Die Sparte Mobility des weltgrößten Autozulieferers Bosch steht vor großen Herausforderungen im globalen Automobilmarkt. Darauf reagiert das Stuttgarter Unternehmen mit umfassenden Sparmaßnahmen und einem weitreichenden Stellenabbau.
Der weltweite Fahrzeugmarkt stagniert, Zukunftstechnologien wie Wasserstoff, Elektromobilität und automatisiertes Fahren setzen sich langsamer durch als geplant, und die Nachfrage verlagert sich zunehmend in Regionen außerhalb Europas. Hinzu kommen der Strukturwandel sowie hoher Preis- und Wettbewerbsdruck. Diese Entwicklungen haben eine jährliche Kostenlücke von rund 2,5 Milliarden Euro bei Bosch Mobility entstehen lassen.
Um diese Lücke zu schließen, setzt Bosch auf eine Kombination aus Effizienzsteigerungen, Kostensenkungen und strukturellen Anpassungen. Neben Einsparungen bei Material, Logistik und Investitionen will das Unternehmen verstärkt Künstliche Intelligenz (KI) einsetzen. Dennoch kommt der Zulieferer nicht um tiefgreifende Personalkürzungen herum: Bis 2030 sollen etwa 13.000 Stellen wegfallen, vor allem an deutschen Standorten.
Überkapazitäten bestehen laut Unternehmensangaben sowohl in Verwaltung und Vertrieb als auch in Entwicklung und Produktion. „Wir müssen dringend an der Wettbewerbsfähigkeit im Mobility-Bereich arbeiten und unsere Kosten weiter dauerhaft senken … Bedauerlicherweise kommen wir dabei auch nicht um einen weiteren Stellenabbau über das bereits kommunizierte Maß herum. Das schmerzt uns sehr, doch es führt leider kein Weg daran vorbei“, so Bosch-Geschäftsführer und Arbeitsdirektor Stefan Grosch.
Besonders betroffen sind die Geschäftsbereiche Power Solutions und Electrified Motion mit ihren Standorten Feuerbach, Schwieberdingen und Waiblingen im Großraum Stuttgart sowie Bühl und Homburg. Auch in Zentralfunktionen des Unternehmens wie in Verwaltung und Vertrieb sowie Tochtergesellschaften des Mobility-Bereichs sollen Stellen wegfallen.
„Deutschland bleibt für Bosch zentral“
Dennoch stehe Bosch klar zum Standort Deutschland, betont Arbeitsdirektor Grosch: „Deutschland ist und bleibt für Bosch zentral, auch was die Anzahl der Mitarbeitenden anbetrifft. Allerdings müssen wir uns effizienter aufstellen, um uns im hart umkämpften weltweiten Wettbewerb behaupten zu können. Eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit ist Voraussetzung, um Aufträge in Deutschland und damit auch Beschäftigung hierzulande zu sichern.“
Bosch hat die Arbeitnehmervertretungen und auch seine Mitarbeiter informiert. Grosch zur geplanten Umsetzung: „Auch wenn wir dringenden Handlungsbedarf haben, stehen wir zu unseren getroffenen Vereinbarungen mit den Arbeitnehmervertretern. Gemeinsam mit ihnen wollen wir an den einzelnen Standorten rasch über erforderliche Maßnahmen sprechen und möglichst sozialverträgliche Lösungen vereinbaren. Der Zeitdruck ist groß. Verzögerungen verschärfen die Lage weiter.“
„Erhebliche Unsicherheiten“
„Geopolitische Entwicklungen und Handelshemmnisse wie Zölle führen zu erheblichen Unsicherheiten – damit müssen wir wie alle Unternehmen umgehen. Dabei ist zu erwarten, dass die Intensität des Wettbewerbs weiter stark zunimmt“, warnte Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility. „Deshalb ist es unser Ziel, Wachstumschancen wo immer möglich zu ergreifen und unsere Mobility Standorte weltweit zukunftsfähig aufzustellen.“
Mit der jüngsten Ankündigung summiert sich die Zahl der Stellen, die der Zulieferer in seinem größten Geschäftsbereich in den nächsten Jahren streicht, auf gut 22.000. Im Jahr 2024 hatte Bosch bereits den Abbau von 9.000 Arbeitsplätzen beschlossen, gut die Hälfte dieser Reduzierung ist nach Angaben von Grosch bereits umgesetzt. Betroffen sind fast ausschließlich die deutschen Mobilitätsstandorte, an denen Bosch Ende vergangenen Jahres rund 70.000 Menschen beschäftigt hat.
Trotz der angespannten Lage sieht Bosch-Geschäftsführer Heyn Chancen für die Zukunft: „Bosch Mobility kann sich im stark umkämpften globalen Wettbewerb durchsetzen – davon bin ich überzeugt. Doch wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen und aus eigener Kraft unsere Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen, die Zeit drängt.“
JuergenII meint
So schlecht geht es Bosch global gesehen auch nicht!
