„Autoprofessor“ Ferdinand Dudenhöffer vom Car Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen hat im Gespräch mit dem ZDF erklärt, warum deutsche Hersteller und Zulieferer nicht auf eine eigene Zellfertigung für Elektroauto-Batterien verzichten sollten. Derzeit wird der Markt von asiatischen Unternehmen dominiert, von denen sich BMW, Daimler, VW & Co beliefern lassen.
„Beim Auto macht der Antrieb 30 Prozent aus, und wir sind gerade dabei, diesen Bereich zu verschenken“, mahnte Dudenhöffer. Bereits heute sei die Abhängigkeit von Branchenführern wie LG Chem, Samsung, Panasonic oder CATL bedenklich hoch. Der Autoexperte warnte: „Ob wir in Zukunft zuverlässig Batterien bekommen, wissen wir nicht, wenn die chinesischen Märkte erst einmal ihren eigenen Bedarf decken müssen.“
Deutsche Autobauer müssten laut Dudenhöffer auch damit rechnen, von Batteriezellen-Lieferanten zukünftig als Kunden zweiter Klasse behandelt zu werden. Die deutsche Automobilbranche wisse bei ausländischen Produzenten nicht, „ob gute Produktionen im eigenen Land bleiben und die zweite Wahl zu uns gelangt.“ Der Verzicht auf eigene Produktionsstätten sei daher „ein strategisch großer Fehler“.
Dass die deutsche Industrie bisher keine groß angelegte Zellfertigung aufgebaut hat, liegt Dudenhöffer zufolge auch an der Politik. Es kranke „an staatlichen Regulierungen, an einer Flut von nötigen Ausschreibungen, an Überprüfungen und an Förderwegen“. Während in der EU über Kosten, Nutzen und Risiken der Batteriezellfertigung diskutiert werde, „pumpt der chinesische Staat erfolgreich Milliarden in neue Technologien“, so Dudenhöffer.
Die Bundesregierung hat diese Woche signalisiert, deutsche Autohersteller beim Aufbau einer eigenen Zellfertigung zu unterstützen. Angela Merkel warb dafür, in Europa bei der Batteriezellfertigung „etwas hinzubekommen“. Dazu sei jedoch der Wille der Wirtschaft nötig, betonte die Kanzlerin.
Hugo meint
Die Asiaten haben nicht bei null angefangen! Sie hatten bereits Erfahrungen gesammelt, als sie Lithiumbatterien für mobile Unterhaltungsgeräte entwickelten und produzierten. Als dann die Geschäftsbereiche Energiespeichersystem und Automotiv hinzu gekommen sind, haben die asiatischen Unternehmen viel Geld genommen. Erst nach acht Jahren schreibt LG Chem z.B. schwarze Zahlen im Batteriegeschäft. So einen langen Atem haben offensichtlich deutsche Unternehmen nicht. Verständlich, dass Bosch nicht in eigene Zellenproduktion einsteigen will. Das negative Beispiel aus der PV-Industrie, wo alle deutsche PV-Zellenproduzenten pleite gingen, sitzt wohl immer noch sehr tief.
Die Zurückhaltung deutscher Unternehmen ist daher nur verständlich. Jedoch muß ich Prof. Dudenhöffer Recht geben. Zum einen ist Batteriezelle viel komplexer als eine PV-Zelle und der Bedarf wird stark wachsen. Bereits jetzt haben die Zellenproduzenten Mühe mit den Aufträgen hinterher zu kommen.
Fritz! meint
Und, das wird gerne vergessen/übersehen, fast alle Maschinen zur Herstellung von LiIon-Akkus kommen aus Deutschland. Der Mittelstand hat hier also schon ein brauchbares Wissen bezüglich der Produktion von Akkus, baut die Maschinen aber nur für die Asiaten (weil nur die solche Maschinen bestellen/haben wollen).
Ebenso ist die Akku-Forschung im Uni-Bereich recht weit und in vielen Bereichen führend, nur Akkus bauen wir nicht…
Ganz schön bescheuert, kann nur mit Dummheit erklärt werden (reines Denken an den nächsten Quartalsgewinn/Boni ist auch Dummheit).
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Richtig !!
Dr.M. meint
Die Frage ist doch eigentlich ganz einfach: Woran liegt es denn aktuell bei praktisch allen Herstellern von Elektroautos, daß die Lieferzeiten teilweise über ein Jahr betragen? Hyundai Ioniq electric, Smart EV oder überhaupt die Verzögerungen beim Tesla Model 3? Richtig, es klemmt bei der Produktion von Batteriezellen und dem Zusammenbau derselben zu Akkupaketen.
Letzteres ist eine Frage der Erfahrung, ersteres eine Frage der Menge. Und wer jetzt keine Erfahrung sammelt, der hat auch bei der nächsten Batteriegeneration ein Problem.Und was die Menge angeht: Ein knappes Angebot treibt den Preis nach oben. Und China und Südkorea werden zu allererst ihre eigenen Hersteller in 1a Qualität zu guten Preisen beliefern. Was übrig bleibt, das bekommt dann VW & Co.
