Der Chef des drittgrößten deutschen Autozulieferers ZF, Wolf-Henning Scheider, hat in einem Interview über die Herausforderungen der Elektromobilität gesprochen. Er verriet dabei einen neuen Großkunden und gab preis, in welchem Umfang dieser bei seinen Elektroautos auf externe Technik setzt.
Scheider sagte im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung, dass sein Unternehmen den Elektroantrieb für Daimlers neues Batterie-SUV EQC liefere, konkret den Elektromotor, das Ein-Gang-Getriebe mit Differenzial sowie die Leistungselektronik inklusive Steuerungssoftware. „Wir liefern das komplette Antriebsmodul, das an der Vorder- und der Hinterachse eingebaut ist. Das Auto ist mit zwei Antrieben ausgestattet, die wir im ZF-Werk in Schweinfurt herstellen“, erklärte Scheider.
„Das ist ein wichtiger Meilenstein für uns“, betonte der ZF-Chef. Der Zulieferer sei bereits seit einigen Jahren dabei, Lösungen für die Zukunft zu entwickeln, dies werde aber erst jetzt durch neu auf den Markt kommende Produkte ersichtlich. Welchen Umfang das Geschäft mit Mercedes hat, wollte er nicht konkretisieren, es handele sich jedoch um einen „der ganz großen Aufträge für die Elektromobilität und ein wichtiges Auto“.
Mit Blick auf die Situation der Automobilbranche im Allgemeinen sagte Scheider, dass Autofahren heute nicht mehr nur mit Spaß und Freude verbunden sei. Staus und Emissionen veränderten die Einstellung der Menschen zur Mobilität. Die Branche brauche Lösungen, „damit Lebensqualität und Mobilität wieder besser zusammenpassen“. ZF trete daher bei der diesjährigen IAA unter dem Motto „Mobility, Life, Balance“ auf.
Scheider will mit dem Zulieferer aus Friedrichshafen auch bei neuen Antrieben weltweit vorne dabei sein, merkte allerdings an: „Man muss nicht immer der Erste sein. Entscheidend ist ein attraktives Produkt.“ Bei ZF gehe man davon aus, dass sich die E-Mobilität selbst mit attraktiven Produkten „zunächst nicht breit durchsetzen“ wird, da elektrisches Fahren teurer sei. Vor allem im Einstiegssegment koste sie deutlich mehr als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. ZF fahre bei Antrieben daher vorerst zweigleisig.
Batterie-Fahrzeuge „ideal für die Stadt“
„Den Hybrid sehen wir als wichtige Technik für die nächsten Jahrzehnte. Er löst die Ängste der Kunden“, so Scheider. Noch in diesem Jahr kommende Plug-in-Hybride mit Stecker zum Aufladen der Batterie könnten 80 bis 100 Kilometer exklusiv elektrisch fahren, was mehr als 90 Prozent der Fahrten im Alltag abdecke. Das rein batterieelektrische Fahrzeug sei im Vergleich dazu momentan „ideal für die Stadt“, sagte der ZF-Chef. „Und wenn in den nächsten Jahren der Ökostrom-Anteil steigt, wird sich seine CO2-Gesamtbilanz weiter verbessern.“
Scheider glaubt, dass das Elektroauto in Mitteleuropa den Markt in den nächsten 30 Jahren übernehmen wird. Als wesentlichen Grund dafür nannte er, dass hier die hohen Investitionen für die Ladeinfrastruktur gestemmt werden könnten. Dies sei nicht überall möglich, der Bedarf an Verbrennern werde deshalb in manchen Regionen hoch bleiben. Sogenannte E-Fuels werden laut Scheider aufgrund sinkender Preise mehr und mehr zu einer Alternative, was für den Verbrenner auch langfristig „eine stabile Marktchance“ schaffe. Bei Nutzfahrzeugen brauche es aber weitere neue Technologien, etwa die Brennstoffzelle für den Schwerlastverkehr.
Darauf angesprochen, ob die Brennstoffzelle auch eine Lösung für Pkw sei, meinte Scheider: „Wie viele Investitionen können wir uns in parallele Technologien leisten? Da sehe ich beim Pkw eindeutig Plug-in-Hybride und reine E-Autos. Ihnen müssen wir zum Durchbruch verhelfen.“ Man dürfe die Kunden außerdem „nicht mit noch mehr Antrieben verunsichern“.
