Der chinesische Elektroautobauer Nio hat noch nicht den erhofften Erfolg und macht bisher empfindliche Verluste. Neben dem Premiumsegment will das Unternehmen mit zwei neuen Submarken künftig verstärkt den Volumenmarkt bedienen, insbesondere auch in Europa. Die nächsten beiden Jahre sind laut dem Management sehr wichtig für das Projekt.
William Li, Gründer, Vorsitzender und CEO von Nio, hat dem Portal CN EV Post zufolge ein internes Schreiben an alle Mitarbeiter veröffentlicht, in dem er die Prioritäten hervorhob. „Die nächsten zwei Jahre sind entscheidend für unseren Erfolg“, so Li. „Wir müssen weiterhin wettbewerbsfähige neue Produkte auf den Markt bringen und unsere betriebliche Effizienz verbessern, um unseren Umsatz im nächsten Jahr zu verdoppeln und im Jahr 2026 die Rentabilität zu erreichen. Das sind Ziele, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen. Geben wir alles, was wir haben!“
Um in einem schwierigeren globalen Wirtschaftsumfeld, einem verschärften Wettbewerb und gegenüber immer stärkeren Konkurrenten bestehen zu können, müsse Nio seine Anstrengungen verdoppeln und sein absolut Bestes geben, erklärte Li. „Liebe Kollegen, wir müssen uns bewusst sein, dass wir uns in der intensivsten Phase der Qualifikationsrunde befinden. In zwei bis drei Jahren werden nur noch wenige herausragende Unternehmen übrig bleiben.“
Im dritten Quartal hat Nio zwar beim Absatz das beste Quartal der Firmengeschichte verzeichnet, der Umsatz lag aber unter dem Vorjahr. Obwohl Nio mehr E-Autos als im Q3 2023 ausgeliefert hat, sind die Einnahmen aus den Fahrzeugverkäufen um 4,1 Prozent gesunken. Für das dritte Quartal wurde ein Betriebsverlust von rund 690 Millionen Euro und ein Nettoverlust von 5,06 Millionen Yuan (665 Mio. Euro) ausgewiesen. Das sind 8,1 beziehungsweise 11,0 Prozent mehr als im Vorjahresquartal.
Der Grund für den anhaltend hohen Verlust ist vor allem der sehr kostspielige Aufbau der Marke und des Angebots. Beim Erfolg des Unternehmens sollen nun auch die neuen Marken Onvo und Firefly helfen. Den Weg will man dabei weiter eigenständig gehen, eine potentielle Übernahme durch den chinesischen Stromer-Riesen BYD hat man kürzlich dementiert.
Gernot meint
«In zwei bis drei Jahren werden nur noch wenige herausragende Unternehmen übrig bleiben.»
Ja und Nio wird, Stand jetzt, nicht dazu gehören. Nio hat den Markteintritt in Europa in wirklich epischer Weise verbockt. Strategische Fehler will Nio jetzt durch neue strategische Fehler beheben. Die Käufer hier sind – anders als in China – zurecht extrem skeptisch und zurückhaltend bei neuen Marken, bei denen man nicht weiß, ob sie in 2-3 Jahren überhaupt noch aktiv sind (siehe Aiways, Fisker, HiPhi, …). Nio will seine Fehler bei Nio nun dadurch heilen, dass sie 3 statt 1 Marke auf den hiesigen Markt bringen. Die haben nicht die Ressourcen, um in den nächsten 2-3 Jahren gleich 3 Marken (Nio, Onvo, Firefly) in Europa zu etablieren.
Der USP sollen die Wechselstationen sein. Aber damit diese ansatzweise ein Vorteil werden, bräuchte Nio 50-100 mal so viele Wechselstationen, wie sie aktuell haben. Das bindet viel zu viel Kapital. Aktuell gibt es rechnerisch grob alle 1.000 Autobahnkilometer eine Wechselstation.
Steffen meint
Jepp. Zudem arbeitet die Zeit beim Wechselkonzept gegen Nio, weil fest in Autos verbaute Batterien immer günstiger und größer werden und vor allem schneller laden. Außerdem wächst die Ladeinfrastruktur. Das macht das Wechselkonzept immer fragwürdiger, zumal bei den gesalzenen Preisen für die Batteriemiete.
bs meint
Genau. Zudem, auch innerhalb des Konzerns nicht kompatibel. Das wundert eigentlich keiner, weil die Batterietechnologie und Pakete sich schneller Entwickeln als die Wechselstationen. Schade, aber NIO hat auf dem falschen Pferd gesetzt. Geely ist auf gutem Wege, Xpeng hat sich mit VW ein Ritterschlägchen geholt und BYD läuft schon.
