu erfunden.
Grundgütiger meint
Hmm. Ich habe jetzt überall gefunden (u. a. Wikipedia), dass Tesla im Model 3 einen Reluktanzmotor verbaut und habe dabei Youtube außen vor gelassen…
Steven B. meint
Oha, ein Professor Doktor ist hier am schreiben… Man darf sich schon fragen was Sie in einem solchen Portal machen, was sie nicht wirklich ausfüllt. Es ist Ihnen doch hier viel zu flach, wenn sie sich anmassen können, dass sie hier zu beurteilen und vielleicht bessere Entwicklungen oder gar Weiterentwicklungen beitragen können. Einfach mal die Klappe halten und nicht mir irgend einer Art von (halb)Wissen gegen gestandene Wissenschaftler agieren.
Jörg2 meint
@Steven B.
„Flach“ ist es, aus einem Beitrag eines anderen (keine 100 Wörter), solche Dinge heraus zu orakeln.
Ich gönne ja jedem Napoleon seinen persönlichen Marmorsockel, aber ein bischen mehr Stil, wäre schon schön.
Peter W meint
Ist es nicht ziemlich unverschämt, jemandem die Meinung zu verbieten weil er einen Dr./Prof.-Titel hat?
Im Umkehrschluss könnte man auch mir meine Meinung verbieten weil ich ohne Dr.-Titel ja eh von nichts ne Ahnung habe.
Ich frage mich ernsthaft, in welchem Irrenhaus wir leben.
Franz mueller meint
Ich finde die Kommentarspalte hier einfach sehr amüsant. Ich bin sehr gut informiert auf diesem Gebiet und nehm mir dann einfach das Recht, ab und zu eine Gegendarstellung zu schreiben. Es ist schon oft haarsträubend was so veröffentlicht wird. Gerade die Hochschulen haben anscheinend überhaupt keinen Skrupel falsche Daten zu veröffentlichen. In den letzten Jahren ist die Lehre anscheinend weniger wichtig als das nächste Spin-Off finanziert zu bekommen.
Jörg2 meint
Das ist eine TH und nicht die Entwicklungsabteilung eines Autoherstellers.
Die sollen da etwas lernen, eventuell auch etwas Praxis bekommen. Produktentwicklung ist da ja eher nicht im Fokus….
Offen gesprochen meint
Selbst im Lokomotivbau versucht man Achse und Antrieb bei der Federung zu entkoppeln. Desto schneller die Lok, um so wichtiger.
Und beim Auto soll das nun kein Thema sein? Viel Glück!
IsoOktan meint
Brabus hat schon 2011 eine Mercedes E Klasse mit Radnabenmotoren umgebaut, 3200Nm Drehmoment und absolut Alltagstauglich. AMS zeigte sich schwer begeistert in einem Fahrbericht, ungefederte Massen waren kein Thema.
TwizyundZoefahrer meint
Mal wieder Märchenstunde der deutschen Forscher. Der Experte heißt natürlich zufällig Lohner ( Lohnerporsche, so ein Zufall). Erstens, es gibt diese Motoren bereits in besserer Ausführung zu kaufen, einfach mal googeln. Selbst China Nabenmotoren sind schon lange, auch mit Wasserkühlung auf Allibaba zu haben. Das mit den Massen ist ja hier sogar den meisten Nichttechnikern bekannt. 2 Tonnen Auto? Der richtige Rekulanzmotor ist ja ganz anders aufgebaut. Wer mal schauen will, auf YT hat jetzt einer einen Teslamotor zerlegt. Übrigends hatte unser alter Heuhäcksler vor 40 Jahren bereits einen Motor mit HAIRPIN Technologie. Mich nerven langsam die an den Haaren herbeigezogenen Geschichten von Forschung aus D. Ich würde lieber meine Kraft darauf verwenden bereits sehr gute Technologie Anderer zu verstehen und diese dann erfolgreich kopieren, wie es schon seit Jahrhunderten gemacht wird. ( Schwarzpulver Berthold Schwarz angeblich im 12 Jahrh. erfunden, Feuerwerksraketen China, da. 1500 v. Chr.)
Diese ewigen Deutschlandmärchen werden langsam einfach auch peinlich.
Guko meint
Rekulanzmotor…. Jaja… Da schreibt ein Fachmann…
Peter W meint
Dieser Motortyp (Reluktanzmotor) müsste aber nicht unbedingt im Rad sitzen. 2 Motoren an jeder Achse die ohne Getriebeuntersetzung auskommen wären wohl auch nicht teurer. Eine Antriebswelle kostet nicht die Welt, und das Problem mit der ungefederten Masse wäre erledigt. Dass in das Rad nur noch eine recht kleine Trommelbremse passt ist an der Hinterachse ok, aber vorne dann doch eventuell unterdimensioniert. Trommelbremsen haben deutliche Nachteile wenn es darum geht im Notfall aus 150 km/h abzubremsen.
