Wissenschaftler des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) wollen eine möglichst flexible Tankstelle für alternative Antriebe entwickeln. Die Zapfsäule der Zukunft soll Autofahrern Strom, Wasserstoff sowie das Erdgassubstitut Methan aus regenerativen Quellen bereitstellen – möglichst effizient, kostengünstig und bedarfsgerecht.
Die Idee der Wissenschaftler aus Stuttgart: Eine Multienergiezapfsäule. Erneuerbarer Strom etwa aus Windkraftanlagen soll über das Stromnetz direkt in die Batterie der Elektroautos geladen werden. Ist der Bedarf höher als das Angebot, springt eine zugeschaltete stationäre Großbatterie ein, die zuvor bei einem Überangebot an Strom gefüllt wurde.
„Ist die Batterie voll und können auch die tankenden Elektroautos den Strom nicht mehr abnehmen, erfolgt bei Bedarf in einem zweiten Schritt die Umwandlung des Ökostroms in Wasserstoff“, erklärt Dr. Ulrich Zuberbühler vom ZSW. Fällt mehr Wasserstoff an als für das Betanken von Wasserstoff-Elektroautos gebraucht wird, kommt er in einen Speicher.
In einem dritten Schritt erzeugt die Tankstelle der Zukunft Methan. Das soll dann erfolgen, wenn der Wasserstoffspeicher voll ist und die Wasserstoffautos das Gas nicht abnehmen. Zur Umwandlung in Methan wird dem Wasserstoff Kohlendioxid zugeführt. Beide Gase reagieren an einem Katalysator zu Methan. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, Erdgasautos können den Kraftstoff problemlos nutzen. Ist mehr verfügbar als getankt wird, kommt das Methan in einen Speicher. Ist dieser voll, wird das Methan in das Erdgasnetz eingespeist.

„Mit unserem Vorhaben bleibt die Kopplung des Stromnetzes mit der Mobilität nicht auf Elektroautos beschränkt“, so Zuberbühler. „Auch die anderen alternativen Antriebe profitieren davon.“ Die ZSW-Wissenschaftler verfolgen dabei eine stufenförmige Nutzung erneuerbarer Energien – Priorität hat die Nutzung mit den geringsten Energieverlusten.
Am effizientesten ist die Verwendung des regenerativen Stroms laut dem ZSW in Elektromotoren. Hier fallen keine Energieumwandlungsverluste an, sondern nur bis zu 10 Prozent Batteriespeicherverluste. Erst wenn dieser Bedarf gedeckt ist, kommen die nächsten Stufen in Betracht: Zuerst die Umwandlung in Wasserstoff und dann die Methanisierung. Der Wirkungsgrad von Strom zu Wasserstoff liegt bei rund 75 Prozent, der von Strom zu Methan bei 60 Prozent. Gelagert werden können die chemischen Langzeitspeicher ohne Verluste. Wird die bei der Umwandlung entstehende Abwärme genutzt, steigert das den Wirkungsgrad um einige Prozentpunkte.
Das ZSW-Projekt wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit rund 1,3 Millionen Euro gefördert und ist auf fünf Jahre ausgelegt. Für die technische Entwicklung inklusive Sicherheitskonzept und Klärung aller Genehmigungsdetails haben die Forscher drei Jahre Zeit. Die Tankstelle des ZSW soll ab 2020 in einem Demonstrationsbetrieb vor Ort getestet wird.
Railfriend meint
Schade, dass die Redaktion meinen Kommentar mit weiterführenden kritischen links durchfallen lässt…
Fritz! meint
Mit dem unützen Geld, mit dem die Umwandlung von Strom in Wasserstoff (schlechter Wirkungsgrad) und Methan (noch schlechterer Wirkungsgrad) bewerkstelligt wird, können locker Batterien im großen Stil angschafft werden und nachts mit überflüssigem Strom und tagsüber mit Sonnenstrom geladen werden. Dann einfach 100 Ladesäulen und nicht 2 hinstellen und der sauberen Mobilität ist ein großer Gefallen getan worden.