Dazu, diese Vielmarken Ansatz habe ich noch nie verstanden. 1 oder 2 Verstehe ich noch, der Rest ist m.e. nur einen Kostentreiber (in der Höhe) und Verbraucherverblödung. Und das in Zeiten wo man erst mal Volumen braucht um die Kosten runter zu bekommen.
M. meint
…und die steht dann nicht dort, wo man sie braucht. Oder eher zufällig.
Ich sehe das wie du. Entweder bekommt man die Wechselstationen weltweit (!) zu den Menschen, oder es ergibt sich kein Vorteil für die Kunden, der daraus einen Kauf/Mietgrund machen könnte. Die Kosten sind es ja mal eher nicht.
Wenn NIO nicht seine Nische – vor allem in China – findet und dauerhaft davon leben kann, wird die Firma untergehen.
Franz Engel meint
Ja, die vielen Marken. VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche, Bugatti, Bentley, Lamborghine, Ducati, … Das ist schon ein Problem.
Ich würde Nio mit Tesla vergleichen. Die haben auch nur Verluste geschrieben, bevor sie ihre Volumenmodelle 3 und Y auf den Markt brachten. Nio und Tesla haben auch eigene Ladenetze.
Und die Margen sinken wohl für alle Hersteller. Nio hat seine Bruttomarge erst erhöht, weil die Effekte der Mehrverkäufe sich positiv auswirken. Bei anderen werden die Verkäufe weniger.
CJuser meint
Für europäische Märkte sollten die vor allem mal über Fahrzeug 20-25 cm kleiner als ET5 und ES6 nachdenken, auch wenn diese dann andere Batteriepacks benötigen.
Yoshi meint
Genau, es hakt ja nicht daran, dass die autos zu teuer, die Akkumiete viel zu hoch oder die Marke komplett unbekannt ist. Die Autos sind 25 cm zu groß, sowas kauft ja keiner.
CJuser meint
Naja, von zu teuer kann beim reinen Kaufpreis nicht unbedingt die Rede sein. Bewegen sich ja eher Umfeld der deutschen Mitbewerber. Deswegen ist NIO auch von Strafzöllen verschont geblieben. Das mit der Akkumiete stimmt natürlich, ändert sich aber ja hoffentlich jetzt dadurch, dass man grundsätzlich den kleinen wählen kann und zu bestimmten Zeiten auf den großen wechseln kann. Das NIO bisher eher unbekannt ist, stört dabei aber nicht zwingend. Polestar, auch wenn es von Volvo-Fahrern bekannt ist, ist auch neu als Eigenmarke gestartet, genauso wie Ora (eigentlich GWM).
M. meint
Was heißt denn hier Kaufpreis.
Die Akkus sollen gemietet werden. Nur dann kann man das System nutzen.
Ein Durchschnitts-PKW läuft 20 Jahre bis zu seiner Verschrottung.
Für diese Zeit kostet:
der 75 kWh-Akku 40.560 Euro,
der 100 kWh-Akku 69.360 Euro.
Dafür kannst du viel Sprit kaufen und Ölwechsel machen. Oder 2, 3 neue Akkus kaufen.
Das ist ja komplett lächerlich. Die ersten 5 Jahre mag das ja alles aufgehen, aber wenn die Autos (die anderen, die MIT Batterie) noch 25 bis 35k kosten, danach aber fast nichts mehr, musst du einen NIO quasi verschenken, damit das für jemanden noch Sinn macht.
Kleiner Akku: 90 Euro
großer Akku: 130 Euro
Das käme hin. Und damit ist der Tausch nach 15 Jahren – sollte er denn nötig sein – auch bezahlt.
Ansonsten… naja, man sieht ja, wie das läuft.
Franz Engel meint
Deshalb wird es in Zukunft ja kleinere und günstigere Modelle geben. Der Onvo L60 ist in etwa so groß, wie ein Tesla Y. Und der Firefly wird vielleicht ein Kompaktwagen.
Und der Onvo L60 ist günstiger und besser als jetzige der Tesla Y.
Aber der Markt wird immer umfangreicher. Da wird es schon schwer werden, sich durchzusetzen.
