Im Laufe des gestrigen Tages ist VW-Konzernchef Martin Winterkorn zurückgetreten. Er ziehe damit die Konsequenz aus den Abgas-Manipulationen bei Volkswagen, betonte aber, sich „keines Fehlverhaltens bewusst“ zu sein.
Europas größter Automobilhersteller musste nach Vorwürfen der US-Umweltbehörde EPA zugeben, in den USA jahrelang Schadstofftests von Diesel-Fahrzeugen manipuliert zu haben. Dem Konzern droht nicht nur ein enormer Imageschaden, sondern im schlimmsten Fall auch Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar.
Konkret wird Volkswagen von der EPA vorgeworfen, mit Hilfe einer speziellen Software aktiv die Ermittlungen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen manipuliert und bewusst gefälscht zu haben. Mittlerweile ist bekannt, dass weltweit 11 Millionen Fahrzeuge mit der Software ausgestattet sind. Der Konzern hat bereits 6,5 Milliarden Euro für mögliche Folgekosten zurückstellt.
Seit Bekanntwerden des Skandals brachen die Aktien des VW-Konzerns zwischenzeitlich um mehr als 20 Prozent ein, der heftigste Kurssturz seit sechs Jahren. Auch die die Kurse anderer Autohersteller rutschten ins Minus: Daimler und BMW etwa verloren jeweils knapp vier Prozent. Dabei soll beispielsweise Daimler nach eigenen Angaben nicht von den Ermittlungen betroffen sein, wie Konzernchef Dieter Zetsche mitteilte.
Die Rücktritts-Erklärung von Martin Winterkorn im Wortlaut:
„Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren.
Als Vorstandsvorsitzender übernehme ich die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren und habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit mir eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zu treffen. Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin.
Volkswagen braucht einen Neuanfang – auch personell. Mit meinem Rücktritt mache ich den Weg dafür frei.
Mein Antrieb war es immer, dem Unternehmen, vor allem unseren Kunden und Mitarbeitern zu dienen. Volkswagen war, ist und bleibt mein Leben.
Der eingeschlagene Weg der Aufklärung und Transparenz muss weitergehen. Nur so kann wieder Vertrauen entstehen. Ich bin überzeugt, dass der Volkswagen Konzern und seine Mannschaft diese schwere Krise bewältigen werden.“
Wie es jetzt weitergeht
Über Nachfolger für Martin Winterkorn soll nicht vor kommendem Freitag entschieden werden, teilte die Führung des Volkswagen-Aufsichtsrats gestern nach einer Krisensitzung mit. Berichten zufolge sollen sowohl Porsche-Chef Matthias Müller als auch der neue VW-Markenchef Herbert Diess in der engeren Wahl sein. Die Konzern-Kontrolleure erklärten zudem, dass in den kommenden Tagen mit weiteren personellen Konsequenzen zu rechnen sei.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land als VW-Aktionär im Aufsichtsrat vertritt, kündigte an, dass das Unternehmen gegen die noch unbekannten Verantwortlichen Strafanzeige erstattet wird. „Wir werden innerhalb des Unternehmens aufklären und dafür sorgen, dass die Beteiligten hart belangt werden“, so Weil. Der Vertreter der Eigentümer-Familien, Wolfgang Porsche, erklärte, dass die Familien Porsche und Piech weiter zu VW stünden: „Wir als größter Aktionär sind auf das Unternehmen stolz.“