Alberto Bombassei, Vorstandsvorsitzender und größter Anteilseigner des italienischen Bremsenherstellers Brembo, hat in einem Interview aus Sicht eines internationalen Zulieferers über den Stand der deutschen Automobilindustrie gesprochen. Den hiesigen Herstellern sagte er dabei schwere Zeiten voraus.
Die deutschen Autobauer seien zwar weiter Weltmarktführer in ihrer Branche, „doch sie befinden sich wie viele andere europäische Produzenten in großen Schwierigkeiten wegen der revolutionären Veränderungen hin zur Elektromobilität, die unser Markt gerade durchläuft“, so Bombassei im Gespräch mit der Welt.
Brembo erwirtschaftet über 80 Prozent seines Umsatzes außerhalb Italiens, zu den Kunden gehören unter anderem BMW, Mercedes und Volkswagen. Die deutschen Autohersteller hätten zwar viele neue teil- und vollelektrische Modelle in der Vorbereitung, so Bombassei, er habe dennoch den Eindruck, dass eine klar definierte Richtung fehle. „Sie werden dazu gezwungen, alle möglichen alternativen Energien abzudecken, ohne zu wissen, wie der Markt in fünf, zehn oder 20 Jahren aussehen wird“, so der 78-Jährige.
Der Wechsel zur Elektromobilität ist laut Bombassei ein Problem für die Autoindustrie in ganz Europa. Die Europäische Union habe es nicht geschafft, ihre Schlüsselindustrie durch die Gesetzgebung „gegen den Angriff der Elektroautos“ zu schützen. Dies sei ein weiteres Beispiel dafür, dass die EU „ein Gigant in der Industrie, aber ein Zwerg in der Politik“ ist.
EU verliert durch E-Autos an Wertschöpfung
Der Brembo-Chef gab sich gegenüber der Welt als Fan von Dieselmotoren zu erkennen, die er als „Kunstwerke“ bezeichnete. Bei der Produktion von Elektroautos würden 50 Prozent des Fahrzeugwertes künftig außerhalb der EU entstehen, hob er hervor. Dies sei besonders mit Blick auf die in der Produktion von Dieselmotoren Beschäftigten ein Problem. „Was wird mit ihnen geschehen, wenn es keine Dieselautos mehr gibt?“, fragte Bombassei.
Elektroautos sind deutlich simpler als Verbrenner aufgebaut, erfordern weniger Wartung und verschleißen in vielen Bereichen geringer. Letzteres gilt insbesondere für die Bremsen. Sein eigenes Unternehmen sieht Bombassei durch den erwarteten E-Auto-Boom trotzdem nicht bedroht: In Teslas Elektroautos etwa seien „seit der ersten Minute“ Brembo-Bremsen verbaut. Dafür seien noch Anpassungen nötig gewesen, in zwei bis drei Jahren soll es ein neues Bremsen-Modell speziell für Stromer geben.
Bombassei glaubt, dass die etablierten Hersteller nur durch Größe bestehen können. Das Scheitern der Fusionsgespräche zwischen Fiat-Chrysler und Renault hält er deshalb für einen großen Fehler. Um den Herausforderungen der Zukunft, speziell mit Blick auf die E-Mobilität, entgegentreten zu können, „hätten FCA und Renault ihre Zusammenlegung weiter vorantreiben sollen, damit sie sich gemeinsam dem globalen Markt stellen können“, sagte der Brembo-Chef. „Die Unternehmen allein haben nicht ausreichend Mittel, um diese Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.“
Uwe meint
Die EU hat es nicht versäumt die europäischen Hersteller vor der Elektro-Mobilität zu schützen, sondern zu lange versucht diese zu schützen.
Schutzwürdig sind vor allem die Rechtsgüter „körperliche Unversehrtheit“, „Leben“ und „Menschenwürde“.
Der Schutz der Umwelt als eine der Voraussetzungen der o.g. Rechtsgüter wurde schon 1994 von der damaligen Umweltministerin Angela Merkel als Staatsziel in der Verfassung vorgeschlagen –
und wird heute seit Jahren von ihr blockiert, zum Schutz der Verbrenner-Industrie!
(siehe §§ 19 ff. GG der Bundesrepublik Deutschland und dem Ergänzungsentwurf dazu in Wikipedia)
Ruben E. Anderegg meint
Der Wandel kommt von den Autokäufern. Die merken langsam dass sie Jahrzehntelang betrogen wurden. Nun merken diese, dass die Mobilität viel günstiger in allen Bereichen, zu haben ist als ihnen Jahrzehntelang vorgegaukelt wurde.
Skodafahrer meint
„Bei der Produktion von Elektroautos würden 50 Prozent des Fahrzeugwertes künftig außerhalb der EU entstehen, hob er hervor. “
Das kann nicht stimmen, da:
1) Die Batteriezellen in Zukunft wohl von asiatischen, teilweise auch von europäischen Firmen in der EU gefertigt werden.
2) Der Zellpreis und mit Ihm der Anteil an den Gesamtkosten weiter fällt
3) Die Vorprodukte für die Zellen auch von Firmen wie BASF hergestellt werden
4) Die Batterie besteht auch kostenmäßig nicht nur aus Zellen
Offen gesprochen meint
Ein Fan des Klimawandels. Entzückend! Und völlig moralbefreit…
alupo meint
Das mit dem Niedergang der Verbrennerhersteller sehe ich auch. Aus diesem Grund habe ich alle meine Verbrenneraktien noch gerade rechtzeitig verkauft.
