Ein neuartiges Messverfahren soll ein optimiertes Batteriemanagement in E-Autos ermöglichen und so helfen, sie sicherer zu machen und ihre Lebensdauer zu verlängern. Die „Impedanzspektroskopie“ aus dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM wertet detaillierte Messdaten zum Batteriezustand während des Betriebs in Echtzeit aus. Damit könnten Batterien auch für sicherheitskritische Anwendungen genutzt werden.
Leistungsfähige und sichere Batterien sind ein zentraler Baustein für den Erfolg der Elektromobilität. Entsprechend entscheidend ist die Messung von Kapazität und Zustand einer Batterie. Am aussagekräftigsten ist hier laut den Forschern die Impedanzspektroskopie. Die Impedanz selbst lässt sich nicht direkt messen, sie wird aus dem Verhältnis von Strom und Spannung errechnet. Sie gibt Auskunft über den Ladestand (SOC, State of Charge) und erlaubt Rückschlüsse auf den Zustand des Innenlebens mit Kathoden, Anoden oder Elektrolyten (SoH, State of Health) oder den Sicherheitszustand.
Um alle erforderlichen Daten zu gewinnen, sind aufwendige Messungen und Analyseverfahren erforderlich. Zudem ist die Impedanzmessung bisher nur im Ruhezustand realisierbar. Es kann typischerweise bis zu zwanzig Minuten dauern, ehe die Daten zur Charakterisierung der Batterie vorliegen.
Dynamische Impedanzspektroskopie
Forscher des Fraunhofer IFAM haben das Verfahren weiterentwickelt. Die dynamische Impedanzspektroskopie mache es erstmals möglich, Messwerte zum Status der Batterie während des laufenden Betriebs zu ermitteln und in Echtzeit verfügbar zu machen, heißt es in einer Mitteilung. Die so gewonnenen Informationen umfassten weit mehr als nur Angaben zur Ladekapazität oder der noch verbleibenden Betriebsdauer, sie zeichneten ein präzises, tiefgehendes und differenziertes Bild des Innenlebens der Batterie. Daraus lasse sich auch die mögliche Lebensdauer der Batteriezelle individuell vorhersagen.
Bestehende Anzeigen der Batterieladestands, die beispielsweise bei E-Autos in der Fahrzeugelektronik integriert sind, würden zwar auch fortlaufend während der Nutzung messen, böten aber weniger Informationen, reagierten deutlich langsamer und seien nicht so genau.
„Die dynamische Impedanzspektroskopie eröffnet zunächst neue Möglichkeiten bei der Optimierung des Batteriemanagements und verlängert damit die Lebensdauer der Batterien. Zudem macht sie den Weg frei für den Einsatz der Batterien in sicherheitskritischen Anwendungen“, erklärt Projektleiter Hermann Pleteit.
Hochauflösendes Messverfahren und direkte Analyse
Bei dem Verfahren wird dem Entlade- oder dem Ladestrom ein Mehrfrequenz-Prüfsignal überlagert. Die unterschiedlichen Frequenzen erlauben Rückschlüsse auf den Status bestimmter Komponenten oder Prozesse in der Batterie. Das Antwortsignal von Strom und Spannung wird bis zu einer Million Mal pro Sekunde gemessen. Alle Daten aus dem hochauflösenden Messverfahren fließen in eine simultan ablaufende Datenverarbeitung. Daraus berechnet eine Software den Verlauf der Impedanzwerte und schließt auf den Zustand der jeweiligen Batteriezelle.
Um trotz der enormen Datenmenge, die bei den hochauflösenden Messungen anfallen, die Ergebnisse in Echtzeit zu erhalten, haben die Fraunhofer-Forschenden einen weiteren Kniff angewandt. „Wir haben Algorithmen entwickelt, die die Datenmengen vor der Analyse deutlich reduzieren, ohne dabei die Informationen zu verfälschen“, sagt Pleteit. So biete die Echtzeitkontrolle aller Aspekte des Batteriezustands durch die Impedanzspektroskopie wesentliche Vorteile.
