Das Center of Automotive Management (CAM) hat die Entwicklungstrends der Elektromobilität untersucht und eine Segment- und Modellanalyse der Neuzulassungen in Deutschland von Januar bis November dieses Jahres veröffentlicht.
Mit dem derzeit verfügbaren Modellangebot in Deutschland ist laut den Analysten ein schneller Markthochlauf der Elektromobilität nur schwer realisierbar. Zwar steige die Zahl der batterieelektrischen Fahrzeugmodelle im Vergleich zum Vorjahr um über ein Drittel auf nunmehr 105 Modelle an (Gesamtjahr 2022: 78 Modelle). Allerdings machten davon SUV knapp die Hälfte (46 % bzw. 48 Modelle) aus, während sich das Modellangebot in den für den Hochlauf wichtigen Fahrzeugklassen Minis und Kleinwagen reduziere.
Gleichzeitig stiegen die Anschaffungspreise für E-Autos. Der an den Neuzulassungen gewichtete durchschnittliche Fahrzeugpreis (ohne Sonderausstattung) erhöhte sich im Vergleich zum Gesamtjahr 2022 um 4023 Euro beziehungsweise 8,3 Prozent auf 52.693 Euro (brutto, ohne Abzug von Förderung). Im Mittel stiegen jedoch auch die Reichweite der Modelle auf 423 Kilometer (gemäß WLTP-Norm) und die Ladeleistungen der Modelle auf 133 Kilowatt (kW).
Nach elf Monaten des Jahres 2023 haben nach dem aktuellen „Electromobility Report“ des CAM vollelektrische Antriebe mit knapp 470.000 Neuzulassungen einen Anteil von rund 18 Prozent. Damit ergibt sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Wachstum um 28 Prozent sowie ein marginaler Anstieg des Marktanteils um 2 Prozent. Diese Ausgangslage lässt einen eher verhaltenen Markthochlauf im folgenden Kalenderjahr 2024 erwarten. Das CAM rechnet mit 600.000 Neuzulassungen von rein batteriebetriebenen Fahrzeugen (BEV). Ab 2025 dürften sowohl preislich als auch technische attraktivere Modelle den BEV-Absatz auf etwa 750.000 Einheiten steigern.
SUV und Geländewagen spielen in der Elektromobilität eine stärkere Rolle als bei anderen Antrieben. Während der Auswertung nach im gesamten Antriebsmix etwa 41 Prozent aller Neuzulassungen in Deutschland zwischen Januar und November 2023 auf diese Fahrzeugklassen entfielen, sind es unter den vollelektrischen Kraftfahrzeugen rund 53 Prozent. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2022 lag der Marktanteil von elektrischen SUV und Geländewagen noch bei etwas über 43 Prozent.
„Mittlerweile repräsentieren allein die mittleren SUVs, d.h. SUVs und Geländewagen, die ihren Abmessungen zufolge am ehesten der Kompaktklasse bzw. Mittelklasse zugeordnet werden können, rund 43 % aller BEV-Neuzulassungen (2022: 36 %)“, erklärt das CAM. Hierzu gehören etwa Modelle wie das Tesla Model Y, der Skoda Enyaq oder der Audi Q4 e-tron.
Die Kompaktklasse (z. B. VW ID.3) steigert ihren BEV-Marktanteil leicht auf 14 Prozent (2022: 12 %) und überholt damit die Minis (z. B. Fiat 500), deren Zulassungsanteil auf 11 Prozent sinkt (2022: 16 %). Auch die Mittelklasse (z. B. Tesla Model 3) sowie Kleinwagen (z. B. Opel Corsa) verlieren teils deutlich und liegen nunmehr bei einem Anteil von 8 Prozent (2022: 10 %) beziehungsweise 7 Prozent (2022: 13 %). Die anderen Fahrzeugklassen Obere Mittelklasse (2 %), Oberklasse (2 %), Nutzfahrzeuge (2 %) und Vans (0,5 %) spielen weiterhin eine untergeordnete Rolle.
