Die Autoindustrie hat infolge der Corona-Pandemie weiter mit Problemen zu kämpfen, erschwerend kommt der Ukraine-Krieg hinzu. Die angekündigte Umstellung der Produktion auf Elektroautos bei Mercedes-Benz wird laut Produktionsvorstand Jörg Burzer trotzdem intensiv vorangetrieben.
„Wir richten bereits jetzt alles auf E-Mobilität aus“, sagte der Manager im Interview mit dem Portal Automobil Produktion. In den Produktionsplanungsprozessen konzentriere man sich auf die Integration von E-Fahrzeugen in den Werken. Prinzipiell gelte: „Alle Mercedes-Benz-Gewerke richten ihren Fokus klar auf die Elektromobilität, um unsere Strategie ‚Electric only‘ bis zum Jahr 2030 realisieren zu können.“
Vorstandschef Olaf Källenus hat erklärt, den Konzern auf Elektroautos umzustellen. Mercedes-Benz werde bis 2030 vollelektrisch – „dort, wo es die Marktbedingungen zulassen“, so die offizielle Linie. Für die Umstellung des Portfolios auf Stromer braucht das Unternehmen reichlich Batteriezellen, die aufgrund der in vielen Märkten boomenden E-Mobilität zunehmend einen Engpass darstellen. Die Schwaben wollen deshalb in Zukunft auch selbst Akkus fertigen, weltweit sind dazu acht „Gigafabriken“ geplant.
Einen Teil seiner Akkus wird Mercedes aus dem Joint Venture ACC mit dem Autoriesen Stellantis und der Total-Tochter Saft beziehen. „Wir sind jetzt in der Situation, in der wir auf der Zellseite Kapazitäten absichern müssen und uns natürlich sehr genau anschauen, wie Innovationszyklen in der Batteriezellentechnologie ablaufen“, so Burzer. Die Partnerschaft mit ACC diene dazu, ein Netzwerk zu schaffen, um die Kapazitäten für den Elektro-Hochlauf gewährleisten zu können. Aktuell stimme man sich operativ und hinsichtlich der Entwicklung und Spezifikation ab.
Während Volkswagen bereits erste Werke zu reinen E-Autofabriken macht, setzt Mercedes vorerst auf geteilte Fertigungskapazitäten. Wie lange genau das noch der Fall sein wird, hängt laut Burzer von der Kundennachfrage ab. Man gehe hier aber „sehr offensiv ran“, sagte der Produktionsvorstand mit Verweis auf den von Källenius geäußerten Zeitplan für den Umstieg auf Elektroautos. Burzer schätzt, dass es bei Mercedes in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts auch reine E-Fabriken geben wird. Dabei werde es sich nicht um neue Werke handeln, sondern um umgerüstete bestehende.
Cupra meint
Der Umstieg wird aber am ende nur funktionieren, wenn die Autofirmen auch endlich Stress machen bzgl. Lithium-Förderung. Wenn da nicht bald das Fördervolumen enorm steigt, dann sind die jetzigen Lieferzeiten noch ein Klacks dagegen
hghildeb meint
Erhöhung der Lithium-Förderung – oder Reduzierung des Lithium-Anteils. Beides wird nötig sein um sowohl Kapazitäten als auch Kosten in einem vernünftigen Rahmen zu halten.
Egon Meier meint
Das Problem bei dem europaweiten Umstieg haben nicht die deutschen Autokonzerne.
BMW nörgelt noch ein bisschen aber hat auch attraktive BEV-Produkte, Mercedes ist nachweislich auch sehr stark und hat eine tolle Software-Basis und VW ist auch sehr breit aufgestellt und deckt irgendwann alle Klassen ab.
Stress kriegen die, die kein Geld verdienen und die Investitionen nicht wuppen können. Die anderen sind die, die zu spät in die Entwicklung einsteigen oder in falsche Konzepte investiert haben (Stellantis mit den Bastelplattformen)
Ganz übel: Hersteller, die noch nichts in der Pipeline haben. Entwicklung + Erfahrung + Produktion ist eine ganz holprige Angelegenheit. Bis man da durch ist ist der Wettbewerb schon 3 Generationen weiter.
Gefressen werden? Sich Apple und Alphabet ins Haus holen und sich selbst zum Klempner degradieren?
Ich bin auch gespannt, ob Toyota jetzt mal in die Füße kommt.
simon meint
Also das Toyota Elektroauto hat mich überhaupt nicht überzeugt, normaler Verbrennerumbau, nichts besonderes
MichaelEV meint
Den ersten und größten Stress bekommen erstmal vom Verbrenner abhängige und finanziell ausgequetschte Zulieferer. Und dann fällt für alle Autohersteller viel altes Geschäft weg und es wird spannend, wer damit am Besten umgehen kann.
