Während immer mehr Unternehmen bei der Anschaffung von Fahrzeugen für ihre Mitarbeiter auf niedrigen Spritverbrauch und Klimagasemissionen achten, werden nur wenige Firmenchefs ihrer Vorbildfunktion gerecht und setzen positive Akzente bei der Wahl ihres Dienstwagens. Das zeigt das Ergebnis der sechsten Dienstwagenabfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter 194 börsennotierten und mittelständischen Unternehmen.
Die Unternehmen wurden nach dem durchschnittlichen CO2-Ausstoß des Fahrzeugs des Vorsitzenden, der Vorstandsflotte und der Unternehmensflotte befragt und sollten Angaben zu ihrer Mobilitätsstrategie machen. Grundlage für die Bewertung ist eine Punkteskala in vier Kategorien, an Hand derer grüne, gelbe oder rote Karten vergeben werden.
Zwölf „Grüne Karten“ für glaubwürdiges Klimabewusstsein
Insgesamt erhalten zwölf Unternehmen die „Grüne Karte“ für ein glaubwürdiges Klimabewusstsein. Das sind fünf mehr als im vergangenen Jahr. Die Tengelmann KG lässt die „Gelbe Karte“ aus dem Vorjahr hinter sich und belegt in diesem Jahr den Spitzenplatz in der Gesamtbewertung. Zu den Besten zählen auch Unternehmen, die 2014 schon ganz oben standen: Frosta AG, Allianz Deutschland AG, Tchibo GmbH, Kaiser´s Tengelmann GmbH und Pfeiffer Vacuum GmbH.
Erstmals angefragt legt Ikea Deutschland GmbH & Co. KG ein sehr erfreuliches Ergebnis vor und erhält die „Grüne Karte“. Verbessert von einer „Gelben Karte“ auf eine „Grüne Karte“ haben sich die Deutsche Telekom AG, SMA Solar Technology AG, Coca-Cola Deutschland GmbH und Drägerwerk AG & Co. KGaA. DuPont de Nemours (Deutschland) GmbH hat 2015 erstmals geantwortet und wurde mit einer „Grünen Karte“ bewertet.
„Rote Karten“ deutlich in der Mehrheit
50 weitere Unternehmen zeichnet die DUH mit der „Gelben Karte“ für gute Ansätze auf dem Weg zu mehr Klimaschutz aus. 132 „Rote Karten“ verteilt die DUH für zu hohe CO2-Emissionen oder für Intransparenz bei den Angaben.
„Klimaschutz spielt bei der Mehrzahl der befragten Unternehmen keine Rolle, wenn es um die Wahl der Dienstwagen für ihre Vorstände und Geschäftsführer geht. Das Schaufahren gegen den Klimaschutz geht dort ungerührt weiter. Dass nur fünf Prozent der Unternehmenschefs die EU-Klimaschutzwerte für Pkw einhalten ist verantwortungslos“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
„Vielsagendes Schweigen“ statt Transparenz
Eva Lauer, Projektmanagerin im Bereich Verkehr und Luftreinhaltung, stellt fest: „Die Unternehmensumfrage bleibt unter unseren vier Dienstwagenumfragen diejenige mit der höchsten Verweigerungsquote. Während die deutschen Spitzenpolitiker, Kirchenvertreter und Behörden nur vereinzelt ihre Informationen zurückhalten, hinken die Unternehmen in Sachen Transparenz mit großem Abstand hinterher.“
Die meisten großen Konzerne verpflichten sich in ihren Nachhaltigkeitsberichten lautstark zu Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit und wollen die Umsetzung ihrer ökologischen Ziele voranbringen. „Wir erwarten gerade hier Spitzenpositionen bei den CO2-Werten und ambitionierte Strategien. Stellen wir aber gezielte Fragen und schauen hinter die Fassade, ernten wir vielsagendes Schweigen“, sagt Lauer.
Das ist die Top Ten der Chefs
Erstmalig hat die DUH eine Top Ten Liste der Unternehmenschefs erstellt. Dieses Ranking führt Dr. Markus Conrad von der Tchibo GmbH (BMW i3) an, gefolgt von Felix Ahlers von der Frosta AG (VW up!). Sie zeigen, wie auch im Vorjahr, dass ein Konzernlenker in einem sparsamen Dienstwagen unter 100 g CO2/km unterwegs sein kann. Insgesamt halten zehn Unternehmenschefs mit ihren Dienstwagen den seit 2012 geltenden EU-Grenzwert von 130 g CO2/km ein und erhalten dafür die „Grüne Karte“. 2014 lagen nur vier Unternehmenschefs mit ihrem Dienstwagen unter der 130-Gramm-Marke.
Der durchschnittliche CO2-Ausstoß aller Dienstwagen der Unternehmenschefs hat sich im Vergleich zum letzten Jahr bloß um 4 Gramm verbessert. Er liegt in diesem Jahr bei 165 g CO2/km und damit fast 30 Prozent oberhalb des EU-Grenzwertes von 130 g CO2/km.
EU-Zielwert in Unternehmensflotten fast erreicht
Positiv bewertet die DUH, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Unternehmensflotten im Jahr 2015 mit durchschnittlich 133 g CO2/km nur knapp den EU-Zielwert verfehlt. Vor vier Jahren betrug der Durchschnittswert noch 156 g CO2/km. In diesem Jahr halten insgesamt 37 Unternehmensflotten den geltenden EU-Grenzwert von 130 g CO2/km ein oder unterschreiten ihn deutlich. Spitzenreiter in dieser Kategorie ist die Freenet AG, die den durchschnittlichen CO2-Wert ihrer Gesamtflotte auf 105 g CO2/km senken konnte. Schlusslicht ist die Deutsche EuroShop AG mit durchschnittlich 182 g CO2/km.