Und ich hoffe, daß der Text oben nur ungenau war, wenn die von „einer Säule für alles 3“ sprachen. Super, wenn der Wasserstoff-Fuzzi mit seinem seltenen Brennstoffzellen-Auto kommt, aber an der Säule steht ein e-Auto, daß nur mit 7,4 kW laden kann noch die nächsten 4 Stunden…
Albert Mayer meint
Es gibt einen alles entscheidenden Grund warum Wasserstoff-Grossverbraucher keine Lagertanks (kleine Puffertanks gibt es manchmal) bauen, weder als rießige Gasometer mit Umgebungsdruck, auch nicht als Druckgastanks und schon gar nicht als Flüssigtanks.
Das sind die Kosten aufgrund der Natur des Wasserstoffs..
Die Kosten für dessen Lagerung sind nicht nur sehr hoch, sondern es gibt eben kostengünstigere Alternativen wie z.B. das Invest in eine höhere Anlagenverfügbarkeit bei der Produktion von H2.
Wenn jemand daher nach dem H2 als Energieträger ruft dann sollte er gefälligst auch die Kosten dafür zahlen. Und bitte bedenken, das wird sehr teuer. Immerhin hat es die Welt seit 100 Jahren nicht geschafft, eine kostengünstigere Versorgung aufzubauen als die gesicherte just-in-time Herstellung.
Michael S. meint
Ehrlich gesagt kann ich die Euphorie über dieses Tankstellenkonzept nicht teilen. Das hat mehrere Gründe.
Zunächst ist es sinnvoll, so wenig Wirkungsgradverluste wie möglich zu erzielen. Insofern ist Energiespeicherung in stationären Batterien richtig und gut. Die „Weiterverarbeitung“ in Wasserstoff oder Methan halte ich aber nicht für wirtschaftlich, weil die Anlagen nicht dauerhaft laufen sondern eben konzeptbedingt nur in begrenzten Zeiträumen. Insofern muss man für Elektrolyse und Methanisierung relativ große Anlagen aufstellen, die dann aber kaum laufen. Dann müssen die Anlagen zudem gewartet und geprüft werden. Diese Kosten müssen alle auf die verkauften Produkte umgelegt werden. Meiner Meinung nach sind diese chemischen Prozesse bei großindustriellen Anlagen deutlich effektiver.
Nächster Kritikpunkt ist ebenso, dass stets alle Treibstoffe zum Tanken bereit stehen sollten, wo wieder die Frage nach der Lagerfähigkeit von Wasserstoff im Raum steht. Und ob ein einfacher Anschluss ans Erdgasnetz am jeweiligen Standort einfach umgesetzt werden kann, sei mal dahingestellt.
Nächstes Problem bei diesem Konzept sind die „Kunden“. Wasserstoffautos sind noch mehr Nischenfahrzeuge als E-Mobile. Sie haben nur einen einzigen Vorteil gegenüber E-Autos, und das ist das vermeintlich schnelle Tanken. Aber hier holen die E-Autos auf. Ob dann noch dieser einzige Vorteil genügt, um sich gegen E-Autos insbesondere wirtschaftlich durchzusetzen, darauf weisen derzeit keine Trends hin.
Autos mit Erdgas/Methan sind auch nur eine Übergangslösung, da abgesehen von dem schlechten Wirkungsgrad (vor allem im Motor) und den damit verbundenen Kosten bei der Methanisierung mit Strom auch das Problem der lokalen Schadstoffemissionen bei der Nutzung bestehen bleibt.
Insofern stellt dieses Konzept unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen eine clevere Lösung dar, meiner Meinung nach ist es aber zielführender, die Zusatzkosten, die zur Wasserstoff- und Methanbereitstellung anfallen, einfach in stationäre Batteriespeicher zu stecken. Dann kann man Energie speichern, wenn sie billig ist und ins Stromnetz verkaufen, wenn sie teuer ist. Hat insgesamt einen besseren Wirkungsgrad, was sich in den Kosten niederschlägt, ist weniger komplex und ist vermutlich auch günstiger im Unterhalt als eine Chemieanlage. Zudem kann man den Anteil erneuerbarer Energien im Netz erhöhen und das Netz stabilisieren. Tesla hat ja in Australien vorgemacht, wie das geht.
Peter W meint
Ich kann Dir nur zustimmen, Michael. Diese Tankstelle erscheint oberflächlich betrachtet sinnvol, bei genauerem Nachdenken, kommt man aber zu Deinen Schlüssen.
Viel zu teuer, viel zu aufwändig, und maximal dazu geeignet Steuergelder abzugreifen und ein ein paar „Wissenschaftler“ damit zu beschäftigen.