Die steigenden Zulassungszahlen bei SUV können unter anderem auf ein größeres Modellangebot zurückgeführt werden. Unter den ermittelten 105 Fahrzeugmodellen mit Neuzulassungen zwischen Januar und November 2023 befinden sich 48 SUV (davon 34 mittlere SUV, 7 große SUV und 7 kleine SUV), während es im Gesamtjahr 2022 noch 31 SUV-Modelle (davon 24 mittlere SUV, 4 große SUV und 3 kleine SUV) waren.
Auch in der Kompaktklasse nimmt das Produktangebot mit 4 neuen Modellen zu, während in der Oberen Mittelklasse und Oberklasse jeweils 3 neue Modelle hinzukamen. Der Bedeutungsverlust der Kleinwagen und Minis spiegelt sich in einer Reduzierung des Fahrzeugangebots wider. So befinden sich mittlerweile nur noch 7 Kleinwagen (2022: 8) und 5 Minis (2022: 6) in der Neuzulassungsstatistik. Doch selbst von dieser ausgedünnten Palette sind noch weniger Modelle tatsächlich konfigurier- und bestellbar. In der Auswertung berücksichtigte Fahrzeuge wie der VW e-up!, der Smart ForTwo oder der Honda e werden zwar noch zugelassen, aber nicht mehr auf den Herstellerseiten angeboten.
Deutlicher Anstieg der Anschaffungspreise für E-Autos
Die Verdichtung der Modellpalette mit SUV und Fahrzeugen der Oberen Mittelklasse und Oberklasse sowie die Ausdünnung des Angebots bei Kleinwagen und Minis führt zu einem Anstieg der durchschnittlichen Anschaffungspreise für E-Autos. Der mittlere Fahrzeugpreis (ohne Sonderausstattung) liegt im Erhebungszeitraum, gewichtet an den Neuzulassungen, bei 52.693 Euro (brutto, ohne Abzug von Förderung). Dies entspricht einer Preissteigerung um 4023 Euro beziehungsweise 8,3 Prozent im Vergleich zum Gesamtjahr 2022.
Der Preisanstieg zieht sich fast durch alle Fahrzeugsegmente. Kostete beispielsweise ein VW ID.3 im Jahr 2022 noch 38.060 Euro in der Basis, so sind es mittlerweile 39.995 Euro. Auch in der teuersten Ausstattungslinie ergibt sich eine Preiserhöhung von 43.720 auf 47.595 Euro. Damit ist das Modell trotz Förderung noch immer deutlich teurer als ein vergleichbarer VW Golf, dessen Startpreis bei 29.275 Euro liegt.
Verbesserungen bei Reichweite und Ladeleistung zulasten des Gewichts
Im Erhebungszeitraum des Jahres 2023 liegt die an den Neuzulassungen gewichtete, mittlere Reichweite der Elektrofahrzeuge bei 423 Kilometern (WLTP, kombiniert), was einer Steigerung um 25 Kilometern beziehungsweise 6 Prozent im Vergleich zum Gesamtjahr 2022 entspricht. Auch die maximale Ladeleistung legt um 11 kW beziehungsweise 9 Prozent auf 133 kW zu.
Hierbei ergibt sich jedoch weiterhin eine große Diskrepanz zwischen den Fahrzeugklassen. Während Minis im Mittel nur auf eine Reichweite von 214 Kilometern und eine maximale Ladeleistung von 40 kW kommen, liegen Fahrzeuge der Oberklasse bei 523 Kilometern beziehungsweise 231 kW. Vergleichbare SUV können aufgrund ihrer schlechteren Aerodynamik bei der Reichweite nicht mithalten. Kleine SUV kommen auf durchschnittlich 386 Kilometer, während es bei mittleren SUV 462 Kilometer und bei großen SUV 488 Kilometer sind.
