Daimler Buses hat seinen ersten batterieelektrischen Überlandbus, den Mercedes-Benz eIntouro, als seriennahen Prototyp vorgestellt. Damit will der Hersteller den öffentlichen Nahverkehr zwischen Städten und ländlichen Gebieten elektrifizieren. Das Fahrzeug soll eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern haben und sich damit für längere Strecken und höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten eignen, beispielsweise auf Landstraßen.
Der Bus erhält die gleiche Batterietechnologie, sogenannte LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat), wie der Fernverkehrs-Lkw Mercedes-Benz eActros 600. Kunden sollen den neuen E-Überlandbus Anfang 2025 bestellen können, die Weltpremiere des Serienfahrzeugs ist im Oktober vorgesehen. Erste Kundenauslieferungen sind ab 2026 geplant. Das hat das Unternehmen auf den „Daimler Buses eMobility Days“, einer Veranstaltung zum Thema E-Mobilität in Berlin, bekannt gegeben.
Daneben hat Daimler Buses weitere Neuerungen vorgestellt. Die neue Batteriegeneration „NMC4“ (Nickel-Mangan-Cobalt) mit höherer Energiedichte soll ab 2026 für alle eCitaro Modelle verfügbar sein. Zudem können Kunden den batterieelektrischen Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro fuel cell über einen neuen Betriebsmodus nun auch ausschließlich mit Wasserstoff betreiben. Das Fahrzeug kann somit komplett unabhängig von einer E-Ladeinfrastruktur eingesetzt werden.
Till Oberwörder, CEO Daimler Buses: „Unsere Kunden werden den eIntouro zu weiten Teilen, wie den eCitaro, abends im Depot laden. Sie können den eIntouro aber auch für Ausflüge und kleinere Reisen einsetzen – Voraussetzung ist jedoch, dass Ladepunkte bei Raststätten, Sehenswürdigkeiten, Sportplätzen oder Freizeitparks in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Der Bedarf an Infrastruktur wird noch größer werden, der Aufbau muss schneller gehen. Das ist unser Appell an die Politik und alle Beteiligten.“
eIntouro mit LFP-Batterien & neuer Elektronikarchitektur
Der eIntouro ist wahlweise mit ein oder zwei Batteriepaketen mit jeweils nominal 207 kWh Kapazität verfügbar. Damit kann der neue Omnibus neben klassischen Überlandlinien auch für kleinere Reisen, Shuttle-, Ausflugs- oder Schulbusverkehre eingesetzt werden. Die beiden Batterien können mit bis zu 300 kW innerhalb von 90 Minuten vollgeladen werdenm bei nur einem Batteriepaket ist dies in 70 Minuten möglich. Zudem können bei der LFP-Technologie über 95 Prozent der installierten Kapazität genutzt werden. Die Batterien im eIntouro sollen in Abhängigkeit der jeweiligen Anwendungsfälle eine Lebensdauer von bis zu 15 Jahren bieten.
Der Mercedes-Benz eIntouro wird in zwei Varianten angeboten. Mit einer Länge von 12,18 Metern und 13,09 Metern sowie 50 bis maximal 63 Sitzplätzen stellt das Fahrzeug ebenso viel Platz wie die konventionell angetriebene Variante zur Verfügung. Es könne demzufolge einen dieselbetriebenen Überlandbus eins zu eins ersetzen, wirbt der Hersteller.
Mit dem eIntouro führt Daimler Buses eine neue Elektronikarchitektur ein. Diese ermöglicht erstmals eine drahtlose Softwareaktualisierung von Bussen – „Over-the-air“-Updates (OTA) – ohne Werkstattbesuch. Werkstattaufenthalte sollen so reduziert und die Fahrzeugverfügbarkeit verbessert werden. Die Technologie soll in allen zukünftigen Bus-Modellen des Herstellers zum Einsatz kommen. „Stand heute wird Daimler Buses diese Technologie als erster Bus-Hersteller in Europa anbieten können“, unterstreicht das Unternehmen.
Neue Batteriegeneration NMC4 für Batterie-Stadtbusse
Die neue Batteriegeneration NMC4 werde dank einer anderen Zellchemie eine um sechs Prozent höhere Energiedichte für größere Reichweiten im Vergleich zur Vorgängergeneration NMC3 bieten, heißt es. Dabei ermögliche sie eine höhere Speicherkapazität bei gleichem Bauraum.
Der rein batterieelektrisch betriebene eCitaro soll mit den neuen NMC4-Batterien Reichweiten von 500 Kilometern erreichen, der eCitaro fuel cell 700 Kilometer. Daimler Buses bietet seinen Kunden optional eine Garantie auf die Lebensdauer der Batterien von bis zu 12 Jahren.
eCitaro fuel cell mit wasserstoffbasierter Brennstoffzelle als einzige Energiequelle
Beim Betrieb des eCitaro fuel cell ausschließlich mit Wasserstoff übernimmt die Brennstoffzelle das komplette Laden der Batterie. Dies ermöglicht ein neuer Betriebsmodus, der vom Kunden gewählt werden kann. Das stationäre Laden der Batterie am Stromnetz entfällt. Die Batterie und die Brennstoffzelle bleiben dabei die Hauptenergiequelle für den Antrieb.
