Tesla will im brandenburgischen Werk in Grünheide die Dominanz der IG Metall in den Betriebsräten zurückdrängen. Das Management geht so weit, die Gewerkschaft als verlängerten Arm der etablierten deutschen Autoindustrie darzustellen. Gewerkschaftschefin Christiane Benner weist diesen Vorwurf im Gespräch mit der Welt entschieden zurück und spricht von „einer absurden Fantasie eines Milliardärs“.
Benner kritisiert, dass Tesla nicht nur versuche, die IG Metall zu schwächen, sondern auch Methoden des sogenannten Union Busting einsetze. Kanzleien und Vorgehensweisen, wie sie sonst aus den USA bekannt seien, würden genutzt, um Beschäftigte von Gewerkschaftsarbeit abzuhalten. Auf Betriebsversammlungen weiche das Management zudem Fragen zur wirtschaftlichen Lage aus. Dennoch zeigt sich die IG Metall in Grünheide nach eigenen Angaben gut aufgestellt, auch mit Unterstützung polnischer Beschäftigter.
„Tesla kämpft gegen uns und die Menschen, die sich entscheiden, in die IG Metall zu gehen“, so die Gewerkschaftsführerin. Sie betont, dass Auseinandersetzungen mit Konzernen Teil ihrer Arbeit seien. Erfahrungen aus der Vergangenheit, etwa bei Ford in den 1970er-Jahren, hätten gezeigt, dass Tarifverträge nicht kampflos zu erreichen seien. „Wir sind kampferprobt. Tarifverträge werden uns nicht geschenkt“, sagt Benner. Auch bei Tesla wolle man beharrlich für faire Arbeitsbedingungen eintreten.
Ein zentrales Anliegen bleibt für die IG Metall die Durchsetzung von Tarifverträgen. Benner widerspricht der Einschätzung, diese seien unflexibel. Vielmehr seien sie die Grundlage für faire Arbeit und die deutsche Autoindustrie sei mit ihnen „verdammt produktiv und erfolgreich“ gewesen. Tarifverträge seien die Basis für gute und faire Arbeit und böten Flexibilität gerade in wirtschaftlichen Umbrüchen. Tarifverträge sicherten Beschäftigten einen fairen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung. Deshalb wolle man auch bei Tesla einen Tarifvertrag.
Benner verweist auf steigende Löhne in mittel- und osteuropäischen Werken und betont, dass Konzerne dort zunehmend finanzielle Anreize schaffen müssten, um Fachkräfte zu binden. Für sie ist klar: „Gute und faire Arbeit muss es auf der ganzen Welt geben.“ Die IG Metall sei als Arbeitnehmervertreter global aufgestellt und vernetzt. „Wir werden solidarische Lösungen finden, damit die Standorte nicht gegeneinander ausgespielt werden.“
Mary Schmitt meint
Die IG Metall ist mit ihren unsäglichen Forderungen sicher kein Bewahrer des Industriestandorts Deutschland. Dass bei Tesla in der Krise bereits eine Wagenburg-Mentaliät greift, zeigen Statements wie die Gewerkschaft zum verlängerten Arm der etablierten deutschen Autoindustrie zu erklären. Nichts ist weniger wahr, sie sind der Erzfeind jeder deutschen Unternehmensführung. Zudem spielt Tesla für die deutsche Autoindustrie keine Rolle. 0,6% Marktanteil in Deutschland und 1,5% in Europa. Beides stark fallend.
Heute ist der letzte Tag der Förderung in den USA und auch der CO2-Ablässe, die man bisher in der Bilanz als Aktivposten verbuchen konnte. Konnte. Ab jetzt wird es dort wohl kaum noch Verkäufe für den Rest des Jahres geben. Die letzten Chinazahlen von letzter Woche zeigen, trotz verlängertem Modell ist man 14,6% unter der Vorjahreswoche.
Alle Werke sind also nur zu einem Bruchteil ausgelastet und Grünheide ist garantiert schon Gegenstand von Planspielen. Da meldet sich die IG Metall also zur Unzeit. Aber auch das kennt man von ihr.
Jörg2 meint
Marie
Konntest Du denn auch schon Textbausteine finden, die den Nicht-Export von ID´s in VW-erschlossene, internationale Märkte erläutern? Warum VW die ID-Produktionsstandorte nicht über diesen Weg auslastet? Den Industriestandort Deutschland damit nicht stärkt? Arbeitsplätze, Löhne, Steuern und Abgaben in D damit nicht sichert? Hast Du da schon irgendwelche Erklärungen?