David meint
Der Chef scheint sicher zu sein, dass ihm nicht vorher jemand den Stecker zieht. Für mich war die Idee des Wechselakkus ein Kardinalfehler, weil man in die Struktur investieren muss und andere das nicht müssen, aber trotzdem den gleichen entwickelten Markt haben. Zudem schreitet die Technik schnell fort und ein standardisierter Akku ist schwerer, teurer und viel schlechter an neue Entwicklungen anzupassen. Zudem hatte man nicht geahnt, so wie alle anderen chinesischen Hersteller auch nicht, dass man außerhalb von China mit Premium- und Luxusangeboten scheitern wird. Und wer sagt, das stimmt nicht, man braucht nur einen langen Atem, dem sei Lexus genannt, die seit 40 Jahren in Europa keinen Erfolg haben.
Franz Engel meint
Sie denken nur in europäischen Märkten? Wie sieht es denn für Marken wie Accura, Infiniti, Lexus in den USA aus? Besser, oder? Gut, die Chinesen werden es in den USA schwer haben, aber im Rest der Welt eben leichter.
Mäx meint
„Erfolg“ meint hier meiner Meinung nach eher „Überleben“
Die neusten Daten aus China zeigen, dass das Jahresziel schwierig wird zu erreichen.
Im November waren es inkl. Onvo 20k Fahrzeuge.
Um das Q4 mit 72k bis 75k Fahrzeugen abzuschließen brauchen sie 30k Auslieferungen im Dezember, also 50% mehr als im November. Das wird nicht zu machen sein.
Onvo ist die letzte Woche zumindest mal wieder gewachsen und Nio nicht gefallen, was zumindest positiv zu erwähnen ist.
Onvo soll Nio zu Folge nächstes Jahr 240k Fahrzeuge verkaufen, das macht grob 5k pro Woche; aktuell ist man bei 1.800.
Ist also noch ein bisschen was um die 5k zu erreichen und dann zu halten.
M3P_2024 meint
Onvo ist ja erst im Produktionshochlauf und soviel ich weiss auch erst in China im Verkauf. Ich denke das Fahrzeug (L60) ist richtig gut, hat eine beliebte Grösse und wird beim richtigen Preis schon auf ordentliche Zahlen kommen. Ich konnte diesen Mai das Nio House Frankfurt besuchen und durfte da einen ET5 probefahren. Das sind wirklich ordentlich gebaute Fahrzeuge, kann man nicht meckern. Ja das Jahresziel wird dieses Jahr wohl kein Autobauer schaffen, ausser Exoten wo man als Kunde mit dickem Geldbeutel sich in Reihe stellen muss. Ich bin grad aus dem mittleren Osten zurück. Fast erschreckend wie wenig da deutsche Marken eine Rolle spielen – am ehesten sieht man noch Mercedes, sonst praktisch nix. In solchen Ländern sind die Asiaten massiv in der Überzahl, also wird es diesbezüglich auch keine (Zusatz-) Hürde sein für Marken wie Nio etc.
Mäx meint
Keiner kann in Zukunft gucken. Ist ja einfach nur meine Sicht der Dinge.
NIO ist jetzt schon lange am Markt, baut Fahrzeuge für viel Geld und ist trotzdem noch defizitär.
Onvo muss es bringen und es scheint auch ein ganz solides und durchaus beliebtes Fahrzeug zu sein. Aber der Erfolg (Volumen) der Marke muss langfristig gesichert sein, sonst wird es nix.
Noch bin ich skeptisch, aber das entscheidet sich auch in den nächsten paar Monaten, wie Onvo angenommen wird.
Franz Engel meint
Überlegen Sie mal, wie lange Tesla gebraucht hat, um in die schwarzen Zahlen zu kommen.
Nio hat in China win flächendeckendes Netz von Ladestationen und Tauschstationen aufgebaut, mit dem sie jetzt schon Gewinne machen.
Mit 200.000 verkauften Autos kann man schlecht Gewinn machen. Auch Tesla kam erst mit Model3/Y in die Gewinnzone. Onvo wird ab dem nächsten Jahr auf 20.000 pro Monat hochgefahren. Verkaufszahlen werden insgesamt verdoppelt. Ende 2025 komt dann Firefly. Ich glaube, die haben eine Chance, weil sie gute Produkte anbieten. Und niemand muss die Tauschstationen nutzen. Laden geht auch. Weiterer Vorteil: Wenn die Batterie kaputt ist, ist sie schnell getauscht. Bei anderen Herstellern kostet das richtig viel Geld.