Die Steigerung der Reichweite geht mit einem Anstieg des Leergewichts einher. Dieses liegt im Erhebungszeitraum über alle Fahrzeugklassen bei 1903 Kilogramm, was einer Zunahme um 93 Kilogramm beziehungsweise 5 Prozent im Vergleich zu 2022 entspricht. „Das bedeutet: Den Automobilherstellern gelingt es mehrheitlich nicht, die Reichweite durch eine verbesserte Effizienz zu erzielen“, so die Analysten. „Stattdessen werden größere Batteriekapazitäten angeboten, die jedoch einen erhöhten Rohstoffbedarf zu höheren Preisen nach sich ziehen.“
Auch hier ist die Bandbreite zwischen den Fahrzeugklassen laut der Ergebung groß: Minis besitzen ein durchschnittliches Leergewicht von 1236 Kilogramm, während es in der beliebten Kompaktklasse bereits 1793 Kilogramm sind. Auch hier sind SUV grundsätzlich im Nachteil. Kleine SUV wiegen im gewichteten Mittel bereits 1678 Kilogramm, mittlere SUV liegen bei 2072 Kilogramm, während große SUV auf 2609 Kilogramm kommen.
Ausblick 2024/2025
Das CAM geht davon aus, dass insbesondere in den unteren Fahrzeugklassen weiterhin ein großer Mangel an (insbesondere im Vergleich zum Verbrenner) wettbewerbsfähigen Elektrofahrzeugen bestehen wird. Hieran würden auch die neuen chinesischen Importeure kurzfristig kaum etwas ändern. Erst ab 2025 und in den folgenden Jahren sei mit einem verstärkten Angebot kostengünstiger und ausreichend wettbewerbsfähiger E-Autos zu rechnen, die den Markthochlauf signifikant beschleunigen werden. Für 2024 prognostiziert das CAM circa 600.000 BEV-Neuzulassungen (+15 % ggü. 2023), während im Folgejahr 2025 von etwa 750.000 Einheiten (+25 % ggü. 2024) ausgegangen wird.
„Während sich die Reichweite und Ladeleistung von Elektromodellen relativ gut entwickeln, krankt der Markthochlauf der Elektromobilität wesentlich an wettbewerbsfähigen Anschaffungspreisen im Vergleich zu Verbrennern. Der weitere Preisanstieg von Elektromodellen ist Gift für die neue Marktphase der Elektromobilität, bei der nach den technikaffinen Early Adoptern nunmehr Kundensegmente mit kleinerem Geldbeutel adressiert werden müssen“, so Studienleiter Stefan Bratzel.
„Für die Automobilhersteller wird die Reduzierung der Herstellkosten von Elektrofahrzeugen ein zentraler Erfolgsfaktor, zumal die globalen Marktführer Tesla und BYD bereits auf einer deutlich besseren Kostenbasis agieren. Die Reduzierung bzw. der mögliche Wegfall des Kaufzuschusses wäre für den weiteren dynamischen Markthochlauf in den nächsten zwei bis drei Jahren kritisch.“
Gerry meint
Ja man braucht unbedingt SUV und Geländewagen, damit man in der Stadt zum Einkaufen fahren kann. Und anschließend wird gejammert wie teuer die Autos doch sind.
Herr wirf Hirn vom Himmel, sonst wird das nichts mehr …
Ben meint
Opel Astra e 45k, Tesla Model Y 45k, verstehe das Problem nicht, bitte um Aufklärung.
Wenn ich den gleichen Preis für mehr Nutzen zahle nehm ich natürlich den nutzten mit.
South meint
Da wird halt wieder alles in einen Topf geworfen ohne Sinn und Verstand, anstatt sich cw Werte anzuschauen oder ganz simpel nach Verbrauch zu clustern (Stadt, Land, Autobahn). Das hat leider Methode, da man sich sehr leicht als Hersteller hinter, nicht alle SUV sind schlimm verstecken kann. Die Einteilung in SUV ist schlicht nicht mehr brauchbar.
Tesla Model Y ist zum Beispiel zwar richtigerweise als SUV klassifiziert, aber trotzdem relativ effizient, da guter cw Wert. Andere Monster SUV werden mit 0 Emissionen angesetzt, sind aber energieschleudern.
brainDotExe meint
Warum nimmst du an, dass das (einzig) Negative an SUVs der Verbrauch bzw. Effizienz ist?
Mich persönlich stört da eher die Höhe und das Gewicht.