Das ist traurig, aber wenn die Vorstände keine echten Visionen/Strategien mehr haben und ihr Geld auch durch Aussitzen verdienen, dann passiert eben das gleiche wie mit den deutschen Schallplattenspielerherstellern. Es bleibt nur eine sehr kleine, sehr hochpreisige Nische übrig, siehe Clearaudio, Transrotor etc.. Da gibt es Spieler, die kosten gut 50.000 € das Stück. Was wohl die deutschen Autos in 20 Jahren kosten?
E meint
Wenn der Wandel nicht klappt bekommen sie Millarden Hilfen Wegen ARBEITSPLÄTZE DIE GEHEN NICHT PLEITE
Skodafahrer meint
Verbrennerhersteller sind Firmen die Verbrenner herstellen. Also eher Zulieferer die Motorblöcke, Automatikgetriebe, Katalysatoren, Kolben, Kurbelwellen, Pleuel etc. herstellen. Automobilhersteller lassen sich diese Teile meistens zuliefern. Brembo gehört zu diesen Zulieferen.
Die Stärke der deutschen Autoindustrie ist es, Produkte durch Zufügen von Komplexität besser zu machen. Bei Elektroautos gibt es noch viele solcher Möglichkeiten, die bisher noch ungenutzt sind.
hu.ms meint
Und wieder, wie schon z.b. mit den smartphones ein unzutreffender vergeich mit der schallplatte (ich habe übrigens über 300 aus den 70gern geerbt).
Der wechsel von schallplatte auf CD bzw. cloud hatte nur vorteile für den nutzer.
Der wechsel von verbrenner zu BEV hat auch nachteile und diese wiegen derzeit für die ganz große mehrheit noch gewaltig.
NL meint
Haha, ein Dinosaurier versteht die Welt nicht mehr und will an alter Technologie festhalten. Gut, dass diese Generation Menschen bald Platz für junge und dynamische Köpfe machen, die die Mobilität der Zukunft gestalten und nicht alten Kram bis in die Ewigkeit verwalten.
JürgenV meint
So ist es, der Zahn der Zeit besorgt den Rest. Der gute Mann sieht schon , wie das Licht am Ende des Tunnels dunkler wird.
one.second meint
Immer wieder lustig, wie Leute vollkommen gedankenlos veralteten Technologien nachtrauern, mit denen der Kollaps sämtlicher Weltökosysteme absolut unvermeidlich wäre.
Selbst der theoretisch bestmögliche Dieselmotor ist für die Welt in den Stückzahlen, in denen Autos hergestellt werden, komplett untragbar.
Die gedankliche Enge einiger CEOs beim ausschließlichen Schauen auf ihr Geschäft ist echt unfassbar. Als ob der Erhalt einiger äußerst temporärer wirtschaftlicher Vorteile im Vergleich zu anderen Weltregionen das direkte Töten von Menschen durch Dieselabgase und den Untergang der menschlichen Zivilisation wert wären. Offensicht auch nur äußerst temporär, da das E-Auto bald in allen Belangen besser und billiger sein wird, als die Dinosauriertechnologien, die dieser Mann so verzweifelt schützen will, und dann kann man die mit Sicherheit nicht für länger aus der EU draussen halten. Man stelle sich vor, die EU würde mit allen Teilen der Welt Handelskriege anfangen, um eine deutlich überlegene und umweltschonenden Technologie draussen zu halte, nur um eine veraltete, weltenzerstörende Krebsstinkertechnologie künstlich am Leben zu erhalten.
Herr schmeiß Hirn vom Himmel!
nilsbär meint
+1
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
+1
Hirn scheint echt Mangelware zu sein; Dreistigkeit bei Politikern und VDA-Managern dagegen nicht.
Sledge Hammer meint
+1
hu.ms meint
Völlige verdehung der tatsachen:
Die EU hat doch mit ihren neuen, im febr. beschlossenen grenzwerten für 2028 die verbrennerhersteller erst dazu gebracht emissionsärmere technologien als plug-in-hybride einsetzten zu müssen.
Genau seit dem kommt „zufällig“ auch das H2-thema immer größer raus. Alles gut gesteuert – und die masse fällt wie meist darauf rein.
Ziel: genausoviel förderung für H2- infrastruktur abgreifen wie für BEV-ladestationen ausgegeben werden soll.
wosch meint
„Die Europäische Union habe es nicht geschafft, ihre Schlüsselindustrie durch die Gesetzgebung „gegen den Angriff der Elektroautos“ zu schützen.“
Dieser Satz alleine sagt alles über den Menschen und seine Vorstellung zum Thema aus.
Es ist eben NICHT nur vereinzelnd die Deutsche Automobilindustrie, die der Meinung ist, dass die EU die E-Autos verhindern sollte.
MiguelS NL meint
Deutsche Autobauer (aber auch die EU…) haben sich selbst in Schwierigkeiten gebracht.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Ja, es ist immer dasselbe: wer nicht handelt, wird behandelt; und irgendwann entsorgt; selbst schuld.