Je nach Batteriegeneration sind so den Angaben nach Reichweiten von 480 Kilometern möglich. „Damit kann der eCitaro fuel cell die Anforderung von Verkehrsbetrieben abdecken, die den Einsatz von grünem Wasserstoff statt Netzstrom als Energiequelle bevorzugen“, erklärt der Hersteller.
Schlüsselfertige Umrüstung von Betriebshöfen
Darüber hinaus meldet Daimler Buses eine starke Nachfrage nach dem schlüsselfertigen Umbau von Betriebshöfen: Allein 2024 habe man gemeinsam mit den Experten der Tochtergesellschaft Daimler Buses Solutions GmbH rund 20 neue Projekte gewonnen.
„Elektrisch angetriebene Stadt- oder Überlandbusse können ihre volle Leistungsfähigkeit erst durch die Einbettung in ein gut geplantes und abgestimmtes Gesamtsystem entfalten. Daimler Buses unterstützt daher seine Kunden vom individuell konfigurierten Elektrobus bis zur kompletten E-Infrastruktur für den Betriebshof – einschließlich aller Baumaßnahmen und weiteren digitalen Diensten“, so das Unternehmen. Den Kunden werden dabei neben den schlüsselfertigen E-Systemen auch Wasserstoff-Tank-Lösungen angeboten.
Michael meint
Cool, der Wasserstoffbus hat eine höhere Reichweite, weil ja auch die Wasserstofftankstellen weiter auseinander liegen. Also in Deutschland. Woanderst gibt es glaub ich noch gar keine, bzw. keine mehr. Aber warum wollen die Stadtwerke den Strom in Wasserstoff umwandeln, der könnte doch direkt in die Busse.
Jörg2 meint
Der wird in 2026 dann auch mit Spiegeln (statt Kameras) ausgeliefert?
Sie müssten doch wissen, dass im Hause seit 2014 (?) Kamerasysteme gibt.
M. meint
Ja, das werden die wissen.
Die kennen bestimmt auch sämtliche Vor- und Nachteile beider Lösungen.
Jörg2 meint
Daimler war hier mal führend („MirrorCam“ 2019).
Aber vielleicht ging es bei diesem Pressefoto auch mehr um das Retro-Design. Da passen die Spiegel besser in das gewohnte Bild.
Wenn ich mir die Dachseitenfläche auf halber Länge ansehe, könnte da soetwas wie Kamera für eine 360er Sicht positioniert sein. Drin sind sicher auch die üblichen Kamerasysteme (?).
M. meint
Mir geht es nicht darum, wo Daimler oder sonstwer irgendwann mal führend war.
Kameras haben Vorteile, wenn es um den toten Winkel geht. Dafür erfordert die Umstellung des Auges von Fern- auf Nahsicht mehr Zeit. Außerdem können Kameras schlechter mit großen Helligkeitsunterschieden umgehen, „sehen“ also nachts weniger, besonders nach hinten, wo es auch Autoscheinwerfer gibt – und darum geht es ja.
Spiegel haben einen Vorteil, weil die Umstellung von der Fern- zur Nahsicht entfällt – man sieht also „schneller“, oder, wenn du so willst, ermüdet das weniger. Das dürfte bei täglich 8 Stunden Fahrzeit eine andere Relevanz haben als bei einem Autofahrer, der im Schnitt auf eine Stunde kommt – und schon da ist es nicht immer spaßig, wie Tests ja zeigen.
Und natürlich kann das menschliche Auge mit Kontrasten besser umgehen als Kameras.
Den Mehrverbrauch durch die Spiegelfläche kann man sich in Anbetracht des „Telefonzellendesigns“ der Buskarosse und der Durchschnittsgeschwindigkeit vermutlich schenken.
Aus meiner Sicht – ich bin aber nicht bei Daimler – wäre eine Kombination sinnvoll:
Grundsätzlich Spiegel, die ergänzt um Kameras überall dort, wo es tote Winkel gibt: rechts vom Bus, und direkt hinter dem Bus.
Ideal wäre dann noch eine Art KI (nur meine Vorstellung), die bei Personenerkennung in ihrem Sichtbereich einen Warnhinweis an den Fahrer gibt, oder es gleich auf einem Display anzeigt. Da muss die „Trefferquote“ natürlich hoch sein, sonst wird das bald ignoriert. Was da marktreif ist, weiß ich nicht.
Jörg2 meint
Ich bin kein Freund von Systemen, die den Spiegel als Orientierungshilfe des Fahrers ersetzen sollen. Dazu bin ich zu sehr daran gewöhnt, den Blickwinkel durch den Speiegl durch Lageveränderung meines Kopfes meinen momentanen Ansprüchen anzupassen. Bei Monitoren geht das eher nicht.
