Ab dem Jahr 2025 wird ein durchschnittlicher batterieelektrischer Mittelklasse-Pkw günstiger sein als ein solcher mit Verbrennungsmotor. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich.
Die Forscher haben mithilfe eigens dafür entwickelter Modelle untersucht, welche Kosten im Verkehrssektor künftig zu erwarten sind und welche Szenarien sich daraus zum Erreichen der Klimaschutzziele ergeben. Batterie und Brennstoffzellen werden demnach in Zukunft dominieren. Synthetische Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels – werden nach Ansicht der Forscher des Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK-3) im Straßenverkehr nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
„Unsere Analysen zeigen, dass schon in den nächsten Jahren die Elektromobilität in den allermeisten Fällen die preisgünstigere Alternative werden wird und sich dieser Trend langfristig weiter verstärken wird“, erklärt Detlef Stolten, Direktor des Jülicher Instituts für Techno-ökonomische Systemanalyse. „Gründe sind die positive technische und ökonomische Entwicklung der Elektromobilität, sowie die gleichzeitig steigenden Kraftstoffkosten auf Seiten der Verbrenner.“
Vor allem Vorteile hinsichtlich des Wartungsaufwands und der Effizienz führen dazu, dass die batterieelektrische Variante schon ab der Mitte dieses Jahrzehnts nach den Berechnungen der Forschern des IEK-3 geringere Gesamtkosten über die Lebensdauer aufweist. Die Herstellungskosten der elektrifizierten Antriebe werden dagegen auch im Jahr 2025 noch oberhalb derer eines konventionellen Verbrenner-Pkw liegen.
Diese Entwicklung trifft nicht nur auf Pkw, sondern auch auf Busse und Sattelzugmaschinen zu. „Ob sich die Batterie oder Brennstoffzelle lohnt, hängt von der jeweiligen Anwendung und der Entwicklung der Strom- und Wasserstoffkosten ab. Eines ist jedoch eindeutig: Der Verbrenner wird in allen untersuchten Fällen die teuerste Variante“, so Thomas Grube, Leiter des Teams Verkehrstechnik und zukünftige Mobilität.
E-Fuels für Pkw ohne Subventionen kaum wirtschaftlich
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren können klimaneutral betrieben werden, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen fahren. In puncto Energieeffizienz – und damit in den Betriebskosten – schneiden die Verbrenner im Vergleich mit E-Autos laut der Untersuchung allerdings schlecht ab, wenn man die Kraftstoffherstellung der E-Fuels mitberücksichtigt.
„Um ein Fahrzeug mit E-Fuels anzutreiben, braucht es rund fünfmal mehr erneuerbaren Strom, als wenn man den Strom direkt in einer Fahrzeugbatterie zwischenspeichert oder damit Wasserstoff produziert“, erläutert Grube. In einer solchen Gesamtrechnung benötige das Batterieauto im Jahr 2045 etwa 15 kWh erneuerbaren Strom je 100 Kilometer gefahrener Strecke, das Brennstoffzellenauto 28 kWh und der Verbrenner mit E-Fuels 72 kWh. Zudem sei bei Verbrennungsmotoren auch langfristig noch mit lokalen Schadstoffemissionen wie Stickoxiden und Partikeln zu rechnen.
„Die Unterschiede in der Effizienz werden sich auch in den Kosten widerspiegeln. Daneben ist auch die Umsetzbarkeit zu beachten, wobei der hohe Energieaufwand für die Herstellung der E-Fuels den Ausbaubedarf erneuerbarer Energien um den Faktor 4 bis 5 im Vergleich zum Batterieauto erhöht“, erklärt Stolten.
Bestandsflotte auf synthetische Kraftstoffe angewiesen
Die reinen Verbrauchskosten (ohne Steuern und Abgaben) von Pkw mit Batterie und Brennstoffzelle werden gemäß der Studie im Jahr 2045 mit den heutigen vergleichbar sein. Pkw-Fahrer, die mit E-Fuels unterwegs sind, würden demgegenüber mit 60 bis 90 Prozent höheren Kosten rechnen müssen – und das, obwohl die bestehende Versorgungsinfrastruktur von Flüssigkraftstoffen im Vergleich zu der von Strom und Wasserstoff günstiger ist und eine weltweite E-Fuel-Produktion an wind- und sonnenreichen Standorten angenommen wird.
