Schwindler, die sich das Geld von Investoren erschleichen wollen oder geniale Erfinder, die die Welt des Automobils umkrempeln werden? Man mag von der Nanoflowcell AG halten was man will – die PR-Maschinerie funktioniert bestens. Aktuell ist es allerdings kein Sportwagen wie der zuletzt angekündigte Quant F, den die Schweizer bewerben, sondern ein massentaugliches „Elektrofahrzeug für Jedermann“, das „eines der absoluten Highlights auf dem Genfer Auto-Salon 2015“ sein soll, wie Prof. Jens Ellermann, Präsident des Board of Directors der Nanoflowcell AG, mitteilen lässt.
Auf das Design bezogen mag das sicherlich stimmen, hebt sich der Quantino genannte Entwurf mit seinem an teure Sportwagen angelehnten, sportlichen und dynamischen Kurven deutlich von den Mitbewerbern seiner Klasse ab. Aber trifft das wirklich auch auf den Antrieb zu? Insgesamt 350 Liter „ionische Flüssigkeit“ sollen dem kleinen Elektroauto mehr als 1000 Kilometer Reichweite verschaffen. In der Zelle läuft eine sogenannte kalte Verbrennung ab: Die beiden Flüssigkeiten werden reduziert beziehungsweise oxidiert, dabei wird elektrische Energie frei, die das Auto antreibt. Und der Tankvorgang soll kaum länger dauern als bei einem herkömmlichen Verbrenner. Diese innovative, von der Nasa patentierte Technik, eine Art Mischung aus Batterie und Brennstoffzelle, klingt zu gut um wahr zu sein – kommt aber bereits für das Energiemanagement von Windkraft- und Solaranlagen zum Einsatz, wie die Welt berichtet.
Trotzdem: Skeptiker haben schon bei der ersten Studie Quant E Alarm geschlagen, und auf die etwas dubiose Vergangenheit von Nunzio La Vecchia hingewiesen, Chief Technical Officer der Nanoflowcell AG. Der lässt verlautbaren: „Mit dem Quantino präsentieren wir in Genf den kleinen Bruder des Quant E und des Quant F. Ein innovatives Elektrofahrzeug für die Masse. Sportlich, dynamisch und das Besondere: mit Niedervoltantrieb. Mit nur 48 Volt Nennspannung erreichen wir durch die Kombination aus Nanoflowcell, Puffersystem und Elektromotoren vier mal 25 kW. Das entspricht circa 136 PS. Damit können wir vollelektrisch eine Spitzengeschwindigkeit von über 200 Kilometern pro Stunde fahren und eine Reichweite von über 1000 Kilometern erzielen, ohne schädliche Emissionen“, verdeutlicht La Vecchia, das neueste Modell aus der Quant-Familie.
„Wir werden in 2015 mit dem Quantino fahren“
Das beste aber kommt noch: „Der Quantino ist ein Elektrofahrzeug für Jedermann. Kostengünstig und mit einem extravaganten, uniquen Design. Er ist nicht nur ein Konzeptfahrzeug, sondern er wird bereits in diesem Jahr Realität. Wir werden in 2015 mit dem Quantino fahren. Und streben zudem sehr schnell die Straßenzulassung an“, so Nunzio La Vecchia über den Quantino, der bei ähnlichen Abmessungen und Fahrleistungen günstiger als ein BMW i3 sein soll.
Noch in diesem Jahr also soll demnach klar werden, was hinter all den Ankündigungen der letzten Monate steckt und ob der ominöse Nanoflowcell-Antrieb tatsächlich funktioniert. Denn ein straßentaugliches, fahrbereites Modell sind uns die Schweizer bisher schuldig geblieben.
Die Branche verfolgt das Geschehen um Nanoflowcell aufmerksam: „Viele Autohersteller sind mit uns in Kontakt, und auch das Interesse der Zulieferer ist groß“, sagt Nanoflowcell-Sprecher Volker Pulskamp-Böcking der Welt. Er gibt aber auch zu, dass sich das Unternehmen nicht als Automobilhersteller verstehe, sondern als eine Forschungsinstanz. Fertigungslizenzen sollen künftig an namhafte Marken vergeben werden.
Triumph oder Blamage?
Zweifel an Nanoflowcell bleiben trotzdem bestehen. Christian Doetsch beispielsweise, ein Experte für Redox-Flow-Batterien am Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik („Umsicht“), sagte im vergangenen Jahr dem Blog hzwei.info, seine Recherche zur e-Sportlimousine habe „werbewirksame, für Redox-Flow-Batterien eher untypische Aussagen geliefert“. Aktuell heiße es beim „Umsicht“-Institut der Welt zufolge, der Themenbereich sei „derzeit zu sensibel“, um sich dazu äußern zu können. Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit der Nanoflowcell AG.