Woran liegt das? Ist bei VW das Wissen verloren gegangen, wie man exportiert? In D für andere Märkte mit anderen Regularien die Produkte anpasst? Seinen dortigen Vertrieb fit macht?
M. meint
Ich bin grundsätzlich für Gewerkschaften (aber kein Mitglied einer, zugegeben), aber die Forderungen sollten sich an der Realität orientieren.
Die Phantasien, die die IGM umtreibt, gefährden den Standort. An VW kann man das sehen, und man sieht es auch daran, dass andere deutscher Hersteller Werke im Ausland bauen.
Das schafft hier keine Arbeitsplätze, da sind der hypothetische Stundenlohn und die 35-Stunden-Woche wirklich egal!
Das muss man dort mal einsehen, sonst wird die IGM an Bedeutung verdienen, weil in Ungarn, den USA , der Türkei oder China niemand nach IGM bezahlt wird, und niemand mit 35 Wochenstunden Wochenende hat.
Ich kann mir vorstellen, es ist im Marketing schwierig ist, von der Idee „komm in die Gewerkschaft, dann verdienst du viel besser“ runterzukommen, aber irgendwann muss man mal anfangen, und die anderen Vorteile vielleicht besser beleuchten. Die gibt es doch, oder?
Ben meint
Diese 35h Woche, ist die gerade hier im Raum mit uns, ich arbeite ja bekanntlich bei VW aber weder in Emden noch in WOB nochin Zwickau arbeiten wir 35h, wir bekommen 35h bezahlt und 5h die Woche Überstunden, die wir mit Glück absetzen dürfen…außer nächste Woche da ist z.B. in Zwickau das Werk geschlossen wegen fehlender Nachfrage, so wie Emden und Hannover und Osnabrück auch, und da dürfen wir unsere Stunden gern einbringen.
M. meint
Ja, ist sie.
Du willst mir jetzt also erzählen, dass du unbezahlt arbeitest.
Oder redest du schlicht von einem Arbeitszeitkonto?
MrBlueEyes meint
Die Preise der Fahrzeuge sind immer eine Mischkalkulation aus allen Produktionskosten weltweit… nach deiner Logik hätten auch schon jetzt alle deutschen Konzerne komplett ins Ausland verlagern können…
Also muss es doch irgendwie noch ein paar andere Gründe für Deutschland geben, die erstmal weniger mit dem Gehalt zu tun haben…
Folgerichtig nach deiner Logik dürften dann auch keine Chinesen, oder Amis, oder Südkoreaner etc. pp. in Europa produzieren wollen, wenn es nur um niedrige Gehälter in anderen Regionen der Erde ginge 😉 …warum hat Tesla wohl Deutschland gewählt?
Andi EE meint
Weil der politische Einfluss aus Deutschland in der EU am grössten ist. Das ging aber gründlich in die Hose, das merkt man 1:1 an Musks Sprache gegenüber DE, da ist so viel Frust, Unverständnis und Ablehnung für diesen Standort immer wieder in seinen Worten zu hören. Bauen, Vorschriften, Proteste, Anschläge, Wasser-Fiasko, Kartonwald-Fiasko, Gewerkschaftstheater, die Gesellschaft als Ganzes ist ja generell so negativ gepolt, Krankheitsstand eine Katastrophe gemessen am internationalen Standard.
Und oben auf kommen dann noch diese Lohn- und Stundenzahlforderungen dieser Gewerkschaft. Der Standort ist einfach eine Riesenenttäuschung, das kann man nicht wegdiskutieren. Wenn man das mit China/Shanghai vergleicht, diese Gesellschaft ist im Aufbruch, positiv gestimmt, arbeitet hervorragend, die Qualität ist herausragend in Teslas China-Werk, man hat ein sehr gutes, respektvolles Verhältnis zur chinesischen Regierung. Der Kontrast könnte nicht grösser sein.
MichaelEV meint
Wenn dauerhaft eine Quersubventionierung stattfinden muss, stimmt etwas grundlegend nicht. Und wenn der gewinnbringende Part aus der Mischkalkulation austritt, bricht die ganze Rechnung in sich zusammen.
Aber um die globale Verteilung geht es ja nicht einmal. Wenn man in Deutschland so weiter macht, wird es eher keine Neuansiedlungen großer Produktionen in Deutschland mehr geben. Bekanntlich werden neue Werke deutscher Autohersteller im EU-Ausland gebaut.