Nik meint
Cool, das ist mal eine richtig gute Nachricht. Ist nur zu hoffen dass das kein Gerede bleibt, sondern auch schnell umgesetzt wird.????
Jemand meint
ich muss sagen, ich war skeptisch als ich die Überschrift gelesen habe – aber das Konzept überzeugt.
Vlt noch – in Annahme von „Martin“s Kommentar – eine fallweise Abwägung, ob statt Erdgasnetzeinspeisung auch eine direkte Stromnetzeinspeisung sinnvoll(er) wäre, dann ist die Idee nahe an „perfekt“. Wenn sich die Kosten im Rahmen halten, natürlich, und man mit herkömmlichen Zahlungsmitteln bezahlen kann ;)
JoSa meint
Ich weiß nicht…
https://www.hans-josef-fell.de/content/index.php/presse-mainmenu-49/schlagzeilen-mainmenu-73/1180-erdgas-ist-teil-des-klimaproblems-und-keine-loesung
Und Wasserstoff ist nicht mein Favorit. Mal sehen wann jemand darauf kommt, das all der Wasserstoff der aus Tanks und Pipelines entweicht, sich ins All verflüchtigt.
Oder sollte das etwa nur bei Helium geschehen? (obwohl es schwehrer ist)
Clemens meint
Ich denke, Wasserstoff entweicht nicht ins All, weil er vorher mit Sauerstoff reagiert und wieder zu Wasser wird. Helium kann mit nichts reagieren, weil es ein Edelgas ist, bleibt also immer unverändert leicht.
Railfriend meint
“ Hier fallen keine Energieumwandlungsverluste an, sondern nur bis zu 10 Prozent Batteriespeicherverluste.“
Das ist nicht richtig. Relevant sind die Verluste ab Stromeinspeisung ins Netz und je nach Ladeleistung fallen bis zur Batterie größere Verluste zwischen 22 % und 34 % an, wie im Forum kürzlich verlinkt.
Franky meint
An und für sich in Ordnung. Aber was ist wenn der Wasserstoff- bzw. der Methanspeicher durch Betankungen leerwerden? Kommt dann der Treibstoff extern daher. Es sollte ja sichergestellt sein dass alles da ist wenn ich die Tankstelle anfahre.
Fritz! meint
Das ist dann: Pech gehabt!
Der Statistiker meint
Die Idee ist „nett“, und für die nächsten 5 bis 8 Jahre vielleicht auch von nutzen.
Es ist nur so, dass die Verkäufe von Erdgasautos dramatisch zurück gehen. So steigt der Bestand zur Zeit nur schwach an, und sehr bald ist er wieder im sinken begriffen. Denn immer weniger kaufen sich ein Erdgasauto, weil die Elektroautos offensichtlich die attraktivere Lösung sind.
Deshalb sollte man die Lösung nur mit Stromspeicher und H2 aufbauen – ohne Methan!
Jeru meint
Sehe ich ähnlich, auch wenn die Zahl der LNG/CNG Tankstellen steigt.
Ich denke der Markt wird es regeln und wir werden vor Allem BEV und FCEV in den kommenden Jahrzehnten auf der Straße haben.
Das Tankstellenkonzept entspricht eigentlich genau meiner Vorstellung. Wenn es direkt Abnehmer für den Strom gibt -> BEV und kleinere Batterien. Alles darüber hinaus in Wasserstoff speichern und auch hier wird der Bedarf an Speichern und die Fluktuation der Energieerzeugung die Produktion von Wasserstoff automatisch ankurbeln.
Wenn sich FCEV relevante Marktanteile sichern hat man den Wasserstoff direkt vor Ort, wenn nicht bleibt es ein notwendiges Speichermedium.
Jemand meint
dann bleibt aber immer noch die Einspeisung ins Erdgasnetz – und das wird wohl leider noch eine ganze Weile genutzt werden. je mehr da CO2 neutrales Methan reinfliesst, desto besser würde ich meinen.
Martin meint
Eine sehr gute Idee! Nur mit dem Methan bin ich nicht wirklich einverstanden. Sollten die Batteriespeicher sowie die H2 Speicher voll sein, kann der ueberschuessige Strom doch in das Stromnetz gespeist werden.