Irgendwann allerdings wird die Nanoflowcell AG ihre Flusszelle und endlich auch fahrbereite Autos zeigen müssen. Und dann wird sie einen unvergleichlichen Triumph erleben – oder eine tödliche Blamage.
TeslaDriver meint
So, mittlerweile hat La Vecchia auch einen eigenen Psiram-Eintrag:
https://www.psiram.com/ge/index.php/Nunzio_La_Vecchia
Da gehört das Ganze auch hin.
Bertschi Hector meint
Auf die vielen negativen Kommentare antworte ich gerne mit folgenden cleveren Zitaten:
Wilhelm Busch
Oscar Wilde
Luis Bunuel
MrT meint
Unklar ist erst mal ob wir von wässrigem Elektrolyt oder von ionischen Lösungen sprechen, das ist ein riesen Unterschied aufgrund der möglichen erreichbaren Spannungen und Löslichkeiten der elektrochemisch aktiven Ionen. Die Sache mit dem Tanken sehe ich weniger kritisch, da dieses Fahrzeug genauso an einer Steckdose geladen werden kann, solange die Infrastruktur für das Nachtanken von Elektrolyt nicht existiert, wie zum beispiel ein Tesla. Befremdlich finde ich, dass bei 48 V für 25 kW pro Motor über 500 Ampère zu bewegen sind…
Elektroautor meint
Leider kann das Fahrzeug mit dem Nanoflowcell-Antrieb nicht wie herkömmliche Elektroautos an Ladestationen oder zu Hause nachgeladen werden. Wenn das der Fall wäre, wäre es wirklich genial.
Ich habe extra bei der Presseabteilung von denen nachgefragt und mir wurde das bestätigt, dass der Quant E nur mit der Flüssigkeit betankt werden kann. Für mich nicht ganz nachvollziehbar, da das Auto ja nicht rekuperierte Energie verpuffen lassen kann bzw. die Flussbatterie zur Speicherung von Strom bei Windkraftwerken verwendet wird. So gesehen kann es sich dann aber technisch eher nur um eine Sackgasse handeln, da es keine einzige Tankstelle dieser Art gibt.
Mir ist der Nunzio La Vecchia auch nicht ganz geheuer und keine Ahnung, wie solche Firma zu ihrem Geld kommen, aber bei den Fahrzeugen handelt es sich jedenfalls nicht um 3D-Renderings oder Modelle, sonst hätte die Quant Sportlimousine keine Straßenzulassung bekommen. Also muss das Fahrzeug auch fahren, oder wie seht ihr das?
https://ecomento.de/2014/07/22/flowcell-elektroauto-quant-e-erhaelt-strassenzulassung/
TeslaDriver meint
Gute Ironie, Mike ;)
Wie kann es eigentlich sein, dass dieses Portal nicht den nötigen physikalischen Durchblick walten lässt, um diese Hochstapelei nicht weiter wie eine Sau durchs Dorf zu treiben?
Informiert Euch mal!
https://www.woz.ch/-17a3
ecomento.de meint
Die kritischen Stimmen haben wir schon im letzten Jahr immer öfter gehört und gehen auch darauf ein – unseren Einstieg und den letzten Absatz genau gelesen…?
Wir haben aber natürlich schon darüber nachgedacht, das Ganze näher zu beleuchten. Physikalische Grundlagenforschung überlassen wir aber lieber den Experten. Ob Herr La Vecchia da wirklich dazugehört, wird die Zeit zeigen…
VG
TL | ecomento.de
TeslaDriver meint
Hallo „TL“,
Die richtige Reaktion auf diesen Bullshit von La Vecchia wäre eigentlich: Nicht immer neu darüber berichten! Totschweigen!
Was will ein Hochstapler üblicherweise? Richtig: er will Anerkennung und Berichte in den Medien.
Dann fragt mal vorher die Experten und werft solches Zeug danach künftig in die runde Ablage. Danke.
Ihr könnt ja über neue Dinge berichten, wenn sie wirklich funktionieren. Das würde den Bullshit-Anteil im Netz deutlich verringern.
ecomento.de meint
Absolut nachvollziehbarer Gedankengang! Wir für unseren Teil haben uns für einen Mittelweg entschieden: Über Neuigkeiten des Unternehmens berichten wir weiterhin, erwähnen dabei aber auch die noch ungeklärte Realisierbarkeit des Projekts.