Aus europäischer Sicht ist der Standort egal, für Deutschland aber nicht.
E.Korsar meint
Ich habe lieber 2 Leute die 20h/Woche motiviert arbeiten als einen der 40h/Woche durchhält.
M. meint
@E.Korsar
Wenn du die so bekommen kannst, und die 2x 20 dich nicht mehr kosten als 1x 40, ist das nachvollziehbar.
Aber bei der Forderung nach „Senkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich“ ist zumindest einer dieser Punkte nicht gegeben.
@MrBlueEyes
Naja, zumindest da, wo Fahrzeuge weltweit produziert oder angeboten werden.
Gerade VW ist da aber ein schwieriges Thema, weil die durch das VW-Gesetz schon stark an die Standorte gebunden sind. Das macht sie aber nicht rentabler.
Warum Chinesen überhaupt in Europa (nicht mal in Deutschland oder der EU) produzieren, das ist doch klar: Zölle. Das kannst du in jeder Pressemeldung dazu lesen. Das kannst du in den USA sehen. Ohne Zölle würde das kein Hersteller planen. Was denkst du, warum hat BYD inzwischen 7 eigene Autofrachter?
Klar gibt es noch andere Standortfaktoren. Bei Tesla wird es der Zugriff auf Facharbeiter gewesen sein, die verfügbare und schon erschlossene Fläche, und die zentrale Lage in Europa. Mit den Löhnen haben die sich nicht wirklich auseinander gesetzt, das sieht man doch an diesem Artikel ganz gut.
E.Korsar meint
Das ist doch immer dasselbe Spiel. Arbeitgeber wollen zusätzliche Stunden für lau, Arbeitnehmer weniger Stunden für lau. Wenn beide Seiten unzufrieden sind, hat man einen Kompromiss.
M. meint
Ja, aber hat man dann einen guten Kompromiss?
Dem einen ist es schon zu teuer, der andere jammert immer noch wegen der Miete.
Das Problem ist ja nicht der Lohn an sich, sondern die Kostenspirale, die damit nicht durchbrochen werden kann – Stichwort „Reallohn“.
Und die Idee, immer weniger arbeiten zu können, und trotzdem davon zu leben. Wie soll das funktionieren?
Sagt dir die „996-Regel“ etwas?
Also; in China gilt (eigentlich) der 8-Stunden-Tag, in einer Woche sollen es nicht mehr als 44 Stunden sein, max. Überstunden pro Monat sind erlaubt.
Aber kaum jemand hält sich daran. In vielen Unternehmen ist es üblich, nach 996 zu arbeiten:
Von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends, sechs Tage die Woche. Ein klarer Gesetzesverstoß, aber keinen kümmert es. Die Firmenchefs geben das offen zu, nichts passiert.
Du hast also auf der einen Seite ein System, bei dem ein Mitarbeiter 35 Stunden arbeitet für 5k brutto, und auf der anderen Seite eines, wo der MA (bis zu) 72 Stunden arbeitet, für (mit Überstundenentlohnung) <1,5k brutto. Das kann man sinngemäß (wenn auch nicht in den genauen Zahlen) auf viele andere Länder übertragen. In Indien wurde die 48-Stunden Obergrenze auf Betreiben von Foxconn aufgehoben.
Das ist alles nicht toll und soll hier nicht verteidigt werden.
Aber das ist ein Standortnachteil, den man nicht noch weiter vergrößern sollte. Kein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen kann das ignorieren.
M. meint
max. Überstunden pro Monat sind erlaubt.
Da fehlt eine „36“.
MichaelEV meint
Auch wenn man nur zustimmen kann, dass der deutsche Standort aus unterschiedlichen Perspektiven attraktiver werden muss, ist das mit der Arbeitszeit ja ein zweischneidiges Schwert.
Die Erzählung lautet ja, dass wir immer weniger arbeiten (pro erwerbstätigen Kopf), obwohl ja immer mehr gearbeitet wird, weil es immer mehr erwerbstätige Köpfe werden.
Konkret bei uns im Vergleich zu meinen Eltern arbeiten wir pro erwerbstätigem Kopf 12% weniger, tatsächlich aber 75% mehr.
Die erste Kennzahl ist also offensichtlich nichts wert. Und natürlich steht die Arbeitszeit in Zielkonkurrenzen, vor allem wenn man demographisch nicht noch heftiger gegen die Wand fahren will.