Peter W meint
Nachtrag: im Film sind aber Bremsscheiben zu sehen, auf dem Bild oben Trommelbremsen.
Wännä meint
Das Projekt wurde in einem Beitrag des WDR Köln vorgestellt (mit anschließendem Studiogespräch). Hier sind auch die charakteristischen Geräusche der Motoren zu hören und auch Gesprächsthema.
Auf YT folgende Zeichenfolge in die Suchmaske eingeben: gCbyyfCae6E
oder „SR4Wheel // Reluktanz Radnabenmotor“
McGybrush meint
Das Konzept klingt gut da man jede Menge bauraum spart.
Damit wäre ein Frunk grösser machbar als so mancher Kofferraum eines Verbrenners.
Oder man kann ein Smart mit mehr Kofferraum bauen.
Aber für die Rennstrecke oder schlechten Strassen weniger geeignet. Da muss man wohl noch eine Lösung finden. Für Flughafen und Rangierfahrzeuge kein Ding. Aber die haben selten Platzprobleme.
Wännä meint
…und nicht zu vergessen: nur Blech, Alu und Kupfer. Respekt!
Peter W meint
Nun, das ist auch schon beim Asyncronmotor so, den Tesla verwendet. Auch im e-tron ist an der Vorderachse ein Asyncronmotor verbaut (wenn ich richtig informiert bin). Reluktanzmotoren sind besser, aber schwieriger anzusteuern, daher auch das rattern. Der Reluktanzmotor mit Permanatmagneten wie im M3 oder so ähnlich auch im i3 ist sozusagen das Optimum, aber eben auch mit (kleineren) Magneten.
Wännä meint
Das ist ja eben der entscheidende Unterschied. Es wird nur beim Reluktanzmotor KEIN magnetisches Material (und somit auch keine seltenen Erden benötigt.
Marc Gutt meint
Ohne jetzt davon Ahnung zu haben, aber ich gehe davon aus, dass es ohne Magneten ineffizient ist oder nicht? Schließlich sind die immer magnetisch, also ohne erst Strom dafür aufwenden zu müssen.
Franz Mueller meint
Ob ein Permanent-magnetischer Antrieb effizienter ist als eine Ansynchromaschine oder eine Reluktanzmaschine ist immer nur über Fahrzyklus zu beantworten. Denn auch wenn man das magnetische Feld im unteren Drehzahlbereich geschenkt bekommt, muss man es im höheren Bereich dann bewusst mit Strom wieder schwächen um überhaupt den Strom in die Maschine zu bekommen.
Bei sinnvoller Auslegung gewinnt die PSM aber deutlich. Somit werden die Forscher hier nicht gelogen haben wenn sie sagen “ die Reluktanzmaschine verbraucht nur unwesentlich mehr Energie“. Es wird sicher Arbeitspunkte geben wo das stimmt, über einen relevanten Kundenzyklus ist es sicher anders.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Stichwort „ungefederte Massen“ am Rad?!
In 8 Sek. auf 100 km/h: Sensation?!
2 Motoren günstiger als ein zentraler?!
EV1 meint
Eben wegen diese enormen ungefederten Massen an den vier Rädern, wird man ein solches Fahrzeug nur in Ländern mit gut ausgebautem Staßennetz – qualitativ nicht quinitativ – fahren können. Somit definitv nichts für deutsch Staßen ;-)
elbflorenz meint
sehe ich genauso. die erschütterungen hält keine leistungselektronik aus.
es heist ja nicht umsonst: über dem kaiser sein pflaster – knallen bei uns die 40t laster
in dd sind es sogar noch bundesstraßen …
vieleicht ist das was für rad-baumaschinen mit 30km/h vmax?
Wännä meint
Macht euch darüber mal keine Gedanken. Die Elektronik kann vergossen werden, ist dann von Umwelteinflüssen isoliert und die Mär von den bösen ungefederten Massen hält sich immer noch hartnäckig. Ist doch kein Rennwagen für Rally-Einsätze!
frax meint
Ja , daran habe ich auch gleich gedacht „ungefederte Massen“ und für einen Allradantrieb braucht man dann gleich 4 Motoren – aber wir werden sehen…
jomei meint
Meldung vom 14.03.2019:
heise.de/tr/artikel/Post-aus-Japan-Der-Radnabenmotor-kommt-nun-wirklich-4330909.html