Ab 2020 sind in der EU neue Grenzwerte vorgeschrieben, es gilt dann ein Wert von 95 g CO2/km. Die DUH wird im nächsten Jahr ihre Bewertungskriterien schrittweise anpassen und verschärfen.
Gemmet meint
Guten Tag
seit einiger Zeit lese ich regelmässig Ihre Seite und finde die Artikel mehrheitlich sehr gut.
Dass Sie eine Klimaschutz-Umfrage in Deutschland durchführen ist sicherlich begrüssenswert.
Dass Sie dabei diversen Firmen eine grüne Karte verteilen, kann man sich lediglich mit etwas Ironie vorstellen.
Spätestens bei Tempo „unbeschränkt“ auf Autobahnen erhält so ziemlich jedes Fahrzeug eine tiefrote Karte. Und die Verwendung von Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung erschwert bzw. verunmöglicht selbst einem Elektroauto die Erreichung der CO2-Ziele
Die Klimaschutz-Umfrage sollte wahrscheinlich in Relation zum Klimaschutz von Deutschland gestellt werden, und dieser erhält sicherlich auch eine rote Karte – dann sind jedoch die gründen Karten natürlich wieder begründet.
Redaktion meint
Danke für Ihren Kommentar! Die Klimaschutz-Umfrage stammt allerdings von der Deutschen Umwelthilfe, wir haben lediglich darüber berichtet:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3579&cHash=253e0efbb831974302e7c3d26085d018
Die Kriterien für die Zusammenstellung werden zwar immer wieder verschärft, wirklich „grün“ sind heute (und wohl auch noch länger) aber natürlich nur die wenigsten Firmen bzw. Dienstwagen…
VG
TL | ecomento.de
Klimarelevant meint
Nein, ich denke die Klimaschutzumfrage ist so wie sie gestellt ist, absolut richtig gestellt.
Das ein Großteil der Energie in Deutschland noch fossilen Quellen entstammt ist zwar richtig, aber doch nicht das Problem der unbestreitbar richtigen Tendenz in Richtung Elektromobilität. Denn nur diese gibt doch gleichzeitig das Ziel von 100% erneuerbarer Energien vor. Wie sonst soll dieses Ziel denn eingefordert werden, als immer mehr Elektroautos oder Bikes auf die Straßen zu bekommen? Durch immer mehr Verbrennungsmotor-Modelle? Das ist natürlich absurd und es ist heute doch tatsächlich jedem Kind eindeutig, das sich niemand ein E-Modell anschafft, um es als Klimakiller zu betreiben. Nein, das Problem liegt woanders.
Dass wir in Deutschland und anderswo, was die Erneuerbaren angeht, noch nicht weiter sind, liegt in dieser Wirtschaftsform mit ihren vielfältigen, gegensätzlichen Interessen begründet – und nur dort. In dieser ist beispielsweise selbst das Interesse Porsches seine spritfressenden Klimazerstörer-Panzer zu bauen ein ökonomisch belangvolles Interesse, weil es ja „wertvolle“ Arbeitsplätze sichert – ganz egal, ob dadurch die Lebensgrundlagen aller zerstört werden. Gleiches gilt für die fossile Energielobby etc. Kein Wort davon, dass Arbeitsplätze ebenso in vernunftbegründeten Bereichen/Industrien geschaffen, bzw. erhalten werden sollten.
Diese Wirtschaftsform ist bedauerlicherweise in großen Teilen unvernünftig und absurd und sie verhindert echten Fortschritt, denn diese Welt wäre vom technischen Wissensstand, von den technischen Möglichkeiten und den notwendigen Ressourcen sofort, beziehungsweise im Verlauf von wenigen Jahren, in der Lage alle erforderlichen Maßnahmen zu planen und umzusetzen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase auf nahezu 0 zu reduzieren.
Für mich sind solcherlei Hinweise auf ein noch fossiles Deutschland bei gleichzeitiger Infragestellung von Elektromobilität also nichts als Ablenkung von der eigentlichen Missere und der eigenen Bequemlichkeit. Ich vermisse stattdessen eine lautstarke, ruhig auch empörte Forderung in Richtung Politik, endlich und nachhaltig die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, die Wandlung in die Elektromobilität voranzutreiben und vom bisherigen vernunftorientierten Bestreben auch zum realen Vernunfttriumph zu führen.
Da gibt es doch nichts zu diskutieren – bei 100% Erneuerbaren ist die E-Mobilität emmissionsfrei, was selbst dann auf den Produktionsprozess weitgehend zutrifft. Was meinen Sie, wie schnell sich hier der Wind drehen würde, wenn ein Diesel/Benzin-SUV oder ein anderer Neandertaler-Image-Panzer im Jahr so um die 20.000 EUR Steuern und der Liter Sprit 10 EUR kosten würde? Die E-Autos würden den Markt beherrschen und die Erneuerbaren wären binnen kürzester Zeit flächendeckend verfügbar.
Aber immer nur so weiter wurschteln und selbstherrlich auf die noch nicht gelösten Knackpunkte zu verweisen ist nichts als lahme Pseudokritik.