Die norddeutsche Landesregierung hält trotz der Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt am Ziel fest, bei Heide eine Batteriefabrik zu errichten. Ministerpräsident Daniel Günther betonte gegenüber dem Flensburger Tageblatt, dass es Interessenten für das Projekt gebe. Es sei jedoch „klug, darüber nicht zu viel in der Öffentlichkeit zu sprechen“, um die Verhandlungen nicht zu gefährden.
Günther bekräftigte, dass das Gelände in Heide weiterhin als realistischer Standort für die Produktion von Batteriezellen gilt. Die Voraussetzungen dafür seien günstig. „Wir haben dort mit dem Bund bislang eine dreistellige Millionensumme investiert und arbeiten weiter hartnäckig daran, dass in ein paar Jahren Batteriezellen bei uns in Schleswig-Holstein produziert werden und viele Menschen gut bezahlte Arbeit finden“, sagte der Ministerpräsident. Die Region verfüge über ausreichend erneuerbare Energien und grünen Strom.
Nach Angaben Günthers geht es um eine Schlüsseltechnologie, die Europa brauche, um sich von außereuropäischen Abhängigkeiten zu lösen. Er betonte, Heide sei „der prädestinierte Standort“ für eine solche Zukunftstechnologie.
Viel Fördergelder für deutschen Standort
Northvolt hatte im März in Schweden Insolvenz angemeldet. Auch der deutsche Standort in Heide gehört zur Konkursmasse. Für den geplanten Fabrikbau in Schleswig-Holstein erhielt das Unternehmen rund 600 Millionen Euro von der staatlichen Förderbank KfW, abgesichert zur Hälfte durch den Bund und das Land. Der Bau dort wird mit den öffentlichen Mitteln bislang weiter vorbereitet.
Zusätzlich hatte die EU-Kommission Anfang 2024 Subventionen in Höhe von 700 Millionen Euro genehmigt, von denen 137 Millionen aus dem Landeshaushalt und 564 Millionen vom Bund kommen sollten. Diese Mittel wurden bislang jedoch nicht ausgezahlt.
Nach Medienberichten wirft der Bundesrechnungshof dem früheren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor, bei der Unterstützung von Northvolt zu sorglos mit Steuermitteln umgegangen zu sein. Habeck hatte die staatlichen Hilfen öffentlich verteidigt.
Northvolt steht nach jahrelangem Hoffen auf eine europäische Erfolgsgeschichte vor dem Aus. Seit März läuft ein Insolvenzverfahren, nun muss die Produktion im Stammwerk Skellefteå eingestellt werden. Laut dem zuständigen Insolvenzverwalter Michael Kubu gibt es inzwischen ein erstes unverbindliches Übernahmeangebot. Zwei weitere Interessenten seien ebenfalls im Spiel, bislang aber ohne konkreten Vorschlag.
Rudolf Apeldorn meint
Northvolt war eine Idee – aber keine Antwort auf die Realität
Von Rudolf Apeldorn
Was war das für ein Bild: Kanzler Scholz, Minister Habeck, millionenschwere Förderzusagen, große Worte. In Heide sollte Europas Zukunft gebaut werden – 3000 Jobs, grüner Strom, ein Symbol der Transformation.
Doch was bleibt?
Eine Eiderbrücke, die regelmäßig streikt.
Ein Bahnbetrieb zwischen Husum und Heide, der im Wochenrhythmus ausfällt.
Ein Masterplan – gebaut auf maroden Gleisen.
Das passt nicht zusammen. Und es hat nie zusammengepasst.
Ich habe früh gewarnt:
Wer über neue Jobs spricht, muss vorher über Schulen, Kitas, Busverbindungen und Wohnungen reden. Wer eine Gigafabrik plant, muss zuerst eine belastbare Region schaffen.
Doch Kritik war unerwünscht. Wer nicht mitjubelte, wurde übertönt oder ignoriert. Jetzt sehen wir die Quittung:
• Soziale Not in Skellefteå.