Trotzdem gibt es laut den Forschern auch für diese synthetisch hergestellten Kraftstoffe künftig einen Bedarf. Denn auch nach 2035 seien noch Bestands-Pkw mit Verbrenner und Plug-in Hybridantrieb auf deutschen Straßen unterwegs. Um diese in Einklang mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 zu bringen, müssten sie zunehmend mit E-Fuels betrieben werden. Allerdings werde die benötigte Menge an E-Fuels um ein Vielfaches geringer sein als die heutige Nachfrage nach Benzin und Diesel. Denn der absehbar steigende Anteil an Elektrofahrzeugen habe zur Folge, dass die Nachfrage nach klassischen Raffinerieprodukten und Antrieben mit Verbrennungsmotoren sinken wird – während die Strom- und Wasserstoffnachfrage stark wachsen wird.
Entwicklung der deutschen Pkw-Flotte bis 2045
Neben den Analysen der Fahrzeugkosten haben die Forscher des IEK-3 Szenarien zur Entwicklung des Verkehrssektors, inklusive Neuzulassungen und Fahrzeugbeständen, im Einklang mit den nationalen Treibhausgasreduktionszielen bestimmt. Dazu haben sie ein Modell entwickelt, das die Kosten des gesamten Systems optimiert. Als Eingangsdaten des Modells dienen unter anderem die Ergebnisse der detaillierten Fahrzeugkostenanalyse. Darüber hinaus werden – ausgehend von Mobilitätsdaten – Fahrprofile simuliert, um das Nutzerverhalten abzubilden.
Die Ergebnisse zur Entwicklung der Fahrzeugflotte zeigen ein eindeutiges Bild: Im Pkw-Bereich wird sich die Elektromobilität in den Neuzulassungen durchsetzen. Dabei dominiert bis zum Ende dieses Jahrzehnts die Batterie. Ab den 2030-ern wird auch die Brennstoffzelle aufgrund der Kostenreduktionen im Antriebsstrang und der Wasserstoffproduktion signifikante Marktanteile gewinnen.
Im Nutzfahrzeugbereich wird der Markthochlauf der elektrifizierten Antriebe etwas später beginnen. Dennoch gehört der Elektromobilität den Jülicher Forschern des IEK-3 zufolge auch hier die Zukunft – wobei sich das Verhältnis zwischen Batterie und Brennstoffzelle bei größeren und schwereren Fahrzeugen voraussichtlich mehr in Richtung der wasserstoffbetriebenen Brennstoffzelle verschieben werde.
Earth is Burning meint
Pardon: Lindner
Earth is Burning meint
Hausaufgabe für Wissing und Linder: Diesen Text dreimal abschreiben und sich hinter die Ohren und als Zwangslektüre ins Klo kleben.
75 kWh für einen Liter Benzin? Damit das Kind im Manne noch Porsche fahren kann?
Warum dulden wir so etwas?
South meint
„Trotzdem gibt es laut den Forschern auch für diese synthetisch hergestellten Kraftstoffe künftig einen Bedarf. Denn auch nach 2035 seien noch Bestands-Pkw mit Verbrenner und Plug-in Hybridantrieb auf deutschen Straßen unterwegs.“
Genau das wird passieren. Es werden Verbrenner nicht verboten, sie werden irgendwann mit E Fuels betrieben werden müssen und sind dann schlicht extrem unwirtschaftlich.
Der Artikel ist allgemein gut und zeigt mal den Irrsinn auf, auf den die heimischen Hersteller bis zuletzt hofften und zum Teil immer noch hoffen…
Yoshi meint
Du unterschätzt wie hoch die Bereitschaft ist für einen Verbrenner mehr zu bezahlen.
100€ mehr im Monat damit man nicht an der Ladesäule steht? Was meinst du wie viele so denken.
South meint
Spritkosten sind mit ca.1.500 € im Jahr ein großer Posten und ein große Steigerung ist da schon eine Nummer. Klar. Ein paar werden sich davon nicht abschrecken lassen, aber das spielt doch keine Rolle mehr. An sich ist der Sprit zwar sehr ineffizient, aber immerhin nachhaltig. Und. Nicht vergessen. Wir Deutschen haben so den 100% Tunnelblick. Überleg mal 90-95% reicht doch vollkommen aus…und die Umstellung dauert mind. zwei Jahrzehnte, da reden wir von einer Generation…
Hans Meier meint
Eine Studie vom „Forschungszentrums Jülich“, sagt schon alles :) Studien von der Autoindustrie oder deren sehr nahen Kollegen kann man kippen, relativieren in ihrem Bericht nur das, was die Marketingabteilung der Autoindustrie der letzten 10 Jahre natürlich ganz bewusst falsch erzählt haben (Ziel Aktionäre beruhigen). Etwa so wie eine Forschungsgruppe aus der Erdölindustrie die jetzt in einem Bericht darlegt das Erdöl verbrennen Co2 verursacht.