In China besitzt Bosch über 50 Gesellschaften, mehr als 30 Produktionsstätten und rund 20 Technologie- und Entwicklungszentren. Ende 2023 arbeiteten rund 55.000 Mitarbeiter dort für Bosch.
Ähnlich sieht es in Nordamerika aus. Hier arbeiten in den USA, Kanada, Mexiko ca. 40.000 Mitarbeiter. Der Konzern unterhält hier 40 Hauptniederlassungen und rund 20 Produktions- und Technologiestandorte.
Es ist halt das gleiche Spiel wie bei fast allen globalen Wirtschaftsunternehmen aus Deutschland. Der Standort D wird immer unattraktiver bzw. lässt es kaum noch zu wettbewerbsfähig zu entwickeln oder zu produzieren.
Leider scheint das bei unserer Politik noch nicht so richtig angekommen zu sein. Hier müsste dringend gegengesteuert werden, sowohl in D als auch in Europa.
Future meint
Die Politik ist nicht für alles zuständig. Das Management ist für Strategien und Produktivität verantwortlich. Die mächtigen Gewerkschaften spielen auch eine Rolle. Die Automobilndustrie hat in den letzten 24 Monaten über 50.000 Stellen in Deustchland abgebaut. Produktion wird ins Ausland verlagert. Das neue moderne BMW-Werk wurde eben in Ungarn gebaut. Es ist nicht die erste Industrie, die in Deutschland weniger wird. Das ist also eine ganz normale Entwicklung, die andere Branchen bereits hinter sich haben. Und wenn wieder mehr produziert werden sollte, dann wurde in der Vergangenheit auch wieder eingestellt. Das ist Kapitalismus.
Tinto meint
50.000, das sind ein paar Prozent. Nicht mehr als die üblichen Schwankungen in der Branche. Wird von manchen hier nur aufgebauscht um Stimmung zu erzeugen.
Tinto meint
Global ist Bosch die Nr. 1
Mike meint
Ich finde, dass Bosch auch zu den Unsicherheiten bei Kunden beigetragen hat, indem sie BEV schlechtgeredet haben. Jetzt haben sie den Salat, wenn Kunden erstmal aus naheliegenden Gründen gar kein neues Auto kaufen.
Tinto meint
Wo hatt denn Bosch die Elektromobilität schlechtgeredet? Im Gegenteil, die leben zum großen Teil davon. Bosch ist einer der weltweit größten Zulieferer für die Automobilindustrie und liefert vielfältige Komponenten und Systeme für Elektrofahrzeuge (BEV), darunter Antriebskomponenten, Leistungselektronik, Batteriemanagementsysteme und Softwarelösungen. Der Anteil von Bosch an der BEV-Technik ist also bedeutend, da das Unternehmen eine wichtige Rolle in der Wertschöpfungskette der Elektromobilität spielt und durch die Entwicklung und Produktion von Schlüsselkomponenten einen erheblichen Beitrag zur Herstellung von Elektroautos leistet.
Future meint
Die Pressemitteilungen von Bosch waren in den letzten Monaten aüffällig eindeutig gegen Elektromobilität und stehen ganz klar für Verunsicherung und Lobbyismus gegen den Wandel:
»Bosch-Manager Heyn warnt vor zu viel Optimismus bei E-Mobilität« (11.09.)
»Bosch setzt auf Technologieoffenheit und flexible Planung bei E-Autos« (17.06.)
»Bosch-Chef warnt vor zu schneller Transformation zur Elektroauto-Industrie« (04.02.)
Es ist sehr ärgerlich, was Bosch da alles kommuniziert.
Tinto meint
Ich sehe in den Aussagen kein Bekenntnis gegen die Elektromobilität, im Gegenteil, er warnt nur vor zuviel Euphorie, was grundsätzlich richtig ist,da es um langfristige Investitionen geht. Zudem sind diese Headlines aus dem Kontext geschnitten. Bosch investiert zb Milliarden in Zentrale Units für künftige E Fahrzeuge.
Würden die sonst wohl kaum machen.
Das Schlechtreden deutscher Unternehmen ist halt beliebt in den Kommentaren.
Andreas Kühweg meint
Bin mir nicht sicher, ob „Kostenlücke“ wirklich so eine glückliche Formulierung ist. Klingt für mich, als ob man weniger Kosten hätte als geplant.
Mary Schmitt meint
„Kostenlücke“ kennt man aber. Es ist kein Euphemismus. Weil „Lücke“ ist kein schönes Wort. Zudem kennt den Begriff aus staatlichen Leistungen an Bedürftige, wenn die Leistungen nicht reichen. Kein guter Kontext. Insofern ist der Begriff nicht gut ausgewählt, wie insgesamt Bosch in den letzten zehn Jahren seine Entscheidungen und Unterlassungen wenig gut ausgewählt hat.