Aber, keine Sorge deutscher Michel, jetzt ist ja alles wieder gut, die Kanzlerin hat schließlich den Willen bekundet, in Europa etwas bei der Batterieproduktion hinzubekommen. Alles super also. Wie schon beim Klimaschutzziel und der Bildungsrepublik und dem Atomausstieg undundund wird das jetzt ganz nach vorne auf die Agenda gesetzt und mit Lichtgeschwindigkeit Konsequenz und zügig umgesetzt. Wir schaffen das!!! Weiter so, Deutschland.
150kW meint
„Und China und Südkorea werden zu allererst ihre eigenen Hersteller in 1a Qualität zu guten Preisen beliefern. “
Ah ja. LG und Samsung liefern die Zellen aus Osteuropa also nach Korea? Und an welchen Hersteller?
Fritz! meint
Naja, von den kleinen Werkchen in Osteuropa brauchen die nicht nach Korea liefern, dort haben die richtige Werke. Die hier reichen ja man gerade für ein paar Tausend E-Autos im Jahr aus.
150kW meint
…um dann 18.000 Kona im Jahr zu produzieren :)
Allein der Audi e-tron wird ein vielfaches an Zellen verbrauchen als alle koreanischen E-Autos zusammen.
Leotronic meint
Die Autobosse haben immer noch die Vorstellung im Kopf dass der Diesel in alle Ewigkeit verkauft wird und die Elektromobilität nix wird.
Stoner meint
Woher haben Sie die Informationen über den Gehirninhalt der Autobosse?
Haben Sie ein Joint Venture mit Google?
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Peter W meint
Die nächsten 3, vielleicht auch 5 Jahre wird die deutsche Autoindusrie noch mit Zukäufen klarkommen.
Die nächste Akku-Generation ist aber schon im Testlauf, und wenn man dann immer noch aus Asien bezieht, wird man ein echtes Problem bekommen. Die deutschen Autobauer sollten dringend eine Fabrik für Festkörperakkus oder auch für andere im Testlauf befindliche Akkus planen. Beim jetzigen Lithiumakku sind sie hintendran, beim Nachfolger könnte man aber wieder vorne mit dabei sein. Mit Abwarten und Tee trinken wird das aber nichts. Dann wird bei der nächsten Akkugeneration das chinesische Auto gleich mitgeliefert.
flip meint
Was wird denn der Nachfolger der aktuellen Lithium-Ionen Akkus?
„Mit Abwarten und Tee trinken wird das aber nichts.“
Mit überstürzten Investitionen aber auch nicht.
Noch ist da keine Technologie für die Großserie verfügbar. Als Autobauer würde ich mich auch schwer tun quasi aus dem Nichts Weltmarktführer einer mir völlig neuen Technologie zu werden.
Lizenzgebühren würd ich auch nicht zahlen wollen. Da hoff ich lieber auf ne gesunde Konkurrenz zwischen den Akkuherstellern mit dem Effekt fallender Preise und besserer Technik. Warum deutsche Hersteller nur „2.Wahl“ Akkus bekommen sollten erschließt sich mir nicht.
alupo meint
In einem totalitären Staat wie China ist das etwas ganz leichtes.
Wenn die Regierung meint, ihren Herstellern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen zu müssen, werden sie das ganz einfach tun. Und aufgrund ihres Regierungssystems geht das noch viel schneller als bei Trump.
Beim Fischereikonflikt mit Japan hatte Japan ganz schnell eingelenkt nachdem China den Export seltener Erden wegen Eigenbedarf stark eigeschränkt hat. Japan hätte keine Hybride bzw. die dabei nötigen PMSM
Danach gabs plötzlich wieder die begehrten Metalle für die Permanentmagnete. Das war vielleicht mit ein Grund warum Teslas eMotoren prinzipbedingt ohne auskommen.
Nik meint
Das ist vollkommen richtig! Es ist einfach ein grosser Fehler einfach abzuwarten und schauen was passiert. Die Entwicklung von neuer Technik, vor allem bei Tesla und den Asiaten, schreitet schneller voran als die Autobosse hier zu Lande zu denken im stande sind. Lieber wird über die nächste Dieselgeneration diskutiert.
onesecond meint
Strategie impliziert, dass man langfristig plant. Bei der heutigen Fokussierung auf das nächste Quartal und die assozierten Boni kaum vorstellbar.
Swissli meint
Tesla verlässt sich auch seit vielen Jahren auf Panasonic und wird deshalb kaum Zellen aus 2. Wahl erhalten.
Die dt. Autobauer könnten als Kompromisslösung (Investitionssumme, Risiko) Zellen in Lizenz (von Panasonic, LG, Samsung usw.) fertigen. Oder wie Tesla den Lieferanten exklusiv beim Autowerk ansiedeln lassen. Staatliche Hilfe brauchts dazu nicht.
Oder man kauft sich immer die neusten und besten Zellen zu aktuellen Preisen auf dem Weltmarkt… muss nicht die schlechteste Lösung sein.
Christian meint
Genau, ist auch eine Risikoabwägung. Können wir bis 2020 überhaupt eine eigene und gute Zelle überhaupt entwickeln und in Großserie produzieren? Wenn nein –> Zukauf. Den Entwicklungsvorsprung der Japaner kann man nicht in 2 Jahren aufholen, wenn bis da ein Auto ausgeliefert werden soll.