Erhitzte Zellen schnell abschalten
Aus der Impedanz lassen sich auch Rückschlüsse auf die Temperatur innerhalb der Zelle gewinnen. „Deshalb können Batteriemanagementsysteme mithilfe der Impedanzdaten beispielsweise während der Fahrt im E-Auto sofort registrieren, wenn eine Zelle sich lokal stark erhitzt. Dann schalten sie die Zelle ab oder drosseln die Leistung“, so die Forscher. Herkömmliche Temperaturfühler seien damit überflüssig; sie säßen ohnehin auf der Außenhülle der Batterie und registrierten thermische Probleme nur mit Verzögerung – oftmals sei es dann zu spät und die Zelle bereits geschädigt.
Auch bei Ladestationen für E-Autos ergeben sich laut den Forschern Vorteile. So könnte man zwischen besonders schnellem Laden und langsamerem, aber schonendem Laden entscheiden. Während des Zwischenstopps an der Raststätte lade das Batteriemanagement zügig auf, sorge aber auch dafür, dass keine gefährlichen Temperaturspitzen entstehen und die internen Komponenten nicht über Gebühr belastet werden. Stehe das Auto für mehrere Stunden an der Ladesäule, dann lade das Managementsystem die Batterie langsam und schonend auf, um deren Lebensdauer zu verlängern.
Anwendung für erneuerbare Energien und Luftfahrt
Anbieter von erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Photovoltaik, die Schwankungen in der Stromproduktion durch Energiespeicher ausgleichen müssen, sollen mit der Fraunhofer-Technik stabile und jederzeit kontrollierbare Batteriesysteme erhalten.
Die Echtzeit-Kontrolle des Zustands mache zukünftig auch den Einsatz in sicherheitskritischen Szenarien denkbar. „Solche Systeme könnten etwa in umweltfreundlichen Elektroflugzeugen eingesetzt werden. Dieser Markt beginnt sich gerade zu entwickeln. Auch in der Schifffahrt zeigen die Hersteller Interesse“, sagt Pleteit.
Die Impedanzspektroskopie sei dabei nicht nur für die derzeit üblichen Lithium-Ionen-Akkus geeignet, das Verfahren eigne sich auch für Batterietypen auf Feststoff-, Natrium-Ionen- oder Lithium-Schwefel-Basis oder weitere zukünftige Technologien.
M. meint
Ganz neu ist „EIS“ nicht, bisher war das einfach zu langsam und die Messtechnik zu teuer, um in ein Fahrzeug integriert zu werden – Labortechnik.
Der erste Schritt war, die Messung zu beschleunigen – das funktioniert ganz gut, indem man mit vielen Frequenzen gleichzeitig misst statt nacheinander.
Der zweite Schritt wird sein, die Messtechnik billiger zu machen, damit sie ins BMS wandern kann.
Zuerst wird das wohl bei gewerblich genutzten Stromspeichern kommen, erst später in „kleine“ Fahrzeuge. Aber das wird ganz andere Einblicke bringen und die Lebensdauer der Batterien weiter erhöhen, weil kritische Situationen viel schneller erkannt und vermieden werden.
Elvenpath meint
Das hört sich sehr gut an. Die Aussicht ist, dass man bei Akkus eine Sicherheit, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit haben wird, die Verbrennermotoren wie unsichere Frickelware aussehen lässt.
M. meint
Ja, ein guter Vergleich.
Verbrenner sind „neu“ ja meist (nicht immer…) gut, was die Sicherheit angeht, aber mit den Jahren werden Spritleitungen aus Gummi/Plastik porös, Dichtungen im Motorraum werden „durchlässig“, so dass es brennbare Substanzen an Orten gibt, wo die nicht sein sollten.
Beim BEV altern die Zellen selbst und produzieren damit ein ähnliches Problem, vor allem bei hohen Belastungen (Laden, Entladen mit hohen Strömen z.B.)
Wenn man dort gefährliche Zustände besser detektieren kann, kann man auch viele Brände vermeiden – oder lange (Stunden) vorher warnen und die Folgen mildern.
Aber wie gesagt: aktuell ist das noch nix für’s Auto. Dafür ist das noch zu sehr Forschungsgegenstand und vor allem zu teuer. In 10 Jahren sieht das anders aus.