Die fortschreitende Elektrifizierung im Automobilbereich sorgt laut der Unternehmensberatung Roland Berger für massive Veränderungen des europäischen Aftermarket. Die Gründe: Batteriebetriebene Fahrzeuge (BEVs) benötigen rund 30 Prozent weniger Ersatzteile und werden laut Verkaufsszenarien 2030 einen Marktanteil von 53 bis 82 Prozent erreichen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine gemeinsame Studie von Roland Berger und CLEPA, dem Europäischen Verband der Automobilzulieferer.
„Für die Unternehmen im Kfz-Ersatzteilmarkt ist die Planung für den Übergang zur Elektrifizierung sehr komplex, weil auch nach 2035 viele Autos auf unseren Straßen noch einen Verbrennungsmotor haben werden“, sagt Felix Mogge, Partner bei Roland Berger. „Trotz des derzeit niedrigen E-Auto-Anteils von nur 0,8 Prozent am Fahrzeugbestand müssen sich die Akteure schon jetzt neu positionieren, um ihren zukünftigen Erfolg zu sichern.“
In drei Szenarien haben die Autoren die Auswirkungen verschiedener Elektrifizierungs-Geschwindigkeiten auf den Kfz-Ersatzteilmarkt durchgerechnet. Das ambitionierteste Szenario („Radikale Elektrifizierung“) prognostiziert einen raschen Durchbruch der E-Mobilität. Dadurch würde der Anteil batteriebetriebener Fahrzeuge an den Gesamtverkäufen neuer Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen auf 82 Prozent im Jahr 2030 steigen und ab 2035 100 Prozent erreichen.
Das mittlere Szenario („Ehrgeizige Transformation“) orientiert sich an den derzeit gültigen politischen und unternehmerischen Zielen. Darin stabilisieren sich die Preise für Batterierohstoffe und es wird eine angemessene Ladeinfrastruktur aufgebaut. Der Anteil der E-Autos an den Gesamtverkäufen wächst dadurch bis 2030 auf 68 Prozent und erreicht von 2035 an 100 Prozent.
In dem am wenigsten progressiven Szenario („Erfüllung der Gesetzesanforderungen“) wird der Fortschritt in Richtung vollständiger Elektrifizierung durch verschiedene Widerstände abgemildert, dies beinhaltet unter anderem steigende Kosten für Batterierohstoffe. In der Folge steigt der E-Auto-Anteil am Gesamtabsatz auf 53 Prozent im Jahr 2030 und auf 96 Prozent im Jahr 2035. 2040 wird er bei 99 Prozent liegen.
Nachfrageeinbrüche bei traditioneller Antriebstechnik
Die zunehmende Marktdurchdringung von Batterie-Fahrzeugen wird laut der Studie sowohl die Bedeutung der verschiedenen Produktgruppen im Ersatzteilmarkt als auch die wirtschaftliche Rolle der Akteure verändern. Die Autoren analysierten 250 Komponenten entlang von 53 Fahrzeugsystemen. Sie gehen davon aus, dass batterieelektrische Fahrzeuge im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennern ein um etwa 30 Prozent geringeres Umsatzpotenzial bei traditionellen Ersatzteilen haben. Denn batterieelektrische Fahrzeuge bestehen aus weniger Komponenten und verursachen einen geringeren Verschleiß, unter anderem an Motor, Antriebsstrang und Bremskomponenten.
Für jede dieser Komponenten schätzt die Studie die Auswirkung auf die „Brutto“-Nachfrage auf dem Ersatzteilmarkt, sowohl in negativer als auch in positiver Hinsicht (ohne zusätzliche Nachfrage nach neuen Komponenten und Services, wie Werkstattarbeiten oder Software-Updates). Um die Auswirkung der Elektrifizierung klar zu zeigen, schließt die Analyse andere Makrofaktoren aus, wie beispielsweise die insgesamt erwartete Vergrößerung der Fahrzeugflotte, Inflation oder technologische Trends wie fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme. Im ehrgeizigsten Szenario wird ein Nachfragerückgang von 12 Prozent bis 2035 und 17 Prozent bis 2040 prognostiziert. Bei den Produktkategorien sind der Verbrennungsmotor sowie der Antriebsstrang mit einem Nachfragerückgang von 49 bzw. 51 Prozent am stärksten betroffen. Im Szenario „Einhaltung von Vorschriften“ wird der Effekt voraussichtlich bis 2040 auf -13 Prozent reduziert.
Neue Chancen im Ersatzteilmarkt
Die Elektrifizierung eröffnet den verschiedenen Anbietern der Branche neue Möglichkeiten entlang der Wertschöpfungskette. So können Teilehersteller der Studie zufolge ihr Portfolio auf Elektrofahrzeug-spezifische Komponenten umstellen und auch ihr Geschäftsmodell erweitern, indem sie Komponenten wiederaufbereiten oder aufarbeiten. Eine weitere Chance besteht darin, Diagnose- und Lösungen für das Flashen anzubieten, um Werkstätten insbesondere beim anspruchsvollen Software- und Datenmanagement von batterieelektrischen Fahrzeugen mit neuer Elektronik und Konnektivitätsplattformen zu unterstützen. Partnerschaften mit Batteriespezialisten können sowohl dem herkömmlichen Ersatzteilzulieferer als auch dem Batteriespezialisten selbst helfen.