Das Unternehmen und die vorgestellten Fahrzeuge stoßen einfach auf ziemlich viel Interesse. Gerade im Elektroauto-Bereich sind viele Dinge mittlerweile Realität geworden, die vor wenigen Jahren noch belächelt wurden…
Wenn das Ganze sich als Luftnummer entpuppt, berichten wir aber auch darüber – versprochen!
VG
TL | ecomento.de
Mike meint
Hallo TeslaDriver,
danke für das Kompliment!
Und danke für die sehr umfangreiche Info: https://www.woz.ch/-17a3
Ich wußte bis dato nicht das Herr Nunzio La Vecchia einen Doktortitel trägt, und er nicht verraten möchten, von wem bzw. wie und wo er diesen Titel erworben hat ;)
VG
Mike
Dr.M. meint
Na, also das möchte ich erst einmal in der Praxis sehen – und zwar eine ganze Weile und von Dritten nachprüfbar.
Erstens die Technik der Nanoflowcell, zweitens die „ionische Flüssigkeit“ und drittens fragt sich noch, wo man die tanken soll, also Frage Infrastruktur.
Im stationären Einsatz mag das ja funktionieren und eine Tank-Infrastruktur muss(te) auch Tesla mit den Superchargern erst einmal aufbauen – aber wie diese ionische Flüssigkeit hergestellt wird (Energieaufwand für die Herstellung?) und was das genau ist, da weiss man auch nicht viel zu, nur, dass es sich vor allem um Salzwasser handeln soll.
Aha, also fast ein Perpetuum mobile? Einmal an den Strand zum Tanken?
Und die NASA hat da Patente und lässt die Herren einfach damit herumexperimentieren? Aha.
Ich lasse mich ja wirklich gern eines Besseren belehren, aber das hört sich wirklich etwas sehr optimistisch an, was die Herren da ankündigen.
Selbst wenn in 2015 noch ein Prototyp des Quantino rumfahren soll – wie man beim Tesla Model X sieht dauert es dann bis zur Serienreife durchaus noch eine Weile – ich sage ja nur Dichtungen an Flügeltüren.
Das hört sich für mich so ein bisschen nach dem Projekt C1 von LIT-Motors an, der ja auch schon lange fahren sollte. Gesehen hat man bisher ein paar Fahrversuche, nett, aber von einer Praxis- und Alltagstauglichkeit ziemlich weit entfernt.
Aber schön, mal sehen, was da noch so kommt. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlch zuletzt.
S.Blum meint
Die Redox-Flow-Cell ist seit Jahrzehnten im Einsatz für Wind- und Solaranlagen. Auch hierzulande für BTSen (Base Transciever Stations) im GSM/UMTS Netzwerk.
Mit Wechsel der ionischen Flüssigkeit werden auch Gabelstapler angetrieben. Also auch nix Neues.
Bei der Vanadium Redox-Flow-Battery (eigentlich Akku) bildet Vanadium die Elektroden, Schwefelige Säure (Industrieabfallprodukt) ist dann das Elektrolyt, was zusammen mit den Vanadiumionen die Ionische Flüssikeit darstellen würde. Ja und das „Nano“… Klingt halt gut….
Bei der Firma cellstrom kann man sich mal anschauen, wie das aussieht. So grössenmässig.
Damit sage ich ja nicht, dass es nicht noch andere „Chemien“ gibt, die eine höhere Ladungsdichte hätten. Und Nano.
Mike meint
Puuuh…….nun bin ich beruhig.
Die etwas dubiose,und kriminelle Vergangenheit von Nunzio La Vecchia hat sich quasi in Luft aufgelöst!
Denn Herr Nunzio La Vecchia hat es geschafft, eine sehr integere Persönlichkeit quasi mit ins Boot zu holen, und dazu noch einem Professor, jetzt wird alles gut!!!!
Prof. Ellermann hat eine klare Meinung zu Herrn La Vecchia!
Ok,… nicht zu der etwas dubiosen Vergangenheit…….aber zu La Vecchias grandiosen Erfindergeist und seinem übermenschlichen technischen Verständnis!
Mir fällt ein Stein vom Herzen!
Jetzt bin ich überzeugt, der Quant und der Quantino……werden schon bald,… also sehr bald……
Schon allein die Namen…..ein Quantino,….wird bald mein eigen sein.
Jetzt brauch ich nur noch die passende Hochsicherheits Garage dazu…….denn solche Fahrzeuge locken Diebe an ;)