Die Transformation hin zur E-Mobilität und auch dem automatisierten Fahren koste sehr viel Geld, betonte Scheider. ZF erreiche bei den Entwicklungskosten in diesem Jahr einen neuen Höchststand. Eine weitere Herausforderung sei, die Mitarbeiter in die neuen Themen mitzunehmen. Dafür brauche es Umschulungen und Weiterbildungen. Der Umbruch sei so groß, dass eigene Programme dazu nicht ausreichten. Es müsse Hilfe durch die öffentlich getragene Aus- und Weiterbildung geben. „In der Politik ist die Bereitschaft da, aber dieses Problem ist noch nicht gelöst“, unterstrich der ZF-Vorstand.
NL meint
„Die Ängste“ der Kunden sind durch schlechte Pressearbeit und Lobbyismus gezüchtet und völlig unbegründet. Der durchschnittliche der ca. 50 Millionen Pkw fährt ca. 50 km / Tag.
Ralph-aus-Berlin meint
Ängste kann man auch mit Aufklärung auflösen, der Hybrid ist nur gut für die Autoindustrie.
alupo meint
„Den Hybrid sehen wir als wichtige Technik für die nächsten Jahrzehnte. Er löst die Ängste der Kunden“, so Scheider.
Jedem, dem ich von meinem Urlaub in Spanien mit über 6200 km in 3 Wochen erzähle, weiß danach, dass diese Angstmacherei in die Märchenstunde gehört: „Wer hat Angst vorm ….“.
Klar, mit einem BMW i3 oder einem eGolf wäre so etwas schon ein Abenteuer. Aber es gibt zumindest eine Marke (vielleicht haben die Chinesen noch etwas?) mit der das absolut sorglos zu machen ist. Abends mit leerem Akku im Hotel einchecken und an einem der kommenden Morgen (je nach der Menge an Besichtigungen) nach dem Frühstück mit vollem Akku losfahren, viele 100 km weit, falls nötig. Einfacher geht es wirklich nicht.
Jeder dem ich davon erzähle glaubt solchen Presseveröffentlichungen kein Wort mehr. Die Presse, die so etwas veröffentlicht zerstört so selbst ihre Glaubwürdigkeit.
Jensen meint
„Den Hybrid sehen wir als wichtige Technik für die nächsten Jahrzehnte. Er löst die Ängste der Kunden“, so Scheider.
Der gute Herr Scheider und viele seiner Industriekollegen bemühen sich stetig darum, der Welt zu erzählen, dass Kunden (Reichweiten-)Ängste haben (müssen).
Der absolut überwiegende Teil der möglichen Kunden hat mit Reichweitenangst wenig am Hut, weil er sich noch gar nicht oder nicht ausführlich genug mit (echter) Elektromobilität beschäftigt hat. Sobald nun aber mehr und mehr BEV’s auf den Markt und die Straßen kommen, die Kunden damit automatisch in Kontakt kommen, insbesondere auch des deutschen liebster Hersteller VW die „elektrische Grundausbildung“ der Bevölkerung weiter vorantreibt, dürfte das Thema Hybride (in allen Ausführungen) deutlich und weiter an Bedeutung verlieren.
Die Wichtigkeit des Hybrids, die Herr Scheider anführt, ist hauptsächlich im Wunschdenken seines alten Geschäftsmodells begründet – und da geht es nun mal
um möglichst viele Teile und höchstmöglichen Wartungsaufwand.
Es werden sich mehr und mehr Kunden damit beschäftigen, was kostet mich mein Auto eigentlich „wirklich“ (TCO), wie ist eigentlich mein „Fahrprofil“, was brauche ich. Die Änderungen in Bezug auf Emissionensgrenzen, Verteuerung von fossilen Kraftstoffen, mögliche Fahrverbote etc.etc. ist da auch helfend zu Seite.
In diesem Zusammenhang bei einigen Punkten von „Jahrzehnten“ zu sprechen ist schon fast tragisch und vor allem auch unverantwortlich.
Thomas R. meint
Ich habe mittlerweile auch ein E-Bike mit 100-150km Reichweite womit ich auch schwere Lasten ziehen kann und schneller bin als mit dem Auto.
Tatsächlich habe ich um meine Mobilität so gar keine „Angst“ mehr. Im Gegenteil. Wenn das Auto versehentlich ein paar Tage irgendwo steht und man es vergisst finde ich das schon stark :-). Sowas war vor der E-Mobilität undenkbar. Auch Führerscheinentzug oder Totalschaden am Auto wären für mich keine großen Hindernisse mehr, da ich immer mobil bleibe.