South meint
Na, also wenn’s dich persönlich stört :-). Im Ernst. Die Dimension (Höhe, Länge, Breite) und das Gewicht des Fahrzeuges sind bereits reglementiert, der Verbrauch spielt witzigerweise keine Rolle …
brainDotExe meint
Weil der Verbrauch, verständlicherweise, auch nichts mit der Klasseneinteilung zu tun hat.
Verbrauch ist mir persönlich auch relativ egal, wie gesagt, mir gefällt die Bauform nicht und das Gewicht ist meist höher als das von vergleichbaren Limousinen. Unsportlich halt.
South meint
Bing. Bing. Hundert Punkte. Die Klasseneinteilung hat verständlicherweise nichts mit dem Verbrauch zu tun.
Na, dann noch ein Frage an dich. Warum betont die Studie dann die SUV und Geländewagen? Kleiner Tipp…es steht im Text…
brainDotExe meint
SUVs werden betont, weil sie den größten Anteil ausmachen.
Für einen schnelleren Hochlauf aus Sicht der Autoren aber eher Kleinwagen benötigt werden.
Das hat aber weder etwas mit dem Verbrauch noch der Klasseneinteilung zu tun.
South meint
Langsam wirds warm. „Kundensegmente mit kleinerem Geldbeutel adressiert werden müssen“ … Na, dann der letzte Schritt. ein Kleinwagen kostet maximal, sagen wir mal so 25-30T€. Wieviel kostest ein SUV?
South meint
In Summe. Lt. den Autoren fehlen bezahlbare Kleinwagen. Nehmen aber die Fahrzeugklassen, die sich dafür aber wg. SUV nicht mehr eigenen, weil ein VW T Cross beispielsweise ein Polo SUV, also eigentlich ein Kleinwagen ist. Also SUV + Geländewagen sind automatisch unbezahlbar stimmt nicht. Deshalb kann zwar sagen, was grob ein Kleinwagen kostet, aber nicht, was ein SUV kostet…. also erstens. Keine sauberer Zusammenhang zwischen Klasse und Kosten….
South meint
Zweitens Verbrauch. Ein SUV Auto verbraucht 5,1l Diesel und ein zweites (beide echte Modelle) verbraucht knappe 8,1l Diesel. Ohne die beiden Modelle oder auch nur die Klasse zu kennen. Wer ist der SUV Kleinwagen, für den kleinen Geldbeutel gemacht und wer ist für den großen Geldbeutel gemacht ? Das gleiche gilt auch für E Autos, aber die meisten können mit Liter mehr anfangen….
Mike meint
Was ist der Unterschied zwischen einem Esjuwie und einem Eidiedrei – mal von der bei letzterem nicht ganz so wuchtigen „Schnauze“?
Stefan meint
Genau auf diesen Verlauf der Schnauze kommt es ja beim Verbrauch hauptsächlich an.
Die Höhe spielt auch eine Rolle, aber weniger als der Verlauf der Schnauze vorn.
EVrules meint
Das Heck ist der hauptsächliche Einflussfaktor über die aerodynamische Güte – man schaue sich das „Göttinger Ei“ oder auch bekannt als Schlörwagen an, aus dem Jahr 1939, mit einem nachgemessenen cW-Wert von 0,15. Die Front ist hierbei hoch und rund, das Heck jedoch sanft abfallend.
Betrachten wir aber nur den cW-Wert ohne die Stirnfläche miteinzubeziehen, die für aerodynamisch aktive Fläche, tappern wir argumentativ im Erkenntnisnebel umher.
Ein EQS mit cW 0,2 und einer Fläche A von 2,51m² führt zu einem cW*A von 0,502m². Ein Fiat 500 mit cW 0,31 und A 2,1m² ergibt cW*A von 0,651.
D.h. obwohl der cW-Wert beim Fiat 55% größer ist, ist der cW*A-Wert nur 30% höher. Der Rollwiderstand aufgrund der Masse kommt hier auch noch hinzu, zum Vorteil des 500.
Peer meint
Wenn ich in Deutschland Modelle sehe wie VW ID.3 oder ID.7 bleibt doch nur die Flucht zu SUVs.
Schöne und technisch gute Limousinen sind Mangelware.
Hoffentlich bringt die Zukunft attraktivere Fahrzeuge als bisher.