Unterschiedliche und komplizierte Abrechnungssysteme, wenig Freiheit für den Nutzer: Die Ladeinfrastruktur für Elektroautos hat großen Nachholbedarf. In Berlin etwa teilen Vattenfall und RWE nahezu den gesamten Markt für das Aufladen von Elektroautos unter sich auf. „Im Moment sind wir in einer Situation, in der es für den Nutzer noch nicht einmal möglich ist, an jeder Ladesäule problemlos sein Elektroauto aufzuladen“, sagt Oliver Schwedes, Leiter des Fachgebiets für Integrierte Verkehrsplanung an der Technischen Universität Berlin, dem Tagesspiegel.
Dabei sei vor einigen Jahren etwas ganz anderes vereinbart worden, so Schwedes: „Vor fünf, sechs Jahren, als die großen Energiekonzerne den Vertrag mit der Berliner Senatsverwaltung gemacht haben, wurde vereinbart, dass alle Emobility-Nutzer ihre Autos an allen Säulen aufladen können sollen.“ Der Gesetzgeber solle nun endlich Richtlinien vorgeben, meint Schwedes.
„Im Prinzip muss der Nutzer die Möglichkeit haben, an allen Ladestationen freigeschaltet zu werden, ganz gleich, aus welcher Region in Deutschland er kommt oder mit welchem Anbieter er einen Vertrag hat“, sagt auch Johannes Eisele, Projektmanager Energie und Ladeinfrastruktur bei der Berliner Agentur für Elektromobilität (Emo), dem Tagesspiegel.
Das Thema „Aufladen“ werde bei der Emo intensiv diskutiert. Zwar betont Eisele, dass es in Berlin ausreichend Ladepunkte für die bisher angemeldeten Elektroautos gebe. Doch der Lade- und Abrechnungsvorgang könne „umständlich bis kompliziert sein, je nachdem, mit wem man einen Vertrag hat“. Ein Konzept, dass den Vorgang deutlich erleichtern, beschleunigen und attraktiver machen würde, wäre das E-Roaming, welches anbieterübergreifend das Aufladen an allen Ladesäulen möglich machen soll.
„Diese Initiative haben wir im vergangenen Jahr gestartet“, erklärt Eisele dem Tagesspiegel. Das Joint Venture „Hubject“ – ein Zusammenschluss von Unternehmen wie EnBW, RWE, Daimler oder auch BMW – soll das Laden an möglichst vielen Elektroauto-Ladestationen möglich machen. Auch Schwedes befürwortet den Ansatz: „Als Autofahrer darf ich ja auch nicht nur an Total-Tankstellen auftanken.“
Dr. M. meint
Es sind ja nicht nur die unterschiedlichen Bezahlsysteme.
Es sind auch die unterschiedlichen Schnellladesysteme, die untereinander nicht richtig kompatibel sind.
Beispiel Kia Soul EV mit Typ 1 und (in der Version Style) mit CHAdeMO Schnellladung. Wenn Kia da für die für Europa bzw. vor allem Deutschland vorgesehenen Fahrzeuge nicht einen Typ2 Anschluss einbaut, der ja jetzt meines Wissens auch für die EU der Standard ist, dann wird das mit dem Schnelladen des Soul EV mindestens in DE wohl eher nix. In der Schweiz und Frankreich sind die CHAdeMO Säulen zwar etwas weiter verbreitet als in DE, aber angesichts der Standorte meist irgendwo abseits der Autobahnen und auf den Hinterhöfen der Fahrzeughändler ist das auch nicht wirklich eine Hilfe. Und wer sich so durch die Foren kllickt und liest, wie oft entweder die Bezahlung nicht funktioniert oder dann kein Strom abgegeben wird oder die Säulen von Verbrennern zugeparkt sind oder oder oder…… Und das dann abends um acht bei strömendem Regen auf dem Hinterhof eines Autohändlers – spätestens dann wünscht man sich ganz sicher seinen Verbrenner zurück.
Und mit der Schnellladung steht und fällt wegen der relativ geringen Reichweite die Kaufentscheidung für oder gegen ein E-Auto. Selbst wenn die z.B. 212 Norm-km des Soul EV für den Alltagsbetrieb völlig reichen dürften, so ist es doch gut zu wissen, dass man anders könnte, wenn man wollte. Und von den 160 Norm-km eines i3 wollen wir ja gar nciht erst reden. Vom Preis mit etwas Ausstattung auch nicht.
Denn die Zahl der Leute, die sich ein Model S leisten können (und dann neben der guten Reichweite auch noch Zugang zu den meistens sehr praktisch platzierten aber eben Tesla-eigenen und nur Tesla-kompatiblem kostenfreien Superchargern haben) oder nur zuhause laden und dann im Umkreis der Reichweite bleiben und sich für lange Strecken ein zweites Auto halten, dürfte begrenzt sein.
Ich kann es auch nicht mehr hören, dass das ja alles nur Startprobleme seien und das werde schon werden – ja, nur wann. Jeder kocht da sein eigenes Süppchen vor sich hin und hat eigene Bezahl- und Ladestandards.
Und das Schlimme ist, dass ich glaube mittlerweile, dass das mit voller Absicht geschieht. Denn für die allermeisten Hersteller (ausser natürlich Tesla, die machen ja nichts anderes) sind E-Autos nur ein Feigenblatt, um die CO2-Flottengrenzwerte z.B. in Kalifornien einzuhalten. Mehr nicht.
Und damit man dann der Politik sagen kann, dass „der Markt“ leider leider keine E-Autos wolle (und man deswegen leider leider die CO2-Grnezwerte nicht einhalten könne), obwohl man diese E-Fahrzeuge ja sooo günstig anbiete, werden dann eben den paar E-Auto Pionieren so viele Steine wie möglich in den Weg gelegt, indem man möglichst viel inkompatible Lade- und Bezahlsysteme anbietet. Damit auch ja bloss keiner diese Autos kauft. Und wenn das nicht reicht, dann rät der Fiat-Chef persönlich vom Kauf des E-Fiat 500 ab.
Man stelle sich mal vor, man könnte seinen Verbrenner nur an bestimmten Tankstellen mit zu seiner Automarke kompatiblen Tankstutzen betanken. Dann wäre was los.
Angesichts dieses Lade-Irrsinns braucht man sich über Tesla nicht zu wundern, dass die das einfach selber machen mit den Ladesäulen, mittlerweile über 90 nur in Europa. Und den Strom allermeistens kostenlos abgeben, das spart das Bezahlsystem, was vermutlich günstiger ist, als da lange herumzurechnen, Zahlungseingänge zu prüfen und so weiter. Nein, hier muss wirklich der Gesetzgeber eine einheitliche Schnelllade-Lösung festlegen, die dann in allen E-Fahrzeugen in der EU eingebaut werden muss. Ob dies nun CHAdeMO oder Typ2 oder sonstwas ist, ist egal. Einheitlich muss es sein, und wenn die EU sich jetzt auf Typ2 geeinigt hat, dann müssen sich eben alle Hersteller, die in der EU Elektroautos verkaufen wollen daran halten.
Und was die Bezahlung angeht: An vielen Tankstellen kann man auch nachts mit Kreditkarte an einem Automaten bezahlen – wieso geht das bei Ladesäulen nicht? An der fehlenden Stromversorgung wird es ja wohl nicht liegen, oder?
Rüdiger Schäfer meint
Bravo. Ich vertrete seit langem diese Meinung. Sowohl Auto- als auch Energielobby sind derzeit an der Verbreitung der E-Autos nicht sonderlich interessiert.