Ich merke, dass ich vom unnötig komplexen Auto viiiel unabhängiger werde und wenn dann die autonomen Fahrdienste mit einem verbesserten ÖPNV kombiniert werden (welche bei mir eh schon gut ausgebaut ist) kann ich mir in Kombination mit Leihfahrzeugen das alles SEHR gut vorstellen. Ich freue mich und habe keine „Angst“. Alles wird besser, billiger und vor allem nachhaltiger.
Das denken an Hybride ist da für mich irgendwie wie aus einer anderen Welt/Zeit…
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
+1
Satcadir meint
Wenn sie eine Hybrid Nachrüstung für gängige Transporter anbieten würden, wär das grandios.
So ist es nur ein Blick in eine trübe Glaskugel.
jomei meint
Pfeift da jemand im dunklen Wald?
Ich habe keine Angst, also brauche ich auch keinen Hybrid.
Dumm gepfiffen.
caber meint
Der Hybrid löst vor allem die Ängste der Zulieferer
teslatom meint
???? bei sinkenden Anteilen von PHEV ist sich Mut machen wichtig ????
Peter W meint
Ich frage mich, was Daimler eigentlich noch selbst herstellt, wenn ZF den kompletten Antrieb incl. Elektronik liefert. Daimler presst die Karosserie und baut da nur noch Zulieferteile rein. Da ist dann schon klar, warum die keine E-Autos bauen wollen.
Zum Zweiten frage ich mich, warum man einen dicken E-SUV baut, wenn der E-Antrieb doch nur was für die Stadt ist. Wie passt das zusammen?
Da gibt es also noch viel Klärungsbedarf.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Klar, das Daimler irgendwann zu viele Beschäftigte hat, z.B. im eigenen Motorenwerk Bad Cannstatt oder im eigenen Getriebewerk Hedelfingen, wenn man alles zukauft. Das hat nichts mit E-Mobilität zu tun, sondern stellt einen freiwilligen Verzicht auf Fertigungstiefe dar. ZF hat sich dieses Know-How ja auch erarbeitet, aber da waren die Daimler-Leute etwas zu bequem. Wie hieß es vom Daimler-Betriebsrat vor ein paar Jahren, als es um die Fertigung von E-Motoren ging: „Die paar E-Motörle, des sollet andere produziere.“ Und so kommt es jetzt. Bitte nicht heulen.
Elektrofan meint
PHEV sind für gar nichts ideal geeignet. Wenn der Elektroanteil im PHEV für 90% ausreicht, warum soll man noch für 10% einen komplizierten und wartungsaufwändigen Verbrenner mitschleppen? Ein gutes EV deckt im Umkehrschluss somit sicher 100% ab. Weg mit den PHEV. Sie verlängern nur das Leider der Hersteller.
NL meint
Danke. So ist es.
ZF möchte natürlich gerne bei zwei Antriebssträngen mitverdienen, nur darum geht es.
Die allermeisten Menschen haben völlig unbegründete Reichweiten-Ängste, wissen nicht mal über ihren tatsächlichen Fahrbedarf Bescheid.
Railfriend meint
Deiner Beschreibung zufolge vermeidet nicht das BEV den Zweitwagen, sondern das PHEV.
Und wird mit EE-Kraftstoffen ohne den größeren CO2- und Rohstoffrucksack des Batterieantriebs auf jeder Entfernung klimafreundlich.
Futureman meint
Wusste gar nicht, dass Erdöl jetzt klimaneutral gefördert wird und der Ölsandabbau in Kanada ohne Auswirkungen auf die Umwelt geschieht…
Hauptsache es gibt eine neue Studie, die Akkus nach 50 Jahren Nutzung plötzlich schlecht macht. Merkwürdig, dass noch nie einer die Förderbedingungen für das schicke neue IPhone hinterfragt hat oder sich Gedanken gemacht hat, ob der neue Akkuschrauber gegenüber der Kabelvariante irgendeinen Rucksack hat…
Railfriend meint
Das kommt dabei heraus, wenn man EE-Kraftstoffe für fossile hält. EE ist erneuerbare Energie.
Aber in einem Stromforum darf man eben nicht viel voraussetzen, was über die eigenen stromfixierten Interessen hinausgeht.
alupo meint
Wegen dem Rohöl schlagen sie sich doch gerade die Köpfe im Nahen Osten ein. Andererseits, das geht ja schon seit über 10 Jahren so (auch schon vor dem ersten Irak Krieg unter Bush Senior). Nigeria ist aber auch nicht ohne.
