Prof. Dr. rer. nat. Dirk Uwe Sauer vom ISEA – Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe, RWTH Aachen, hat mit dem Portal HDT über den aktuellen Stand von Lithium-Ionen-Batterien und deren weitere Entwicklung gesprochen.
Kommerzielle Lithium-Ionen-Zellen seien heute mit Energiedichten bis zu 300 Wh/kg verfügbar. Die Reichweite in Fahrzeugen sei allerdings mehr durch die Kosten der Batterie begrenzt. Gerade für den Pkw-Markt stehe deshalb die Entwicklung zu höheren Energiedichten gar nicht im Fokus der Fahrzeughersteller, die zentrale Entwicklungsaufgabe sei die Kostenreduktion.
Ausgehend vom chinesischen Markt steige derzeit der Anteil der Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) in Pkw rasant und habe 2022 bereits einen weltweiten Marktanteil von rund 30 Prozent gehabt. Diese Zellen hätten eine deutlich geringere Energiedichte, nutzten aber günstigere Rohmaterialien. Ein wesentliches Augenmerk der Fahrzeughersteller liege auch auf der Verbesserung der Schnellladefähigkeit, um eine Reichweite von 100 Kilometern in zwei bis drei Minuten nachladen zu können.
Lithium liege an den Rohstoffbörsen aktuell wieder bei etwa der Hälfte der Höchststände vom letzten Jahr, bleibe aber volatil im Preis. „Wenn Natrium-Ionen-Batterien einen Teil des Marktes übernehmen können, dann wird das den Druck auf den Lithiummarkt verringern. Kritisch für den Preis der Batterien ist aus aktueller Sicht vor allem auch das verwendete Nickel“, erklärte Sauer. Natrium-Ionen-Batterien haben seiner Meinung nach aufgrund der deutlich geringeren Rohstoffpreise auch im Pkw-Bereich eine gute Marktchance, zumindest im Segment der Fahrzeuge mit moderaten Reichweiten.
Die Kosten für die derzeit in den meisten Elektroautos verbauten Lithium-Ionen-Batterien werden laut dem Fachmann weiter sinken und die Verwendung von Materialien mit kritischer Verfügbarkeit wie Lithium, Kobalt oder Nickel reduziert. Dazu könnten Erhöhungen der Energiedichte beitragen, aber auch Ersatzmaterialien wie Lithium-Eisenphosphat oder Natrium-Ionen-Batterien. Sie ermöglichten deutliche Kostensenkungen bei allerdings auch geringeren Energiedichten.
Getrieben werde die Weiterentwicklung insbesondere von den asiatischen Batterieherstellern. Diese verdienten sehr viel Geld mit ihren Produkten und könnten daher auch Milliardenbeträge in die Weiterentwicklung stecken. Dadurch würden neue Batteriematerialien, neue Akkudesigns und neue Produktionsverfahren entwickelt, die vor allem dem Ziel der Kostensenkung und der Reduktion des Einsatzes kritischer Materialien dienen.
„Die Eigenschaften der Batterien werden auch immer weiter ausdifferenziert, sodass für verschiedene Anwendungen Batteriezellen mit optimierten Eigenschaften vorliegen. Gleichzeitig entstehen auch neue Varianten wie die aktuell in den Markt drängenden Natrium-Ionen-Batterien“, so Sauer.
Sicherheit „von höchster Bedeutung“
Die Sicherheit sei für die Fahrzeughersteller „von höchster Bedeutung“. Die Statistiken zeigten, dass die Zahl der Fahrzeugbrände pro Million zurückgelegter Kilometer bei E-Fahrzeugen mindestens um einen Faktor 10 geringer liegt, als dies bei konventionellen Fahrzeugen der Fall ist. Aber wenn ein Fahrzeug brenne, sei die frei werdende Energie hoch. Es bestehe auch die Gefahr, dass bei einem Fahrzeugbrand die Batterien benachbarter Fahrzeuge unter ungünstige Bedingungen in Brand geraten.
Mit Blick auf die Nachhaltigkeit von Batterien sprach Sauer das Recycling an. Schwierig sei weiter die Rückgewinnung der organischen Materialien (Separatoren, Elektrolyt, Graphit). Grundsätzlich ließen sich aber quasi alle Materialien wiedergewinnen. Die Frage sei nur, ob die dabei anfallenden Prozessierungskosten höher oder geringer als der Wert der gewonnenen Materialien sind.
Die EU schreibt nun auch einen „Batteriepass“ vor, der genaue Informationen über die Zusammensetzung der Batterien enthält. „Herausforderungen bleiben aber sicher die Sammlung, die Extraktion der Batterien aus den Fahrzeugen und der sichere Transport in die Recyclinganlagen“, sagte Sauer.
banquo meint
Bei immobilen Akkuanwendungen wie Speicher für Photovoltaik, Wind sollte die Natrium-Ionentechnik bevorzugt angewendet werden. Das würde zum einen die Stromerzeugung durch reg. Energiequellen schneller verbreiten und zum anderen die Lithium-Preise für mobile Anwedungen drücken.
Jeff Healey meint
Absolut richtig. Das Problem ist wieder unsere Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten, mit den entsprechenden Wartezeiten.