Heizung, Lüftung und Klimaanlage sind energieintensiv und benötigen entsprechend viel Kraftstoff oder elektrische Energie aus dem Akku eines Elektroautos. Deshalb arbeitet Jaguar Land Rover in einem Forschungsprojekt daran, den Energiebedarf zur Erwärmung und Kühlung eines Fahrzeugs zu reduzieren.
Forschungs- und Technologiedirektor Dr. Wolfgang Epple: „Heutige HVAC-Systeme (Heating, Ventilation and Air Conditioning; Anm. der Red.) können acht bis zehn Kilowatt des Akkus eines elektrischen Fahrzeugs beanspruchen – genug, um die Reichweite um bis zu 40 Prozent zu verringern. Bei einem Verbrennungsmotor kann die Klimatisierung die Reichweite um bis zu 20 Prozent senken. Wir haben daher das Thermomanagement des Fahrzeuginnenraums überdacht.“
Anstatt die Temperatur der einströmende Luft kontinuierlich zu regulieren, untersucht Jaguar Land Rover, wie eine „Luftblase“ im Fahrzeuginneren einmalig erwärmt oder gekühlt werden kann. Danach halten neue Technologien die Temperatur konstant. Dazu gehört beispielsweise Infrarot-reflektierendes Glas, das die für die Kühlung des Fahrzeuginnenraums benötigte Energie senkt.
Damit die Atemluftqualität der Blase erhalten bleibt, wird die Innenraumluft durch einen speziellen Filter im Kofferraum geleitet. Dieser entfernt CO2, Feuchtigkeit und Schmutzpartikel und erzeugt im Fahrzeug eine bessere Luftqualität als außerhalb.
Luft aus perforierten Sitzoberflächen
Zukünftig ist es vielleicht nicht einmal notwendig, die gesamte Luft im Fahrzeuginneren aufzuheizen oder zu kühlen, meinen die Entwickler bei Jaguar Land Rover. Stattdessen könnte Luft aus perforierten Sitzoberflächen die Passagiere direkt wärmen oder kühlen. Flache Infrarot-Heizpaneele, unsichtbar in Sonnenblenden, Türen, Handschuhfachklappe und an den Seiten des Mitteltunnels eingebaut, können jeden Passagier individuell wärmen oder kühlen.
Dieser „Warmluftmantel“ umhüllt den Fahrgast und schafft ihm ein eigenes Mikroklima, ohne den kompletten Fahrzeuginnenraum zu erwärmen. Da sich die Paneele schnell und effektiv aufheizen und ein beinahe unmittelbares Wärmegefühl erzeugen, könnte der Energieverbrauch signifikant sinken. Erste Tests der kombinierten Technologien ergaben einen halbierten Energiebedarf des HVAC-Systems.
Weniger Gewicht dank innovativer Verkabelung
Ein weiterer Fokus zur Reduzierung des Energieverbrauchs von Fahrzeugen richtet sich natürlich auch bei Jaguar und Land Rover auf die Gewichtsreduzierung. Das JLR-Forschungsteam untersucht, ob kupferbasierte Kabelbäume und elektronische Komponenten durch hauchdünne gedruckte Elektro-Schaltkreise ersetzt werden können, wie sie aktuell bei gewölbten Fernsehbildschirmen zum Einsatz kommen. Die Technologie könnte bei Features wie Instrumenten, Schaltern, Sensoren, Beleuchtung, Heizung und Displays als gewichts- und platzsparende Alternative zu traditionellen Kabelbäumen dienen.
Flachs und Harz für die Geräuschdämmung
Das Carbio-Projekt wiederum konzentriert sich darauf, Kohlefasern bei gleichzeitig verbesserten NVH-Eigenschaften (Noise, Vibration, Harshness) umweltfreundlicher sowie kosteneffektiver zu gestalten. Carbio kombiniert Schichten aus Kohlefasern und Flachs mit umweltfreundlichem Harz aus Cashewnuss-Öl. Flachs ist ein natürliches und nachhaltiges, pflanzliches Material, das über sehr gute geräuschdämmende Eigenschaften verfügt.
Der Materialmix kombiniert die Stärke und Gewichtsvorteile der Kohlefaser mit der Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz von Flachs. Während die Herstellungskosten denen traditioneller Kohlefaser entsprechen, sind die Materialkosten der Kohlefaser-Flachs-Mischung um ein Drittel günstiger.
Komponenten aus Carbio sind zudem 28 Prozent leichter als Aluminium. Flachs verbessert die NVH-Eigenschaften, so dass eine Carbio-Komponente weniger geräuschdämmendes Außenmaterial als Kohlefaser, Aluminium oder Stahl benötigt. Dadurch ergibt sich ein noch höheres Einsparpotenzial beim Gewicht.