Es hätte ein Heimsieg des Teams Audi Sport Abt beim ersten deutschen Formel-E-Rennen werden können, doch dann folge die Disqualifikation. Publikum und Gastgeber fragen sich aber vor allem: Bleibt die Hauptstadt auch in der nächsten Saison Austragungsort des alternativen Motorsports, der Formel E?
Formel-E-Boss Alejandro Agag äußerste sich beim Gala-Dinner am Vorabend des Rennens positiv über den Parcours, der auf dem Beton des ehemaligen Flughafens Tempelhof eingerichtet wurde. Und auch im Vorfeld der Kurvenhatz hatte er die Vorzüge des „besonderen Rennens“ in Berlin gelobt: „Wir konnten die Strecke mit mehr Freiheiten bauen, von daher sind einige Kurven anders als bisher.“ Tempelhof ist um einiges länger als die bisherigen Strecken. Der Einteilung der Batteriekapazität und der Frage „noch eine Runde fahren oder an die Box?“ kam daher eine große Bedeutung zu.
An mangelndem Zuschauerinteresse wird ein Verbleiben Berlins auf dem Renn-Kalender wohl nicht scheitern. An die 25.000 Zuschauer werden es wohl gewesen sein, die sich im Laufe des Tages auf dem historischen Zentralflughafen versammelten. Bereits am Vormittag, gut sechs Stunden vor der Wettfahrt, tummelten sich Hunderte in der ehemaligen Abfertigungshalle, auf den Tribunen konnten die Frühaufsteher das Qualifying beobachten.
Für das Team Audi Sport Abt sah es dann zunächst wie der erste und ungefährdete Sieg bei einem Formel-E-Rennen aus. Lucas di Grassi profitierte bereits kurz nach dem Start von einem Fehler des auf der Pole Position gestarteten Jarno Trulli und gab die Führung nicht mehr ab. Enttäuscht zeigte sich dagegen Titelaspirant Nelson Piquet jr. Er fand nach eigener Einschätzung „wenig Grip“ auf der Strecke, kam mit den „unterschiedlichen Oberflächen“ nicht so zurecht, wie er es sich gewünscht hatte und landete auf dem 13. Startplatz. Im Rennen machte er bravourös einen Rang nach dem anderen gut und fuhr am Ende auf den 5. Platz. „Wenn das Rennen noch etwas länger gedauert hätte, wäre vielleicht das Podium drin gewesen“, meinte er.
Luca di Grassi hingegen zeigte sich zunächst überglücklich: „Im ersten Stint bin ich am Limit gefahren“, sagte er nach der Siegerehrung. Doch der vermeintliche Gewinner wurde von der Rennleitung wegen angeblicher Modifikationen am Frontflügel disqualifiziert. Nelson Piquet jr. übernahm, quasi als Trostpflaster für das verpatzte Qualifying, die Führung in der Gesamtwertung, Jérôme Ambrosio wurde nachträglich zum Sieger ernannt. „Keine Sorge, wir werden zurückkommen“, twitterte der Abt-Pilot nach der Entscheidung, „sie versuchen, mich die Meisterschaft auf harte Weise gewinnen zu lassen.“
Am 6. Juni werden die Karten neu gemischt. Dann ist Moskau Austragungsort des nächsten Formel-E-Rennens. Dort wird wieder ein Stadtkurs Schauplatz der abgasfreien Positionskämpfe sein. Und das Rennen um den Titel bleibt weiterhin spannend. Piquet, als führender der Fahrerwertung, hat nur zwei Punkte Vorsprung auf Sébastien Buemi und zehn auf Lucas di Grassi.