Bei einer Übernahme dieser Kontrollfunktionen durch KI kann ich mir Kameras (oder andere Sensoren) als besser vorstellen, da sie weder müde, noch abgelenkt noch „ich kann nur in eine Richtung gucken“ sind.
Da Daimler in Stückzahlen seine SZM/Lkw mit Kameras ausstattet, wundert mich die Spiegellösung. Für die Daimler-Busse gibt es diese Kamerasysteme auch.
M. meint
Ich habe ehrlich gesagt keinen Überblick, was Daimler bei Bussen in Serie oder als Option anbietet oder künftig anzubieten gedenkt. Die haben hier ja erstmal nur eine Variante gezeigt, und da ging es weniger um die Spiegel. ;-)
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es DEN Königsweg mit EINEM System nicht gibt.
Ich wollte nur im PKW keine Kamerasysteme als Außenspiegelersatz haben, da für mich (dort!) die Nachteile überwiegen. Ich habe allerdings auch keine relevanten toten Winkel, in denen Radfahrer verschwinden können und nie wieder auftauchen (außer in Statistiken zum Thema „Verkehrstote“).
Den Nutzen von ergänzenden Kamerasystemen müssen letztlich auch die bewerten, die damit dann arbeiten – die Busfahrer.
Jensen meint
„Damit kann der eCitaro fuel cell die Anforderung von Verkehrsbetrieben abdecken, die den Einsatz von grünem Wasserstoff statt Netzstrom als Energiequelle bevorzugen“.
Die mit den spitzen Bleistiften werden das nachrechnen, ob der Netztstrom zielgenau direkt im Akku landen soll oder vorher noch unzählige, verlustreiche und teurere Umwege mit Wasserstoff gegangen werden.
Yoshi meint
Hier heißt es doch sonst immer, dass nur deshalb noch Dieselbusse verkauft werden, weil die mit den spitzen Bleistiften eben nicht nachrechnen sondern bestellen was sie wollen?
Jensen meint
@Yoshi: Der Artikel und mein Wortbeitrag beziehen sich auf das Busangebot „batterieelektrisch aufladbar“ oder eben „elektrisch mit Wasserstoff“. Der Vergleich mit Diesel kimmt da nicht drin vor. Ja nach Quelle gehen die großen Hersteller übrigens in 2030 von einem Anteil von 50-70% bei den Neuzulassungen von „batterieelektrisch aufladbar“ im Bereich LKW / Bus aus. Zum Rest kann jeder seine eigenen Vermutungen anstellen.
Stefan meint
Das ist für die Gemeinden, wo Wasserstoff aus dem Strom der Müllverbrennung erzeugt wird oder aus anderen Quellen wie Windrädern mit Stromüberschuss.
Letztendlich scheint für manche Bereiche die Wasserstofferzeugung billiger zu sein als die Anschaffung riesiger Batteriespeicher.
volsor meint
Nein , selbst dann ist der Elektrische günstiger.
Yoshi meint
Kalkulation dazu?
volsor meint
Das Design ist doch wohl ein schlecher Scherz. Oder?
Die 70er lassen Grüßen.
„Beim Betrieb des eCitaro fuel cell ausschließlich mit Wasserstoff übernimmt die Brennstoffzelle das komplette Laden der Batterie.“ Ah , der Wasserstoff wächst im Tank nach.
M. meint
Dachte ich eben auch: den hab ich schon mal gesehen. Auf Bildern. ;-)
Aber die Mode dreht ja immer so ihre Kreise. Nur rechteckiger werden die Busse nicht mehr.
B.Care meint
Mir gefällt das Design, praktisch für Fahrer und Passagiere. Optimale Raumausnutzung, reduziert auf das Wesentliche. Zeitlos.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Da willst du nicht im Abspann als verantwortlicher Designer genannt werden.
M. meint
Du meinst, da hat jemand was gemacht, das er gar nicht machen wollte?
Mein Fall ist das optisch ja auch nicht, aber vielleicht sollte man das Thema bei einem Nutzgegenstand wie einem Bus nicht überstrapazieren.
An der Grundform gibt es nicht mehr viel zu machen, ohne Nutzraum zu verlieren.
Stefan meint
Die altbackene Form ergibt sich auch aus der Zielrichtung „Überlandbus“, wo man eben nicht wie bei Stadtbussen 30-50 Stehplätze einplant, sondern möglichst alle Passagiere sitzen sollen bis auf Kinderwägen oder Rollstühle. Wenn alle Passagiere sitzen, kann der Überlandbus 80 (mit Gurt 100) fahren, bei stehenden Passagieren nur 60 km/h.
Dazu packt man dann noch die Batterien und andere Technik unter die Passagiere und nicht wie bei Niederflurbussen ins Dach (die oft kopflastig werden).
B.Care meint
Richtig, das Design orientiert sich an den Bedürfnissen der Passagiere und existiert in der Form seit 1999. Hat sich bewährt.
David meint
Der Bus sieht fast ein bisschen Retro aus, so als ob man die brandaktuelle Technik vor dem Kunden etwas verstecken möchte. Wenn das der Fall ist, sollte man ein Soundmodul und einen Rauchgenerator erwägen.