Erneuerbare Energien im Verbrenner? Die Mengen sind lachhaft und energetisch sind sie eine Katastrophe und ökologisch eine Katastrophe für die nachhaltige Landwirtschaft. Und das NOx-, das Feinstaub-, das Co- und weitere Probleme wie die Versorgung der Tankstellen mit Diesel-LKWs sind damit in keinster Weise gelöst.
Der Verbrenner sieht so alt aus und das kann jeder, der eine Garage hat, selbst messen. Einfach reinfahren, Tor zumachen und Motor laufen lassen. Echte Abgasjunkies soll das lustig machen ;-).
Futureman meint
Mein Text bezog sich auf den „Jetzt-Zustand“ und den aktuellen Vergleich der angeblichen CO2-Rucksack.
Wo gibt es denn z.Zt. relevante EE-Kraftstoffe? Was nicht da ist, kann nicht als Vergleich herangezogen werden. Und die Beimischung unter schlimmsten Anbaubedingungen hergestellten Ersatzkraftstoffe hat einen noch größeren CO2-Rucksack als Erdöl. Denn es wird viel mehr Energie reingesteckt, als durch die Verbrennung zurück gewonnen werden kann. Hilft natürlich mit, das Gewissen zu beruhigen, wenn man immer wieder erwähnt, welch tolle Zukunftstechnik es ist, weiterhin etwas zu verbrennen…
Railfriend meint
Biomethan anstelle von Erdgas ist bereits heute in großen Mengen verfügbar und für die Verstromung zu schade, denn dazu reichen auch volatile, nicht speicherbare EE wie Wind und Sonne.
Biomethan könnte in DE 8,3 Mrd l/a Dieselkraftstoff ersetzen.
PHEV Freund meint
„PHEV sind für gar nichts ideal geeignet. Wenn der Elektroanteil im PHEV für 90% ausreicht, warum soll man noch für 10% einen komplizierten und wartungsaufwändigen Verbrenner mitschleppen? Ein gutes EV deckt im Umkehrschluss somit sicher 100% ab. Weg mit den PHEV. Sie verlängern nur das Leider der Hersteller.“
Ich fahre eine PHEV (530e) und halte ihn für mich für ideal. Einfache Arbeitsstrecke 30 km, je nachdem ob ich eine Ladmöglichkeit in der Firma habe oder nicht fahre ich die Strecke voll oder teilelektrisch.
Zweimal im Monat zu den Eltern 490 km einfache Strecke, zeimal im Jahr Urlaub rund 1000 km einfache Strecke. Soll ich mir hierfür einen Zweitwagen zulegen?
Railfriend meint
Ihre Antwort ist hier (ebenso wie meine) nicht erwünscht…
Sie befinden sich hier in einem einfältigen Elektroforum. Technikvielfalt – ein Fremdwort.
Klaus Schürmann meint
Sehr geehrter Herr RAILFRIEND,
immerhin wurde die Meinung über :
„Sie befinden sich … einfältigen Elektroforum“ sogar zugelassen von ecomento ! Vielen Dank für die pauschale Bestätigung der Einfältigkeit vieler Holländer und Norweger und auch einiger Deutscher, die nicht warten wollen bis die deutsche „Technikvielfalt“ über die schon vorhandene Technik siegen wird …
Ich werde übrigens von so netten Menschen wie Ihnen gern als EINFÄLTIG bezeichnet …
Railfriend meint
@Klaus Schürmann, unterschiedliche Meinungen oder/und Technologien zuzulassen sollte Sinn eines Forums sein, das Mobilität mit Erneuerbaren Energieträger gewidmet ist. Daher ist meine Forumlierung „einfältig“ durchaus zutreffend, wenn Forenteilnehmer Erneuerbare Energie auf Erneuerbaren Strom reduzieren.
Alex meint
Ein modernes BEV würde Ihren Ansprüchen zu 100% gerecht
Wofür also einen Hybrid?
Roman M. meint
Model 3 kaufen, zu den Eltern ein SuC Stopp, in den Urlaub 2 SuC Stopps, fertig ist der Lack :-).
PharmaJoe meint
Der BMW 530e kostet über 55.000€ (dürfte mit Abstandstempomat und anderen sinnvollen Extras die 60.000 überschreiten). Warum dann kein Model 3?
Ich habe mich vor zwei Jahren für einen Nachfolger meines geleasten Alhambra entscheiden müssen und war vor zwei Jahren nicht so weit (und der Markt auch nicht), so dass es ein Outlander PHEV geworden ist.
Heute würde ich diesen nicht mehr kaufen, weil es mir immer wieder weh tut, wenn der Verbrenner anspringt.