• Überforderte Infrastruktur bei uns.
• Und die Erkenntnis, dass Wunschdenken keine Brücke trägt – weder über die Eider noch in die Zukunft.
Noch ein Northvolt? Noch ein Batterie-Hoffnungsprojekt mit derselben Blaupause? Nein.
Was wir brauchen, sind realistische Projekte, die zur Region passen. Nachhaltig, kleinteilig, mit den Menschen – nicht über ihre Köpfe hinweg.
Weniger ist mehr. Und vor allem: Weniger blind
Rudolf Apeldorn
Sankt Peter Ording
Thomas meint
Hoffentlich klappt das. Man muss aber realistisch sein: es wird Milliardensubventionen kosten und jahrelang dauern, um auf den Vorsprung der großen Hersteller aus China aufzuschließen. Ich sehe trotzdem keine Alternative.
Future meint
Ich drücke Schleswig Holstein die Daumen, dass es klappt mit der Zellfertigung. Die Bedingungen sind wirklich ideal. Es gibt mehr als genug billigen Offshorestrom. Es gibt keine Bevölkerung, die gegen alles ist. Überhaupt ist die Küstenregion für energieintensive Industrien so gut geeignet. Günther ist dazu ein symapthischer norddeutscher Politikertyp, dem ich einen Erfolg mit Heide sehr wünsche.
Lanzu meint
Gibt es überhaupt Vorteile durch billigen Strom vor Ort? Der Strompreis in Deutschland ist doch einheitlich.
MichaelEV meint
Stichwort PPA können Großkunden Strom auch direkt abnehmen.
Generell bleibt die große Preiszone aber ein Grauen..
Lanzu meint
Aber auch bei einem PPA, muss ohne Direktleitung Netzentgelt gezahlt werden.
Gibt es da Nachlässe durch den Netzbetreiber oder Direktleitungen in Heide?
Gernot meint
Der Börsenstrompreis ist deutschlandweit einheitlich, aber natürlich muss man nicht zum Börsenstrompreis kaufen. Man kann sich auch Strom von nahegelegenen Windparks per PPA sichern oder (besser) in der windreichen Region gleich seinen eigenen Windpark betreiben. Und dann wird es preislich spannend. Da kannst Du auf 3 Cent die kWh kommen. Ich kenne natürlich die Kalkulation von Northvolt nicht, aber am Ende deckst Du vielleicht 35% Deines Strombedarfes zu 4 Cent/kWh mit eigenem Windstrom, 15% zu 4 Cent/kWh mit PV-Strom vom eigenen Hallendach und den Rest zu 16 Cent Industriestrompreis aus dem Netz. Dann liegst Du im Mix bei 10 Cent/kWh.
Bei den 16 Cent lässt sich möglicherweise auch noch was machen. Ganz in der Nähe läuft das Nordlink-Kabel vorbei, dass uns 1,4 GW günstigen Strom aus Wasserkraft aus Norwegen liefert und bei Heide läuft eine Menge Offshore-Windstrom aus der Nordsee an Land.
M. meint
Grundsätzlich eine brauchbare Kalkulation.
Bei einem Batteriehersteller würde ich aber unterstellen, dass man sich eigene Stromspeicher hinstellt, um auch zu anderen Zeiten Windstrom nutzen zu können. Den Windpark macht man dann eben etwas größer.
Future meint
Der Standort Heide wurde doch auch aus diesem Grund gewählt – unendlich viel grüner Strom vor der Haustür für eine klimaneutrale Zellproduktion. An den Küsten sollte man aus diesem Grund viele schöne neue Fabriken bauen. Und Strände machen sowieso immer gute Laune.
Malthus meint
Es scheint, der Interessent hat sich (auch) anders entschieden.
>https://lyten.com/2025/07/01/lyten-acquires-europes-largest-battery-energy-storage-systems-manufacturing-operation-from-northvolt/
Total unverständlich, bei sooo einem netten Ministerpräsidenten & der sicheren günstigen Stromversorgung.