„Ein wichtiger Schwerpunkt der Anbieter wird künftig in der Entwicklung von Kapazitäten zur Aufarbeitung und Reparatur von Batteriesystemen, Elektromotoren, E‑Achsen und Leistungselektronik liegen“, prognostiziert Frank Schlehuber von CLEPA. „Bei den Aftermarket-Dienstleistungen erwarten wir eine Verlagerung von der Hardware zur Software. Außerdem wird die präventive Wartung Marktanteile gewinnen, denn die Batterie ist sicherheitsrelevant.“
Großhändler können künftig beim Management von Altkomponenten unterstützen, Recycling-Rohstoffe vertreiben oder ihre Logistiknetze neuen Kundengruppen anbieten, so die Berater weiter. Für Werkstätten gebe es die Option, sich als Batteriefahrzeug-Spezialisten zu positionieren und Generalisten-Werkstätten in der Umgebung ihre Dienste anzubieten. Um ihr Servicenetzwerk zu stärken, könnten sie darüber hinaus Autoherstellern, die nach Werkstattpartnern suchen, ihre Dienstleistungen zur Verfügung stellen.
MAik Müller meint
Logisch. Das Eauto ist schon in der Herstellung viel billiger als ein Verbrenner.
Das man dann weniger Ersatzteile braucht ist doch Klar.
Wichtig: Eautos werden nach 10-12 Jahren recycelt und brauchen danach garkeine Ersatzteile mehr.
Wegen dem Akku wird wohl kaum einer in Werkstatt rennen. Das BMS im Auto wird schon sagen wenn der Akku entsorgt werden will.
Meine Prognose:
Die kommenden Eautos werden schon in der Entwurfsphase für nur 10 Jahre konzipiert.
Der bisherige Autokreislauf wird stark beschleunigt und geht Richtung Wegwerf-Smartphone :).
Langlebig war gestern.
Klaus Schürmann meint
Ach du liebe Zeit ! Sollte sich das bewahrheiten, muss ich mein noch voll funktionsfähiges kleines C-Zerolein ( geboren 2012 ) ja spätestens in 2024 verschrotten ? Oh wie schade wird das denn sein ! Ich habe doch die Hoffnung, dass die Batterie noch etwas länger das Auto bewegen wird und erst nach dem „Tod“ des Autos von einem bis dahin eine weitere Verwendung des Akkus als Speicher für meine dann 15 oder mehr Jahre alte Photovoltaikanlage möglich machenden pfiffigen Unternehmen ermöglicht wird ! Renault zum Beispiel nutzt jetzt die bisher vermieteten Akkus der langsam zurückgekauften BEV‘S nach Einbau in Speicher als Energiequelle für z.B. Werkstätten.
MAik Müller meint
@Klaus Schürmann das wird zu 100% nichts.
Bitte beachten Sie den physikalisch / chemisch vorgegebene Degradationsverlauf.
Diese ist nicht linear und endet mit der Abschaltung des kompletten Akkus bei 60-70% Restkapazität durch das BMS.
Eine Verwendung als PV-Speicher ist durch das verdongelte BMS quasi unmöglich.
Zurecht da die Sicherheit an erster Stelle steht. Mit fortschreitender Degradation steigt auch das Risiko des Durchbrennen (Dentridenbildung die unaufhaltsam ist) –> deshalb Endabschaltung bei 60-70% mit anschließenden Recycling = NEUER AKKU.
MAik Müller meint
@Klaus Schürmann ich bin zwar Eauto Fan aber nicht direkt von den Drillingen.
Ich fahre seit 2002 einen damals neu gekauften Ibiza TDI (15000€) der hatte letzet Woche seinen 20. Geburtstag mit 270000km.
Da die nächsten Jahre doch keine passenden (günstigen) Eautos für uns geben wird (trotz PV-Anlage und Wallbox).
Fahren wir den einfach weiter :)
Ergebnis wird wohl sein das wir noch gute 5 Jahre drauf packen.
Die Fahrleistungen (310Nm, 130PS im Kleinwagen) sind immer noch mega und der Verbrauch mit < 5L gering.
Klaus Schürmann meint
Herzlichen Glückwunsch ! Ich will mal vergessen, dass Sie also die Bedrohungen der Jetztzeit nicht realisiert haben : Klimawandel, Abgasvergiftung, Waldsterben, Gletscherschmelze, Untergang der z.B. Malediven, Überflutungen überall und falls vorhanden : Kinder und Enkel, die auf diesem Planeten noch in 80 Jahren überleben wollen ?
Klaus Schürmann meint
Wir sind alle dem Tode geweiht :(
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Versuchen wir es mal mit Daten: ganz aktueller Dokumentationsfilm, kommt am 16.09., also jetzt am Freitag, in die Kinos.
Bei Youtube gibt es die Vorschau: INTO THE ICE Trailer German Deutsch (2022).
Da guckst du.