Shullbit meint
Gut und richtig so. Gleichwohl nach wie noch ein bemerkenswerter strategischer Schwenk, wenn man berücksichtigt, dass Mercedes erst vor 1,5 Jahren eine NEUE Geschäftstrategie vorgestellt hat, die offiziell vorsah auch 2030 noch die Mehrheit aller Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu verkaufen.
Merkwürdigliebe meint
Ja Mercedes war spät dran – wenn sie aber mit der proklamierten Konsequenz ihre Ziele verfolgen, dann kann das was werden. Das Portfolio ist heute schon breit (EQ- A,B,C,E,S,V – Die eigene SW (mit MBUX) ist wahrscheinlich die beste (nach Tesla) wenn jetzt noch die Stückzahlen steigen und ihre neuen Technologien (EQXX) in die laufende Serie kommt, dann wird das eine runde Sache.
Jörg2 meint
Ist „A“ nicht gestrichen?
Ich vermute, Mercedes wird zur Edel-Submarke der chinesischen Hauptanteilseigner (die zwei müssen sich „nur“ einig sein oder irgendwann muss mal einer an den anderen verkaufen). Der untere Preisbereich wird durch SMART abgedeckt (ist schon chinesisch).
BMW (so meine Vermutung) wird als eigenständige Firma verschwinden. Irgendjemand wird die Marke weiterführen. Die Großaktionäre cashen vorher aus.
alupo meint
Ja, das mit den Stückzahlen ist ein Problem.
Man kann sich die weltweite Rangliste der PIEV und der BEV Verkaufszahlen von Jose Pontes (inzwischen bei cleantechnica veröffentlicht) anschauen. Das sieht nicht wirklich gut aus…
MAik Müller meint
Das was Mercedes in der Presse sagt hat nichts aber auch gar nichts mit dem Handel hinter den Kulissen zu tun. Mercedes hat schon vor Jahren begonnen auf E umzustellen. Um JETZT noch Verbrenner zu verkaufen wird im Marketing gelogen was das Zeug hält.
Ökoman meint
Ja, erinnert mich an die ganzseitige Werbeanzeige, als Smart noch zum Daimler-Konzern gehörte, kurz bevor die kleinen Verbrenner eingestellt wurden.
Fette Überschrift „Jetzt noch schnell einen Diesel!“
Einen Monat später exakt die gleiche Anzeige, nur diesmal ohne Auspuff und der Überschrift „Elektrisch! Was sonst?“
FahrradSchieber meint
Es kann auch immer noch sein, dass weltweit betrachtet 2030 die Mehrheit aller Mercedes-Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft werden.
„Mercedes-Benz werde bis 2030 vollelektrisch“
Und dann kommt die entscheidende Einschränkung:
„dort, wo es die Marktbedingungen zulassen“
Mal abwarten…
MichaelEV meint
Welche zahlungskräftige Märkte sollen das denn sein, wo die Marktbedingungen vollelektrisch nicht zulassen?
FahrradSchieber meint
„Welche zahlungskräftige Märkte sollen das denn sein“
China zum Beispiel.
Dort wachsen die Verbrenner-Umsätze stetig, die Regierung hat gerade die Kaufsteuer für Pkw mit Verbrennungsmotoren halbiert(!).
Und selbst in 2030 erwartet die Regierung dort noch bis zu 60% Verbrenner-Neuzulassungen.
Bei der Marktgröße ein sehr lohnendes Geschäft für Autohersteller, die neben BEVs auch noch Verbrenner im Angebot haben…
MichaelEV meint
Ist doch meinem Verständnis nach nur eine temporäre Aktion. Und das es überhaupt die Kaufsteuer gibt ist mehr als es bei uns gibt.
Generell wird die Abhängigkeit zu China (in beide Richtungen) doch gerade sowieso auf den Prüfstand gestellt. Und China hat nicht paar Hand voll Autohersteller groß gezogen damit sie weiter von anderen Herstellern beziehen.
Auf China können sie diese These wohl eher nicht bauen. Das wird für deutsche Hersteller deutlich weniger rosig als es bisher war.
hghildeb meint
Sicher sind damit nicht die Hauptmärkte Ostasien, USA und Europa gemeint. Dort will wahrscheinlich bald eh keiner mehr einen Verbrenner kaufen, wenn der Sprit noch teurer wird.
Aber ein globaler Konzern muss sich halt auch um solche Dinge wie Geländewagen für Ghana, Pickups für Peru und Vans für Vietnam kümmern. Auch wenn das nur geringe Stückzahlen sind.