Mike meint
Warum sollen die Wartungskosten bei einem PHEV niedriger sein als bei einem ICEV? Warum sind die Wartungskosten beim FCEV so niedrig wie beim BEV, obwohl beim FCEV die Luft ultragut gefiltert werden muss und die Brennstoffzelle und Drucktanks auch nicht auf die Ewigkeit ausgelegt sind?
Glaube keiner Studie, die du nicht selbst an das gewünschte Ergebnis „angepasst“ hast.
Yoshi meint
Ich denke das kommt ganz stark auf die Marke bzw. den Händler drauf an, das lukrative Geschäft mit der Wartung wird man sich nicht entgehen lassen wollen. In einem einschlägigen Forum wird z.T. von über 500€ für die erste Inspektion beim ID3 geschrieben, wäre interessant ob das jemand hier bestätigen kann.
Wenn man 3 Jahre einen Verbrenner least, ist der einzige Mehraufwand gegenüber einem BEV der Öl – und Luftfilterwechsel nach 2 Jahren, zumindest bei den Fahrzeugen die nicht jedes Jahr hin müssen. Ich kann mir vorstellen, dass die Wartung für einen elektrischen Porsche /Mercedes dann trotzdem teurer ausfällt als für einen günstigen Verbrenner.
Tommi meint
Ich habe für die Inspektion für meinen Nissan Leaf knapp 600€ bezahlt. Ich fand das unverschämt. Aber man sieht, dass die Autowerkstätten es ausnutzen, dass die Leute gewöhnt sind, so viel für eine Inspektion auszugeben.
Kona64 meint
ATU hat eine Pauschale für den Service 159 Euro. Fand ich schon viel. Meine Renault Werkstatt war aber diesmal zu weit weg. Die kleine Inspektion sind 7 Arbeitseinheiten, die große sind 10.
elbflorenz meint
Auch wenn ich die These: „BEV-Mittelklasseautos werden bald billiger als ICE-Mittelklasseautos sein“ grundsätzlich teile, so habe ich berechtigte Zweifel, dass das schon in rund 18 Monaten so sein soll.
Die in Jülich sind absolute H2-Fans. Die haben sich da total verrannt. Keine, aber wirklich keine ihrer Prognosen ist auch nur annähernd eingetreten. Sowohl was Prognosen über Anteile oder Preise angeht. Da könnte man wirklich Steuergelder einsparen …
So – schauen wir Mal, ob dieser Post heute (13.12.) oder – was bei mir zum Normalfall wird – erst morgen freigeschalten wird.
Gerry meint
BEV-Mittelklasse ist bereits jetzt günstiger als Verbrenner. Siehe ADAC Kostenvergleich oder selber nachrechnen ;-)
Futureman meint
Merkwürdig, dass bei Brennstoffzellen ein so höherer Lerneffekt erwartet wird. Wieso sollte bei Batterie und co nicht zumindest ähnliche Effekte eintreten? Wo doch hier der Markt schon jetzt um den Faktor 1000! größer ist.
Horst meint
Ich kenne Detlef persönlich. Guter Mann, nur bei einem liegt er völlig daneben: „Denn auch nach 2035 seien noch Bestands-Pkw mit Verbrenner und Plug-in Hybridantrieb auf deutschen Straßen unterwegs.“
Das stimmt nicht, spätestens ab 2025 gibt es nur noch BEVs auch im Bestand. Global versteht sich, denn nur BEVs retten die Welt.
South meint
Na Horst. Kreide gefressen? Hoffe, du kennst das Märchen. Natürlich gibt’s immer ein paar die übers Kuckucksnest fliegen, aber dass, Zack, nicht plötzlich alle Verbrenner über Nacht verschwinden ist genauso klar, wie dass Verbrennerzulassungen in 2035 wieder Mode werden…