Davon profitieren wieder andere Ladesaeulen bei denen kein eigener Strom erzeugt wird oder der Strom fuer irgendwas anderes genutzt werden kann. Ueberkapazitaeten im Stromnetz koennten von vielen verteilten H2 Speicherstationen zur Erzeugung von H2 verbraucht werden. Genauso koennten diese das H2 wieder in Strom umwandeln falls mehr Strom im Netz benoetigt wird, egal ob durch Haushalte oder Ladestationen.
Somit wird die drite Saeule, das Methan, ueberfluessig.
Jemand meint
das ist tatsächlich ein gutes Argument gegen die Methanisierung.
aber falsch ist die auch nicht, wenn man bedenkt dass Erdgas wohl noch ne ganze Weile verbraucht werden wird, und je mehr davon CO2-neutrales Methan ist, desto besser, jedenfalls besser als die Energie gar nicht zu verwenden.
Ideal wäre hier eine fallweise Entscheidung, je nachdem, wie gut das Stromnetz dort jeweils versorgt ist.
BrainBug meint
So und nicht anders macht das Sinn.
Auf diese Weise kann man das Ladenetz ausbauen ohne die Netze über Gebühr zu stressen oder Unsummen in den Netzausbau zu investieren und erzeugt nur bei Überangebot das jeweils nächste „teurere“ Produkt und zwar genau dort wo es gebraucht wird.
Bei einem Unterangebot an Energie funktioniert das übrigens auch in die andere Richtung:
Wenn zuwenig Strom erzeugt wird holt man ihn aus dem Netz (was auch immer das Netz hergeben will), danach aus der Batterie, danach über Brennstoffzellen vom H2 Speicher, danach vom Methanspeicher und als letzte Möglichkeit aus dem Erdgasnetz. (Vom Erdgasnetz würd ich’s allerdings nur holen wenn in Zukunft die Erdgasquellen überwiegend aus Stromüberschuss bestehen)
Wird natürlich pro Ebene immer teurer, aber als Fallback-Variante um die Versorgung zu sichern auf jedenfall eine Möglichkeit.
Die Gewichtung der Speicher sollte natürlich dem Bedarf entsprechen um nicht zu oft (rück)umwandeln zu müssen.
Falls die Wasserstoff+Erdgasabnehmer mit der zeit wegfallen (weil das Netz den Strom besser abnehmen kann oder BEVs immer mehr Marktanteile gewinnen und Speicher billiger werden) kann man die Gewichtung ja zugunsten der Batteriespeicherung entsprechend anpassen.
Das Prinzip könnte für Hausspeicher auch sinnvoll sein um Stromvorräte für Schlechtwetterphasen oder den Winter anzulegen.
Michael S. meint
Man könnte auch einfach einen größeren Batteriespeicher nutzen, und Strom beziehen oder abgeben, wenn die Leitungen nicht so stark benutzt werden (z.B. nachts), sollten diese tatsächlich so hart am Anschlag sein, wie behauptet wird. Ansonsten lieber das Netz ausbauen, insbesondere Mittelspannung, statt sich da eine teure Chemieanlage hinzustellen, die dann kaum läuft, durch einen schlechten Wirkungsgrad teuer ist und keine Kunden hat. Wasserstoff und Erdgas sind bei ernsthafter Betrachtung nicht wirtschaftlich genug. Dann lieber E-Auto fahren und mit Wärmepumpe heizen.
BrainBug meint
Die Wasserstoff bzw Methanstufe macht natürlich nur Sinn, wenn diese auch genutzt werden.
Solange es einen Markt für Wasserstoff- oder Erdgasautos gibt warum nicht?
Der Verlust der Umwandlung wird sich direkt im Preis niederschlagen. Dann wird man ja sehen wohin sich der Markt bewegen wird. Wieviel ist dir eine 2minütige Druckbetankung auf Dauer Wert?
Vor allem wenn es irgendwann flächendeckendes Parkplatzladen geben sollte (Idealerweise Bidirektional zur Netzstabilisierung mit persönlich frei wählbarem Mindestladestand)
Das Rückverstromen macht natürlich nur bei Unterversorgung der direkteren Ebene(n) Sinn und sollte so selten wie möglich gemacht werden.
lo meint
…und wenn der Methanspeicher voll ist wird das Gas ins Erdgasnetz gedrückt.
Toll!
Diese Stufenidee ist genau richtig: E-Autos als 1.Lösung.